Zum Start von „Der Schiffsarzt“ bei RTL: Seekrank? – Review
RTL versucht sich an eigenem „Traumschiff“
Rezension von Fabian Kurtz – 20.09.2022, 15:35 Uhr (erstmals veröffentlicht am 01.06.2022)
Diese Kritik zur Serie „Der Schiffsarzt“ wurde auf unseren Seiten im Umfeld der Streaming-Premiere der Serie bei RTL+ veröffentlicht. Am 20. und 27. September strahlt RTL die insgesamt sechs Folgen als Free-TV-Premiere jeweils ab 20:15 Uhr aus.
Wenn man sich daran erinnert, dass sich RTL im Zuge des letzten Jahres für einen Imagewechsel ausgesprochen hat und für mehr Seriosität und Qualität plädierte, so scheint das in den Redaktionen des Kölner Privatsenders wohl auf taube Ohren gestoßen zu sein. Kürte man RTL+ schon voreilig als neue Insel im Meer der Streaming-Anbieter, gehört „Der Schiffsarzt“ jedoch zu den Seelen, die es nicht an Land geschafft haben.
In der Serie vermisst der Berliner Arzt Dr. Eric Leonhard (Moritz Otto) seine unter mysteriösen Umständen verschwundene Frau. Die Spur führt ihn auf den TUI-Dampfer „Mein Schiff 3“, auf dem er als titelgebender Schiffsarzt anheuert, um das Verschwinden zu untersuchen. Dabei macht er Bekanntschaft mit der ebenso hilfsbereiten wie zwielichtigen Crew und stößt auf die devote Dankbarkeit seiner Patienten.
Seine Suche bildet eine Rahmenhandlung und soll die pathetisch aufgeblasenen, küchenphilosophischen Gespräche mit den todkranken Patienten rechtfertigen. Leonhard wird dabei als aufgepumpter Allgemeinmediziner inszeniert, der nicht nur gut aussehen, sondern auch fachsimpeln kann, wobei man Moritz Otto in seiner Darstellung nicht eine einzige Diagnose ernsthaft abnehmen kann.
Dabei ist „Der Schiffsarzt“ genau so schablonenhaft wie seine Inspirationen: Autorin Brigitte Müller vermischt die fade Spannung eines Sebastian-Fitzek-Romans mit der Blümchenästhetik des „Traumschiffs“. Heraus kommt ein lächerliches Ungetüm, das schon versunken ist, bevor überhaupt jemand „Eisberg!“ rufen konnte, und reiht sich gluckernd zu den zerschellten Wracks gut gemeinter Nachmittagsprogramme.
Auch die Darsteller, angeführt von Moritz Otto und Anna Puck, werden allesamt Opfer dieses bodenlosen Fasses und liefern peinliche, uninspirierte Leistungen ab, die fast schon kathartisch Satire und Selbstironie vermuten lassen. Leider wird mit den ernsten Gesichtern Dr. Leonhards der letzte Ansatz autoreferenzieller Komik im Keim erstickt und schnell spürt man den traurigen Fakt, dass sich „Der Schiffsarzt“ tatsächlich ernst nimmt.
Letzter auf dem sinkenden Schiff bleibt Regisseur Oliver Liliensiek, der selbst im einfachsten Fahrwasser des Boulevardfernsehens Probleme bekommt und es nicht schafft, der Schaluppe, die da unschuldig auf dem Meer der Mittelmäßigkeiten verloren geht, irgendwelchen Charakter zu verleihen.
Übrig bleibt ein armes kleines Geisterschiff, das bloß Kopie und metaphysisches Vakuum bereithält, somit überhaupt nichts bietet außer vielleicht zynisches Gelächter beim Publikum. RTL entpuppt sich damit leider erneut als Discounter für billige Fertigprodukte und „Der Schiffsarzt“ als Ballast, der hoffentlich von der Quote über Bord geworfen wird. Das wäre eine Tea-Party, die sich lohnen würde.
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten zwei Episoden von „Der Schiffsarzt“.
„Der Schiffsarzt“ wird am 2. Juni bei RTL+ veröffentlicht und zu einem späteren Zeitpunkt auch im Free-TV zu sehen sein.
Kommentare zu dieser Newsmeldung
Mobelix (geb. 1970) am
Der Doktor war noch keine 3 Minuten an Bord und war mir schon unsympathisch.
Das wurde dann im Laufe auch nicht besser. Eingeschaltet habe ich, weil Ekat Leonova, die hervorragende Tänzerin von Let's Dance im Ensemble auftaucht, und dafür tu ich mir dann den Rest wohl auch erst mal an. Ob ich es allerdings durchhalte, weiß ich noch nicht.
Direkt am Anfang läuft er einer Frau nach, und man denkt sofort, oh bitte Nein, er hat seine Frau verloren und sieht die nun in jeder die einen Zopf hat. Ist dann nicht ganz so, aber so ähnlich.
Ist ja hier schon beschrieben, um was es ihm eigentlich geht, was ich aber gerade das erste mal gelesen habe. Zumindest im ersten Teil ist Ekaterina bisher nicht aufgetaucht. Den zweiten muss ich also noch :-)
Ach und...als ich das Wort "Kapitänin" gehört habe, musste ich direkt mal "forschen".
Es gibt tatsächlich um die 1000 Kapitäne in Deutschland...und davon tatsächlich 9 (in Worten NEUN!) Frauen. Schon allein das übertrifft alle Vorstellungen das die Serie sich an der Realität orientiert. Persönlich gefreut hat es mich trotzdem. Frau Kapitänin ist schon irgendwie cool :-)Fernsehschauer am
Ich würde allen empfehlen nicht nur auf irgendwelche Kritiken zu vertrauen sondern sich selber nen Bild zu machen. Hab die Serie nicht gesehen, daher kann ich zu der Qualität von dieser Serie nichts sagen. Aber es ist in der Vergangenheit mir öfter aufgefallen dass Serien die hier gut bewertet wurden ich überhaupt nicht gut fand und Serien die hier mies weggekommen sind ich gut fand...Petri1968 am
Am Wochenende bin ich auf diese neue Serie gestossen. Ich finde sie klasse
und sehr spannend mit überraschenden Wendungen. Ich hoffe sehr, dass es
noch viele Staffeln geben wird !!!Fernsehserie (geb. 1962) am
Ich teile keineswegs die Meinung von Fabian Kurtz! Denn ich finde die Serie klasse und hoffe sehr, dass es noch einige Staffeln geben wird.stadtwiese am
Ich habe die erste Staffel gesehen und bin positiv überrascht. Hoffentlich geht die Serie weiter.
Die Folgen sind spannend, unterhaltsam und überraschend.
Beide Daumen hoch!!Petri1968 am
Eine sehr spannende neue Serie.Weiter so. Hoffe auf noch viele Folgen.
Katzendusty am
Absolute Top-Serie!! Hoffentlich mehrere Staffeln!!