Seit einem halben Jahrhundert lebt die Wlenerin Trude Wagner in der südchinesischen Ortschaft Hucang. An der Seite ihres chinesischen Ehemannes erlebte sie Armut, politische Verfolgung und zahlreidie Demütigungen. Denn als Polizist unter dem alten Regime fiel Herr Du nach Maos Machtübernahme in Ungnade. Für die Sendung „Am Schauplatz“ haben Christian Schüller und Helmut Opletal Frau Wagner, die seit vier Jahren Witwe ist, in Hucang besucht. Die Romanze zwischen Trude und ihrem späteren Mann hatte unter ganz anderen Vorzeichen begonnen: Der junge Chinese kam 1931 mit einem Stipendium an die Wiener Polizeiakademie. Er verliebte sich in die junge Frau und schickte ihr später aus Shanghai eine Schiffskarte. Tmde Wagner mußte ihren Eltern versprechen, nach spätestens
fünf Jahren nach Wien auf Besuch zu kommen. Doch daraus wurde nichts. Herr Du mußte 30 Jahre lang Zwangsarbeit verrichten. Seine Wiener Frau wurde Bäuerin und hielt so die Familie über Wasser. Die fünf Kinder des Ehepaars Du/Wagner erlebten von klein auf Hunger und politische Diskriminierung. Heute haben sie ihren Weg gemacht: als Ingenieur, Lehrerin oder Landwirt. Die Reformen in China geben ihnen die Möglichkeit, sich eine neue Existenz aufzubauen. Frau Wagner blickt ohne Groll auf ihr Leben in China zurück. Auch wenn es oft am Notwendigsten fehlte, auch wenn während der Kulturrevolution die geliebten Bücher aus Österreich beschlagnahmt wurden – das wichtigste habe sie doch gehabt, meint Frau Wagner: einen Mann, der über all die Jahre zu ihr hielt. (Text: ORF)