2021, Folge 24–45
Sendung vom 11.07.2021
Folge 24#Metoo im HipHop? – Warum Deutschrap ein Spiegel der Gesellschaft ist Als 2017 #metoo erst die sozialen Netzwerke, die Schauspiel-Szene und dann immer mehr Teile der Gesellschaft erfasste, blieb es bemerkenswert still im Deutschrap – der immerhin erfolgreichsten Musikrichtung im Land. Doch nun, mit fast vier Jahren Verspätung, hat der Deutschrap seinen eigenen #metoo-Moment: Die Influencerin Nika Irani beschuldigte den Berliner Rapper Samra, sie in seinem Studio vergewaltigt zu haben. Daraufhin meldeten sich zahlreiche Frauen zu Wort, berichteten unter dem hashtag #deutschrapmetoo von ähnlichen Erfahrungen mit Musikern.
Bekannte Persönlichkeiten, allen voran Shirin David, solidarisierten sich mit den Opfern. Den Fall Samra wird wohl die Justiz klären müssen, der Rapper bestreitet die Vorwürfe, doch die Debatte über Sexismus im Deutschrap ist jetzt da. Nicht wenige sehen in der Tatsache, dass sie den deutschen HipHop erst so spät erreicht hat, einen weiteren Beleg dafür, dass diese Szene ein besonderes Problem mit Frauenverachtung hat.
Tatsächlich sind Texte und Gebaren etlicher Rapper geprägt von sexistischen Begriffen, überholten Männlichkeitsbildern und Gewalt. Höchste Zeit also, dass Künstler, Fans und Labels, die mit all dem viel Geld verdienen, die Sache endlich ernster zu nehmen. Aber vielleicht ist manches auch ein bisschen komplizierter. Kompliziert ist im HipHop schon das Verhältnis von Fiktion und Wirklichkeit. Wer spricht: der Rapper oder eine Kunstfigur? Dann ist nicht jedes Mal, wenn jemand „Bitch“ sagt, dies notwendigerweise ein Ausdruck von Frauenhass, sondern auch Teil der komplexen Codes dieser Kultur – die man kennen muss, um sie zu verstehen.
Viele Rapperinnen, wie eben Shirin David, eignen sich sexistische Begriffe und Übersexualisierung an und verstehen gerade das als feministischen Akt. Und bisweilen kann man sich nicht ganz des Eindrucks erwehren, dass Teile der sogenannten Mehrheitsgesellschaft ganz froh sind, dass sie das Problem des Sexismus in die migrantisch geprägte Schmuddelecke des Rap schieben können. Dabei war das doch immer die besondere Stärke des Rap: dass er der Gesellschaft ihre Vulgarität, ihre Brutalität und ihren Hang zum Exzess ganz ungeschminkt gespiegelt hat.
„ttt“ hat mit dem Rapper Megaloh, der HipHop-Journalistin Miriam Davoudvandi und der Publizistin Antonia Baum über Frauenverachtung und Feminismus im Deutschrap gesprochen. Bericht: Jella Mehringer Zwischen Weltraum und Tiefsee – Der atemberaubende Dokumentarfilm „WER WIR WAREN“ Mit dem Astronauten Alexander Gerst blicken wir von der Internationalen Raumstation ISS auf die Erde und sehen ihre fragile Atmosphäre im Sonnenlicht flimmern.
Die über 80-jährige Ozeanologin Sylvia Earle nimmt uns mit in die Tiefen des Meeres, lässt uns staunen – und fürchten, denn dieses Wunder ist bedroht. Der Dokumentarfilm „WER WIR WAREN“ bietet spektakuläre, poetische Bilder und nicht weniger spektakuläre Begegnungen mit sechs herausragenden Wissenschaftler:innen und Denker:innen, die den aktuellen Zustand der Welt reflektieren – und sich damit nicht abfinden wollen.
Der Ökonom Dennis Snower etwa glaubt daran, dass wir die Wirtschaft nachhaltig transformieren können, während sein Kollege Felwine Sarr an einer echten Partnerschaft zwischen Europa und Afrika arbeitet. Eine Zukunft haben wir nur, da sind sie sich einig, wenn wir eine globale Solidarität erreichen. Der Film basiert auf dem letzten Buchprojekt von Roger Willemsen. Willemsen erkrankte an Krebs und starb, bevor er es fertigstellen konnte, doch der preisgekrönte Filmemacher Marc Bauder („Master Of The Universe“) greift Willemsens zentrale Idee auf und schaut mit der Perspektive der nächsten Generationen auf unsere Gegenwart.
Er stellt die zwei entscheidenden Fragen: Was können wir noch tun, um den drohenden Klimakollaps zu vermeiden und warum haben wir es bis hierhin nicht getan? „WER WIR WAREN“ wurde 2020 mit dem Hessischen Filmpreis ausgezeichnet. Es ist ein eindrückliches Filmessay geworden, ein Innehalten in der alltäglichen Informationsflut, das vielleicht die Chance bietet, doch noch zu verstehen, was wir längst wissen, aber nicht wahrhaben wollen.
„ttt“ hat Marc Bauder in Berlin getroffen und mit ihm darüber gesprochen, warum wir – im Weltmaßstab – so unfähig sind, das Falsche zu lassen und das Richtige zu tun. Bericht: Tanja Küchle Diese Frau kann die Welt verändern – Die Digitalvisionärin Francesca Bria baut aus Daten eine bessere Zukunft Wir müssen unsere Daten zurückholen, sagt Francesca Bria. Denn sie sind im digitalen Zeitalter wahrscheinlich der größte kollektive Schatz unserer Gesellschaften. Wir können es uns nicht mehr erlauben, sie globalen Megakonzernen zu überlassen, zu deren Geschäftsmodell es gehört, damit Abermilliarden zu verdienen.
Geld, das uns dann für die großen Zukunftsaufgaben fehlen wird: Für eine nachhaltige Transformation der Wirtschaft, ein gerechteres Gesundheits- und Steuersystem, faire Wohnungspolitik, exzellente Bildung für alle, die Unterstützung der Schwächsten im globalen Maßstab. Deswegen will Francesca Bria, dass wir aus unserem digitalen Dämmerschlaf erwachen. Sonst riskieren wir über kurz oder lang den sozialen Frieden und das demokratische Zusammenleben in unseren Gesellschaften, sagt sie.
Und gleichzeitig könne man mit Daten so viel Gewinnbringenderes für alle schaffen. Für die Digitalvisionärin gibt es keine digitale Revolution ohne eine demokratische Revolution. Wer Francesca Bria erlebt und einen Einblick in ihr Denken bekommt, ist notwendigerweise beeindruckt. Die gebürtige Römerin ist analytisch brillant, überzeugend und messerscharf in ihren Argumenten, gleichzeitig so unmittelbar präsent, dass man ihr einfach zuhören muss.
Bria ist Präsidentin des italienischen Nationalen Innovationsfonds, Professorin am University College in London, Chefberaterin der Vereinten Nationen und Ideenentwicklerin für die Europäische Union und Städte wie Barcelona und Hamburg. Wenn sie von Daten redet, dann geht es ihr nicht allein um das Recht des Einzelnen, über die eigenen Daten zu verfügen. Was sie will, sind „data commons“: Kollektive Daten, die wir alle nutzen können, um aus ihnen sozialen Wert zu entwickeln, und um bessere, am Gemeinwohl orientierte Politik zu machen.
Wie das geht, hat sie in Barcelona bewiesen. In einem gigantischen Modellprojekt mit 400.000 Menschen wurden gemeinsam Stadtviertel nach den Bedürfnissen der Bewohner:innen umgestaltet und damit Räume partizipatorischer Demokratie geschaffen. Staatliche und privatwirtschaftliche Interessen wurden sozialen Interessen untergeordnet, die Menschen konnten über eine digitale Bürgerbeteiligungsplattform und Versammlungen die Ziele der Politik mitdefinieren.
Kulturelle und soziale Räume statt Shoppingmalls, Fahrradspuren, fairere Mietpreise, Plätze voller Grün, wo man sich gerne trifft, autofreie Bereiche. Welche zentrale Rolle dabei Daten-Souveränität spielt, hat Francesca Bria „ttt“ in Rom erzählt. Und auch, warum Europa eine Vorreiterrolle einnehmen muss, wenn es um einen digitalen, sozialen und ökologischen Wandel geht. Bericht: Andreas Krieger Glamour, Filme, Strand – Das Filmfestival in Cannes feiert die Rückkehr des Kinos Endlich wieder Kino! Nach eineinhalb Jahren Pandemie, einsamen Fernsehabenden und Lockdown in Serie wollen jetzt die 74. Filmfestspiele von Cannes die Rückkehr des Films auf die große Leinwand feiern.
Und wie: Wes Anderson, Sean Penn und Asghar Farhadi zeigen ihre neuen Filme, auf dem roten Teppich sieht man Stars wie Adam Driver, Marion Cotillard und Jodie Foster, die Jury ist mit Spike Lee und Maggie Gyllenhaal prominent besetzt. Ja, Cannes ist immer noch das bedeutendste, glamouröseste und elitärste Filmfestival der Welt. Nachdem 2020 wegen Covid-19 alle Veranstaltungen abgesagt werden mussten und weltweit Film-Produktionen zum Erliegen kamen, soll nun von der Côte d’Azur ein Impuls für die ganze krisengebeutelte Filmbranche ausgehen.
Doch auch die diesjährige Ausgabe ist von der Pandemie geprägt: Weniger Besucher, Testpflicht und Filmvorführungen nicht nur in den traditionsreichen Kinopalästen, sondern Open Air unter Palmen am Strand. „ttt“ ist unterwegs auf diesem besonderen Filmfestival und bringt Geschichten mit – aus Cannes und vom Kino! Bericht: Katja Deiß „ttt – titel thesen temperamente“ ist am Sendetag ab 20:00 Uhr in der ARD-Mediathek verfügbar. Im Internet unter www.DasErste.de/ttt (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 11.07.2021 Das Erste Sendung vom 18.07.2021
Folge 25Gefahr für die Demokratie: „Inside Facebook“ enthüllt brisante Details über den Tech-Konzern / Gigantisches Kulturzentrum: Das LUMA Arles im funkelnden Frank-Gehry-Turm / „Der Atem des Meeres“: Ein preisgekrönter Dokumentarfilm über das Wattenmeer … (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 18.07.2021 Das Erste Sendung vom 25.07.2021
Folge 26Die geplanten Themen:
„Pegasus“ und der digitale Angriff auf die Freiheit
Als im Herbst 2017 dutzende Journalisten und Menschrechtsaktivisten in Saudi-Arabien verhaftet wurden, ahnte niemand, dass die Spyware „Pegasus“ damit zu tun haben könnte. Saudi-Arabien hatte die Spyware im Sommer 2017 für 55 Millionen Dollar vom israelischen Unternehmen NSO-Group gekauft. Auch die Kontakte des ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi wurden damit ausspioniert. So zeigen die Recherchen der Agentur „Forensic Architecture“ in der Ausstellung „Investigative Commons“ im Berliner Haus der Kulturen der Welt. Wie Überwachung mittels Cyberwaffen als weltweite Bedrohung eingesetzt wird, zeigt auch die amerikanische Filmemacherin Laura Poitras dieser Tage im Neuen Berliner Kunstverein unter dem Titel „Circles“.
