Seit es schwieriger geworden ist, Bankkredite zu bekommen, erleben die Pfandleiher einen neuen Frühling. Sie belehnen von Goldschmuck über Laptops bis hin zu Autos alles, was Wert hat. Schnell und unbürokratisch, das sind die Vorteile. Allerdings ist ein Pfandkredit wesentlich teurer als einer bei der Bank. Er ist ja auch nur für kurze Zeit gedacht, als Notlösung, betonen alle in der Branche. Im Pfandhaus von Gerard Bleiweis in Linz kann man so gut wie alles verpfänden: vom Schlauchboot über den Brillantring bis zum ausgestopften Murmeltier. Seinen Kunden begegnet er auf Augenhöhe. „Dann schämen sie sich nicht. Warum auch, wir haben ja beide etwas davon“. Mario ist einer seiner Stammkunden. Er ist 30 und Schausteller. Für seinen Fernseher hat er 70 Euro Pfanddarlehen von Gerard bekommen. Mit dem Geld kauft er seiner Stieftochter Angelina Ballerinas. „Sie war so brav in letzter Zeit und ich habs ihr versprochen“. Angelinas
Mutter Manuela sieht darin kein Problem. „Dann sparen wir eben woanders wieder etwas ein. Bei den Zigaretten, oder beim Nagelstudio“, schlägt sie vor. Bei Erich geht es um eine unvorhergesehene Autoreparatur – um das Geld dafür aufzubringen, versetzt er den Brilliantring seiner Freundin. „Sie hat den Ring von mir bekommen, weil sie eine gute Frau ist. Und sie bekommt ihn ja nach ein paar Wochen wieder zurück“. Sie steht daneben und nickt – es ist nicht das erste Mal, dass sie den Ring zum Verpfänden vom Finger zieht. Wer mehr Geld braucht, muss schon wertvollere Gegenstände versetzen, zum Beispiel sein Auto. Das belehnte Auto darf man weiter benützen – das ist Standard bei den meisten Autopfandhäusern. Das Risiko lassen sie sich zahlen: 100 Prozent Zinsen inklusive Gebühren im Jahr sind da keine Seltenheit. Tiba Marchetti hat mehrere Pfandleiher und Pfandkunden getroffen – und überraschende Einblicke in die Branche bekommen. (Text: ORF)
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