Beckmann (2015) Staffel 3, Folge 2: Aufstieg für alle? – Der Mythos Chancengleichheit
Staffel 3, Folge 2
19. Aufstieg für alle? – Der Mythos Chancengleichheit
Staffel 3, Folge 2 (45 Min.)
Der deutschen Wirtschaft geht es so gut wie lange nicht mehr, dennoch sind viele Bürger unzufrieden – viele erleben eine wachsende soziale Ungerechtigkeit. Fakt ist: Zwischen Armut und Aufstiegsmöglichkeiten besteht ein enger Zusammenhang. In kaum einem Industriestaat ist der soziale Status der Eltern so entscheidend für die Zukunft der Kinder wie hierzulande. Kinder mit Migrationshintergrund und aus Arbeiterfamilien haben immer noch deutlich geringere Bildungschancen und dadurch geringere Aufstiegsmöglichkeiten. Während von 100 Kindern aus Akademikerfamilien 77 studieren, sind es bei Arbeiterkindern nur 23. Die Chancengleichheit in Deutschland ist für viele auf der Strecke geblieben. Reinhold Beckmann und sein Co-Autor Dominic Egizzi begeben sich für ihre Reportage auf Spurensuche in einer geteilten Gesellschaft. Dabei treffen sie Hartz-IV-Empfänger und Kinder, die ohne Unterstützung sozialer Träger kaum Perspektiven hätten. Sie erleben, wie in einer Düsseldorfer KITA der Nachwuchs wohlhabender Eltern mit immensem Aufwand gefördert wird – inklusive Chinesisch-Kurs. Zugleich stehen staatliche Schulen oft vor massiven Problemen, vor allem in sozialen Brennpunkten. Symptomatisch ist die Situation an der Essener Gesamtschule Bockmühle. Hier haben etwa 70 Prozent der Schüler einen
Migrationshintergrund, zirka 60 Prozent der Familien beziehen Hartz IV. Direktorin Julia Gajewski schlägt angesichts der katastrophalen Zustände gegenüber „#Beckmann“ Alarm: Das Schulgebäude ist seit Jahren marode, in einigen Klassenzimmern lassen sich die Fenster nicht öffnen, in den Flurdecken liegen Kabel offen. Hauptleidtragende sind die Schülerinnen und Schüler. Eltern und Lehrer fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Die nordrhein-westfälische Bildungsministerin Sylvia Löhrmann (Bündnis90/ Die Grünen) und die Bundesarbeits-und Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) nehmen im Film Stellung zu den Lernbedingungen und dem sogenannten Kooperationsverbot. Dieses verbietet die Einmischung der Bundesregierung in Schulangelegenheiten der Bundesländer und verhindert dadurch auch die dringend benötigte finanzielle Unterstützung in der Bildungspolitik. Dass sozialer Aufstieg aus einfachen Verhältnissen gelingen kann, schildert Gertrud Rosa Traud: Als Tochter eines Waldarbeiters war sie die erste in ihrer Familie, die studierte. Heute ist Traud die einzige weibliche Chefvolkswirtin in der deutschen Bankenwelt. Wie kann Deutschland seinen Nachwuchs fördern, damit Erfolg nicht nur von Eigeninitiative und Zufall abhängt? Damit Chancengleichheit nicht nur ein Mythos bleibt. (Text: ARD)