Autorin: Hilka Sinning
Leïla Slimanis neuer Roman: „Das Land der Anderen“
Jeder ihrer Romane ist wie eine Detonation. Leïla Slïmani, Franko-Marokkanerin, 39 Jahre alt. Rein äußerlich eine zarte Person, doch mit dem Talent, gewichtige Themen aufwühlend zu erzählen. Ihre verstörend dunklen Geschichten sorgen in Frankreich regelmäßig für Aufsehen.
2016 gewann sie den renommiertesten französischen Literaturpreis, den Prix Goncourt, für ihren Roman „Dann schlaf auch du“ für eine geradezu unerträgliche Geschichte: Ein junges Pariser Paar vertraut seine beiden Kleinkinder einer Nanny an. Der Roman beginnt mit dem Satz „Das Baby ist tot“.
Nun hat sie ihr bisher persönlichstes Buch geschrieben: „Das Land der Anderen“ ist inspiriert von der Geschichte ihrer elsässischen Großmutter, die sich 1944 in einen marokkanischen Besatzungssoldaten verliebt und mit ihm nach Meknès auswandert. Marokko, damals französisches Protektorat, ist unterteilt in eine koloniale Zweiklassengesellschaft und das junge Paar gehört weder zu den Kolonisatoren noch zu den Kolonisierten. Slimani erzählt, wie kolonialistische Denkmuster bis ins Private hineinwirken, wie der elsässischen Auswanderin kalte Ausgrenzung entgegenschlägt, wie sie als Frau in der maghrebinischen Gesellschaft der 1950er Jahre als Fremde abgewiesen wird. „Das Land der Anderen“ ist ein Roman über doppelte Identität und das Gefühl, nirgends dazu zu gehören. „Wir sind wie dein Baum, halb Zitrone, halb Orange. Wir gehören zu keiner Seite.“
Autorin: Brigitte Kleine
Franka Potentes erster Langfilm „Home“ kommt ins Kino
Franka Potente wurde nach ihrem Welterfolg „Lola rennt“ zum deutschen Star in Hollywood. Jetzt kommt ihr erster langer Spielfilm ins Kino, zu dem sie auch das Drehbuch geschrieben hat: „Home“ ist eine raue, tief berührende Mutter-Sohn-Geschichte aus der amerikanischen Provinz, prominent besetzt mit Oscar-Preisträgerin Kathy Bates und US Army-Veteran Jake McLaughlin. Marvin kommt nach siebzehn Jahren aus dem Gefängnis zurück in die Kleinstadt, um seine sterbenskranke Mutter zu pflegen – doch die Leute daheim können ihm nicht verzeihen. Eine Schuld und Sühne Geschichte im abgehängten Teil der USA.
Im „ttt“-Interview spricht Franka Potente über ihre Erinnerungen an die Kleinstadt- und Dorf-Atmosphäre ihrer Kindheit. Düsternis und Stagnation, die sie dort erlebte, sind in ihren Film eingeflossen. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Los Angeles und verbindet das Beste aus beiden Welten: Für „Home“ arbeitete sie mit einem deutschen Team und europäischen Produktionsfirmen.
Autorinnen: Sabine Jainski, Melanie Hillmann
Tamara Danz – eine Erinnerung an die populärste Rocksängerin der DDR
Jim Rakete, Fotograf und Musikproduzent aus Westberlin und damals Manager von Nena, bekam Mitte der achtziger Jahre eine Tonbandkassette zugespielt. „Silly“ hieß die Band, die er selbstverständlich nicht kannte und sich für Ostrockmusik auch nicht interessierte. Er hörte den Song „Mont Klamott“ auf dieser Kassette. Der erzählt vom Trümmerberg Mont Klamott in Berlin und vom Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg – und das in einem Rocksong auf Deutsch gesungen und mit der Stimme von Tamara Danz. Jim Rakete war vom Donner gerührt: „Diese Band hat sich ein Pathos getraut und eine Art von Erzählung, wie wir das im Westen nie gemacht hätten.“, erzählt er noch heute sichtlich beeindruckt. Die LP „Mont Klamott“ wird für die Band „Silly“ und ihre Frontfrau Tamara Danz der Durchbruch.
Sie, Tamara Danz, stimmgewaltig, Ausnahmetalent, eigensinnig, so die knappe Zusammenfassung der Presse von einst, singt keine Herzschmerz-Rockballaden, bei ihr geht es immer um etwas: „So ’ne kleine Frau / Und so ’ne Gier nach Glück / Vom Zigarettenholen / Kam kaum ’n Kerl zurück“. Vor fünfundzwanzig Jahren ist die populärste Sängerin einer DDR-Rockband mit gerade einmal 43 Jahren gestorben.
Autor: Hans Michael Marten (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 25.07.2021 Das Erste Sendung vom 01.08.2021
Folge 27Wie ist es mit dem Schicksal – Ein Besuch bei Zeruya:
Shalev Zeruya Shalev ist eine der prominentesten Stimmen der israelischen Literatur. In ihrem neuen Roman „Schicksal“ stellt sie erstmals die Geschichte und Konflikte ihres Heimatlandes ins Zentrum ihres Schreibens. „Schicksal“ führt aus der Gegenwart zurück in die 40er Jahre, die Zeit der Staatsgründung Israels – und zu der militanten Untergrundorganisation „Lechi“, die damals gegen die britische Mandatsherrschaft kämpfte.
„ttt“ trifft Zeruya Shalev in ihrem Haus in Haifa und spricht mit ihr über die biografischen Wurzeln ihres Romans: Ihr Vater kämpfte selbst in der „Lechi“, er starb vor sechs Jahren. Der Roman ist so zugleich politische Bestandsaufnahme als auch eine sehr persönliche Annäherung.
Autor: Tim Evers
Wie ist es mit dem Erinnern – Die Debatte um das Gedenken: Antisemitismus und Rassismus sind weltweit wieder brutaler Alltag, während in Deutschland ein akademischer Streit tobt: um das – wie Kritiker behaupten: zum staatlichen Ritual verkommene – Holocaust-Gedenken und die erst jetzt in Gang kommende Aufarbeitung deutscher Kolonialverbrechen in Afrika. Verharmlost, wer beides zusammen erinnern und aufarbeiten will, den Holocaust? Gibt es eine Hierarchie der Genozide? Ein Primat des Gedenkens?
Autor: Andreas Lueg
Quo vadis Aida – ein erschütternder Film über den Genozid in Srebrenica: Der Film „Quo vadis Aida?“ erzählt von nur wenigen dramatischen Tagen im Leben einer Frau. Ihr Schicksal steht exemplarisch für das einer ganzen Generation von Frauen, die den Krieg in Bosnien überlebt haben. Mehr als 8000 – fast ausschließlich männliche – Zivilisten wurden bei dem Massaker von Srebrenica von der bosnisch-serbischen Armee ermordet und in Massengräbern verscharrt. Es gilt als das schwerste Kriegsverbrechen in Europa seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Regisseurin Jasmila Žbanic hat den Krieg in ihrer Heimatstadt Sarajewo erlebt. „Nur weil wir bestimmte Dinge für unvorstellbar halten, heißt das nicht, dass sie nicht geschehen können“, sagt sie. „ttt“ hat mit ihr über den Film gesprochen.
Autor: Lutz Pehnert
Wie zerlegt man ein Museum in seine Einzelteile – die Sanierung der Neuen Nationalgalerie: Mies van der Rohe, weltberühmter Architekt der Moderne, verließ 1938 Deutschland. 30 Jahre später eröffnete im immer noch kriegsversehrten Berlin die von ihm gebaute Neue Nationalgalerie. Das Gebäude war eine Sensation: Für Berlin, für Deutschland, für die Welt. Es gilt als Tempel der Moderne und als die Vollendung von Mies’ Lebenswerk. Eine quadratische Glashalle, auf der ein weit überstehendes Stahldach zu schweben scheint.
Die Neue Nationalgalerie hat Geschichte geschrieben – als Bauwerk und als Museum. Mit einer Mondrian-Ausstellung wurde sie eröffnet und Kraftwerk spielten Anfang 2015 hier zuletzt acht Konzerte. Danach musste die Neue Nationalgalerie für sechseinhalb Jahre schließen und saniert werden. „ttt“ hat mit Stararchitekt David Chipperfield gesprochen, der die Sanierung leitete und ihn gefragt, wie man ein solch berühmtes Gebäude sanieren kann, ohne ihm seine eigene Handschrift aufzudrücken.
Autor: Ulf Kalkreuth (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 01.08.2021 Das Erste Sendung vom 08.08.2021
Folge 28Die geplanten Themen:
Alt gegen Jung! Gibt es einen neuen Generationenkonflikt?
Die Corona-Krise hat das Thema Generationengerechtigkeit so richtig ins Rampenlicht gestellt: Die Jungen sind die Deppen der Nation. Sie erkranken weniger oft an Covid-19, bleiben aber für die Alten zu Hause. Wollen die Jungen die Lockerungen der Corona-Maßnahmen feiern, gelten sie als „Partyszene“, denen Alkohol- und Lautsprecherverbot auf öffentlichen Plätzen erteilt wird. Währenddessen fliegen die Alten durchgeimpft in den Urlaub. Bei den Wahlberechtigten der anstehenden Bundestagswahl machen die unter 30-Jährigen keine 15 Prozent aus.
