2021, Folge 1–23

Nach ARD-Angaben werden die Ausgaben der Sendung intern nicht nummeriert, so dass keine laufenden Gesamtnummern bekannt sind und wir deshalb nur innerhalb eines Jahres zählen können. Leider scheint somit auch nicht feststellbar, wie viele Ausgaben es vor 2018 bereits gab.
  • Folge 1
    Der magische Piks:
    Die große Impferzählung und ihre Nebenwirkung
    Toxische Männlichkeit und Frauenhass:
    Die Ideologie der Incels
    Das neue Lissabon:
    Goncalo Fonseca fotografiert die Auswirkungen der Gentrifizierung
    Auf der Suche nach Europas schwarzer Identität:
    Johny Pitts Reportage „Afropäisch“
    Der Soundtrack zur Pandemie:
    „The Notwist“ mit neuem Album „Vertigo Days“ (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 10.01.2021Das Erste
  • Folge 2
    Ausatmen – Einatmen – 20 – 21
    Oh Mann – was war das für ein Jahr? Und wo nehmen wir die Hoffnung her für das neue? Und welche Befürchtungen bleiben? „ttt“ mit drei Fragen an Schreibende, Schauspielende, Film-Machende, Theaterleute, Museums- und Verlagsmenschen.
    Menschlichkeit in Zeiten der Angst
    Eine junge Fotoreporterin, die sich immer wieder in die gefährlichsten Regionen der Welt begeben hat – um Zeugnis abzulegen, darüber, wie sich Menschen in Extremsituationen verhalten. Die Münchner Fotografin Julia Leeb war bei den Nubiern im Sudan, bei den Warlords im Kongo, in Libyen, im abgeschotteten Nordkorea. Trotz aller Lebensgefahr, in die sie sich begibt, Leeb finden auch Hoffnung und Momente voller Schönheit. Besonders ihre Begegnungen mit Frauen sind es, die immer wieder Hoffnung geben auf einen Ausweg aus Gewalt und Unterdrückung.
    AI – Intelligente KI – oder: KI intelligent?
    Der Dramatiker Heiner Müller nannte es einst: die Hochzeit von Mensch und Maschine. Filme wie „Robocop“, „Terminator“, „Blade Runner“ oder Stanley Kubricks genialischer
    „2001 – Odyssee im Weltraum“ mit dem unvergessenen Computer Hal 9000, der sich seiner selbst bewusst wird, haben alle möglichen höchst philosophischen Szenarien menschlich-maschineller Interaktion längst durchgespielt. Und jetzt folgt die Realität: Computer fangen an zu dichten, Social Bots beeinflussen Wahlen und Einkäufe und, kein Witz, gerade wurde Amazon’s Sprachassistent Alexa als Zeuge vor Gericht geladen, was dazu geführt hat, dass ein Mann des Todschlags überführt wurde. Was also geschieht da gerade zwischen Mensch und Maschine?
    Kamala Harris
    Sie verkörpert die Hoffnung von Millionen. Kamala Harris ist die erste Frau im Amt einer Vizepräsidentin in den USA. Selbstbewusst, stark, intelligent – so beschreibt ihr Biograf Dan Morain sie. Wie hat Kamala Harris ihren erstaunlichen Aufstieg geschafft? Als Tochter einer Inderin und eines Jamaikaners war ihr Weg auch gezeichnet von Niederlagen, Ablehnung und erbitterten Gegnern. Ihre Biografie erscheint am 25. Januar „ttt“ hat mit ihrem Biografen Dan Morain in Kalifornien gesprochen.
    Islamismus auf dem Bildungsweg
    Sie nennen es Bildung – und unter diesem Decknamen lässt sich auch mitten in Europa, auch in Deutschland, ganz ungeniert islamistische Propaganda betreiben. Und zwar jenseits und außerhalb der Kontrolle demokratischer schulischer Institutionen. Harmlos klingende Namen wie „Europäisches Institut für Humanwissenschaften“ verschleiern die wahre Realität einer Kaderschmiede der Muslimbruderschaft. Ja, es sind tatsächlich Bildungsstätten, in denen er passiert, der Kampf um die Köpfe von Jugendlichen und Kindern. Sie sollen gewonnen werden für die Extreme des Islamismus. Höchste Zeit, dass wir aufmerksam werden, auf die gefährliche Parallelgesellschaft mitten unter uns. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 17.01.2021Das Erste
  • Folge 3
    Die geplanten Themen:
    Salo Mullers Kampf um Entschädigung für Deportationsopfer : Salo Muller war sechs Jahre alt, als er 1942 in Amsterdam seine Eltern zum letzten Mal sah. Am 27. November 1942 wurden sie von Amsterdam ins Durchgangslager Westerbork und von dort nach Auschwitz deportiert, wo sie Anfang 1943 ermordet wurden. Der 6-jährige Junge wurde von niederländischen Widerstandskämpfern versteckt. 1945 machte ihn seine Tante ausfindig: Sie fand ein verängstigtes Kind vor. Salo Muller hat ein halbes Jahrhundert gebraucht, ehe er – angeregt durch Steven Spielbergs Shoa-Projekt – über sein Schicksal reden konnte. Seine Eltern mussten, wie alle Juden, ihre Deportation in die Vernichtungslager auch noch selbst bezahlen.
    Muller hat sich deshalb an die holländische Staatsbahn gewandt und Entschädigung verlangt. Drei Jahre dauerten die Gespräche mit der Niederländischen Eisenbahn, dann gab es ein Einsehen und Muller und die anderen 5000 holländischen Überlebenden des Holocaust und ihre Angehörigen erhielten eine Entschädigung. Jetzt haben Salo Muller und sein deutscher Anwalt Axel Hagedorn an die Deutsche Bahn und die Bundesregierung Briefe geschrieben und Entschädigung gefordert. Was der 84-jährige Salo Muller will, ist eine Geste der Deutschen Bahn und ihres Eigentümers, der Bundesrepublik Deutschland, die mehr ist als nur Worte. „ttt“ hat mit Salo Muller und seinem Anwalt gesprochen.
    Autor: Ulf Kalkreuth
    Wie der Fotokünstler Hans-Christian Schink die Sonne einfing: Der Fotograf Hans-Christian Schink, 1961 in Erfurt geboren, gehört zu den international am meisten beachteten Fotografen seiner Generation. In der Kunsthalle Erfurt wird unter dem Titel „So weit. Fotografien seit 1990“ ein Ausschnitt aus seinem Werk gezeigt. Der Titel ist zweideutig: ‚So weit‘ heißt bei Schink auch, so weit in die Welt hinaus. Für seine singuläre Serie „1 h“ hat er an zwei Dutzend Orten auf der Nord- und Südhalbkugel der Erde den Lauf der Sonne innerhalb einer Stunde ins Bild gebracht.
    Schink hat dafür die Orte der extremsten Sonnenverläufe der Welt aufgesucht. Das romantische Staunen, das trotz penibelster Belichtungsplanung und google-genauer Weltvermessung darin liegt, kennzeichnet auch seine anderen Fotografien – selbst wenn sie soziale Umbrüche dokumentieren wie bei der Begleitung des „Verkehrsprojektes Deutsche Einheit’“ oder wenn er sich seiner neuen Heimat im „Hinterland“ am Rande der mecklenburgischen Seenplatte fotografisch nähert.
    Autor: Meinhard Michael
    Von der Veränderbarkeit der Welt – der Dokfilm „Der nackte König“: Eine nicht enden wollende Pandemie, Turbulenzen bei der amerikanischen Präsidentenwahl – gefühlt stehen wir an der Kante eines radikalen weltweiten Umbruchs, vielleicht sogar einer Revolution.
    Zumindest ein Filmverleih will sich von der andauernden Kinoschließung nicht aufhalten lassen und veröffentlicht – nun digital – einen Film, der sich genau mit dem Thema beschäftigt: der Revolution. Der Schweizer Journalist und Filmemacher Andreas Hoessli betrachtet in seinem fast zweistündigen Essay „Der nackte König“ zwei historisch nah beieinander liegende, aber sehr unterschiedliche Revolutionen: die islamische Revolution unter Ayatollah Khomeini im Iran von 1978 und die landesweiten Streiks 1980 in der Volksrepublik Polen, die zur Gründung der nur kurzzeitig legalen Gewerkschaft Solidarnosc führten. Hoessli war selbst Ende der 70er als junger Politik-Doktorand in Polen und befreundete sich mit dem Journalisten Ryszard Kapuscinski, der sowohl die polnische als auch die iranische Revolution begleitete.
    Hoessli erzählt von der eigenen Erfahrung, schaut auf das, was übriggeblieben ist und fordert von dem Betrachter in aller Differenziertheit ein eigenes Nachdenken. Ab 11. Februar ist der Film online auf der heimischen Leinwand zu sehen.
    Autor: Dennis Wagner
    „Paradigma“ – Das Bayerische Staatsballett feiert Online-Premiere: Eigentlich sollte „Paradigma“ vom Bayerischen Staatsballett vor Publikum aufgeführt werden. Klar, denn Tänzer und Schauspieler brauchen die Resonanz aus dem Zuschauerraum, den Energiefluss aus dem Parkett wie den Ort, auf der sie ihre Kunst ausüben – nichts Traurigeres auf der Welt als eine leere Bühne! Doch ist das der Theateralltag in der Pandemie, im erneuten Lockdown des Kulturlebens. Als erste der großen Institutionen ließ das Bayerische Staatstheater deshalb jetzt eine Premiere online stattfinden – nicht als Aufführungskonserve, sondern in einer eigens für das neue Medium choreografierten Produktion.
    So bleibt der Kontakt zum Publikum erhalten, aber wie fühlt sich der virtuelle Theaterraum für die Tänzer an? Das gestreamte „Paradigma“ – ein Modell für das Überleben des Theaters als soziales, kulturelles und gesellschaftliches Ereignis auch nach der Covid-19-Krise? „ttt“ besucht in München ein fast leeres Theater, in dem an Ideen kein Mangel ist.
    Autor: Andreas Lueg (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 24.01.2021Das Erste
  • Folge 4
    What the Fuck?! Wie die britische Band Sleaford Mods eine taumelnde Gesellschaft enttarnt: „Das britische Empire ist komplett am Ende. Und England steht in der Ecke wie ein Vollidiot, der sich schämen sollte“, das sagt Jason Williamson. Er ist Poet und Sänger des Elektro-Punk-Duos Sleaford Mods. Die Sleaford Mods sind das „schlechte Gewissen der britischen Gesellschaft“, alles, was nicht funktioniert, bringen sie zur Sprache – aber bitte tanzbar! Dass so eine Band im Jahr 2021 mit Corona und dem Brexit jede Menge sagen muss, zeigt sie auf ihrem neuen Album „Spare Ribs“.
    „ttt“ hat die Sleaford Mods in ihrer Heimatstadt Nottingham besucht und sich von ihnen den Zustand des noch vereinten Königreiches aus der Innensicht wortgewaltig beschreiben lassen. Besserstädter und Bauernlümmel – Vom großen Missverständnis zwischen Stadt und Land: Ländliche Regionen gelten oft als strukturschwach, abgehängt, hinterwäldlerisch. Das Land wird in Deutschland zunehmend als Pendlerschlafstätte, als Naherholungsdomizil verstanden, aber nicht unbedingt als schützenswerter Lebensraum, mit Landwirtschaft, die es zu erhalten gilt.
