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  • Hygienewahn

    Die deutschen Verbraucher kaufen jedes Jahr 1,3 Millionen Tonnen Wasch- und Reinigungsmittel. Umgerechnet auf einen Vier-Personenhaushalt sind das 64 Kilogramm pro Jahr. Die Industrie bringt regelmäßig neue Produkte auf den Markt, der deshalb so boomt, weil die Angst vor Bakterien ständig wächst. Mit ihren Reinigern setzen die Hersteller Milliarden Euro um. So manch ein Verbraucher ist davon überzeugt, dass ein möglichst keimfreier Haushalt die Gesundheit erhält. Deshalb nutzt er dann zu viel Putzmittel oder greift gleich zu Reinigern, deren Wirkung als antibakteriell angepriesen wird.
    Da wird den Kunden etwa versprochen, dass „99,99 Prozent aller Bakterien“ beseitigt werden. Die versprochene Wirkung antibakterieller Reiniger können Experten nicht nachvollziehen. So hat zum Beispiel der Mikrobiologe Henrik Gabriel für die Dokumentation „Der Hygienewahn“ in einem Haushalt Proben genommen, in dem besonders häufig, intensiv und außerdem mit desinfizierenden Mitteln geputzt wird. Das Ergebnis: Auf Arbeitsflächen, im Waschbecken und der Toilette konnten etwa genauso viele Luft- und Hautkeime sowie Hefepilze nachgewiesen werden wie in einem Haushalt, in dem keine antibakteriellen Reiniger verwendet werden.
    Verbraucher schließen aus den Angaben auf den antibakteriellen Reinigern, dass tatsächlich fast alle Bakterien nach der Anwendung vernichtet sind. Tatsächlich aber müssen die Hersteller in ihren Labors nur nachweisen, dass eine bestimmte Bakterienart unter bestimmten Bedingungen abgetötet wird. Ob die Testreihen der Industrie die Bakterien-Wirklichkeit in einem privaten Haushalt abbilden, ist fraglich.
    Antibakterielle Putzmittel für den Hausgebrauch sind letztlich wahrscheinlich nicht so wirkungsvoll, wie Verbraucher glauben. Zudem geben die Hersteller meist eine genaue Anwendung vor. Eigentlich sollen solche Reiniger etwa „einwirken“ und danach trockengewischt werden. Doch wenn die vorgegebene Zeit um ist, ist das – meist alkoholhaltige Mittel – erfahrungsgemäß schon weggetrocknet. Hersteller können sich jedoch darauf berufen, dass ihre antibakteriellen Mittel nicht so benutzt werden, wie vorgeschrieben, falls sich Verbraucher beschweren
    sollten.
    Putzmittel, die eine antibakterielle Wirkung versprechen, sind also meist überflüssig wie auch zu intensives Putzen mit normalen Reinigungsmitteln. Zudem enthalten die meisten Reiniger Stoffe, die unserer Gesundheit eher abträglich sind, wie der Mikrobiologe Henrik Gabriel erklärt. Besonders etwa bei Handseifen, die antibakteriell wirken sollen, sieht er die Gefahr, dass man sich allergenen Chemikalien aussetzt. „So kann es dazu kommen, dass sich vielleicht eine Allergie oder Ähnliches entwickelt.“ Mittlerweile leidet schon jeder dritte Deutsche unter Allergien.
    Durch den Hygienewahn hebelt man die Mechanismen aus, die von Natur aus vorgesehen sind, um die körpereigene Abwehr stark für den Kampf gegen Keime zu machen. Das Training dafür beginnt schon im Kleinkindalter – in der oralen Phase, „wenn wir fast alles in den Mund stecken, was so herumliegt“, so der Allergologe Prof. Michael Zemlin. Der Leiter der Kinderklinik Marburg glaubt, dass das Immunsystem damit eine „Toleranzentwicklung“ gegenüber allen möglichen Keimen lernt.
    „Wenn das Kind dann aber immer nur ein desinfiziertes Spielzeug in den Mund steckt, fehlt ihm dieses Training. Und es kann sein, dass dies zu der Welle von immunologischen Erkrankungen mit beiträgt.“ Mediziner wie er bezeichnen Allergien inzwischen sogar als neue Volksseuche. Professor Harald Renz versucht seit mehr als 30 Jahren, den Allergien auf die Schliche zu kommen. Was Allergien sind, erklärt der Wissenschaftler so: „Es handelt sich um immunologische Fehlregulationen. Wenn also unser Abwehrsystem verrücktspielt, richtet es sich plötzlich gegen harmlose Bestandteile in unserer Umwelt: Nahrungsmittel, Pollen, Tierhaare, Schimmelpilze oder Hausstaubmilben.
    Das sind eigentlich ganz harmlose Begleiter in unserem Alltagsleben, doch sie werden verrückterweise als etwas ganz Gefährliches erkannt. Die Antwort des Körpers ist dann eine Entzündung. Und diese Entzündungsantwort bildet sich vor allen Dingen an den Grenzflächen unseres Körpers zur Umwelt hin aus, also an der Lunge, am Darm, an der Haut, in den Augen. Dann sprechen wir von den klassischen allergischen Erkrankungen: Nahrungsmittelallergie, Asthma, Heuschnupfen, Neurodermitis.“ (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereMi 25.02.2015SWR Fernsehen

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