Knapp 40 Prozent sind über 60 Jahre alt. Der CDU-Kanzlerkandidat sagt Talkshows, die sich an jüngere richten, gleich ganz ab.Aber den Jungen gehört die Zukunft und vor der haben sie Angst. Ein historisches Klima¬schutzurteil des Bundesverfassungsgerichts war nötig, um eine Gesellschaft zu zwingen, Generationengerechtigkeit neu zu denken. Aber was trennt die 20-Jährigen von den sogenannten Boomern? Ist es die Digitalisierung, die beide Generationen gefühlt Lichtjahre voneinander entfernt? Liegen die Boomer wirklich egoistisch den Jungen auf der Tasche, unwillig von ihrem Wohlstand etwas abzugeben? Es bestehe tatsächlich die Gefahr einer strukturellen Benachteiligung von jüngeren Menschen, sagt Monika Queisser, Leiterin der Abteilung für Sozialpolitik bei der OECD.
Wir müssen die Generationengerechtigkeit neu denken, sagt der Soziologe Harald Welzer. Und was sagen die Jungen? „ttt“ hat bei Carla Reemtsma von Fridays for Future und der Fotografin Lorraine Hellwig nachgefragt.
Im Stich gelassen? – Kabuls Künstler nach dem NATO-Abzug
Seit dem 1. Mai ziehen sich die NATO-Truppen offiziell aus Afghanistan zurück. Es überrascht nicht wirklich, dass jetzt schon die Taliban weit mehr Teile im Land kontrollieren, als die afghanische Regierung. Die Hauptstadt Kabul bleibt bisher eine Festung. Zum Opferfest im Juni schlagen auch hier Raketen ein, doch Kabul ist der Rückzugsort der Künstler, Intellektuellen und Liberalen. Die Hauptstadt hat sich auch optisch zu einer Festung verwandelt: Checkpoints in denen bewaffnete Männer die Lage kontrollieren, Stacheldraht, überall gelebte Vorsicht. In Kabul gibt es einfach zu viele junge und kreative Menschen, die sich der Ideologie der Taliban nicht unterwerfen wollen. Doch wie sieht ihre Zukunft aus? Können Künstler, Schriftsteller oder Musiker nach dem Abzug der NATO in Afghanistan weiterarbeiten und: weiterleben? Waren die 20 Jahre der NATO-Präsenz tatsächlich umsonst? „ttt“ hat in Kabul nach Antworten gesucht.
Alan McGee – Der Mann, der die britische Popmusik rettete
Oasis, The Libertines, The Jesus and Mary Chain, My Bloody Valentine, Primal Scream … britische Bands, die die Popgeschichte nachhaltig verändert und inspiriert haben. Alle haben sie etwas gemeinsam: Der Schotte Alan McGee hat sie in den 80er und 90er Jahren für sein Label Creation Records entdeckt und zu Superstars gemacht. Über 20 Jahre haben „seine“ Bands den britischen Sound geprägt. Ohne Creation Records wäre „Britpop“ nie entstanden. Alan McGee selbst ist zum Millionär geworden, dabei aber immer noch der Junge aus der schottischen Arbeiterklasse geblieben. In seinem Buch „Randale Raves und Ruhm“ beschreibt er, wie er vom misshandelten Sohn zum depressiven Drogenabhängigen und schlussendlich zum Retter Großbritanniens Popmusik geworden ist. „ttt“ hat Alan McGee zu einem tatsächlich denkwürdigen Interview in London getroffen.
Die Unbeugsamen – Frauen als Menschen zweiter Klasse in der Bonner Republik
Trägt sie einen BH oder nicht? Diese Wette ihrer männlichen Bundestagskollegen musste die FDP-Abgeordnete Helga Schuchardt ertragen. Das ist noch nicht so lange her. Beim Blick in die jüngere deutsche Geschichte kann einem fast übel werden. Im Bonner Bundestag mussten Politikerinnen ständig gegen Vorverurteilung und Sexismus kämpfen und sich dafür von johlenden Abgeordneten auslachen lassen.
Die Dokumentation „Die Unbeugsamen“ von Torsten Körner erzählt die Geschichte der Frauen in der Bonner Republik, die sich ihre Beteiligung an den demokratischen Entscheidungs-prozessen gegen erfolgsbesessene und amtstrunkene Männer wie echte Pionierinnen buchstäblich erkämpfen mussten. Politikerinnen von damals erzählen in dieser Doku von ihren Erlebnissen, die den Zuschauer nur kopfschüttelnd zurücklassen können.
„Die Unbeugsamen“ ist ein Zeitdokument, das zeigt, welche Fortschritte unsere Gesellschaft in den vergangenen Jahren gemacht hat und wie wichtig es ist, den Feminismus und die Gleichstellung weiter voranzubringen. „ttt“ hat mit dem Regisseur Torsten Körner gesprochen. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 08.08.2021 Das Erste Sendung vom 15.08.2021
Folge 29Auch dieses Jahr gibt es außergewöhnliche Inszenierungen und Aufführungen. Im Zentrum steht das Existentielle – für Kunst und Künstler.
Don Giovanni
Mozarts Oper bringt zwei der außergewöhnlichsten Künstler unserer Zeit zusammen: Teodor Currentzis, den derzeit spektakulärsten Dirigenten und den Regiemagier Romeo Castellucci. In ihrer poetisch-düsteren Interpretation ist Don Giovanni von Anfang an ein Getriebener. Der permanente Verführer, der Zerstörung bringt und an seiner eigenen Zwanghaftigkeit zugrunde geht. Teodor Currentzis: „Die Fülle und die Leere liegen sehr nah beieinander.“
Jedermann
Michael Sturmingers Neuinszenierung erzählt das Hofmannsthal-Stück anders: Es ist weniger „Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes“, als die Geschichte zweier Liebender, die der Tod trennt. Gleichberechtigung wird hier verhandelt, genauso wie Geschlechterrollen. Der neue Jedermann, Lars Eidinger: „Ich bemühe in der Inszenierung das Bild aus der „Heiligen Johanna der Schlachthöfe“ von Berthold Brecht, wo er das System als Schaukelbrett beschreibt.“ Dieses „Schaukelbrett“ betrifft nicht nur das Verhältnis von oben und unten, sondern auch von Mann und Frau. Eidinger und die Buhlschaft Verena Altenberger (übrigens ganz in der Nähe von Salzburg aufgewachsen), bilden ein ungewöhnliches Paar auf dem Domplatz: jung und ernsthaft.
Igor Levit
Der Pianist und Artiste engagé erzählt in einem Portrait, was in berührt und antreibt, aber auch, wie ihn sein Ehrgeiz und Perfektionismus in psychische Grenzbereiche führt:
„Ich kämpfe häufig gegen mich selbst. Früher war das noch viel schlimmer: Ich habe gedacht, wenn ich nicht heute dreimal den Everest mit Luftanhalten besteige, wer bin ich dann? Und wenn ich es heute dreimal geschafft habe, muss ich es morgen viermal schaffen und übermorgen fünfmal.“
Intolleranza 1960
Luigi Nonos „Szenische Handlung“ ist ein Experiment in Salzburg. Das Werk ist eine Herausforderung für die Zuhörer. Es auf den Spielplan zu setzen, entspringt dem humanistischen Ideal des Salzburg-Intendanten Markus Hinterhäuser, denn die „Intolleranza“ ist ein Protest gegen Intoleranz und Unterdrückung und die Verletzung der Menschenwürde. Gespannt sein darf man auf die Regie des Belgiers Jan Lauwers, der in Salzburg 2018 mit der Inszenierung von Monteverdis „Poppea“ für Furore sorgte.
Maria Stuart
Schillers Spätwerk verhandelt vor dem Hintergrund der Französischen Revolution und deren Scheitern die Fragen von Moralität und Totalität, Macht und Innerlichkeit sowie persönliche Integrität. Zugleich erzählt es den Kampf zweier ungleicher Frauen – Maria und Elisabeth.
Burgtheaterintendant Martin Kušej inszeniert den Klassiker in Starbesetzung: Bibiana Beglau spielt Elisabeth, die Königin von England, und Birgit Minichmayr die Titelrolle. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 15.08.2021 Das Erste Sendung vom 22.08.2021
Folge 30Zu Afghanistan – Das Drama am Hindukusch
Die Situation in Afghanistan ist so dramatisch wie unübersichtlich. Auch wenn die Taliban vermeintlich beruhigen und von einer Amnestie sprechen, ist die Furcht Vieler groß – vor allem die der Frauen. Zu präsent die Erinnerung an die Unterdrückung und den Terror der vergangenen Herrschaft. Wer akut gefährdet ist, versucht außer Landes zu kommen: Künstler*innen, Medienschaffende, Menschen, die sich gegen die Taliban exponiert haben. Der Pressefotograf Ramin Rahman hat es an Bord der zweiten, überfüllten amerikanischen Militärmaschine aus Kabul geschafft, und auch Sahraa Karimi, die vor zwei Wochen „ttt“ noch in Kabul ein mutiges Interview gab, ist sicher außer Landes gekommen. Noch unter dem Schock der Flucht, haben beide derzeit wenig Hoffnung für Afghanistan. „ttt“ über die Tragödie am Hindukusch.
Was Männer nie gefragt werden – Fränzi Kühnes originelles Buch zur Gleichberechtigung
Wie bringen Sie Familie und Karriere unter einen Hut? Was ziehen Sie zur nächsten Sitzung an? Wie setzen Sie sich in den Männerrunden durch? – Mit solchen Fragen wurde Fränzi Kühne als Unternehmerin und Aufsichtsrätin häufig konfrontiert. Lauter Fragen, die man ihren männlichen Kollegen in Interviews so nicht stellen würde. Während es bei den Männern meist um den Job an sich geht, werden Frauen noch viel zu oft auf ihr Äußeres oder ihre Familie angesprochen. Um auf diesen Missstand aufmerksam zu machen, hat die Managerin den Spieß umgedreht: Für ihr Buch „Was Männer nie gefragt werden“ hat sie Politiker, Manager und Künstler mit typischen „Frauenfragen“ konfrontiert. Insgesamt hat sie 22 Männer interviewt, darunter Gregor Gysi, Heiko Maas, Bosse oder Helmut Thoma. Ein originelles Buch zum Thema Gleichberechtigung, das zeigt, dass noch viel zu tun ist.
