Eva-Maria Hagen galt Ende der 50er Jahre als das deutsche Schönheitsideal: jung, verführerisch und selbstbewusst. Man verglich sie mit Brigitte Bardot und Marilyn Monroe. Dabei wurde Eva-Maria Hagen quasi über Nacht berühmt: 1957 mit dem Film „Vergesst mir meine Traudel nicht“ in der Regie von Kurt Maetzig. Die Geschichte der Traudel, die von Lust und Lebenshunger getrieben im Osten Deutschlands ihren Weg suchte, hatte sehr viel mit der Biografie der jungen Schauspielerin zu tun. Die Tochter pommerscher Landarbeiter verliert nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ihre Heimat und wird im August 1945 „im Wald bei Perleberg ausgesetzt“, wie sie später erzählt. Im Bahnbetriebswerk Wittenberge lernt sie Maschinenschlosserin, wechselt an die Schauspielschule in Ost-Berlin und spielt unter Brechts Regie im Berliner Ensemble. Sie heiratet, bekommt ihre Tochter Nina Catharina. Kurz darauf sieht man ihr Bild auf Firmjournalen und Modezeitschriften. Sie ist ein Star, einer der ganz wenigen in der ostdeutschen Kunstszene. Gegensätze bestimmen ihr Leben: Die Mächtigen machen ihr Avancen und wollen in Eva-Maria Hagen eine sozialistische Vorzeigediva sehen, aber sie lässt sich politisch nicht
verbiegen, bleibt ein eigensinniger Mensch. 1965 begegnet sie dem Liedermacher Wolf Biermann, der Auftrittsverbot im Osten hat. Nach seiner Ausweisung 1976 folgt sie ihm kurz nach ihrer Tochter Nina in den Westen und bleibt sich treu. Wenn sie mit über 75 Jahren auf ihr Leben zurückblickt, dann könnte sie sich auch zurückziehen in ein kleines privates Nest. Aber der Konjunktiv gehört nicht zu ihrem Lebensanspruch. Ganz oder gar nicht. Sie hat noch einiges vor, schreibt an einem neuen Buch, Auftritte mit Liedern zur Gitarre werden angefragt, und ihre „chagallesken“ Bilder zieren nicht nur die Kneipe ihrer Enkelin Cosma. Zu ihrem neuesten Film „Dinosaurier“ kürzlich befragt, zieht sie eine ebenso nüchterne wie beeindruckende Bilanz: „Zwischen meiner ersten großen Rolle in ‚Vergesst mir meine Traudel nicht‘ von Kurt Maetzig, der in etwa einem Jahr 100 wird, und ‚Dinosaurier‘ von Leander Haußmann, der gerade die 50 erreicht hat, liegt eine Zeit voller Veränderungen.“ Vor allem diese 50 Jahre, aber auch die davor liegenden Erfahrungen von Krieg, Heimatverlust und Neuanfang dokumentiert der Film von Lutz Rentner und Frank-Otto Sperlich in der rbb-Reihe „Ost-Legenden“. (Text: rbb)