    „ttt“ trifft die Journalistin Uta Ruge, die in ihrem gefeierten Sachbuch „Bauern, Land“ den Entwicklungen in ihrem Heimatdorf nachgeht, und unterhält sich mit dem Kulturgeografen Werner Bätzing, der mit „Das Landleben“ ein Standardwerk verfasst hat, das klar macht, warum es in unser aller Sinne ist, das Landleben zu schützen. Bunter Stich mit Tiefe – Wie der Meistertätowierer Henk Schiffmacher die Geschichte des Körperschmucks erzählt: Kurt Cobain pilgerte zu ihm, genau wie Lady Gaga, Lemmy von Motörhead, die Red Hot Chili Peppers und viele mehr: Der Tätowierer Henk Schiffmacher ist ein Meister seines Faches, der sogar den niederländischen Verdienstorden verliehen bekam.
    Er trug maßgeblich dazu bei, dass Tattoos in den 90ern plötzlich nicht länger nur etwas für Knastbrüder und Rockstars waren, sondern für: jedermann. „ttt“ hat Henk Schiffmacher in seinem „Atelier“ in Amsterdam besucht und durfte miterleben, wie „Hanky Panky“, so sein Künstlername, seiner Tochter zu ihrem Geburtstag eine neue Tätowierung stach. Alles umsonst? – Was nach zehn Jahren vom Arabischen Frühling bleibt: Die Selbsttötung des 26 Jahre alten Gemüsehändlers Mohamed Bouazizi in Tunesien hat die arabische Welt verändert.
    Was nach seinem Tod folgte, waren Aufstände, Proteste und Rebellionen, die eine ganze Generation zum Jahreswechsel 2010/​2011 gegen die autokratischen Systeme der Region auf die Straße brachten. Zum 10. Jahrestag fragt „ttt“: Was bleibt vom Arabischen Frühling? Antworten sucht die Sendung bei dem ägyptischen Schriftsteller Alaa al-Aswani („Die Republik der Träumer“) und beim ehemaligen ARD-Korrespondenten Jörg Armbruster („Die Erben der Revolution“), die damals beide auf dem Tahrir-Platz standen. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 31.01.2021Das Erste
  • Folge 5
    Hunger nach Kultur – Wie Museen dem Lockdown trotzen /​ „Why we matter“ – Emilia Roig über das Ende der Unterdrückung /​ Kunst des Widerstands – Kolonialgeschichte neu erzählt /​ „Kabul, City in the Wind“ – Poetische Einblicke in den afghanischen … (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 07.02.2021Das Erste
  • Folge 6
    Schmerz, Kraft, Witz – Bernardine Evaristo kämpft mit Literatur gegen Rassismus: Sie ist ganz oben angekommen, im Literatur-Olymp. Bernardine Evaristo ist die erste Schwarze, die den Booker Prize gewonnen hat. 1959 in London geboren, Vater Nigerianer, Mutter weiße Engländerin. Ihr neuer Roman holt die ins Licht, die zu lange im Schatten standen. Schwarze Menschen, schwarze Frauen – Evaristo gibt ihnen eine Stimme. „Mädchen, Frau, etc.“ erzählt von zwölf Frauen, zwischen 19 bis 93 Jahren, von der Künstlerin, der Lehrerin, der Putzfrau, der Bankerin: alles vertreten.
    Ein großartiges Gesellschafts-Kaleidoskop. Bernardine Evaristos Waffe im Kampf gegen Rassismus: Hartnäckigkeit und Texte voller Witz, Scharfsinn und Menschlichkeit. Wie Kinder Kriege überstehen – Eindrückliche Fotos von Dominic Nahr: Sie sind die ersten Opfer von Kriegen: Kinder. Im Auftrag der Hilfsorganisation „Save the children“ hat der Fotograf Dominic Nahr zehn Menschen getroffen, die als Kinder einen Krieg erleben mussten – oder auch noch erleben: angefangen vom Ersten Weltkrieg, über den Vietnamkrieg, die vielen blutigen Auseinandersetzungen in Afrika, bis hin zum Bürgerkrieg in Syrien, der im März vor zehn Jahren ausbrach.
    (Ich lebe. Wie Kinder Kriege überstehen. Ein Jahrhundertporträt). Es sind eindrückliche Fotos, Blicke, die sich einbrennen, Erzählungen, die sich ähneln. Und doch ist jedes Schicksal einzigartig. „ttt“ besucht Dominic Nahr in seinem Schweizer Atelier und spricht mit ihm über Traumata und Hoffnung – und Ausdruck dessen in der Fotografie. Fulminantes Debüt – „Das Ministerium der Träume“ von Hengameh Yaghoobifarah: In diesem Roman geht es um Ausgrenzung, Alltagsrassismus und Ankommen.
    Familie, starke Frauen, Verlust und Verletzungen. Verunsicherung, Diskriminierung und Gegenwehr. Klingt überfrachtet – stimmt aber nicht. Das Debüt der Publizist*in und Kolumnist*in Hengameh Yaghoobifarah ist fulminant, dicht und entfaltet einen Sog. Bekannt wurde Yaghoobifarah durch Kolumnen in der taz. Im letzten Sommer entfachte Yaghoobifarah mit einem satirischen Text, in dem die Polizei hart angegangen wurde, eine aufgeregte Kontroverse. Der Innenminister wollte klagen, hat er dann nicht – und Yaghoobifarah bekommt bis heute Morddrohungen.
    Nun legt Yaghoobifarah einen ersten Roman vor. „Das Ministerium der Träume“ erzählt offen, manchmal rotzig und vor allem einfühlsam von schmerzhaften, systemischen Diskriminierungserfahrungen, mitten in Deutschland, über drei Generationen. Ohne dass man es möchte, ist man beim Lesen selbst mitten drin in einem Denken in Gruppen und Gegengruppen, erlebt man den ständigen Konflikt, statt ihn von außen zu betrachten. „ttt“ bittet Hengameh Yaghoobifarah zum Gespräch über rechten Terror, Heimatlosigkeit und Identität.
    TikTok – Von der Spaß-App zur Polit-Plattform: Am Anfang war „TikTok“ nur eine Spaß-App für unter 24-jährige. Eine Plattform für kurze Handyvideos, in denen Teenies zum Playback die Lippen bewegen oder im Kinderzimmer tanzen. Mittlerweile hat sich TikTok auch zur Polit-Plattform entwickelt. Jeder kann seine Meinung verbreiten und Millionen von Menschen erreichen. Juan Carlos Medina Serrano, Datenwissenschaftler in München, hat die Rolle von TikTok bei den US-Wahlen und den Black-Lives-Matter-Protesten untersucht.
    In Russland vernetzen sich aktuell junge Nawalny-Anhänger über die Plattform. Auch in Deutschland nehmen politische Inhalte auf TikTok zu. „ttt“ spricht mit der jungen Hamburgerin Larima, die gegen Alltags-Rassismus Stellung bezieht. Könnte TikTok auch bei uns im Superwahljahr eine Rolle spielen? Martin Fuchs, der Politiker in digitaler Kommunikation berät, sieht Gefahren, aber auch großes Potenzial für die Zukunft, denn die junge Zielgruppe stellt die Wähler von morgen. Aktivist, Komponist, Sänger – Der Drive des Jon Batiste: Der 34-jährige macht nicht nur groovige Musik.
    Als Aktivist führte Jon Batiste im Zuge der „Black Lives Matter“-Bewegung in New York einen Musical March an. Mit Poetin Amanda Gorman erinnerte er auf dem Empire State Building in einer Performance an die Bauarbeiter des Wolkenkratzers. Für den Pixar-Film „Soul“ schrieb Jon Batiste die Jazz-Stücke und ist damit für den Golden Globe nominiert. Auf seinem neuen Album „We are“ (VÖ am 9.3.) mischt der Bandleader, Pianist und Sänger Funk, Soul, Rap, Jazz, R&B und Klassik zu einem neuen Motown-Sound. Sein aktueller Song „I Need you“ macht gute Laune – genau das, was wir gerade brauchen. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 14.02.2021Das Erste
  • Folge 7
    - Die Macht Spotifys
    Wie beeinflusst der Streaming-Gigant Spotify unsere Art, Musik zu hören, und ist daran wirklich alles schlecht? „Darüber spricht „ttt“ mit dem schwedischen Medienwissenschaftler und Buchautor Pelle Snickars und dem Kulturjournalisten Jens Balzer. Spotify wurde entwickelt, um der Musikpiraterie der Nuller Jahre ein Ende zu bereiten und um die Musiker, die gestreamt werden, gerecht zu entlohnen. So lautete die Eigenwerbung des inzwischen zu einem Tech-Giganten gewachsenen schwedischen Unternehmens. Doch während die Krise der großen Labels längst vorbei ist, kommt von den Künstlern selbst viel Kritik am Geschäftsmodell Spotifys.
    Die Verteilung der Gelder sei intransparent, viel zu wenig käme gerade bei weniger bekannten Musikern an. Vielleicht sogar eine Datenkrake, die ihre Nutzer ausspioniert, der es weniger um Musik gehe als ums Datensammeln? In diese Richtung weisen jedenfalls die Ergebnisse einer Forschungsgruppe um den schwedischen Medienwissenschaftler Pelle Snickars, die nach jahrelanger, teils investigativer Recherche ihr bisher nur auf Englisch erschienene Buch „Spotify Teardown“ veröffentlicht hat.
    Spotify versuchte, ihnen hohe Forschungsgelder entziehen zu lassen. Spotify hat aber auch das Musikhören verändert, zu jeder Zeit sind fast alle Songs dieser Welt verfügbar. Und Spotify hat auch die Musik selbst verändert, die Songs werden deutlich kürzer, der Refrain kommt schneller, damit die Nutzer dranbleiben, die Klickzahlen bestimmen den Algorithmus. Gleichzeitig aber schafft Spotify mit seinen rund 300 Millionen Nutzern auch experimenteller, avantgardistischer Musik eine bisher ungekannte Plattform.
    Außerdem in „ttt“:
    - Race & Sex – Identitätspolitik ultra-unterhaltsam – Das Buch „Identitti“ von Mithu Sanyal
    - Die männliche Dominanz – Nur ein Wimpernschlag in der Menschheitsgeschichte?
    - Pa Salieu – Der Rapstar straight outta Coventry (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 21.02.2021Das Erste
  • Folge 8
    Die geplanten Themen:
    Zum 100. Geburtstag von Willi Sitte
    Er war die Eminenz unter den DDR-Künstlern. Seinen Pinselstrich kannte das ganze Land. Willi Sitte hat die Nacktheit stilisiert, unbekleidete menschliche Körper in allen Drehungen und Stellungen. Mit Stift und Pinsel hat er das Private öffentlich gemacht. In seinem Werdegang finden sich vielfältige Ausdrucksmittel und Stile. Jahrzehntelang hat er experimentiert, hat sich in die klassische Moderne verliebt, hat neue Formen gesucht und verworfen.