Die bekannteste archäologische Stätte der Welt – Pompeji und ihr neuer deutscher Direktor
Erst 39 Jahre alt, dann auch noch Deutscher und er soll jetzt Pompeji leiten? Zwei Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats in Pompeji sind aus Protest nach seiner Ernennung zurückgetreten. Gabriel Zuchtriegel ist seit Anfang diesen Jahres der neue Direktor von Pompeji, dem berühmtesten Ausgrabungsgelände der Welt. Über 2000 Jahre ist der Ausbruch des Vesuvs her, erst 1748 fanden hier erste archäologische Grabungen statt, die letzten Jahrzehnte waren vor allem durch Verwahrlosung geprägt. Raubgräber und Schlendrian beim Denkmalschutz geben dem Welterbe fast den Rest. 2013 stoppt die EU den zweiten Untergang Pompejis – mit viel Geld. Große Aufgaben für den neuen Direktor, der inzwischen auch die italienische Staatsbürgerschaft hat. ttt traf ihn in Pompeji und sprach mit ihm über seinen neuen Job und die Herausforderungen, die dieser mit sich bringt.
Skrupelloser Raubmord – Die „Heimeinkaufsverträge“ der Nationalsozialisten
Die Nationalsozialisten versprachen eine Heimunterbringung auf Lebenszeit, frische Wäsche und Krankenverpflegung. Gegen Zahlung des gesamten Vermögens, egal ob groß oder klein. Tatsächlich ging es für fast 45.000 deutsche Juden ins KZ Theresienstadt, das die Schriftstellerin und Holocaust-Überlebende Ruth Klüger als den „Stall vor dem Schlachthof“ bezeichnet hat: ein Durchgangsghetto auf dem Weg ins Vernichtungslager. Das ganze Ausmaß dieses Betruges kommt erst jetzt ans Licht: der ehemalige Religionslehrer Christian Lehmann führt derzeit die sogenannten „Heimeinkaufsverträge“ zusammen – die meisten liegen bis heute unbeachtet in diversen Archiven. „ttt“ über den vielleicht skrupellosesten Raubmord der Nationalsozialisten.
Detlev Bucks Neuverfilmung von Thomas Manns Roman „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“
Mehr Schein als Sein, Schwindel, geschickte Selbstvermarktung – die Schelmen-Geschichte des Hochstaplers Felix Krull ist immer noch aktuell, fast 100 Jahre nach der Veröffentlichung der ersten Fassung des Romans von Thomas Mann. Dieselben Mechanismen funktionieren auch heute in den sozialen Medien oder in der Politik. Jetzt haben Regisseur Detlev Buck und Drehbuchautor Daniel Kehlmann mit einer Starbesetzung die alte Geschichte neu erzählt. Jannis Niewöhner spielt Felix Krull, Liv Lisa Fries seine Geliebte Zaza, David Kross verkörpert Marquis Louis de Venosta, mit dem Krull die Identität tauscht. Und auch, wenn sie in Schachtelsätzen sprechen und in Kostümen herumlaufen, so holen sie die Geschichte mit ihrem intensiven Spiel doch ins Heute. Kinostart ist der 2. September 2021. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 22.08.2021 Das Erste Sendung vom 29.08.2021
Folge 31„The Polar Silk Road“ – Gregor Sailers fotografische Recherche über die Folgen des Klimawandels in der Arktis / Kanacke, Jude, Gangster – Der Spielfilm „Ein nasser Hund“ über Identität zwischen Herkunft und Religion / „This is not Lebanon“ – Ein … (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 29.08.2021 Das Erste Sendung vom 05.09.2021
Folge 32Schulunterricht in der Pandemie: Nach Corona ist vor Corona: Distanzunterricht ist in etwa so effektiv wie Sommerferien. Zu diesem Ergebnis kommt eine kürzlich erschienene Studie der Goethe Universität in Frankfurt. Die Studie verlässt sich nicht aufs anekdotische, sondern beruht auf belastbaren Daten aus verschiedenen Ländern. Ein ernüchterndes Ergebnis, denn während die Schulen pandemiebedingt geschlossen waren, setzten viele darauf, dass mit Hilfe von neuentwickelten digitalen Unterrichtsmethoden Schule auch in Deutschland nicht nur machbar, sondern auch zeitgemäß reformiert werden könne.
Das Problem dabei: Kinder und Jugendliche aus sogenannten bildungsorientierten Familien haben zum großen Teil tatsächlich von neuen Unterrichtsmethoden, Wechsel- und Digitalunterricht profitiert. Aber die vielen benachteiligten Schülerinnen und Schüler – das dem Kultusministerium unterstellte Institut für Bildungsanalysen geht von etwa 20 bis 30 Prozent aus – hat in den vergangenen eineinhalb Jahren bereits erworbenes Wissen verlernt. Die Bildungsschere, sagt auch Bildungswissenschaftler Prof. Kai Maaz, hat sich noch weiter geöffnet.
In seinem soeben erschienenen Buch fordert er: „Schule neu Denken“. „Via con me“ – Dokfilm über Italiens Musiklegende Paolo Conte: Andere nennen ihn Italiens größten Liedermacher, er selbst nennt sich bescheiden den Anwalt und Verteidiger seiner Canzoni: Der Rechtsanwalt und Cantautore Paolo Conte hat der Welt „Azzurro“ geschenkt und Italien damit eine heimliche Hymne, die während der ersten brutalen Corona-Welle von den Balkonen im ganzen Land gesungen wurde. Jetzt kommt eine liebevolle Hommage an Conte ins Kino, den, wie es Roberto Benigni sagt, „Fürsten der italienischen Musik“.
Reenactment des NSU-Prozesses beim Kunstfest Weimar: Das Kunstfest Weimar nimmt den Jahrestag der Enttarnung der drei Haupttäter*innen des NSU-Komplexes 2011 zum Anlass den NSU-Prozess theatral aufzuarbeiten. In den Fokus rücken dabei vor allem die Opfer sowie die Leerstellen in der Aufklärung. Auch heute noch sind die Hintergründe des NSU-Komplexes unklar: Die Frage nach rechten Netzwerken sowie Verstrickungen behördlicher Organe bzw.
Mitwisser- und Mittäterschaft von staatlichen Strukturen sind – trotz der Untersuchungsausschüsse und des NSU-Prozesses am OLG München – nach wie vor nicht befriedigend beantwortet. Als dokumentarisch-performatives Reenactment wird eine kondensierte Rekapitulation des Prozesses entlang unterschiedlicher thematischer Schwerpunkte, auch in Bezug auf die Gegenwart, zu sehen sein. In 17 Kapiteln an 17 Tagen werden die Problemkomplexe des Münchner NSU-Prozesses verhandelt und unterschiedliche Perspektiven auf den Prozess sowie auf die bis heute nicht geklärten Fragen eröffnet. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 05.09.2021 Das Erste Sendung vom 12.09.2021
Folge 33Die geplanten Themen:
„Die Hand Gottes“
Paolo Sorrentino ist der Chronist Italiens: er sezierte die italienische Politik und deren Protagonisten in „Il Divo“ (Giulio Andreotti) und in „Loro – Die Verführten“ (Silvio Berlusconi). In seinem Meisterwerk „La Grande Bellezza“ schilderte er die Leere der italienischen Intellektuellen. Mit „Die Hand Gottes“ legt er in Venedig nun seinen bisher persönlichsten Film vor. Neapel in den Achtzigern: die gesamte Stadt träumt davon, dass der Weltstar Diego Maradona zum SSC wechseln könnte. Es endlich einmal dem Norden und den Vereinen in Mailand und Turin zeigen, das ist die große Sehnsucht. Im Zentrum der Geschichte steht der 17jährige Fabietto, nicht nur optisch eine Kopie des jungen Sorrentino. Gerade bereit aufzubrechen, erlebt er eine Katstrophe. „Die Hand Gottes“ ist ein großer, bewegender Film über Anfang, Liebe und Tod.
„Land of Dreams“
Die international höchst angesehene Fotografin und Künstlerin Shirin Neshat hat einen magischen, surrealen Film gemacht. Die BR-Co-Pro „Land of Dreams“ schaut auf die Nachtseite unseres Daseins, auf die Stunden, die wir im Schlaf mit Träumen verbringen. Und darauf, was dort mit uns geschieht, was dort bearbeitet wird an Erinnerungen. Ein sehr persönlicher und zugleich sehr politischer Film der Exil-Iranerin und jetzigen US Bürgerin Shirin Neshat.
„Dune“
Endlich eine „Dune“-Verfilmung, welche die Fans begeistern wird. Kein Trash, sondern tatsächlich richtiges Schauspiel in phantastisch aussehender Kulisse. Der Cast: Stellan Skarsgård, Javier Bardem, Josh Brolin, Rebecca Ferguson und die Jungstars Timothée Chalamet und Zendaya überzeugen. Der neue Film „Dune“ verhandelt die großen Fragen, die auch die Romanvorlage „Dune – Der Wüstenplanet“ von Frank Herbert, der erfolgreichste Science-Fiction-Roman aller Zeiten, verhandelt hat: Kolonialismus, Gier, Ressourcenmangel, Macht, Frauenpower, messianische Prophezeiungen und wie man qua Religion die Welt kontrolliert. Eine sehr heutige, spannende, gegenwärtige Verfilmung. Regisseur Denis Villeneuve sagt dazu: „In guter Science Fiction geht es immer um Gegenwart – Science Fiction ist ein Werkzeug, Distanz zu schaffen, sie erlaubt, schwierige Probleme der Gegenwart zu verhandeln, ohne dabei Menschen direkt anzugreifen.“
Außerdem in Venedig:
Neue Filme von Pedro Almodóvar und Jane Campion, düstere Werke aus Osteuropa und immer wieder Filme, die Frauen in den Mittelpunkt stellen: „Spencer“ erzählt vom Leiden Prinzessin Dianas im Eiskanal des britischen Königshauses, „The lost daughter“ von einer Frau und deren unbefriedigender Mutterschaft, „L’événement“ schließlich von einer jungen Studentin, die im Frankreich der frühen Sechziger versucht, ihre ungewollte Schwangerschaft zu beenden. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 12.09.2021 Das Erste Sendung vom 19.09.2021
Folge 34Apokalypse oder Himmelreich?: Was passiert wirklich, wenn sich der Bitcoin durchsetzt?
Warum Iron Maiden noch immer zu den Größten gehören: Sänger Bruce Dickenson im Exklusivinterview mit „ttt“
Sex mit Autos, verletzte Körper und kaputte Väter: Der sensationelle Film „Titane“ hat das Festival in Cannes gewonnen und kommt jetzt in die Kinos.
