„The Fear Index“: Angstfreie Nächte mit Josh Hartnett? – Review

Kurzweilige Verfilmung des Robert-Harris-Bestsellers

Rezension von Fabian Kurtz – 16.02.2022, 17:30 Uhr

Josh Hartnett in „The Fear Index“ – Bild: Left Bank Pictures/Sky
Josh Hartnett in „The Fear Index“

Angst bestimmt den Menschen. Durch Angst treffen wir unsere Entscheidungen; nehmen wir den Weg durch dunkle Höhlen und über enge Bergpässe oder bleiben wir gesichert daheim? Doch auch hier kann sich die Welt gegen uns verschwören. Ein Jeder erinnert sich an lautes Knacken in der Dunkelheit seines Zimmers und so mancher blickte voller Furcht in das tiefe, unbekannte Schwarz des Kellerlochs, wenn man beauftragt wurde, Konserven aus der Vorratskammer zu holen.

Angst oder Angstzustände sind in den heutigen Medien meist mit dem Genre des Horrors konnotiert. Das Unbekannte wie in H.P. Lovecrafts „Die Farbe aus dem All“ oder schlicht und ergreifend der Tod entwickeln Gefühle des Unheimlichen. In „The Fear Index“ wird Angst klar definiert. Interessanterweise nicht mit dem Genre des Horrors, sondern mit dem des Thrillers.

In der Populärliteratur liefert sich der Thriller mit seinem Zwilling, dem Krimi, ein ewiges Rennen auf der Bestsellerliste. Nun ist der Thriller in seiner Verfassung zunächst ein Medium der Spannung, nicht der Angst. Erfolgsautor Robert Harris, in diesem Genre zu Hause, nutzt die Angst als menschliche Schwäche und optimiert sie.

In seinem Roman, wie auch in der gleichnamigen Verfilmung durch Bezahlsender Sky, wird Angst als unbrauchbar angesehen, vor allem für die Wirtschaft. Die Entscheidungen der Börsianer hängen ganz von ihrem Bauchgefühl ab, denn Expertise hilft nicht mehr viel, wenn man kalte Füße bekommt.

Dieses Problem wird in „The Fear Index“ umgangen: Der amerikanische Investmentbanker Dr. Alex Hoffman hat in seinem Genfer Unternehmen den Algorithmus VIXEL-4 entwickelt, der ohne menschliches Gewissen, rein auf Daten basierend, Börsenvorgänge unternimmt und somit rein profitorientiert arbeitet.

Alex Hoffman (Hartnett) flieht vor seiner Vergangenheit. Left Bank Pictures/​Sky

Die Miniserie beginnt mit Hoffman (gespielt von Josh Hartnett), der am Abend in seinem Anwesen am Genfer See ein Paket mit unbekanntem Absender erhält. Es beinhaltet eine Erstausgabe von Darwins Buch „Der Ausdruck der Gemütsbewegungen bei dem Menschen und den Tieren“. Verbunden mit seiner eigenen Theorie, liest er das Kapitel über die Angst, wie sie sich beim Menschen verhält und wie sie einzuordnen ist.

In jener Nacht wird er von einem lauten Geräusch geweckt und beobachtet in seinem Haus einen Einbrecher, der vorm Eintreffen der Polizei flieht. Das Kuriose an der Sache ist, dass Hoffmans High-Tech-Alarmsystem mit dem Sicherheitscode entschärft wurde und es somit keine Einbruchsspuren gibt.

Der neurotische Investmentbanker wird nun von seinen Angst-Psychosen heimgesucht und entwickelt Paranoia, auch, weil die Polizei ihn in Verdacht nimmt. Hoffman versucht nun innerhalb der nächsten 24 Stunden, dem Einbrecher auf die Schliche zu kommen und muss sich hierbei mehreren Hindernissen stellen.

Vertrautes Paar: Dr. Alex Hoffman (Hartnett) und seine Frau Gabby (Leila Farzad) Left Bank Pictures/​Sky

Auf der einen Seite versucht er seine Psychosen, die mit seiner Vergangenheit beim CERN verbunden sind, vor seiner Frau Gabby (Leila Farzad) und der Polizei zu verheimlichen, auf der anderen steht ihm der Besuch mehrerer Investoren ins Haus. Sein Geschäftspartner Hugo (Arsher Ali) hat dabei wenig übrig für die exzentrischen Launen seines Partners und sieht das Geschäft in Gefahr.

Die Verfilmung von Harris’ Roman scheint zu Beginn komplizierter als sie im Endeffekt ist. Handlung und Spannung bauen sich linear auf, schaffen ein rasantes Erzähltempo und fesseln das Publikum in vier kurzweiligen Episoden. Das Interessante an „The Fear Index“ ist und bleibt die Handlung, in deren Dienst sich auch Regisseur David Caffrey stellt. Seine Inszenierung ist wie aus dem Lehrbuch und schafft eine gediegene Präsentation der Ereignisse.

Auch der Cast macht seine Sache gut. Hartnett ist sympathisch genug, seiner Figur Projektionsfläche zu geben und wird der Hauptrolle gerecht. Bei seinen Angstausbrüchen generiert er genügend Abstand, um das Publikum als Beobachtende zu etablieren.

Alles für das Geld: Hoffmans skrupelloser Partner Hugo Quarry (Arsher Ali). Left Bank Pictures/​Sky

Ali als Hugo, Farzad als Gabby und Gregory Montel als Kommisar Leclerc komplettieren das Ensemble und schaffen es durch professionelle Hingabe, dieser Welt Leben einzuhauchen. Wer großartiges Schauspiel sucht, muss seine Erwartung herunterschrauben, denn mit diesem Ansatz funktioniert „The Fear Index“ wunderbar.

Die Serie möchte nichts Besonderes sein und weiß um ihren Platz. Gekonnt fädelt sie sich in die Reihe der Thriller-Serien ein, beweist dabei fachmännische Erzählstruktur, ehrliche Inszenierung und in der Quint-Essenz einen wunderbaren Ansatz, der nachdenken lässt.

Die altbekannte Mär von einer Machtübernahme künstlicher Intelligenz, wird am konkreten Beispiel Wirtschaft erfragt: Was geschieht, wenn der Mensch sein Gewissen aus dem Kapitalismus zieht und ihm sich selbst überlässt? Die Serie schafft es jedenfalls, eine Vorahnung pointiert zu vermitteln. Das erzeugt zwar keine Angst, dafür aber ein wachsames Auge.

Diese Kritik basiert auf der Sichtung aller vier Folgen von „The Fear Index“.

Meine Wertung: 3,5/​5

„The Fear Index“ ist am 17. und 24. Februar ab 20:15 Uhr mit jeweils einer Doppelfolge auf Sky Atlantic zu sehen. Ab dem 17. Februar stehen die vier Episoden auch über Sky Ticket und Sky Q auf Abruf bereit.

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