    Als Kind eines deutschen Gemüsebauern wird er im tschechischen Kratzau geboren. Schon in der Schule zieht sein zeichnerisches Talent alle Aufmerksamkeit auf sich. Er sammelt Erfahrungen als Musterzeichner in der Teppichproduktion, dann schickt man ihn zur NS-Meisterschule für monumentale Malerei, die er unter Protest bald wieder verlässt. Als Wehrmachtssoldat kommt er 1944 in das norditalienische Montecchio Maggiore und wechselt die Front. Er desertiert, schließt sich den Partisanen an. Beim Aufbau des Sozialismus im Osten Deutschlands war er von Beginn an dabei – aus politischer Überzeugung. Der Widerspruch zwischen seiner kommunistischen Überzeugung, seiner ungebrochenen Staatstreue und seinem Beharren auf der Eigenständigkeit der Kunst hat ihn ein halbes Jahrhundert begleitet.
    Der nach der Wende als Staatsmaler geschmähte Sitte genoss zu DDR-Zeiten die höchsten Ehrungen, agierte als Präsident des Künstlerverbandes und als Mitglied in Volkskammer und Zentralkomitee. Doch der Künstler Willi Sitte, war den Genossen suspekt. Sitte wollte der Kunst einen revolutionären Schwung verleihen, was ihm Rügen, Parteistrafen und immer wieder den Vorwurf der Dekadenz und des Formalismus eintrug. Am 25. Februar 2021 wäre Willi Sitte 100 geworden.
    Autor: Reinhold Jaretzky
    Ist die Meinungsfreiheit an deutschen Hochschulen in Gefahr?
    Die Meinungsfreiheit an deutschen Hochschulen ist in Gefahr – das glaubt jedenfalls eine wachsende Gruppe Professorinnen und Professoren, die sich in dem neuen ‚Netzwerk Wissenschaftsfreiheit‘ zusammengeschlossen haben. Gefahr droht ihrer Meinung nach vor allem durch die sogenannte „Cancel Culture“, prominente Beispiele sind die Proteste Studierender gegen die Rückkehr des AfD-Mitbegründers Bernd Lucke an die Uni Hamburg oder auch die Aktionen gegen Herfried Münkler und Jörg Baberowski an der Berliner Humboldt-Universität.
    „ttt“ spricht mit Netzwerk-Mitbegründerin Prof. Dr. Ulrike Ackermann und dem Dramaturgen und Autor Bernd Stegemann, der in seinem neuesten Buch „Die Öffentlichkeit und ihre Feinde“ für eine neue Debattenkultur plädiert.
    Autorin: Petra Böhm
    Panorama einer paralysierten Gesellschaft – Ljudmila Ulitzkaja „Eine Seuche in der Stadt“
    Der Satz, der einem die Sprache verschlägt, steht am Ende des neuen Buches von Ljudmila Ulitzkaja und ist als Trost gemeint: „Es war die Pest, nur die Pest.“ Gibt es etwas Schlimmeres als den schwarzen Tod? Ja, sagt Ulitzkaja. Die politische Pest. Ihr Buch, „Eine Seuche in der Stadt“, erzählt von einem Pestausbruch in Moskau 1939. Eine Seuche, die die Partei in einem Dekret 1938 für ausgerottet erklärt hatte. Auf anfängliche Ratlosigkeit folgt staatliche Entschlossenheit bei gleichzeitiger Verschwiegenheit.
    Der Geheimdienst NKWD, geschult im Aufspüren von Leuten, übernimmt die Kontaktnachverfolgung, spürt Infizierte auf und isoliert sie. Die Aktion – ein voller Erfolg. Den Pestausbruch hat es tatsächlich 1939 so gegeben. Ljudmila Ulitzkaja nimmt die Katastrophe als Sujet, um über die Deformation der Gesellschaft in einer Diktatur zu erzählen. Die Seuche offenbart die Krankheit des Systems. Das Buchmanuskript ist vierzig Jahre alt und brandaktuell. Nicht die Pest, Corona hält die Welt seit einem Jahr in Atem. Und Diktaturen scheinen erfolgreicher als Demokratien mit ihren Maßnahmen zu sein. Ein Irrtum, weiß Ljudmila Ulitzkaja, die ihr halbes Leben in Diktaturen zugebracht hat. Gegen eine Krankheit kann man auf die Wissenschaft hoffen, gegen ein krankes politisches System ist die Wissenschaft machtlos.
    Autorin: Gabriele Denecke
    „Not Your Muse“ – Die Soulsängerin Celeste über Selbstbestimmung und große Erwartungen
    Als wir Celeste Epiphany Waite in London treffen, kann sie ihr Glück noch gar nicht fassen: gerade erst ist ihr Album „Not Your Muse“ an die Spitze der britischen Charts geklettert. Nummer eins! Und das mit einem Debüt. Schon seit ein paar Jahren begeistert die 26-jährige Sängerin die Welt mit ihrer Musik, vor allem aber mit ihrer hinreißenden Stimme. Und mit der singt sie den Soul, wie es nur die ganz Großen machen. „Die neue Adele, die neue Amy Winehouse!“, urteilt die Presse. Celeste kennt die Vergleiche, die bis zu Aretha Franklin reichen, bedankt sich bescheiden und versucht, sich nicht festlegen zu lassen.
    In großartigen Balladen wie „Strangers“ oder „Both Sides of the Moon“ zeigt sich die klassische, ja zeitlose Schönheit ihres Gesangs. „Stop This Flame“ und „Love is Back“ wiederum beweisen, dass die junge Frau aus Brighton durchaus auch den großen Pop beherrscht. In „ttt“ spricht sie über große Erwartungen, musikalische Früherziehung und darüber, sich niemals verbiegen zu wollen.
    Autor: Marcus Fitsch (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 28.02.2021Das Erste
  • Folge 9
    Die geplanten Themen:
    Anne Applebaum: „Die Verlockung des Autoritären“,
    Der Bestseller erscheint jetzt auf Deutsch
    Wolfgang Niedecken wir 70
    Ein Portrait über einen Mann mit Haltung
    Berlinale
    Wer gewinnt den goldenen Bären
    Julien Baker
    Queer und religiös – Ehrliches Songwriting vom neuen Star am Musikhimmel
    Zukünftiges Erinnern
    Die Arbeit des größten Holocaust Archivs in Arolsen. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 07.03.2021Das Erste
  • Folge 10
    Die neue Einsamkeit – über die Gesellschaft und die Conditio Humana: Einsamkeit breitet sich aus wie eine Epidemie. Betroffen sind über 14 Millionen Deutsche, über 40 Millionen Europäer. Besonders betroffen: jüngere Generationen. In ihrem Buch „Die neue Einsamkeit“ (Hoffmann & Campe) zeigt die Publizistin Diana Kinnert, wie ökonomische, soziale und technologische Entwicklungen eine Pandemie der Entfremdung und Isolation befördern, eine neue Form kollektiver Einsamkeit, die bislang kaum erforscht ist. Mit den digitalen Welten bröckeln altbekannte Strukturen, die bisher gekannte Kultur des Miteinanders: „die Alten bleiben zurück, die Jungen hetzen in eine entwurzelte Zukunft.
    Diese neue kollektive Unbehaustheit ist das große Thema unserer Zeit. Allein in Deutschland sagen 14 Millionen Menschen, dass sie sich einsam fühlen. Und spätestens seit Corona ist soziale Isolation globaler Status Quo. Die Folgen sind riskant: Gesellschaften zersplittern, der Radikalismus erstarkt und bedroht unsere Demokratie.“ Olaf Unverzart – Portrait und Werkschau: Seine Bilder haben nichts romantisch Verklärendes.
    Der Fotograf Olaf Unverzart sagt von sich selbst: „Ich fotografiere, was ich sehe.“ Egal, ob er ein Jahr seine (mittlerweile verstorbene) Großmutter in ihrem 100. Lebensjahr fotografisch begleitet, oder die Alpen ablichtet – er schönt nichts. Keine Effekte. Bei ihm gibt es keine Sonnenauf- oder untergänge, kein Alpenglühn. Die Natur ist häufig schroff auf seinen Bildern, karg und abweisend; im Zweifelsfall verbaut. Dabei geht es ihm nicht um vordergründige Anklagen.
    Unverzart dokumentiert. So auch in seinem neuesten Werk: Été. Er zeigt darin Skiorte in den Westalpen (vor allem in Frankreich). Unverzart hat sie im Sommer fotografiert. Plötzlich wirken die verlassenen Bettenburgen surreal. Unverzart hat über die Jahre einen ganz eigenen Stil entwickelt: seine Bilder sind auf eine etwas spröde Art poetisch und bewegend. Eigentlich sollte er jetzt eine Ausstellung in Wien haben. Da diese verschoben werden musste, hat ttt ihn in seinem Atelier und Refugium in der Oberpfalz getroffen.
    71 /​ 72. Die Saison der Träumer: Ein gewagtes, ambitioniertes Projekt: entlang einer Fußballsaison entwirft der Autor Bernd-M. Beyer das Sittenbild der wohl bewegtesten Phase der alten Bundesrepublik. Soviel Aufbruch war nie: Ein Kanzler will „mehr Demokratie wagen“ und Ausgleich und Verständigung mit einer neuen Ostpolitik schaffen. Dafür wird er angefeindet, erhält Morddrohungen und – auch während dieser Saison – den Friedensnobelpreis. Ebenfalls diffamiert wird der Autor Heinrich Böll (der kurz darauf genauso den Nobelpreis erhält, den für Literatur).
    Eine Rockband spielt Songs für die Utopie einer besseren Welt. Um Fußball geht es auch: die Spieler werden wegen ihrer Haarpracht angegriffen („Wie die Affen! Wir schauen nicht mehr!“), es gibt den „Bundesligaskandal“ und die deutsche „Jahrhundertmannschaft“. Alles ist mit allem verbunden: als bei einem Länderspiel im Mai das Münchner Olympiastadion eröffnet wird, wird ein Kunstwerk präsentiert, moderne, leuchtende Architektur, die zugleich politisches Statement ist: leicht und transparent ist das Ensemble, es soll ein Symbol für das demokratische Deutschland sein.
    Protagonisten des Buchs sind zwei Träumer: der Schalker Rechtsaußen Stan Libuda und der Rocksänger Rio Reiser: „Sie beide verstanden sich auf die Kunst des Spielens, weniger auf die Regeln des Spiels.“ Arlo Parks – Collapsed in Sunbeams: Sie klingt lebensklug als hätte sie alles bereits erlebt. So singt Arlo Parks etwa vom „Black Dog“ – Winstons Churchills Codewort für seine Depressionen: „I would do anything to get you out your room“, heißt es darin.
    Dabei ist sie gerade mal 20. Die BBC (und nicht nur die) feiert Parks als Pop-Sensation des noch jungen Jahres. Billie Eilish ist ebenso Fan wie Michelle Obama. Dabei kommt „Collapsed in Sunbeams“ sehr unspektakulär daher: zeitloser Folk-Soul, elegant und zurückgenommen. Leise, kluge Pop-Perlen, im Vordergrund steht Arlo Parks weiche Stimme. „Making Peace with your own distortions“ – „Mach Frieden mit Deinen Deformierungen“, heißt es auf dem Cover. Es ist eine Zeit der Introspektion. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 14.03.2021Das Erste
  • Folge 11
    „Aznavour by Charles“
    1948 schenkte Edith Piaf dem damals 24jährigen Charles Aznavour eine Paillard-Bolex-Kamera, eine kleine Handkamera, die er sein Leben lang behielt. Bis 1982 drehte er unzählige Stunden von Bildmaterial – seine Reisen, seine Freunde, seine Liebesbeziehungen, sein persönliches Tagebuch.