„Trauer ist das Glück geliebt zu haben“: Star-Autorin Chimamanda Ngozi Adichie schreibt über den Tod ihres Vaters. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 19.09.2021 Das Erste Sendung vom 26.09.2021
Folge 35„Jung, besorgt, abhängig“ – Die junge Generation und die Wahl:
Ronja Ebeling (25) hat genug davon, dass die im wahrsten Sinne „Alt“-Parteien die Anliegen der jungen Menschen ignorieren und Entscheidungen treffen, deren Folgen die junge Generation dann ausbaden muss: ob bei der Umweltzerstörung, bei Schulden, Bildungschancen, Rente oder bei Corona. In ihrem Buch „Jung, (un)besorgt, (un)abhängig“ geht es auch um Ängste und Wut und darum, dass die Alten den Staffelstab nicht an die Jungen übergeben wollen. Auch Autorin und Aktivistin Franziska Heinisch (22) fordert in ihrem Buch „Wir haben (k)eine Wahl“ Veränderung und Gerechtigkeit. Für die Generationenstiftung sitzt sie im Jugendrat.
Abschied von der Kanzlerin – Was hat Merkel für die Gleichberechtigung erreicht?:
Als große Kämpferin für Frauenrechte hat Angela Merkel sich selten hervorgetan. Aber vielleicht hat ihre Kanzlerinnenschaft doch mehr für die Gleichberechtigung getan als erwartet. Und womöglich war es mehr als nur eine Art politischer Betriebsunfall, dass ausgerechnet die männerdominierte Union die erste Frau an der politischen Spitze Deutschlands gestellt hat. Immerhin hat Merkel sich vor kurzem selbst als „Feministin“ bezeichnet und als Role Model Frauen dazu ermutigt, sich ganz selbstbewusst und selbstverständlich gegen Männer durchzusetzen. „ttt“ fragt vier Frauen aus der Kulturszene: Was haben die 16 Jahre einer Kanzlerin in Deutschland für den Feminismus gebracht? Mit Schauspieldirektorin Anna Bergmann, Journalistin Silke Burmester, Schriftstellerin Ulrike Draesner und Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken.
Von Nazis, Macht und Gerichten – Das schwierige Erbe der Hohenzollern:
Wissenschaftler, die vor Gericht landen, weil sie sich zu deutscher Geschichte äußern? Kann passieren, wenn es um die Streitfrage geht, ob die Hohenzollern den Nazis Vorschub geleistet haben – ein wichtiger Punkt in einer Erbschaftsentscheidung. Kritiker werfen den Hohenzollern vor, mit Rechtsklagen Druck auf Historiker auszuüben. Zwei aktuelle Bücher beleuchten nun das Verhältnis der letzten deutschen Kaiserfamilie zu den Nazis. Lothar Machtens „Der Prinz und die Nazis“ und Stephan Malinowskis „Die Hohenzollern und die Nazis“. Beide zeigen, wie sehr Familienmitglieder der Hohenzollern auf die Nazis setzten, für sie Propaganda betrieben und zu ihrer Wahl aufriefen – alles anscheinend in der Hoffnung, ihre alte Stellung wieder zu gewinnen.
Schmutziges Geld erobert die Welt – Tom Burgis recherchiert in der Londoner Bankenszene:
Oligarchen, Agenten und Banker: Seit dem Ende des Kalten Kriegs hat sich ein Netzwerk gebildet, das der britische Enthüllungsjournalist Tom Burgis in seinem neuen Buch „Kleptopia“ nennt. Eine dystopische Welt, in der eine internationale Kleptokratie Geld stiehlt, verschiebt und wäscht. Und dabei verschwimmt die Grenze zwischen korrupten und demokratischen Systemen. Ein Zentrum der obskuren Geschäfte ist die Londoner City. Burgis verfolgt die Spur von Geld, Ausbeutung und Gewalt – sein Buch schildert, wie schmutziges Geld unkontrolliert in die westlichen Finanzmärkte strömt. Fast wie ein Thriller. „Die Arbeit an diesem Buch“, sagt Burgis im „ttt“-Interview, „hat mir gezeigt: Die Wahrheit ist unglaublicher als jede Fiktion.“
Frauen und Corona – Eine Fotoausstellung in Berlin:
Ob Alleinerziehende, Pflegende oder Sexarbeiterinnen – die Pandemie hat das Leben von Frauen in besonderer Weise beeinträchtigt. Auch die häusliche Gewalt soll in der Corona-Krise angestiegen sein.
Die Ausstellung „IN WAVES – #womenincovid“ will mit ganz unterschiedlichen Fotos den Fokus auf die Auswirkungen auf Frauen richten. Sie zeigt auf einer 90 Meter langen Plakatwand in Berlin die Bilder von 24 Fotografinnen, u.a. von Verena Brüning, Sophie Kirchner und Sina Niemeyer – ein breites Spektrum mit ganz unterschiedlichen Arbeiten. „ttt“ besucht die Vernissage, spricht mit Fotografinnen und Portraitierten. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 26.09.2021 Das Erste Sendung vom 03.10.2021
Folge 36Willi Sitte – Eine Retrospektive
Am 3. Oktober öffnet das Kunstmuseum Moritzburg die Tore für eine Retrospektive des Malers Willi Sitte. Auf zwei Etagen wird der künstlerische Werdegang und der politische Kontext seiner DDR-Karriere dokumentiert. Der in Tschechien geborenen Künstler ließ sich von Fernand Léger und Renato Guttuso inspirieren und er bewunderte Picasso. Mit großem zeichnerischen Talent schuf er zahlreiche an der klassischen Moderne orientierte Arbeiten, die aber von seiner Partei zunächst mit dem Verdikt des Formalismus und der Dekadenz belegt wurden. Seine großen Tafelbilder widmen sich politischen Themen, wie dem Arbeiteraufstand in Leuna und dem Vietnamkrieg.
Politisch erwies sich Sitte als Vorzeigekommunist. Er wurde Präsident des Verbandes Bildender Künstler, schließlich sogar Mitglied des Zentralkomitees, ein Gläubiger der kommunistischen Idee, der die staatlichen Repressionen niemals infrage stellte. Der schwierige Balanceakt zwischen politischem Statement und künstlerischer Komplexität zieht sich als roter Faden durch sein Leben und Werk. Am Ende wurde der nackte Mensch zum beherrschenden Motiv seiner Bilder, menschliche Körper in allen Drehungen, er paarte darin Farbenwucht mit barocker Sinnlichkeit. In diesem Jahr wäre Willi Sitte 100 Jahre alt geworden.
Autor: Reinhold Jaretzky
Halle – Rückblick und Zukunft
Halle an der Saale, was ist das für eine Stadt? Kulturstadt, Industriestadt, Chemiearbeiterstadt? 1945 war Halle die einzige deutsche Großstadt ohne wesentliche Kriegsverluste in der Bausubstanz. Erst die DDR organisierte einen beispiellosen Verfall, der jetzt, 31 Jahre nach der deutschen Einheit, endgültig gestoppt scheint. Halle hat überlebt und sucht nun nach einer Erzählung für die Zukunft. Doch wo findet man die neue Geschichte, ein positives Image, den Weg raus aus der grauen Vergangenheit. Wenn Halle in den Schlagzeilen auftauchte, dann warf ein frustrierter Ossi Eier auf den Bundeskanzler, dann wurde eine Himmelsscheibe gerettet und ein Menschenfeind schoss mit seiner selbstgebastelten Waffe die Hallenser tot. Was hängen bleibt, ist ein Vexierbild, Halle liegt erst einmal im Auge des Betrachters.
Wie also soll man eine konsistente Vision entwickeln, die weiterreicht als bis nach Merseburg? Drei Kulturschaffende, die Pianistin Ragna Schirmer, der Maler Moritz Götze und der neue Opernintendant Walter Sutcliffe, suchen eine Antwort.
Autor: Titus Richter
Was wir filmten – ostdeutsche Regisseurinnen blicken auf ein verschwundenes Land
Und jährlich grüßt das Murmeltier. Der 3. Oktober naht und mit ihm die offiziellen Feiern zur Deutschen Einheit. Halle hat sich geschmückt und irgendwie erinnert es mit all den Losungen an die Republikgeburtstage einer vergangenen Zeit. Auch in der Kleinen Ulrichstraße kann man dem riesigen Wiedervereinigungs-Aufsteller, auf dem irgendwas von Zukunft steht, kaum ausweichen. Kurz gesehen, schon vergessen. Das Plakat gegenüber vorm ZAZIE, dem Kino für besondere Filme, dagegen ein Hingucker. Zwei junge Frauen, Sonnenbrille, langes Haar, Lederjacke, Zigarette in der Hand, cool.
Wer sie sind, erzählt der Film „Herzsprung“ von Helke Misselwitz, eine von 15 ostdeutschen Regisseurinnen, deren Arbeiten eine Woche lang im ZAZIE laufen. „Was wir filmten“ heißt die Filmreihe und das Buch, das im Oktober erscheint. Nicht von ungefähr werfen die Filme und die Frauen, die sie gedreht haben, einen Blick zurück auf das verschwundene Land DDR, die kurze Zeit der Anarchie 1990 und die langen Nachwirkungen der Ostsozialisation in den eigenen Biografien.
Es sind sehr persönliche Geschichten, wie die von Tina Bara, die sich und ihre Freunde in der kaputten Stadtlandschaft Ostberlins zwischen 1983 und 1989 fotografierte. Auf Dächern, Hinterhöfen und in besetzten Wohnungen, nackt, trotzig und selbstbewusst. Immer auf der Flucht vor der „Lange Weile“, die bleiern über dem Land lag. „Ich will Filme über das Lebensgefühl meiner Generation machen, erzählen, über das, was ich erlebe, möchte drinstecken, dazu gehören“ sagte Petra Tschörtner, die 2012 verstorbene Regisseurin.
Im Sommer 1990 steckt sie mittendrin und zieht mit der Kamera durch die Straßen Ostberlins. Sie trifft kleine Leute mit großem Herz, Szenetypen, Hausbesetzer. Ihnen allen merkt man die Angst, vor dem was kommen wird an. Entstanden ist ein beeindruckendes Zeitdokument der letzten Tage der DDR, ein melancholischer Abschied vom vertrauten, oft gehassten Land. War das wirklich so grau, so gottlos, so diktatorisch wie oft beschrieben? Wir haben mit Tina Bara und der Autorin des Buches „Was wir filmten“ nach Antworten darauf gesucht.
Autorin: Gabriele Denecke
Mitteldeutschland nach der Wahl
Seit dreißig Jahren scheint es im wiedervereinten Deutschland immer das Gleiche zu sein: Der Osten wählt anders als der Westen. Und ruft damit Verwunderung oder Empörung hervor. Nicht die etablierten Westparteien sorgen hier für Furore, sondern die anderen. Jahrzehntelang trumpfte hier die PDS, dann Die Linke, auf – als Kümmerpartei der Ostdeutschen. Diese Rolle hat sie inzwischen an die AfD verloren.
