Sportclub Story Folge 151: Das letzte Pokalfinale in der DDR: Dynamo Dresden – PSV Schwerin
Folge 151
Das letzte Pokalfinale in der DDR: Dynamo Dresden – PSV Schwerin
Folge 151
Juni 1990, der Mauerfall war gerade einmal sieben Monate her. Bald sollte die D-Mark im Osten kommen, über die Wiedervereinigung wurde noch verhandelt. Überall Umbruch, Angst, Hoffnung. In dieser Lage traf im FDGB-Pokalendspiel im Berliner Jahn-Sportpark Dynamo Dresden auf den PSV Schwerin. Nicht einmal 6.000 Zuschauerinnen und Zuschauer waren zum letzten Pokalfinale in der DDR gekommen. Das Finale war das Brennglas eines wilden Jahres. Auf den Rängen: Randale, auch Naziparolen. Alles, was in der DDR totgeschwiegen wurde. Der Staat löste sich auf, die Autorität schwand. Auf dem Fußballfeld standen sich zwei ungleiche Mannschaften gegenüber. Der PSV Schwerin, ein abstiegsgefährdeter Zweitligist, der sich ins Finale gekämpft hatte. Der die Gunst der Stunde nutzen wollte, als alles wichtiger erschien als Fußball. Als das System kollabierte. Auf der anderen Seite: Dynamo Dresden, achtmaliger DDR-Meister. Mit Spielern wie Matthias Sammer und Ulf Kirsten, die längst verkündet hatten, dass sie in die Bundesliga wechseln würden. Mit Spielern, die vom Westen träumten. Und einem, dem der Umbruch zu schaffen
machte: Jörg Stübner. Stübner und Kirsten waren die Torschützen von Dynamo Dresden beim 2:1-Sieg gegen den PSV Schwerin. Für den Außenseiter hatte André Kort getroffen. Hinterher sprachen aber alle nur über den Flankengeber: Matthias Stammann. Dieser machte das Spiel seines Lebens. Sein Name wurde eifrig notiert, es waren Spielerberater aus dem Westen auf der Tribüne, die auf ein „Schnäppchen“ aus dem Osten hofften. Das Rennen um das Schweriner Fußballtalent gewann aber Reiner Calmund. Der Manager, den Bundeskanzler Helmut Kohl zuvor hatte stoppen lassen, weil er sich zu ausgiebig am Ausverkauf der besten DDR-Spieler beteiligte. Die Autoren Benjamin Unger und Matthias Hufmann haben mit Reiner Calmund über Kanzler und Kohle gesprochen. Sie trafen Manfred Radtke, damals Trainer des PSV Schwerin, der mit dem Pokalendspiel seinen klammen Verein retten wollte. Und sie fragten bei Spielern nach: zum Fußball zwischen Sozialismus und Marktwirtschaft, zum Abenteuer 1990, aber auch zu Stasiverstrickungen in der eigenen Mannschaft. Das Spiel zum Systemwechsel. Das letzte Pokalfinale der DDR. (Text: NDR)