    Erst mit 94 Jahren, kurz vor seinem Tod 2018, begann Charles Aznavour, das Material mit dem Filmemacher Marc di Domenico zu sichten – und der entschied, daraus einen Film zu machen. Kommentiert werden diese einzigartigen privaten Filmaufnahmen mit Zitaten aus den Memoiren Aznavours.
    Entstanden ist ein poetischer Blick auf das Leben des legendären Chansonniers – der Film „Aznavour by Charles“.
    Autor: Lutz Pehnert
    Streitfall Guarneri-Geige
    Der jüdische Musikalienhändler Felix Hildesheimer verlor 1937 zuerst sein Geschäft in Speyer, dann seine Wohnung und schließlich sein Hab und Gut, darunter eine kostbare Guarneri-Geige, sie sollte das Startkapital für einen Neuanfang in Übersee sein. Aber die Nazis ließen Hildesheimer nicht mehr ausreisen. Er brachte sich 1939 um. Die Geige verschwand und tauchte irgendwann im Besitz der „Franz Hofmann und Sophie Hagemann Stiftung“ in Nürnberg wieder auf, einer Musikstiftung, die eng mit der Nürnberger Musikhochschule verbunden ist. 2016 hatte sich diese Stiftung bereiterklärt, den beiden Enkelsöhnen von Felix Hildesheimer, den rechtmäßigen Erben, 100.000 € Entschädigung zu zahlen. Aber bis jetzt ist kein Cent bei den Erben angekommen. Seit kurzem vertritt nun US-Staranwalt Michael Hausfeld die Erben und der Fall ist inzwischen zu einem internationalen Politikum geworden. Wie ernst nimmt man in Deutschland den Umgang mit NS-Raubkunst?
    Autor: Ulf Kalkreuth
    „Dressed to thrill“
    Unter diesem Motto machte sich die Strickdesignerin Claudia Skoda im Westberliner Underground der 70er und frühen 80er Jahre einen großen Namen. Zusammen mit anderen Künstlern eröffnete sie in Kreuzberg ein Künstler-Loft, als es dieses Wort noch gar nicht gab. Sie veranstaltete spektakuläre Modenschauen – den Catwalk gestaltete der Fotograf Martin Kippenberger. David Bowie, Iggy Pop und viele andere zählten zu ihren Weggefährten. Sie trotzte der grauen Mauerstadt mit einem Hauch von glitzerndem Strick oder hielt ihr mit ihrem „politischen Look“ den Spiegel vor. Selbstbewusst, kämpferisch und kreativ.
    Irgendwann sagte David Bowie zu ihr „Deine Mode ist ein bisschen mehr als Berlin“ – 1982 ging Claudia Skoda nach New York, in Manhattan eröffnete sie einen Laden. 1988 kam sie zurück nach Berlin, wollte eigentlich nur kurz bleiben zum Kulturhauptstadt-Jahr – aber dann fiel die Mauer und sie blieb in der Stadt, in der sie 1943 geboren wurde. Jetzt hat Skoda große Teile ihrer Privatsammlung der Stiftung Preussischer Kulturbesitz geschenkt. Ab 1. April wird sie mit einer großen Ausstellung im Kulturforum/​Kunstgewerbemuseum Berlin geehrt: „Dressed to thrill“.
    Autorin: Petra Dorrmann
    „Von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei“
    Darf eine Übersetzerin weißer Hautfarbe das Gedicht „The Hill We Climb“ der schwarzen Schriftstellerin Amanda Gorman übersetzen oder ist das eine politisch unkorrekte, anmaßende „kulturelle Aneignung“? Oder, in letzter Konsequenz: Darf ein Nicht-Italiener Pizza backen? In den Sozialen Medien bricht sich eine neue Verbotskultur Bahn. „Generation Beleidigt – von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei“ überschreibt die französische Feministin Caroline Fourest ihre Analyse linken identitätspolitischen Denkens, das auf Kultur und Gesellschaft übergreift, Debatten unter Verdacht stellt und damit den gesellschaftlichen Diskurs ersticken könnte.
    Autor: Andreas Lueg
    Ausnahme vom Ausnahmezustand
    Die Starsopranistin Maria Bengtsson hat gerade ein Engagement an der Madrider Oper – sie probt für „Peter Grimes“ von Benjamin Britten. In der spanischen Hauptstadt sind die Theaterhäuser geöffnet – welch ein Glück für Bengtsson! Auch sie hatte in Berlin monatelang keine Arbeit gehabt. Ein Desaster für eine Künstlerin, die eigentlich auf den Bühnen der Welt unterwegs ist. Die Verzweiflung muss groß gewesen sein, denn Bengtsson hatte tatsächlich überlegt, den Beruf zu wechseln, um weiter ihr Leben und das ihrer Familie finanzieren zu können. Jetzt aber singt sie wieder. Ob das Beispiel Madrid Schule machen kann und soll – das will Bengtsson nicht beurteilen. Aber sie sehnt sich, wie wir alle, nach einer Rückkehr des kulturellen Lebens, denn – so die Opernsängerin – erst unsere Kultur macht uns zu Menschen.
    Autorin: Nathalie Daiber (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 21.03.2021Das Erste
  • Folge 12
    Die geplanten Themen: Hollywoodstar Matthew McConaughey exklusiv in „ttt“ In seinem Buch „Greenlights“ erzählt er von den Abenteuern seines Lebens Der Schauspieler Matthew McConaughey, der es aus einfachsten Arbeiterverhältnissen bis in die erste Liga der amerikanischen Schauspieler schaffte und zum Oscar sogar, hat ein Buch geschrieben. Doch wer Innenansichten aus Hollywood erwartet, wird – zum Glück – enttäuscht. Seine Karriere, seine Rollen wie in der herausragenden Serie „True Detective“ oder in Filmen wie „Interstellar“ oder „Dallas Buyers Club“, die großen Regisseure: nur Randerscheinungen.
    Glamour und Gossip, Affären mit anderen Stars, die es durchaus gab: nicht sein Fokus. Es sei eben keine Autobiographie, sagt McConaughey selbst über sein Buch „Greenlights“, und doch geht es darin um nichts anderes als: sein Leben. Aber auch um Werte, die ihn im Leben weitergebracht haben. McConaughey erzählt mit so lapidarer wie kunstvoller Sprache von seinem Werden und Aufwachsen im texanisch-irischen Familienkosmos.
    Mit viel Humor und größtmöglicher Offenheit, quasi rücksichtslos, schildert er schamvolle, intime, unvorteilhafte Erlebnisse, aber auch Heldenreisen und Happy Endings. „Greenlights“, der Titel seines Buches, meint das grüne Licht einer Ampel. Sein Leben, so komme es McConaughey vor, sei bislang ein Ritt auf der grünen Welle gewesen. Denn selbst wenn zwischendurch die Lebensampel auf gelb oder gar rot gesprungen sei, habe sich dieses Ausbremsen im Nachhinein doch als das erwiesen, was ihn weiterkommen ließ.
    Mit Metaphern wie dieser und vielen Aphorismen und Tagebuchweisheiten wirkt McConaugheys Buch auch wie ein Lebensratgeber. Andere, sagt er, sollen aus seinen Fehlern und Einsichten lernen können. Da überrascht es fast nicht, dass er sich, wie er „ttt“ im Interview erzählt, auch einen anderen Beruf als den des Schauspielers vorstellen kann: Prediger. „ttt“ hat Matthew McConaughey für sein einziges deutsches Fernsehinterview in seinem texanischen Zuhause getroffen.
    Außerdem bei „ttt“: „Das Zeitalter der Einsamkeit“ – Die renommierte Ökonomin Noreena Hertz über eines der größten Probleme unserer Zeit Studien zeigen: Wer einsam ist, handelt aggressiver und weniger empathisch. Und dieses Gefühl ist nicht nur für den Einzelnen ein großes Problem. Es ist auch politisch ein hochbrisantes Phänomen, vielleicht neben dem Klimawandel das bedrohlichste unserer Zeit. Das sagt die international bekannte Ökonomin Noreena Hertz, die am renommierten University College London lehrt und Einsamkeit auch als politisch relevante Kategorie erforscht.
    „ttt“ hat die Frau, die jeden TED-Talk zum Ereignis macht, in London getroffen. Die intellektuelle Handfeuerwaffe Sophie Passmann – Über ihr Buch „Komplett Gänsehaut“, Privilegien, Pop und Aktivismus „Es sind übrigens immer die weißen Systemgewinner und westdeutschen Harmonieopfer, denen unterstellt wird, die Stimme ihrer Generation zu sein oder das zu erleben, was angeblich alle durchmachen.“ Das schreibt Sophie Passmann in ihrem neuen Bestseller „Komplett Gänsehaut“.
    Das Buch ist keine Autobiographie und kein Roman, es ist eine wütende literarische Feldforschung über das linksliberale Bildungsbürgertum. „ttt“ hat Sophie Passmann in ihrer Wahlheimat Berlin getroffen und mit ihr über ihr Milieu und Klassismus, übers Jungsein und Älterwerden und über Feminismus im Internet gesprochen. Der Pop-Superstar Dua Lipa – Was sie bewegt, und was sie bewegen will Dua Lipa ist die größte Disco-Königin der Gegenwart.
    Auf ihrem gerade neu aufgelegten und großzügig ergänzten Meisterwerk „Future Nostalgia“ vereint sie den pumpenden Bass der goldenen Disco-Ära mit Texten voll pointiertem Empowerment. Die Botschaft: Frauen, seid stark, lasst euch nichts gefallen! „ttt“ hat mit Dua Lipa über ihre Kindheit in London und Pristina und ihren mutigen Großvater gesprochen, über Wunden der Vergangenheit und das Versprechen der Zukunft. „ttt – titel thesen temperamente“ ist am Sendetag ab 20:00 Uhr in der ARD-Mediathek verfügbar. Im Internet unter www.DasErste.de/​ttt Redaktion: Nora Binder und David Gern (hr) (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 28.03.2021Das Erste
  • Folge 13
    Die geplanten Themen:
    Das Ende des Eigenheims – Provokantes Plädoyer für die Stadt:
    Das eigene Heim im Grünen – das ist nicht erst seit der Pandemie der Traum von vielen. Doch eben diese Einfamilienhäuser schaden der Umwelt und dem Klima: Sie verbrauchen zu viel Fläche, zu viel Baustoffe, zu viel Energie und führen zur Zersiedelung. Und wenn dann noch mit dem Auto in die nächstgelegene Stadt gependelt wird, dürfte die Klimabilanz der glücklichen Eigenheimbewohner verheerend sein – allerdings mit Pendelerpauschale und Eigenheimzulage staatlich subventioniert. Genau dagegen spricht sich der Klimaökonom Gernot Wagner in seinem neuen Buch „Stadt, Land, Klima“ aus und hält ein flammendes Plädoyer für die Stadt.