Während die AfD im Westen den Zugriff aufs bürgerliche Lager verloren hat und Wähler verliert, ist sie im Osten zu einer festen Größe des kleinbürgerlichen und des Arbeitermilieus geworden. In Sachsen und Thüringen sogar als stärkste Kraft.
Mit der Wahl 2021 zeigt sich, dass es eine große Zahl von Menschen gibt, die die AfD nicht nur aus Protest gegenüber den anderen Parteien wählen, sondern in dieser Partei ihre politische Heimat gefunden haben. Was sagt das Wahlergebnis über die ostdeutsche Gegenwart? Und was bedeutet es für die Zukunft des Ostens?
„ttt“ befragte den Publizisten Christoph Dieckmann, den Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk, die Redaktionsleiterin von „Zeit der Osten“ Anne Hähnig sowie den Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt.
Autor: Lutz Pehnert (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 03.10.2021 Das Erste Sendung vom 10.10.2021
Folge 37„Es kann nur Eine geben“: Carolin Kebekus spricht über Feminismus / Female Voice of Afghanistan: Mutige Frauen trotzen den Taliban / Marcel Odenbach Retrospektive: Düsseldorf zeigt den bedeutendsten deutschen Videokünstler / „Dear Future … (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 10.10.2021 Das Erste Sendung vom 17.10.2021
Folge 38Die geplanten Themen:
Theresa Breuer
Eine Filmemacherin, die gerade an einem Bergfilm mit weiblichen Bergsteigerinnen aus Afghanistan arbeitet, wird vom Einmarsch und der Machtübernahme der Taliban überrascht. Es herrschen Chaos und Panik im gefährlichen Durcheinander der offiziellen Evakuierungsflüge. Was tun? Theresa Breuer gründet kurzerhand die „Kabul Luftbrücke“ und rettet auf eigene Faust bis heute über 400 Menschen. Eine unglaubliche Geschichte, aus der ein ergreifender neuer Dokumentarfilm entstehen wird – „ttt“ ist von Anfang an dabei.
Heinz Strunk
Gerade war er erstmals für den Deutschen Buchpreis nominiert. Heinz Strunk, der einzigartige Stilist und gnadenlose Beobachter seiner selbst und der seltsamen Verhältnisse. Sein neues Buch „Es ist immer so schön mit dir“ seziert die Unmöglichkeiten der Paarbeziehung. Es ist schon ein Bestseller, wie zuvor die ausgezeichneten Romane „Der goldene Handschuh“ und der Megaerfolg „Fleisch ist mein Gemüse“. Zeit für ein Portrait.
Goya
Zum 275. Geburtstag zeigt die Fondation Beyeler in Riehen bei Basel eine große Retrospektive. Es ist tatsächlich die Kunst-Schau des Jahres, die Goya als den bedeutendsten Weichensteller der Moderne zeigt. Manet und Picasso haben sich bei ihm bedient. Unerreicht ist sein Hinsehen auf die menschlichen Niederungen, die sozialen und politischen Verhältnisse. Goyas Malerei fesselt bis heute jeden – ob selber Künstler oder „normaler“ Betrachter. 71 Gemälde, alle wichtigen Werke sind jetzt zu sehen. Einzigartig!
Nette Nazimädchen
Mit Blümchenkleid, Mohnblumen, netten Landschaftsbildern, Backrezepten und Frisurentipps legen die rechtsradikalen Influencerinnen ihre Ruten aus. Was harmlos scheint, ist gefährliche Menschenfängerei. Eine Recherche.
Yotam Ottolenghi
Er ist ein Star, wird verehrt wie ein Guru, seine Kochbücher sind Bestseller – überall auf der Welt. Jetzt kommt ein Dokumentarfilm über ihn ins Kino. Am 21.10.21 startet „Ottolenghi und die Versuchungen von Versailles“. Für eine Ausstellung zu Versailles im Metropolitan Museum of Art in New York, hat Ottolenghi den Auftrag bekommen, ein extravagantes Dessert-Buffet in Stil von Versailles zu schaffen. „ttt“ zeigt weit mehr als diese Zuckerbäckerei und hat deshalb den Meister in einem seiner sechs Londoner Restaurants besucht. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 17.10.2021 Das Erste Sendung vom 31.10.2021
Folge 39Buch „Kurz. Ein Regime“ – Eine Abrechnung mit dem System Sebastian Kurz:
„Genug ist genug“ – mit diesem Satz ließ der damalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz 2019 die Regierungskoalition mit der rechtsradikalen FPÖ platzen, deren Vorsitzender und Vizekanzler Heinz-Christian Strache über die sogenannte „Ibiza-Affäre“ gestürzt war. Der naive politische Beobachter konnte meinen: Kurz meine es ernst und habe eine politische Schamgrenze. Jetzt, zweieinhalb Jahre später, stellt sich heraus: Er ist mutmaßlich ebenso hemmungslos wie sein einstiger Koalitionspartner. Kurz, so die aktuellen Anschuldigungen, habe sich der Bestechlichkeit, des Betrugs, manipulierter Meinungsumfragen schuldig gemacht. Das hat ein politisches Beben in Österreich ausgelöst.
Peter Pilz war 30 Jahre Abgeordneter im österreichischen Parlament, anfangs für die Grünen, später mit einer eigenen Liste. Sein Buch „Kurz. Ein Regime“ zeichnet den politischen Werdegang von Sebastian Kurz nach – und dieser folgte einer planvollen Machtergreifung. Der Plan ging auf. Heute werden die Chatprotokolle dieser Machtergreifung am Wiener Burgtheater verlesen – u.a. vom Schauspieler Daniel Jesch in der Rolle des Sebastian Kurz, den die Texte an Shakespeare erinnern. Die österreichische Schriftstellerin und Theaterautorin Lydia Haider ist erschüttert und fragt nach dem Irrsinn im österreichischen Politikbetrieb. Und Buchautor Peter Pilz warnt: Sollte Sebastian Kurz, der derzeit auf Warteposition als Abgeordneter im Parlament ist und angeblich ein Comeback als Kanzler plant, mit diesem Plan durchkommen, dann könnte es einen politischen Ansteckungseffekt auf Deutschland geben, so Pilz zu „ttt“. (Autor: Ulf Kalkreuth)
„Generation Africa“ auf dem DOK Leipzig
Über die Ursachen von Flucht wird viel berichtet. Was aber treibt einen Menschen, dem die lebensgefährliche Überfahrt von Afrika nach Europa gelungen ist, dazu umzukehren, zurückzugehen in die Heimat? Genau das hat die junge Ghanaerin Fati getan. In dem Dokumentarfilm „Fati’s Choice“ erzählt sie von ihren Beweggründen. Der Film, zu sehen auf dem Festival DOK Leipzig, erzählt aber auch vom Unverständnis ihrer Familie und Freundinnen. Ist die Sehnsucht nach den zurückgelassenen Kindern wirklich wichtiger als die Aussicht auf gut bezahlte Arbeit in Europa?
„Fati’s Choice“ ist eine von drei Dokumentationen, die unter dem Titel „Generation Africa“ auf dem Festival zu sehen sind. Produziert von „STEPS“, einem Team aus Südafrika, das mit seinen Dokumentationen den vielfach benachteiligten Menschen des Kontinents eine Stimme geben will. „ttt“ begleitet „Fati’s Choice“-Regisseurin Fatimah Dadzie und „Steps“-Produzent Don Edkins auf der DOK Leipzig. (Autorin: Petra Böhm)
„1000 Jahre Freud und Leid“ – Autobiografie von Ai Weiwei:
2011 wird der Künstler, Menschenrechtsaktivist und unbotmäßige Bürger Ai Weiwei vom chinesischen Staatsschutz festgenommen. In der Isolationshaft erinnert Weiwei sich an seinen Vater, den während der „Kulturrevolution“ als „Rechtsabweichler“ schikanierten Dichter Ai Qing. So entstehen sehr persönliche Erinnerungen: In der jetzt auf Deutsch erscheinenden Geschichts- und Familienchronik „1000 Jahre Freud und Leid“ geht es um die lebenslange Suche nach kreativer Freiheit und die Erfahrung, dass totalitäre Staaten nichts so fürchten wie die subversive Kraft der Kunst. „ttt“ trifft Ai Weiwei in Portugal, wo der Ruhelose aktuell seine Zelte aufgeschlagen hat. (Autor: Andreas Lueg)
„Wagner, Bayreuth und der Rest der Welt“:
Am 28. Oktober läuft der Dokumentarfilm „Wagner, Bayreuth und der Rest der Welt“ in den Kinos an. Musikjournalist und Regisseur Axel Brüggemann hat drei Jahre lang Proben und Aufführungen in Bayreuth begleitet und Interviews mit Katharina Wagner, Barrie Kosky und anderen Stars der Festspiele geführt. Entstanden ist eine Dokumentation, die weder biographisch noch musikkritisch sein will und stattdessen versucht, eine Balance zu finden zwischen einerseits launigen Beschreibungen des weltweiten Fankults und andererseits dem Unbehagen, das Wagners Antisemitismus nicht nur jüdischen Liebhabern seiner Musik bereitet. Die Beschäftigung mit diesem Aspekt Wagners sei, sagt Regisseur Axel Brüggemann, eine Art Selbsttherapie gewesen. (Autorin: Petra Böhm) (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 31.10.2021 Das Erste Sendung vom 07.11.2021
Folge 40Alterslose Avatare – Wie ABBA sich unsterblich macht
Es ist ein Comeback, das ausgeschlossen schien: ABBA ist zurück, mit großem Tamtam. Gerade ist „Voyage“ erschienen, ein neues Album nach 40 Jahren! Die Songs klingen wie früher. Doch die erfolgreichste Popband der Welt kommt nochmal mit was ganz Neuem um die Ecke: mit virtuellen Konzerten. Die über 70-jährigen Superstars schicken ihre Avatare, digital verjüngt, mit dem Aussehen von 1979, als sie auf dem Höhepunkt ihrer Karriere waren. „ttt“ trifft die Pop-Legenden Benny Andersson und Björn Ulvaeus: Wie fühlt es sich an, für die Ewigkeit konserviert zu werden? Und wollten die alten Herren mit diesem technologischen Coup nochmal ordentlich die Musikwelt aufmischen?
