„Die Geschichte eines Abends“: Auf dem Hamburger Bunker an der Feldstraße
Bild: NDR/David Diwiak
In unregelmäßigen Abständen wollen wir auf kleine TV-Perlen hinweisen, die meist an den Rändern des Programms versteckt sind und (zu) wenig Aufmerksamkeit erhalten. Heute Nacht (vom 8. auf den 9. Dezember) strahlt das NDR Fernsehen um 0:10 Uhr eine neue Folge des Formats „Die Geschichte eines Abends“ aus. Seit 2014 werden etwa zwei Episoden dieses experimentellen Anarcho-Talks jährlich gezeigt. Gastgeber Dirk Stermann (bekannt aus „Willkommen Österreich“) trifft sich darin mit vier Gästen, die auf den ersten Blick wenig gemein haben. Sie essen zusammen zu Abend, sprechen in authentischer Umgebung und Atmosphäre miteinander und machen sich anschließend auf in das Hamburger Nachtleben.
Es gibt keinen geplanten Ablaufplan. Die Sendung dokumentiert in Kinooptik, wie die Gäste tiefe Einblicke in ihre schattigen Seelen geben. Der NDR spricht von einer Nacht mit überraschenden und tiefgreifenden Einsichten, die anarchisch, lustig und manchmal todtraurig sind – „so wie ein guter Abend bei Freunden“. Dirk Stermann fungiert nicht etwa als Moderator, der typische Interview-Fragen gestellt – vielmehr gibt er Gedankenanstöße und sorgt er für eine Gesprächssituation, in der alle Gäste ihre Erfahrungen miteinander austauschen. Der Abend beginnt stets mit einem gemeinsamen Essen, danach begeben sich die Fünf auf einen nächtlichen Streifzug durch den Hamburger Kiez – Parallelen zum langjährigen arte-Format „Durch die Nacht mit …“ sind unverkennbar. Bereits die erste Ausgabe 2014 wurde für den „Grimme-Preis“ nominiert.
Der Beginn eines unvorhersehbaren AbendsNDR/David Diwiak In der heute Nacht ausgestrahlten Ausgabe treffen aufeinander: Moderatorin und Sängerin Ina Müller („Inas Nacht“), Schauspielerin Karoline Herfurth („Fack ju Göhte“), Fußballtrainer und Ex-Nationalspieler Mario Basler sowie Charakterdarsteller und Theaterschauspieler Ulrich Matthes. Gemeinsam verbringen sie einen schwülen Sommerabend auf St. Pauli in Hamburg. Es wird geredet, viel geraucht und noch mehr getrunken. Versprochen wird ein Abend wie ein Tanz auf dem Drahtseil, irgendwo zwischen hemmungslosem Rausch und schonungsloser Beichte. So gesteht Ina Müller, dass sie der Überzeugung ist, dass ihr Karriereabstieg kommen wird. Ulrich Matthes bereut nie, nach Hollywood gegangen zu sein. Und Mario Basler und Karoline Herfurth tanzen auf dem Dach des Hamburger Bunkers in die Nacht. In künstlerisch anmutenden Szenen, die zwischen die Talksequenzen geschnitten sind, werden die einzelnen Gäste auf skurrile Art näher beleuchtet.
„Die Geschichte eines Abends“ ist ehrliches, unkonventionelles und transparentes Fernsehen. Bleibt die Frage, weshalb der NDR dieses Format 1) nicht auf einem leichter auffindbaren Sendeplatz zeigt und 2) nicht mehr Ausgaben pro Jahr produzieren lässt. Es wirkt beinahe so, als wolle man diese TV-Perle nicht beschädigen und nach den wohldosierten Ausstrahlungsterminen wieder unbeschadet zurück in die Schatzkiste legen.
Glenn Riedmeier ist seit Anfang 2013 als Journalist bei fernsehserien.de tätig und dort vorrangig für den nationalen Bereich zuständig. Er schreibt News rund um das aktuelle Fernsehgeschehen und verfasst Kritiken, vor allem zu relevanten Starts aus der TV-Unterhaltung. Darüber hinaus führt er Interviews mit bekannten TV-Persönlichkeiten. Unter anderem sprach er bereits mit Bastian Pastewka, Jürgen Domian, Stephanie Stumph, Fritz Egner, Jochen Bendel, Beatrice Egli, Collien Ulmen-Fernandes, Carolin Kebekus und Torsten Sträter. Des Weiteren verfasst er zu besonderen Anlässen wie Jubiläen von TV-Sendern oder -Formaten ausführliche Rückblicke und Specials – aus einem nostalgischen und zugleich kritisch-informierten Blickwinkel. Schon seit frühester Kindheit war der 1985 geborene Münchner vom Fernsehen fasziniert. Am Wochenende stand er freiwillig früh auf, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. „Bim Bam Bino“, „Vampy“ und der „Li-La-Launebär“ waren ständige Begleiter zwischen den „Schlümpfen“, „Familie Feuerstein“ und „Bugs Bunny“. Seine Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben. Darüber hinaus begeistert er sich für Gameshows wie „Ruck Zuck“ oder „Kaum zu glauben!“ und ist mit hoher Expertise gleichzeitig Fan und kritischer Beobachter der deutschen Schlagerwelt. Auch für Realityformate wie „Big Brother“ und „Die Verräter“ hat er eine Ader – auf rein krawalliges Trash-TV kann er dagegen verzichten. Im Comedy-Bereich begeistert er sich vor allem für Sitcoms, Stand-up-Comedy und Late-Night und hält diesbezüglich auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den USA offen.
Das Format ist bisher komplett an mir vorübergegangen, aber ich habe mir die Sendung gestern - ne, heute! - angeschaut. Es sind mehr so herausgepickte Splitter von denen ich gern hier und da mehr gesehen hätte, aber das war wohl nicht das Konzept der Sendung. Gab es nicht mal eine Zeit in der das Rauchen in deutschen Produktionen unter Strafe gestellt schien und man nicht mal im Hintergrund jemand qualmen sah? Die 5 Leute dagegen müssen eine komplette Stange leergemacht haben an diesem Abend lach. Mir kam es vor als läge über allem so eine "kleine leise Traurigkeit" um es mit Gundermann auszudrücken, ich kann es nicht anders beschreiben... irgendwie so eine unterschwellige Melancholie. Aber vielleicht habe ich mich auch getäuscht.
Sveta >Mir kam es vor als läge über allem so eine "kleine leise Traurigkeit" um es mit Gundermann auszudrücken, ich kann es nicht anders beschreiben... irgendwie so eine unterschwellige Melancholie. Aber vielleicht habe ich mich auch getäuscht.>
Ich habe gerade die zweite Sendung (von hinten) duch: Es hat eine feierliche Melancholie.
Die Sendung ist grandios geschnitten und zusammen gestellt. Ich habe was von 7 Std gelesen und dann in 45 min gepackt. Respekt.