    Ausgerechnet – sind Städte doch oft als naturfeindlich verschrien! Dabei sind sie in der Regel effizient organisiert, kurze Wege, der ÖPNV oder noch besser das eigene Fahrrad machen das Auto überflüssig. Und wenn sich der moderne Städtebewohner dann auch noch räumlich etwas einschränkt, aber Dank kluger Grundrisse, moderner Technologien und Kreativität, ausreichend Platz hat – wäre das gut für unser Klima, so Wagner. „ttt“ trifft den überzeugten Städter in New York und lotet aus, wie die Klimaziele mit moderner Stadtplanung doch noch erreicht werden können.
    Der lange Weg zurück – Letztes Kapitel im Streit um die Benin Bronzen?:
    Sie sollten eigentlich der Hingucker des neu zu eröffnenden Humboldt Forums werden: die kunstvollen Benin Bronzen. Allein 440 Stücke besitzt die Stiftung Preußischer Kulturbesitz – ganz legal auf einer Auktion in London ersteigert. Und doch Raubgut. Die Briten hatten sie im Rahmen einer Strafaktion 1897 erbeutet – als Sühne für ein Massaker der beninischen Truppen. Etwa 1100 Objekte befinden sich in deutschen Museen. Die nigerianische Regierung versucht schon seit langem, die Artefakte zurückzubekommen – bislang vergeblich. Die Museen blockten dickfellig und systematisch jegliche Restitutionsgesuche ab, wie Bénédicte Savoy in ihrem neuen Buch enthüllt („Afrikas Kampf um seine Kunst“).
    Doch jetzt scheint Bewegung in den Fall zu kommen: Ob und wie viele der Bronzen dauerhaft im Humboldt Forum gezeigt werden können, ist derzeit unklar. Der Intendant des Forums rechnet mit einer Rückgabe, die Stiftung gibt Fehler in der Vergangenheit zu, das Auswärtige Amt verhandelt in Nigeria, und die zuständige Staatsministerin für Kultur will noch im April ein Bund-Länder-Treffen zu den Benin Bronzen einberufen. „ttt“ über ein langes, für Deutschland wenig rühmliches Kapitel im Umgang mit kolonialem Raubgut.
    Der Mensch hinter der Ikone – 100. Geburtstag Sophie Scholl:
    Mit ihrem Kampf gegen das Nazi-Regime ist Sophie Scholl, geboren am 9. Mai 1921, bis heute ein Vorbild. Aber wer war die Ikone des Widerstands? Der Theologe und Historiker Robert M. Zoske hat eine Biografie über sie veröffentlicht. Er will Sophie Scholl als Mensch, mit Widersprüchen und Zweifeln porträtieren, vor allem ihren inneren Konflikt zwischen Glauben und Nazi-Ideologie: Sophie stammt aus einem christlichen Elternhaus, begeistert sich aber früh für den „Bund deutscher Mädel“, wird sogar Gruppenführern. Den Nationalismus und Antisemitismus der Nazis blendet sie aus. Erst langsam kommen die Zweifel. Je größer und intensiver ihr christlicher Glaube wird, desto stärker und entschlossener wird auch ihr Wunsch, gegen den Nationalsozialismus Widerstand zu leisten. Robert M. Zoske liefert in seinem Buch ein differenziertes Bild von Sophie Scholl: „Es reut mich nichts. Porträt einer Widerständigen.“
    NFT-Kunst – Kurzer Hype oder Kulturrevolution?:
    69 Millionen Dollar für eine Bilddatei: Nach dem spektakulären Auktionserfolg des US-Künstlers „Beeple“ für sein digitales Werk „The first 5000 Days“ ist die Kunstwelt in Aufruhr. Der Clou: Das Werk ist mit einem digitalen Echtheitszertifikat versehen, einem NFT (Non Fungible Token) und damit nicht kopierbar; die Schwachstelle digitaler Kunstwerke, ohne Qualitätsverlust kopierbar zu sein, ist damit behoben. Manche sprechen von einer Revolution für digitale Kunst, aber ist die mediale NFT-Aufregung wirklich mehr als ein Hype? Und wäre jemals so viel gezahlt worden, wenn die Online-Versteigerung bei Ebay und nicht bei Christie’s stattgefunden hätte? Sotheby’s, das andere große Auktionshaus, hat für die kommende Woche seine erste NFT-Auktion angekündigt.
    „ttt“ spricht mit einem Vertreter von Sotheby’s und mit deutschen Expert*innen über NFT-Kunst, die z. B. am ZKM in Karlsruhe schon seit längerem gesammelt wird. Was ist los mit dem Kunstwerk im Zeitalter seiner digitalen Unreproduzierbarkeit?
    Aktivist, Komponist, Sänger – Der Drive des Jon Batiste:
    Der 34-Jährige macht nicht nur groovige Musik. Als Aktivist führte Jon Batiste im Zuge der „Black Lives Matter“-Bewegung in New York einen Musical March an. Mit Poetin Amanda Gorman erinnerte er auf dem Empire State Building in einer Performance an die Bauarbeiter des Wolkenkratzers. Für den Soundtrack zum Pixar-Film „Soul“ bekam Jon Batiste im März einen Golden Globe und ist jetzt sogar für einen Oscar nominiert. Auf seinem neuen Album „We are“ mischt der Bandleader, Pianist und Sänger Funk, Soul, Rap, Jazz, R&B und Klassik zu einem neuen Motown-Sound. Sein aktueller Song „I Need you“ macht gute Laune – genau das, was wir gerade brauchen. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 11.04.2021Das Erste
  • Folge 14
    „Was, wenn wir einfach die Welt retten? …“ – das neue Buch von Frank Schätzing und Elizabeth Kolberts Buch „Wir Klimawandler“:
    Der 22. April ist „Earth Day“, der Tag, an dem weltweit des zunehmend fragilen Zustandes unseres Planeten gedacht wird. Gebracht hat dieses Nachdenken bislang eher wenig, Erderwärmung und Artenvernichtung schreiten voran und bedrohen unsere Existenz. Frank Schätzing, Autor des Bestsellers „Der Schwarm“, hat den Corona-Lockdown genutzt, um ein Buch über die Klimakrise zu schreiben. Das Ergebnis ist ein im besten Sinne populärwissenschaftliches Buch. Schätzing entwirft zunächst ein dystopisches Zukunftsbild, um dann Wege aufzuzeigen, wie Politik und Wissenschaft, aber auch jeder einzelne Mensch, die drohende Katastrophe abwenden kann.
    Titel: „Was, wenn wir einfach die Welt retten?“ Mit dem von Menschen gemachten Klimawandel beschäftigt sich auch das neue Buch der Pulitzer-Preisträgerin Elizabeth Kolbert. Der Mensch hat den Klimawandel verursacht, kann er ihn auch rückgängig machen? „Wir Klimawandler“ erscheint im August und erzählt von großen Plänen und möglicherweise ungewollten Konsequenzen. (Autorin: Petra Böhm)
    Andreas Gursky – die teuersten Fotoarbeiten der Welt von Andreas Gursky in seiner Geburtsstadt Leipzig:
    Andreas Gursky ist einer der bedeutendsten zeitgenössischen Fotografen. Seine fast immer extrem großformatigen, kühlen Aufnahmen blicken aus distanzierter Höhe auf die Architektur der Gesellschaft: Auf Konsumwahn, vom Menschen geformte Umwelt, Spuren der Massenkultur. Bis ins kleinste Detail sind seine Bilder durchkomponiert. Andreas Gursky macht keinen Hehl aus seiner Vorliebe für digitale Bildbearbeitung. Genauso akribisch wie in den Details auf seinen Bildern hatte er im Herbst des vergangenen Jahres seine große Werkschau im Leipziger Museum der bildenden Künste aufgebaut. Es ist eine ganz besondere Schau, Leipzig ist seine Geburtsstadt – die Stadt seines Vaters, seines Großvaters, beide waren ebenfalls Fotografen. In der Leipziger Ausstellung wird er den Spuren seiner Vorfahren nachgehen.
    Eine seiner wichtigsten Ausstellungen sollte es in Leipzig werden – doch dann kam der Lockdown. Nun ist die Ausstellung endlich eröffnet worden. Vorerst bis zum 22. August kann man die Schau besuchen, mit Voranmeldung und tagesaktuellem Corona-Negativ-Test.
    Gurskys riesige Fotografien sind wie Tore in die Welt, vor denen man stehen muss, um ihre ganze Wirkung zu erfahren und sich zugleich zutiefst verunsichert zu fragen: Sind es Gemälde? (Autor: Dennis Wagner)
    Dokumentarfilm-Thriller „The Dissident“ über den Mord an Jamal Kashoggi:
    Der kaltblütige Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi im Oktober 2018 im saudischen Konsulat von Istanbul entsetzt und beschäftigt die Welt bis heute. Erst vor wenigen Wochen ließ die US-Regierung einen Geheimdienstbericht veröffentlichen, der die Verantwortung für das Verbrechen dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salam zuschreibt. Der amerikanische Filmemacher und Oscarpreisträger Bryan Fogel hat jetzt in seinem Dokumentarfilm „The Dissident“ die genauen Umstände der Tat untersucht, unter anderem mit bisher unveröffentlichtem Bild- und Informationsmaterial, das ihm die türkischen Ermittler in Istanbul zur Verfügung stellten.
    Der Film erforscht auch die Gründe, die am Ende zur Ermordung des angesehenen Journalisten führten: die Unterdrückung der Rede- und Meinungsfreiheit im Königreich Saudi-Arabien, Khashoggis Freundschaft mit dem im kanadischen Exil lebenden Oppositionellen Omar Abdulaziz und die Liebesgeschichte zwischen Jamal Khashoggi und seiner türkischen Verlobten Hatice. „The Dissident“ ist nicht einfach ein Dokumentarfilm, sondern ein rasanter Leinwand-Thriller, der am Ende keinen Zweifel daran lässt, wer den Mord in Auftrag gegeben hat: der unangefochtene Herrscher Saudi Arabiens, Mohammed bin Salman, so Bryan Fogel. (Autorin: Hilka Sinning)
    Die israelische Rapperin Noga Erez – Herkunft als Politikum:
    Eigentlich, sagt sie, sehe sie sich gar nicht als besonders politische Künstlerin. Nur könne man das Politische eben schwer trennen von der Kunst, wenn man aus einem Land wie Israel komme. Die Rapperin Noga Erez gilt als junge mutige Stimme ihres Landes. Dabei singt die 32-Jährige vor allem von ihrer Lebensrealität. Auf ihrem neuen Album „Kids“ erzählt sie von gescheiterten Beziehungen, vom Jungsein. Davon, dass man das Leben feiern sollte, bevor es vorbei ist und davon, welches Erbe man der nächsten Generation hinterlässt. Alles in einem Land, dessen Alltag immer von politischen Konflikten geprägt war, von einem Generationen überdauernden Trauma. Als sie 2017 mit ihrem fabelhaften Debut „Off The Radar“ auf den Plan trat, galt sie noch als Geheimtipp. Das könnte sich nun ändern. Und das nicht nur, weil selbst Popikone Billie Eilish zu ihren erklärten Fans gehört. (Autor: Marcus Fitsch) (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 18.04.2021Das Erste
  • Folge 15
    Über Identität sprechen
    Was an der Debatte über Identitätspolitik so falsch läuft und warum sie trotzdem wichtig ist
    Ob in der Politik, den Universitäten oder auf Instagram: Kaum eine gesellschaftliche Debatte in den vergangenen Jahren wurde so hart, so unerbittlich geführt wie die, um die sogenannte Identitätspolitik. Auf der einen Seite stehen radikale Verteidiger der Political Correctness, die die deutsche Sprache verändern, ihre Gegner niederbrüllen oder mit Shitstorms zum Schweigen bringen wollen. Auf der anderen Seite: Alte weiße Männer, ewig gestrige Nostalgiker einer vergangenen BRD, die in jedem Gender*sternchen ein Zeichen für den Untergang des Abendlandes sehen und um ihre Privilegien als alte, als weiße, als Männer fürchten.