Zuzug auf dem Land, wachsende Kleinstädte – Wie bekommen die Kommunen das hin?
Städte sind Lebensraum. Doch nicht erst seit Corona zieht es immer mehr Menschen aus den Großstädten aufs Land und in die kleineren und mittleren Städte. Der Hauptgrund: Wohnraum ist in den Ballungszentren zu teuer. Doch was heißt das für die Mittelzentren, die dörflichen Kommunen? Wie wird hier Zukunft gestaltet, das Wohnen, aber auch das gesellschaftliche Miteinander? Im Rahmen der ARD Themenwoche „Stadt. Land. Wandel“ macht sich „ttt“ auf die Suche nach guten Zukunftskonzepten jenseits der großen Städte.
An jedem dritten Tag – Fotoprojekt über Femizide
Am 25. November ist der internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. An jedem dritten Tag wird eine Frau ermordet – oft von ihrem Partner oder Ex-Partner. Die Fotografin Sina Niemeyer will sich damit nicht abfinden: Mit ihren Bildern lenkt sie den Blick auf Femizide, dokumentiert die Tatorte, damit die ermordeten Frauen nicht vergessen werden. Sina Niemeyer trifft Angehörige und findet eindrucksvolle Bilder für ihren Schmerz und ihre Verlorenheit. Die Fotografin ist empört, dass Morde an Frauen in der Boulevardpresse als „Ehedrama“ bagatellisiert werden, Gewalt als „Eifersucht“ – als wären die Frauen mitschuldig. Der grausamen und reißerischen Berichterstattung setzt Sina Niemeyer Mitgefühl und Tiefe entgegen, indem sie die Opfer sichtbar macht.
Alleskönnerin – Die Schauspielerin Lina Beckmann
Es klingt wie ein Klischee, aber in diesem Fall stimmt es: Die Schauspielerin Lina Beckmann ist eine Alleskönnerin. Sie kann einfach alles spielen: rasend laut und ganz zart, wild und kraftvoll, herzzerreißend, Komödie, Tragödie, Mann, Frau. Egal, was und wen sie auf der Bühne darstellt: Sie ist immer großartig. Jüngst brillierte sie bei den Salzburger Festspielen als „Richard the Kid & the King“. Für diese Rolle ist sie auch für den renommierten Wiener Nestroy- Theaterpreis nominiert. „ttt“ trifft Lina Beckmann bei den Proben für ihre nächste Premiere am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, ihrer künstlerischen Heimat: ein Gespräch über Versagensängste, das Spielen aus dem Bauch heraus – und das Runterkommen nach der Vorstellung.
Biographie eines Ruhelosen – Der Spielfilm „Lieber Thomas“
Er wollte sich keinesfalls instrumentalisieren lassen und passte in kein System. Er kritisierte die DDR, saß dort im Knast, verraten vom eigenen Vater – und als er dann in die BRD ausgereist war und erfolgreich wurde, verwahrte er sich gegen das Image des Dissidenten. So richtig angekommen ist er freilich nie: der Schriftsteller und Filmemacher Thomas Brasch. Der bemerkenswerte Spielfilm „Lieber Thomas“ zeichnet jetzt das Leben dieses ewig Widerständigen nach, vor dem Hintergrund eines halben Jahrhunderts deutscher Geschichte. Die Koproduktion des NDR kommt fast auf den Tag genau am 20. Todestag von Thomas Brasch in die Kinos (Filmstart 11. November). „ttt“ über die filmische Biografie eines Ruhelosen. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 07.11.2021 Das Erste Sendung vom 14.11.2021
Folge 41Die geplanten Themen:
Kampf für den Klimaschutz – Richard Powers’ ungewöhnlicher Familienroman „Erstaunen“
„JFK revisited“ – Oliver Stones Dokumentarfilm über den Tod John F. Kennedys
„Der Wind in meinem Haar“ – Masih Alinejads Einsatz für die Frauenrechte im Iran
Wunderkammer der Kunst – Dokumentarfilm über die Uffizien, Florenz’ weltberühmtes Museum
Gemeinsames Konzert in Paris – Joan as Police Woman & Damon Albarn mit neuen Alben (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 14.11.2021 Das Erste Sendung vom 21.11.2021
Folge 42Die geplanten Themen: Pause vorbei: Popstar Adele ist wieder da – und wie? Was hilft gegen den Schmerz einer Scheidung? Fitness und ein neues Album? Adele hat 40 Kilo verloren und 12 Songs geschrieben. „30“ heißt ihr viertes Album, das nach sechs Jahren Pause nun erscheint (VÖ 19.11.).?Auf ihm macht die Herzschmerz-Königin nicht mehr nur Musik für Menschen, die Kummer haben. Diesmal singt sie von ihrem eigenen Kummer, von einer Zeit, als ihr Traum von einer intakten Familie platzte und in der sich ihr Leben „komplett veränderte“.
Wie macht man aus Kummer Kunst – Popmusik??“ttt“ im Gespräch mit Adele. Autor: Lutz Pehnert „House of Gucci“ – Die Gucci-Story als Film Intrigen, Skandale, Gier nach Geld und Macht, Verrat und am Ende ein Mord. Das ist die Geschichte der Familie Gucci – der Gründer der Luxusmodemarke. In den 80er und 90er Jahren hieß es, Gucci muss vor den Guccis gerettet werden. Diese wahre Geschichte hat Ridley Scott jetzt furios verfilmt. „House of Gucci“ – ein Haus der absoluten Schönheit und des totalen Wahnsinns.
Das Buch, nach dem Scott jetzt den Film schuf, schrieb vor genau 20 Jahren die in Washington lebende Journalistin Sara Gay Fordon. „ttt“ u.a. im Gespräch mit Jeremy Irons und Sara Gay Fordon Autorin: Nathalie Daiber Fotos aus einem anderen Südafrika Zanele Muholis Weg in die Fotografie begann bei den ersten freien Wahlen in Südafrika 1994. „Die Welt kam, um unsere Wahlen zu dokumentieren“, erinnert sich Muholi. Zu sehen, wie westliche Journalistinnen und Journalisten Fotos und Aufnahmen der afrikanischen Bevölkerung machten, während es nicht möglich war, selbst diesen wichtigen Schritt in der Geschichte des Landes festzuhalten, hat Muholi dazu gebracht, sich eine Kamera zu kaufen.
Muholi ging es darum, die Geschichte Südafrikas und seiner Menschen von ihnen selbst erzählen zu lassen. Zanele Muholi, geboren 1972, ist Teil jener Community, die wir heute als LGBTI+ bezeichnen und die in Südafrika immer noch die Existenz von Aussätzigen führt, obwohl die Verfassung des Landes ihre Diskriminierung verbietet.
Die Portraits zeigen Menschen dieser Szene aus dem Inneren. Eine große Ausstellung im Berliner Gropius Bau Berlin zeigt Muholis Arbeiten von frühen Fotoserien über sexuelle und rassistische Gewalt, Portraits von queeren Teilnehmer:innen von Schönheitswettbewerben bis zu zahlreichen Selbstportraits: Muholi ist es wichtig, auch die Erfahrung vor der Kamera selbst zu machen und abzubilden. „Es ist unsere Zeit, weil wir schwarz sind. Wir sind smart und es gibt uns! Unsere Erfahrungen sind, was Menschen zum Hinsehen, zum Fühlen und zum Weinen bringt.“ Autor: Max Burk „Acht Tage Revolution“ Seit Wochen erlebt Europa an seiner östlichen Außengrenze ein Flüchtlingsdrama von biblischer Dramatik.
Migrant:Innen aus dem Nahen Osten sind von Belarus’ Machthaber Lukaschenko in eine Frontlinie zwischen belarussischer und polnischer Grenzpolizei getrieben worden. Sie dürfen nicht vor und nicht zurück. Seinen Anfang hat dieses Drama im Sommer 2020. Der belarussische Schriftsteller Artur Klinau beschreibt in seinem Buch „Acht Tage Revolution“ jene Tage nach dem 9. August 2020, als in seiner Heimat „Wahlen“ abgehalten wurden und der Endlosherrscher Lukaschenko sich zum Sieger mit 80% erklären ließ.
Diesmal gingen nicht ein paar Tausend Demonstranten auf die Straße, sondern ein ganzes Volk im ganzen Land. Das gab es in 26 Jahren Diktatur noch nie. Lukaschenko ließ auf wehrlose Demonstranten mit Blendgranaten und Tränengas schießen und vor allem: Er ließ sie zu Tausenden in den Gefängnissen foltern. Das alles beschreibt der 56jährige Klinau in seinem Buch minutiös.
Und er erzählt von seiner Tochter, die so alt ist, wie Lukaschenkos Diktatur. Heute steht der belarussische Machthaber mit dem Rücken an der Wand – seine letzte „Idee“: Flüchtlinge aus dem Nahen Osten an die EU-Außengrenze treiben. „ttt“ im Gespräch mit Artur Klinau, Swetlana Alexijewitsch, der belarussischen Literatur-Nobelpreisträgerin und mit der Oppositionsführerin von Belarus, Swetlana Tichanowskaja. Autor: Arkadij Silberstein „ttt – titel thesen temperamente“ ist am Sendetag ab 20:00 Uhr in der ARD-Mediathek verfügbar. Im Internet unter www.DasErste.de/ttt (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 21.11.2021 Das Erste Sendung vom 28.11.2021
Folge 43Die geplanten Themen: Not funny, didn’t laugh! – Humor in woken Zeiten Geht es um Humor, geht es schnell um alles. Wer darf über wen Witze machen? Und wer darf über diese Witze lachen? Ist das gute Unterhaltung – oder bloß Geschmacklosigkeit im Comedy-Tutu? Die nächste Runde dieser immer wieder lebendig geführten Debatte wurde vor kurzem eingeläutet. Diesmal im Ring: US-Comedian Dave Chappelle gegen die LGBTIQ-Community. Denn in seinem neuen Netflix-Special „The Closer“ teilt der Superstar ordentlich gegen die von ihm sogenannten „Alphabet-People“ aus – insbesondere gegen trans-Personen.
Einer lesbischen Frau quittiert er „toxische Maskulinität“, sich selbst erklärt er zu „Team TERF“ („Trans-exkludierender radikaler Feminismus“) und er sagt Dinge wie: „In unserem Land kannst du einen Schwarzen erschießen, aber verletze besser nicht die Gefühle eines Schwulen!“ Es kam, was der Komiker schon ankündigte: Ein Shitstorm brach über ihn herein, vor der Netflix-Zentrale in Los Angeles forderten wütende Demonstrierende sein „Cancelling“.
Der Vorwurf: Chappelle befeuere mit seinem Programm die Gewalt gegen eine ohnehin schon marginalisierte Personengruppe. Auch im deutschsprachigen Raum stellt sich zunehmend die Gretchenfrage: Wie hast du’s mit dem Humor? Was darf – und soll – er leisten? Darf man über Minderheiten lachen? Viele beantworten diese Frage mit dem ungeschriebenen Gesetz des Humor-Einmaleins: „Punch up, not down!“. Doch in Zeiten, in denen mit großer Ernsthaftigkeit über wichtige Themen wie gerechte Sprache und Sichtbarkeiten gestritten wird, müssen wir uns auch fragen: Passen Humor und Political Correctness überhaupt zusammen? Wozu dient eigentlich die gezielte Grenzüberschreitung? Und sind es nicht gerade die bösesten Witze, die Marginalisierten als kathartisches Moment Heilung schenken können? „ttt“ spricht über dieses zunehmend humorlos diskutierte Thema mit Menschen, denen der Humor auf unterschiedliche Weise am Herzen liegt: Autorin und Journalistin Nele Pollatschek, Comedian Shahak Shapira und Autorin und trans-Aktivistin Felicia Ewert.
„Wir sind noch da!“ – Afghanische Frauen nach der Machtübernahme der Taliban Afghanistan. Vor einigen Wochen noch blickte nahezu die ganze Weltöffentlichkeit schockiert auf das Land am Hindukusch, das durch den chaotisch herbeigeführten Abzug westlicher Truppen, allen voran der USA, wieder in die Hände des brutalen, islamistischen Taliban-Regimes fiel. Aber das Land ist aus dem Fokus der Aufmerksamkeit gekommen. Heute erlebt es eine unbeschreibliche humanitäre Katastrophe. Die Taliban können die Menschen nicht versorgen, das Bankensystem kollabiert, der Winter kommt.
Es fehlt an Essen, Medizin, das Land versinkt im Chaos. Eltern verkaufen ihre Säuglinge, um an Geld zu kommen, damit zumindest die größeren Kinder Überlebenschancen haben. Wer sich kritisch äußert, schwebt in Lebensgefahr, Frauen- und Minderheitenrechte werden massiv beschnitten, alle freiheitlichen Errungenschaften zurückgedreht. Der Künstlerin, Filmemacherin und Autorin Nahid Shahalimi bricht das, was mit Afghanistan passiert, ihr Herz. Es ist ihr Heimatland. Sie ist dort aufgewachsen, immer wieder hingereist – und in Kontakt mit vielen Menschen.
Was sie gerade erleben im Schatten der Weltöffentlichkeit – das muss erzählt und dokumentiert werden, sagt Nahid Shahalimi. Vor allem auch das, was die Taliban-Herrschaft für Frauen und Mädchen bedeutet. „Wir sind noch da!“ heißt ihr Buch, mit dem sie wenige Tage nach dem Fall Kabuls begonnen hat und in dem sie 13 mutige Afghaninnen zu Wort kommen lässt. Ob Filmemacherin, Sängerin, Politikerin, Programmiererin – sie erzählen davon, was sie verloren haben: an Freiheiten, Hoffnungen, Lebensfreud.
Davon, was es bedeutet, wenn die Zukunft auf lange Sicht nur noch düster und gefährlich ist. „ttt“ spricht mit Nahid Shahalimi über die Lebensgeschichten dieser Frauen und darüber, welche fatalen Folgen die Situation in Afghanistan auch für den Westen haben könnte. Die weiteren Themen: Zwischen Science-Fiction und Naturverbundenheit – Warum die afrikanische Architektur so aufregend ist Die Metal-Band „Mastodon“ – Lebensrettende Maßnahmen als Musik „ttt – titel thesen temperamente“ ist am Sendetag ab 20:00 Uhr in der ARD-Mediathek verfügbar. Im Internet unter www.DasErste.de/ttt (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 28.11.2021 Das Erste Sendung vom 05.12.2021
Folge 44Culture for future: Wie geht mehr Klimaschutz im Kulturbetrieb? / Poetik des Widerstands: Arundhati Roys Kampfschrift „Azadi heißt Freiheit“ / Es geht um Gerechtigkeit! Restitution kolonialer Raubkunst als Geste der Solidarität / Die Geschichte … (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 05.12.2021 Das Erste Sendung vom 12.12.2021
Folge 45Bunt, grün, staatstragend – Claudia Roth ist die Neue für die Kultur:
Bevor es Richtung Zukunft geht, und Claudia Roth hat sich als neue Staatsministerin für Kultur viel vorgenommen, ist es ihr wichtig, erst einmal zurück zu blicken, die Erinnerung wachzuhalten an die finstere Zeit des Nationalsozialismus. Noch vor ihrer Vereidigung besuchte sie das Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma Europas in direkter Nachbarschaft zum Bundestag. Ihr erster offizieller Termin im neuen Amt führt sie in die Gedenkstätte Buchenwald. „ttt“ ist mit dabei und spricht mit der für auch mal schrille Töne bekannten Grünen-Politikerin über ihre Pläne im neuen Amt.
Die hat sie bereits im Wahlkampf verkündet: soziale Absicherung der Kulturszene, Geschlechtergerechtigkeit im Kulturbetrieb und Abbau von Hemmschwellen, Stärkung internationaler Kulturnetzwerke und schließlich den Aufbruch in eine klimaneutrale Zukunft auch im kulturellen Bereich. Als Staatsziel ist die Kultur immerhin schon mal im Koalitionsvertrag verankert. Nun müssen den Worten auch Taten folgen. „ttt“ fragt nach, wie das gelingen soll.
„Der geraubte Wald“ – Film über Alexander von Bismarcks Kampf gegen die Holz-Mafia:
Alexander von Bismarck, Nachfahre des Eisernen Kanzlers, ist Leiter der Environmental Investigation Agency in Washington und seit Jahren der „Holz-Mafia“ auf der Spur. Der Dokumentarfilm „Wood – Der geraubte Wald“ begleitet Bismarck und sein Team bei Undercover-Ermittlungen von der Taiga in Sibirien über die Primärwälder Rumäniens bis hin zum Urwald in Peru. Rodungen für illegalen Holzhandel passieren auf der ganzen Welt, die Produkte landen dann bei uns im Discounter. Waldraub ist Schätzungen zufolge der viertgrößte illegale Handel der Welt. Ein Milliardengeschäft mit katastrophalen Folgen für Menschen und Umwelt. Auf dem Weltklimagipfel in Glasgow verpflichteten sich mehr als 100 Staaten zum Schutz der Wälder. Ähnliche Bekenntnisse gab es in der Vergangenheit immer wieder – die Zerstörung der Wälder schreitet trotzdem voran. Film-Premiere ist am 14. Dezember in Hamburg.
Kunstkrimi – Dokumentarfilm über das teuerste Gemälde der Welt:
1175 Dollar – das war der ursprüngliche Preis. Später wechselte es für 127,5 Millionen Dollar und schließlich für sagenhafte 450,3 Millionen Dollar den Besitzer. Damit ist „Salvator Mundi“ das teuerste Gemälde der Welt. Dabei ist bis heute nicht gesichert, dass es sich wirklich um ein Werk von Leonardo da Vinci handelt. Der Film „The Lost Leonardo“ (Kinostart am 23. Dezember 2021) erzählt auf spannende Art und Weise, wie aus einem Auktionsfund, einem alten Schinken ein Heiligtum wird, wie es bei Kunst oft nicht um Kunst, sondern um Geld, um Politik, um Ruhm geht. Ansehen – wichtiger als Authentizität. 2008 treffen sich in der National Gallery in London die weltweit renommiertesten Leonardo da Vinci-Experten, um sich das Bild anzusehen. Ohne formelles Gutachten stellt das Museum in einer Blockbuster-Ausstellung das Gemälde 2011 als Originalgemälde von da Vinci aus und löst damit eine der aberwitzigsten Geschichten in der Kunstwelt aus.
Tibetischer Regisseur fordert Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking:
Dhondup Wangchen wurde im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008 von den chinesischen Behörden verhaftet, weil er den Film „Leaving Fear Behind“ gedreht hatte, eine Doku über die Sicht der Tibeter auf die Olympischen Spiele. Er wurde gefoltert und sechs Jahre lang inhaftiert. 2017 gelang ihm die Flucht ins Exil. Angesichts der grausamen Menschenrechtsverletzungen der chinesischen Regierung fordert Dhondup Wangchen das Internationale Olympische Komitee auf, die Winterspiele 2022 in ein anderes Land zu verlegen. Gerade ist er in Berlin, trifft sich mit Politikern und Vertretern von Sportverbänden, um Unterstützung für seine Kampagne zu gewinnen.
Museum unter Strom – 100 Jahre Electromusik in Düsseldorf
Dunkelheit, hämmernde Beats, zuckendes Licht. „Electro. Von Kraftwerk bis Techno“ heißt eine bunte Ausstellung im Kunstpalast Düsseldorf, die sich wie ein Clubbesuch anfühlt. Und das in Zeiten, in denen Party nicht so recht angesagt ist. Hier wird die 100jährige Geschichte der elektronischen Musik gefeiert: von den Pionieren der Frühzeit über die legendären Roboter-Performer von Kraftwerk bis zu gigantischen Techno-Events.
„ttt“ spricht u.a. mit dem Grand Seigneur der Szene Jean Michel Jarre über die rebellischen Zeiten der 60er und 70er und seine aktuellen Experimente mit Künstlicher Intelligenz. Außerdem mit dem Düsseldorfer Starfotografen Andreas Gursky, Wegbegleiter der Techno-Szene. Gursky zeigt Fotoserien, die er bei Rave Events aufgenommen hat, Wimmelbilder von dichtgedrängten Menschenmassen – aus Zeiten, die es so vielleicht nicht wiedergeben wird. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere So. 12.12.2021 Das Erste
zurückweiter
Füge ttt – titel thesen temperamente kostenlos zu deinen Serien hinzu und verpasse keine Neuigkeit mehr.
Alle Neuigkeiten zu ttt – titel thesen temperamente und weiteren Serien deiner Liste findest du in deinem persönlichen Feed.
TV Wunschliste informiert dich kostenlos, wenn ttt – titel thesen temperamente online als Stream verfügbar ist oder im Fernsehen läuft.Erinnerungs-Service per
E-Mail