    Was ist da los? Worum geht es eigentlich bei dem Streit um die Identitätspolitik? Und ist er vielleicht doch wichtig und muss gerade deshalb anders geführt werden? Tatsächlich treten die Verteidiger der Identitätspolitik zunehmend wütender, und auch dogmatischer auf. So wird mitunter gefordert, dass Menschen, die nicht selbst von Diskriminierung betroffen sind, gar nicht mehr mitreden sollen bei Diskussionen über Rassismus. Oder, wer nicht gendern möchte, solle keine Stimme mehr haben im feministischen Diskurs. Also Ausgrenzung als legitimes Kampfmittel? Man könnte auch sagen: An die Stelle eines demokratischen Streits um Argumente sind mehr und mehr die persönlichen Erlebnisberichte Betroffener getreten.
    Entstanden ist eine Art „Opferolympiade“. Beenden die Streiter der Identitätspolitik nicht damit das Gespräch, dass sie eigentlich starten wollten? Und: Sorgen sie mit ihrer Konzentration auf Partikularinteressen der um Identitäten herum organisierten Gruppen, nicht noch für eine tiefere Spaltung der Gesellschaft, die sie eigentlich solidarischer machen wollten? Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Gegner der Identitätspolitik ebenfalls immer hysterischer reagieren. Sie – es sind meist die älteren – verwehren der Gegenseite – es sind fast immer die jüngeren – die Anerkennung ihrer berechtigten Wut.
    Lieber raunen diese Kritiker der Identitätspolitik vom Ende der Meinungsfreiheit. Dieser unaufhörliche Sturm der Entrüstung auf allen Seiten verdeckt, wie wichtig das ursprüngliche identitätspolitische Anliegen war: all denen Stimme und Gehör zu geben, die zuvor marginalisiert wurden, seien sie nun schwarz, transgender oder weiblich. Und er verhindert eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Schwachstellen der Identitätspolitik: Dass in einer Demokratie am Ende das Argument zählt und nicht die Identität.
    „ttt“ hat führende Stimmen der Identitätsdebatte dazu befragt: die Politologin Emilia Roig, die Schriftstellerin Jagoda Marinic, die Kulturwissenschaftlerin Mithu Sanyal, den Literaturkritiker Ijoma Mangold und Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank.
    Außerdem in „ttt“:
    Roadtrip mit Haftbefehl – Der Rap-Superstar über Kindheit, Kokain und seine Heimat Offenbach
    Wem gehört die Stadt? Ein Berliner Buchladen kämpft gegen einen milliardenschweren Investmentfond
    „Der Rausch“ eine Tragikomödie über ein zunächst beflügelndes Experiment (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 25.04.2021Das Erste
  • Folge 16
    Rettet die Demokratie – Wie unser politisches System umgebaut werden muss
    Sie dreht sich im Kreis, nur um sich selbst. Sie kümmert sich nicht mehr um das, was ihre eigentliche Aufgabe wäre: sich um die Bürger und deren Belange zu kümmern. Sie hat keine Ziele mehr. Ihr Plan ist es, keinen Plan zu haben. Sie – das ist die derzeitige Politik in unserem Land. Und Dirk Neubauer, Bürgermeister der sächsischen Stadt Augustusburg, beschreibt sie so. Sein Buch – eine Streitschrift: „Rettet die Demokratie“. Neubauer meint, dass die Demokratie dabei sei, zu sterben. Die Gründe sind für ihn zahlreich: Eine Politik, die sich immer mehr vom Leben entfernt, Politiker, die nur noch ihren Machterhalt, aber nicht das Wohl des Landes im Blick haben und eine übertriebene, alles regulierende Bürokratie.
    Neubauer schreibt aus seinem politischen Alltag heraus, macht auch Vorschläge für einen Umbau des politischen Systems. Doch ist unsere Demokratie so sehr in Gefahr – und wie lässt sie sich retten? „ttt“ hat mit Dirk Neubauer, der Politikwissenschaftlerin Brigitte Geißel und der ehemaligen Präsidentin des Deutschen Bundestages, Rita Süßmuth, gesprochen.
    „Beute“ – Bedroht muslimische Einwanderung die Rechte europäischer Frauen?
    Ayaan Hirsi Ali, in Somalia geborene Frauenrechtlerin und Islamkritikerin, widmet sich in ihrem neuesten Buch einem der heikelsten Themen der Flüchtlingsdebatte. Der massenweise Zuzug von Männern aus muslimischen, patriarchalisch geprägten Gesellschaften führe zur schleichenden Erosion der Frauenrechte in Europa. Ali prangert sexuelle Gewalt an. Viele muslimische Männer hätten ein Frauenbild, das vom westlichen Ideal der Gleichberechtigung meilenweit entfernt ist. Europäische Frauen würden als „Beute“ – so der Buchtitel – betrachtet. Die jungen Einwanderer seien nicht vorbereitet auf den Kulturschock, der sie in einer Welt selbstbestimmter und sexuell befreiter Frauen erwartet.
    Unbequeme Wahrheit oder pauschale Vorverurteilung fast aller muslimischen Männer? Ayaan Hirsi Ali war selbst einmal Asylsuchende und Immigrantin. Jetzt wirft sie den Europäern falsch verstandene Toleranz vor und fordert knallharte Maßnahmen. Asylrecht verschärfen, härtere Strafen für sexuelle Gewalt, Grenzen schließen. Wer sich nicht an die Regeln und Werte hält, muss gehen. Gleichzeitig warnt sie, das Thema nicht den Rechtspopulisten zu überlassen, zu denen sie sich offenbar nicht zählt. Droht die Unterwerfung der europäischen Frauen?
    „Ambivalente MeToo-Geschichte – „Das ist Lust“ von Mary Gaitskill
    Es ist eine Geschichte voller Ambivalenzen: Eine Frau signalisiert einem Mann, dass er übergriffig ist – und danach werden sie die besten Freunde. Sie ergreift sogar noch Partei für ihn, als er von anderen der sexuellen Belästigung beschuldigt wird. Und er? Ist sich eigentlich keiner Schuld bewusst – und kommt doch ins Nachdenken. Das ist das Setting von Mary Gaitskills jüngster Erzählung „Das ist Lust“, in der sie den schmalen Grat zwischen tatsächlichem Vergehen, Grenzüberschreitung, Flirt und gewollter Annäherung auslotet. Ein Meisterwerk, in dem die Grenzen verwischen, Mehrdeutigkeiten gewollt sind. Gaitskill überlässt die Interpretation dem Leser, ihr Text ist ein nuancenreicher und Differenzierung einfordernder Beitrag zur MeToo-Debatte. „ttt“ macht sich auf zum Hausbesuch bei Mary Gaitskill, um mit ihr über neue Töne in der Debatte zu sprechen.
    „A Black Jesus“ – Beeindruckende Dokumentation über Einwanderer in Italien
    Im Dorf Siculiana auf Sizilien hängt in einer Kirche eine schwarze Jesus-Figur. Es gibt hier auch ein Flüchtlingszentrum mit vielen schwarzen Migranten. „Das Komische ist, dass die Einheimischen keine Schwarzen mögen, aber sie lieben diesen schwarzen Jesus. Sie lieben ein schwarzes Stück Holz, aber keine Schwarzen aus Fleisch und Blut,“ heißt es im Dokumentarfilm „A Black Jesus“ von Regisseur Luca Lucchesi, dessen Vater aus Siculiana stammt. Der 19-jährige Edward aus Ghana, Bewohner des Flüchtlingszentrums, bittet darum, gemeinsam mit den Einheimischen die Jesus-Statue in der großen jährlichen Prozession durch den Ort tragen zu dürfen, die an den Leidensweg Christi erinnert. Der Film zieht die Parallele zum Leidensweg der Asylsuchenden, zeigt die Widersprüche im Dorf, stellvertretend für die in der Gesellschaft. (Digitaler Filmstart 20. Mai).
    Punkte, Punkte, Punkte – Die unverwechselbare Kunst von Yayoi Kusama in Berlin
    Es ist eine der spektatulärsten Ausstellungen dieses Jahres – leider noch hinter verschlossenen Türen. Der Gropius-Bau in Berlin präsentiert eine große Retrospektive der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama. Seit den 60er Jahren hat die heute 92-jährige Kusama ein faszinierendes Werk geschaffen – von Zeichnungen und fantastischen Objekten bis zu „immersiven“ Rauminstallationen, in denen sich die Besucher regelrecht verlieren können. Weiche, organische Formen und immer wieder Punkte, Punkte, Punkte: das macht ihre Arbeiten unverwechselbar. In Deutschland hat Yayoi Kusama, die weltweit auch bei jüngeren Menschen sehr populär ist, nie die ihr gebührende Aufmerksamkeit bekommen. Höchste Zeit, dass sich das ändert. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 02.05.2021Das Erste
  • Folge 17
    Josef Beuys 100. Geburtstag:
    Am 12. Mai wäre er 100 Jahre alt geworden. Einer der bedeutendsten und auch heute wieder umstrittensten Künstler des 20. Jahrhunderts. „Wer nicht denken will, fliegt raus“, hat Beuys gesagt. Diesem Motto treu, erkundet „ttt“ wir das Werk von Josef Beuys und seine Wirkung bis in die Gegenwart.
    St. Vincent:
    Sie hat den Grammy für den besten Rocksong (2019), sie tourte mit den interessantesten Bands (Arcade Fire, Sufjan Stevens), sie spielte Leadgitarre bei den Resten von Nirvana bei deren Einzug in die Rock and Roll Hall of Fame und übernahm dabei zugleich den Gesangspart von Kurt Cobain. Kurz – sie ist eine phantastische Sängerin und Musikerin. Am 14. Mai erscheint ihr neues Album „Daddy’s Home“. „ttt“ hat St. Vincent in Los Angeles getroffen.
    Versöhnung:
    Nichts scheint unsere Welt mehr zu brauchen. Angesichts der zunehmenden Spaltung und des anschwellenden Streits in nahezu allen Bereichen. Es geht dabei zentral um Fragen von Freiheit/​Unfreiheit (auch in der Pandemie), Ökonomie/​Ökologie, Mann/​Frau/​Divers, Cancel Culture/​Identitätspolitik. Grundlegend bei allem, um die Dichotomien zu versöhnen: die Frage der Gerechtigkeit. Ist die dringend nötige Versöhnung unserer Gesellschaft also überhaupt möglich? „ttt“ versucht das zu erkunden, mit Hilfe von Prof. Dr. Ulrike Ackermann, Direktorin des Stuart Mill Institutes, sowie Prof. Dr. Stefan Aykut und Prof. Philipp Hübl.
    Simon Sebag Montefiore:
    Geschichte schreiben – Briefe, die die Welt veränderten! So heißt das neue Buch von Simon Montefiore, eine faszinierende Weltgeschichte in Briefen von der Antike bis zur Gegenwart. Künstler, Kaiser, Kultfiguren, Schriftstellerinnen und Politiker – Montefiore hat ein grandioses Konvolut zusammengetragen. Von Hadrian über Lucrezia Borgia, über Kafkas Brief und Frida Kahlo bis Anäis Nin zu Nelson Mandela – eine wahre Freude und Erhellung diese Lektüren.
    Lois Hechenblaikner:
    Der sehr geschätzte Fotograf hat ein neues Werk: „Keine Ostergrüsse mehr! Die geheime Gästekartei des Grand Hotel Waldhaus“. Wie es sich für einen außergewöhnlichen Betrachter der Weltläufte geziemt, ist dieses Projekt schräg, schön, schroff und in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Da muss man erst einmal draufkommen: dem Concierge eines Nobelhotels in den Schweizer Bergen via alten Karteikarten über die Schulter zu schauen, auf die Abgründe des allzu Menschlichen. Vom miesen Charakter über den Geiz bis zum Antisemitismus. Im Aufschreibesystem der Karteikarten hat sich alles erhalten – natürlich auch die Abgründe der Aufschreibenden selbst. Was die Gästekartei eines Grand Hotels verrät, ergründet Lois Hechenblaikner in „ttt“.
    Sophie Calle:
    Kindheit, Liebe, Sex, Tod. Eine Wunderkammer der Versehrtheiten, Begierden, Erfahrungen, Phantasien – geschaffen von einer der bedeutendsten Künstlerinnen der Gegenwart. Texte voller Lakonie, Fotografien mit doppeltem Boden. Eine eigensinnige Mischung aus Melancholie, Voyeurismus und trockenem Humor, so erzählt Sophie Calle ihr Leben – das zugleich Teil ihrer Kunst ist. „Wahre Geschichten“ (Des histoires vraies) erscheint am 15. Juni 2021. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 09.05.2021Das Erste
  • Folge 18
    Macht und Ohnmacht: Rassismusdebatte an deutschen Theatern /​ Stadt, Land, Fluss: Sehnsucht nach Entschleunigung auf dem Land /​ Extravagant und bodenständig: Carol Schuler ist die Schweizer Tatorthoffnung /​ Memoiren einer Feministin … (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 16.05.2021Das Erste
  • Folge 19
    Die geplanten Themen:
    Portugals Literatur-Shootingstar Afonso Reis Cabral erzählt eine Geschichte vom Rand der Gesellschaft
    Porto 2006: Dreizehn Jugendliche aus einer kirchlichen Jugendhilfeeinrichtung schlagen gemeinsam eine transsexuelle brasilianische Prostituierte halb tot und werfen sie noch lebend in einen fünfzehn Meter tiefen Betonschacht – ein Mord, der Portugal erschütterte. Den Schriftsteller Afonso Reis Cabral inspirierte der „Fall Gisberta“ zu einem Roman über jugendliche Delinquenz, Verlorenheit und eine außergewöhnliche Freundschaft. „Aber wir lieben dich“ wirft einen Blick auf einige der Schattenseiten des Sonnen- und Urlaubslands am Westrand Europas. Jetzt kommt Afonso Reis Cabral mit seinem Buch zum Lesefestival der Buchmesse nach Leipzig, deren Gastland auch nach der erneuten Verschiebung auf 2022 Portugal bleibt.
    Autor: Andreas Lueg
    Der „Tatort des Ostens“ – „Polizeiruf 110“ feiert 50. Jubiläum
    Als der „Tatort“ bereits ein halbes Jahr im Westfernsehen lief und sich auch beim Ostpublikum großer Beliebtheit erfreute, wurde ein Gegenentwurf angeordnet, den Einsatz der ostdeutschen Kriminalpolizei im DDR-Fernsehen. Am 21. Juni 1971 startete der Polizeiruf 110. Verbrecherjagden in der DDR fanden eigentlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
    In der neuen Fernseh-Reihe waren sie eine Selbstverständlichkeit. Ohne Übeltäter war auch in der DDR kein Krimi zu machen.
    Der „Polizeiruf 110“ wurde 1994 von der ARD übernommen. Seitdem wird bundesweit ermittelt. Doch der Tatort Ostdeutschland ist noch immer das Hauptbetätigungsfeld der Kommissare.
    Einer, der diese Reihe über Jahrzehnte begleitete, ist der Schauspieler Henry Hübchen – als DDR-Kleinkrimineller, Serienmörder in Bergisch-Land und schließlich als Kommissar Tobias Törner in Schwerin.
    Das 50jährige Jubiläum ist zugleich der Startschuss für ein neues Ermittlerteam in Halle: Peter Kurth und Peter Schneider als Henry Koitzsch und Michael Lehmann.
    Autor: Lutz Pehnert
    Belarus – die Lage aus Sicht der dort lebenden Schriftstellerinnen und Schriftsteller
    Seit den umstrittenen Präsidentschaftswahlen im August 2020 hat sich Belarus in eine offene Diktatur verwandelt. Mindestens 35.000 Menschen, die friedlich protestierten, wurden verhaftet. Menschenrechtsgruppen haben tausende Fälle von Folter dokumentiert. Zehntausende gingen außer Landes ins Exil. Selbst dort sind sie nicht sicher vor Verfolgung durch das Regime des amtierenden, vom EU-Parlament nicht anerkannten, Präsidenten Alexander Lukaschenko. Zuletzt zwang der Diktator eine Zivilmaschine zur Landung in Minsk, um den Blogger Roman Protasewitsch zu verhaften. Einer der Schriftsteller, die in Belarus geblieben sind, ist Victor Martinowitsch, dessen gerade auf Deutsch erschienener Roman „Revolution“ bei Demonstrationen wie ein Transparent hochgehalten wird.
    „ttt“ hat ihn in Minsk erreicht und mit ihm über sein Buch und die Situation des Landes gesprochen. Im Exil lebt seit einigen Jahren die belarussische Schriftstellerin Volha Harpeyeva. Sie hat jetzt ein Buch über ihre Kindheit geschrieben in der Belarussischen Sowjetrepublik und über die Prägungen, die die Geschichte in ihrer Biographie und in der ihrer Heimat hinterlassen hat. „ttt“ hat Harpeyeva auf der Buchmesse in Leipzig getroffen.
    Autor: Rayk Wieland
    Trotz Ausfall der Leipziger Buchmesse: Lesefestival „Leipzig liest“ setzt dringendes Signal für Buchbranche und Publikum
    Zum zweiten Mal in Folge musste die Leipziger Buchmesse wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden. Dennoch findet diese Woche eine Art zaghafter Aufbruch für die Buchmesse statt. Das Lesefestival „Leipzig liest“ wird trotz Corona dutzende Veranstaltungen mit Publikum anbieten, darunter nicht nur Lesungen, sondern auch die Preisverleihungen. Wobei der Preisträger des Leipziger Buchpreises, der Brite Johny Pitts, wegen der Quarantäneregelungen selbst nicht anreisen konnte. Klar ist: Der Buchhandel muss dringend ein Signal setzen. Der monatelange Lockdown hat in den ersten Monaten des Jahres 2021 für einen Umsatzeinbruch von mehr als dreißig Prozent beim Sortimentsbuchhandel geführt. Erstaunlicherweise ist die Stimmung bei Verlagen und Händlern dennoch verhalten optimistisch.
    „ttt“ begleitet die Autorin und Nannen-Preisträgerin Sophie Passmann durch Leipzig und spricht mit dem Direktor der Leipziger Buchmesse, Oliver Zille, und Karin Schmidt-Friederich vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels.
    Autorin: Petra Böhm (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 30.05.2021Das Erste
  • Folge 20
    Wie kann Frieden gelingen?
    „ttt“ im Gespräch mit Carla Del Ponte über Bedeutung und Gefährdung des internationalen Rechts
    Es soll ihr „J’accuse!“ sein, ihre Anklage. Carla Del Ponte, die ehemalige Chefanklägerin des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag, erhebt ihre Vorwürfe diesmal gegenüber der Weltgemeinschaft. Sie sagt: Es fehle der politische Wille, um weltumspannend für die Einhaltung der Menschenrechte und Gerechtigkeit zu sorgen. Obwohl die Institutionen dafür und die internationale Gerichtsbarkeit gegeben sind. Die UNO sei maximal geschwächt und nur noch in Form von humanitärer Hilfe aktiv, die Sicherung des Friedens bleibe außen vor. Das schlage sich brutal nieder, im Leiden der Zivilbevölkerung in den weltweiten Konflikten, in der neuen Eskalation im Nahen Osten genauso wie in Syrien oder in Myanmar. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag befinde sich in einer tiefen Krise, deren Konsequenzen fatal seien.
    „Ich bin keine Heldin“ heißt das neue Buch von Carla Del Ponte, in dem sie minutiös wie in einem Schlussplädoyer darlegt, dass wir in Sachen internationaler Justiz schon einmal weiter waren. Sie selbst ermittelte als Chefanklägerin in den Tribunalen von Jugoslawien und Ruanda und hat Staatsoberhäupter wie Slobodan Milos?evic’vor den Strafgerichtshof gebracht. Damals dachte Carla Del Ponte, dieser Prozess sei der Beweis, dass niemand dem Gesetz entkommen könnte. Als Mitglied der UN-Untersuchungskommission in Syrien wurde sie dann eines Besseren belehrt.
    Trotz Beweisen auf allen Seiten der Kriegsparteien führten ihre über sechs Jahre andauernden Ermittlungen nicht zu einem Beschluss des UN-Sicherheitsrats. Dessen Zustimmung aber ist Voraussetzung für einen Prozess vor dem Internationalen Strafgerichtshof. „Frustrierend ist das“, sagt Del Ponte und warnt: „Wenn sich nichts ändert, wird das schlimme Folgen haben für die Weltgemeinschaft.“ Dabei nimmt sie nicht nur die USA in die Pflicht, die einst der Motor der internationalen Justiz waren, sondern auch Europa – das endlich außenpolitisch mit einer Stimme sprechen müsse.
    „ttt“ spricht mit Carla Del Ponte über die große Krise der internationalen Justiz und darüber, warum sie die Hoffnung nicht aufgibt – auch weil sie nicht ihr Leben lang umsonst gekämpft haben möchte.
    Außerdem bei „ttt“:
    Von Robotern und anderen Menschen – Literaturnobelpreisträger Kazuo Ishiguro über den Kern des Menschlichen: Klara ist aufgeweckt, wissbegierig, einfühlsam. Ein Mädchen im Teenageralter, scheinbar. In Wahrheit ist Klara eine künstliche Freundin, eine K.I. in menschlicher Gestalt, gebaut, um einsamen Kindern zur Seite zu stehen. Geschrieben hat Ishiguro seinen neuen Roman „Klara und die Sonne“ aus der Perspektive der Künstlichen Intelligenz Klara. „ttt“ hat mit dem Literaturnobelpreisträger über sein kluges wie hartes Buch gesprochen, das letztlich auch ein Werk über die Mechanismen der Macht ist.
    Die 80er und wie sie unsere Welt bis heute prägen – Jens Balzer schreibt in „High Energy“ über ein entscheidendes Jahrzehnt: Die 80er, so Balzer in seinem Buch, waren ein Jahrzehnt der Angst – vor dem Atomkrieg, vor AIDS, vor Arbeitslosigkeit – und ein Jahrzehnt des Hedonismus und Individualismus. Das zeigte sich nachts in den Clubs, aber gerade auch am Tage, in den Büros einer neuen Arbeitswelt, denn damals nahm der Hyperkapitalismus, wie wir in heute kennen, so richtig an Fahrt auf. „ttt“ hat Balzer in den Ruinen des alten Kreuzberger Postamts getroffen und mit ihm darüber gesprochen, was geblieben ist, von diesem folgenreichen Jahrzehnt.
    Wie werden wir in Zukunft miteinander leben? – Die Architekturbiennale in Venedig und der deutsche Pavillon: „ttt“ ist in Venedig, spricht mit Kurator*innen des deutschen Pavillons, dem Schriftsteller Leif Randt, der das Drehbuch für die Filmfiktion „Interrail 2038“ geschrieben hat, und mit dem Biennale-Kurator Hashim Sarkis darüber, wie eine Architektur, die sich weg vom Bauwerk und hin zu systemischen Aufgaben entwickelt, Lösungen finden kann für Klimakrise, Migrationskrise und Wirtschaftskrisen. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 06.06.2021Das Erste
  • Folge 21
    Protestsommer in Minsk: Der Dokumentarfilm „Courage“ über den Widerstand in Belarus /​ Visionärin für Afrika: Nana Oforiatta Ayim erzählt in „Wir Gotteskinder“ ihre unglaubliche Lebensgeschichte /​ Unser Antisemitismus: Warum der Judenhass … (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 20.06.2021Das Erste
  • Folge 22
    Boris und die BBC – Der Kampf um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk:
    Sie ist die älteste Rundfunkanstalt der Welt, der größte öffentlich-rechtliche Sender, Vorbild für Sender und Journalisten weltweit: die BBC. Legendär sind ihre Dokumentationen, Bildungs- und Comedy-Programme, außergewöhnlich das Korrespondentennetz. Doch die Anstalt steht in der Kritik: der Skandal um den BBC-Journalisten Martin Bashir, der sich mit gefälschten Dokumenten Zugang zu Prinzessin Diana verschaffte, ist ein willkommener Anlass, die Abschaffung der BBC zu fordern – pünktlich zu deren 100. Geburtstag im kommenden Jahr. Doch welche Folgen hätte das für Presse- und Meinungsfreiheit, für die Kultur und die Demokratie? Es gibt eine beunruhigende Theorie. Sie lautet: fällt die BBC, werden über kurz oder lang alle öffentlich-rechtlichen Systeme abgeschafft. „ttt“ hat David Dimbleby gesprochen, Journalistenlegende und Chronist der BBC sowie Dieter Grimm, ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht.
    Die Hand – Ein Geniestreich der Evolution kommt uns abhanden
    Am Anfang war die Hand. Denn ohne Hand wäre kein Wort, keine Sprache und keine Schrift. Wir begreifen, weil wir ergreifen, tasten und fühlen. Doch was machen wir eigentlich noch mit unseren Händen außer tippen und wischen? Leben wir in einer seltsam handvergessenen Zeit, wie der Germanist Jochen Hörisch behauptet? Für die Harfenistin Magdalena Hoffmann sind ihre Hände unschätzbar wertvoll. Sie wissen alles von ihr. Und mit ihnen lässt sich alles sagen am Instrument. Künstler haben eine hochentwickelte Hirn-Hand Verbindung. Die Hände denken zwar nicht selbst, aber mit jeder filigranen Handbewegung und Übung wächst das Gehirn.
    Michelangelo interpretiert die Erschaffung Adams als eine göttliche beidseitige Berührung der Finger. Dürers „Betende Hände“ liegen ineinander. Hände und damit Menschenwelt sind für einen Moment still, bevor wir unser Leben wieder selbst in die Hand nehmen. Tatsächlich fordern wir diese kostbare Hirn-Hand-Verbindung immer weniger im Alltag. Kaum einer schreibt mit der Hand, Handarbeit und Handwerk verschwinden. Das Verhältnis zur Welt entscheidet sich aber an diesem handfesten Begreifen und Wahrnehmen der Wirklichkeit.
    Schockwellen – Nachrichten aus der Pandemie
    Alle scheint gesagt zur Pandemie, längst haben wir einen Corona-Ennui. Welchen Erkenntnisgewinn kann da eine 90-Minuten-Dokumentation zum Thema noch liefern? Erstaunlicherweise funktioniert „Schockwellen“ von Volker Heise wie ein Lehrstück in Sachen Erinnerung und Wahrnehmungspsychologie. Über 15 Monate – von Januar 2020 bis März 2021 – erstreckt sich die Collage aus Nachrichten- und Talkshowschnipseln. Es ist die Chronik einer anschwellenden Lähmung. Meldungen, ein paar Monate her erst, wirken ewig weg, längst vergangen. Meldungen und Einschätzungen erscheinen surreal. Im Rückblick wirkt diese Zeit beinahe wie ein Gemälde von Hieronymus Bosch: grauenvoll und seltsam unwirklich.
    Der Architekt Bernardo Bader
    Schönheit kann still sein. Und Stil frei von Effekthascherei. Die Häuser des österreichischen Architekten Bernardo Bader sind so: leise, intelligente Werke, die perfekt in die Landschaft passen. Viel Holz, innen sind seine Gebäude durchscheinend. Wunderbare, uneitle Architektur. Warum das so ist? Vielleicht auch, weil der Mann aus dem Bregenzerwald kommt, keine Tourismusgegend. Man geht hier nicht auf die zwölf. Bader entwirft einen Kindergarten, eine Kapelle; auch einen islamischen Friedhof – den einzigen in der Region – hat er gebaut. Leise Wunderwerke. Und Bader selbst ist ein bescheidener Star. Eine Entdeckung.
    SCHLIMM! – Greser & Lenz
    Seit einem Vierteljahrhundert zeichnen Achim Greser und Heribert Lenz „Witze für Deutschland“. Sie wirken wie zwei harmlose, nicht mehr ganz junge, etwas onkelige Herren aus der fränkischen Provinz. Tatsächlich sind Greser und Lenz nichts von alledem. Mit scharfem Intellekt, anarchischem Witz und pubertärer Lust an der Provokation sezieren die beiden Karikaturisten in der FAZ und der TITANIC das Land und seine Typen. In großartigen, detailgenauen Bildern geben sie Einblick in deutsche Wirtshäuser und Wohnzimmer, das Absurde und das scheinbar Heimelige. Zum Dienstjubiläum erscheint der Prachtband „SCHLIMM!“, im Juli folgt eine Ausstellung im Caricatura Museum in Frankfurt. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 27.06.2021Das Erste
  • Folge 23
    Die geplanten Themen:
    Kinostart des Berlinale-Gewinners „Bad Luck Banging or Loony Porn“
    Ein privater Pornofilm gerät ins Netz und löst einen Shitstorm gegen die Urheberin, eine Lehrerin in Bukarest, aus. Was wie eine maximal banale Geschichte aus dem modernen Leben klingt, wächst sich aus zu einem absurden Tribunal bei einer Elternversammlung, zur irrlichternden Farce über den Zustand von Demokratie und Gesellschaft in Rumänien. Der Film „Bad Luck Banging or Loony Porn“ von Radu Jude, gedreht mitten in der Pandemie, gewann den „Goldenen Bär“ bei der diesjährigen Berlinale und kommt jetzt ins Kino. Er stellt die Frage: Finden wir in unseren westlichen, zunehmend zerfallenden Gemeinschaften nur noch in der Feindseligkeit zusammen?
    Autor: Andreas Lueg
    Lost Women Art – große Kunst vergessener Frauen
    Die Kunstgeschichte feiert mantraartig die immer gleichen männlichen Ikonen, dagegen werden Frauen als „Ausnahmetalent“ und „Quotenkünstlerin“ erzählt. Obwohl Künstlerinnen seit jeher auf Augenhöhe mit den männlichen Kollegen arbeiteten und Erfolge feierten, wurden sie systematisch aus der Kunsthistorie herausgeschrieben. Doch derzeit findet ein Aufbruch statt. Weltweit entdecken immer mehr Museen, Initiativen und kreative Projekte die verdrängte weibliche Avantgarde und machen vergessene Künstlerinnen sichtbar.
    So in Paris, wo das Musée du Luxembourg mit seiner aktuellen Ausstellung „Peintres Femmes“ Künstlerinnen zwischen Aufklärung und Romantik feiert. Ebenfalls in Paris engagiert sich das Künstlerinnen-Archiv „Aware“ gegen die Leerstellen in der Kunstgeschichte. In Florenz ansässig ist die Initiative „Awa“, die missachtete Kunst von Renaissancekünstlerinnen ausfindig macht und aufwendig restauriert. Und in London spricht die Tate Modern-Direktorin Frances Morris offen über die Absurditäten des herrschenden Kunstkanons.
    Autorin: Susanne Radelhof
    Der Ostblock im Umbruch – der Dokfilm „Grenzland“
    Der Dokumentarfilmer Andreas Voigt begab sich zwischen Herbst 1991 und Sommer 1992 auf die Reise ins deutsch-polnische Grenzgebiet, porträtierte die Bewohner der Dörfer und Städte, thematisierte deren Ostblock-Vergangenheit und Umbruchs-Gegenwart. Fast zwanzig Jahre später ist er erneut aufgebrochen. In das weite, flache Land hinter den Deichen an Oder und Neiße. „Unmittelbar nach dem Fall der Mauer“, sagt Andreas Voigt, „war das eine wahnsinnig trostlose Region, eine Art Nachkriegssituation. Dieses Graue, Triste, was es damals gab, ist verschwunden. Da ist etwas Ansehbares entstanden.“ Was hat sich verändert? Was ist geblieben?
    Autor: Lutz Pehnert
    So nah dran wie kein anderer – Fotograf Harry Benson im Porträt
    Der schottische Fotograf Harry Benson fotografierte Paul McCartney und die Beatles in der Frühphase ihrer Weltkarriere, ging mit den Fab Four auf US-Tour – und blieb dort. Ein Scotsman in Amerika. Mit seiner Kamera wurde er Augenzeuge dramatischer Ereignisse wie der Ermordung Robert Kennedys, das Foto des tödlich verwundeten Hoffnungsträgers im Ambassador Hotel von Los Angeles wurde zur Ikone. Benson fotografierte alle Präsidenten von Eisenhower bis Trump, blickte hinter die Kulissen der Macht – oft gelangen ihm dabei Bilder von großer, beinahe selbstverständlich wirkender Intimität. Bensons intensive Zeit mit den Beatles wird jetzt dokumentiert in einem sechs Kilo schweren, opulent ausgestatteten und schlicht betitelten Bildband: „Paul“.
    Autor: Andreas Lueg (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 04.07.2021Das Erste

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