Interview mit Marco Girnth

von Ralf Döbele

Ralf Döbele
Ralf Döbele – 03.02.2011

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David Voss (Marco Girnth) und Ex-Freundin Corinna (Sarah Maria Besgen) transportieren brisante FrachtRTL/​Stefan Menne
Marco Girnth im „SOKO Leipzig“-Special „Gefangen“ZDF/​Uwe Frauendorf
„Flucht aus Santo Domingo“, „SOKO Leipzig“-Special aus dem Jahr 2006ZDF/​Alex Otero
Die Idee zu diesem ungewöhnlichen Depeschendienst stammt nicht nur von den Autoren Frank Koopmann und Roland Heep. Auch Sie selbst waren aktiv an ihrer Entwicklung beteiligt.

MG: Wir sind ja alte Buddies, sowohl der Produzent Jörg Winger, als auch die Autoren. Wir kennen uns alle mindestens seit zehn Jahren durch die Zusammenarbeit bei „SOKO Leipzig“. Dort machen wir auch relativ viele Auslandseinsätze, die dann auch etwas abenteuerlastiger oder exotischer sein können. Vor fünf Jahren waren wir mit der Serie in Santo Domingo in der Dominikanischen Republik. Dort hatten wir die Idee, diese Temperatur und Farbe in einem realistischen Abenteuerfilm einzufangen. So etwas gibt es im deutschen Fernsehen praktisch nicht. Zuerst haben dann die Autoren ihre Vorschläge gemacht, danach der Produzent. Ich war eigentlich die ganze Zeit bei der Entwicklung dabei, durfte meine Ideen mit einbringen. Es wurde mir durchaus auch das Gefühl gegeben, dass man mir auch zuhört und dann letztlich haben der Produzent und die Autoren eine Geschichte zusammengestrickt, die ich einfach großartig fand. Das dauerte vier oder fünf Jahre, wir haben uns in Berlin in regelmäßigen Abständen getroffen. Die Drehfassung entstand dann in letzter Absprache mit RTL.

Bei international gedrehten Formaten denkt man im deutschen Fernsehen normalerweise eher an seichtere Familienunterhaltung ? la „Traumschiff“.

MG: Das ist der Spagat. Wir wollten auch Familienunterhaltung sein, das Thema aber dennoch ernsthaft behandeln und trotzdem den Spaß und die Leichtigkeit dabei nicht vergessen. Die Probleme sollen aber existentiell verankert sein, sie sollen die Figuren umtreiben.

Ergibt sich diese Leichtigkeit auch durch zahlreiche Stunt-Sequenzen, die während der fünfeinhalb Wochen dauernden Dreharbeiten in Mexiko entstanden?

MG: Ja, absolut. Gleich zu Beginn geht es los mit dem Sturz von einem sechsstöckigen Haus, den wir eigentlich versuchen zu vereiteln, der dann aber trotzdem stattfindet. Es gibt jede Menge Verfolgungsszenen, Parkour-Stunts, Szenen unter Wasser, zu Pferd, auf dem LKW … Wir haben einiges abgefeuert.

Sie haben dort auch ihre eigenen Stunts durchgeführt?

MG: Bis zu einer gewissen Grenze und die ist von der Ausfallversicherung vorgegeben. Ich mache gern mit, solange wie es geht. Wenn du vom Pferd auf das eigene Auto springst, da ist die Verletzungsgefahr eben hoch. Genau in dem Moment muss gedoubelt werden. Aber das Hinreiten, Aufholen und dann den Ansatz oder das Hängen am Wagen selbst, das geht. Genau dazwischen sind dann aber die 10 Prozent, die man lieber dem Stunt-Team überlässt.

Sind auch bei „SOKO Leipzig“ weitere Auslandseinsätze geplant?

MG: Wir haben ja bereits fünf Filme im Ausland gedreht. Wir waren in Moskau, Namibia, Istanbul, Santo Domingo und London. Das hat die Serie unglaublich bereichert, auch in Sachen Figurenentwicklung. Die gewonnenen Eindrücke werden später in den „normalen“ Serienalltag der Figuren eingebracht, wodurch man die ganz anders zeichnen kann. Es sind natürlich schwierige Drehs, als Serie sind wir budgetmäßig gar nicht auf 90 Minuten eingerichtet. Für alle Seiten bedeutet dies immer eine große Anstrengung und großen Willen, das nach Vorne zu treiben. Aber wir haben das fünfmal hinbekommen und werden es auch wieder schaffen.

Für einen doppelten 90-Minüter blieb die „SOKO“ jüngst in der eigenen Heimat um das zehnjährige Jubiläum zu feiern. Jan Maibach hat in „Gefangen“ einiges durchgemacht. Werden diese Erfahrungen ihre Spuren in seiner Ehe oder in der Beziehung zum Team hinterlassen?

MG: In diesen Specials geht es den Figuren wirklich an Leib und Seele. Natürlich versuchen wir das auszunutzen. Nach dem Film in der Dominikanischen Republik („Flucht aus Santo Domingo“, 2006) hat sich der ganze Charakter von Jan unglaublich gewandelt. Ein halbes Jahr zuvor ist ihm sein Kollege Miguel (Gabriel Merz) in den Armen weggestorben. Dann ging er nach Santo Domingo um sich um Miguels Patenkind zu kümmern. Davor war Jan sehr diplomatisch, jetzt ist er entscheidungsfreudiger, aber auch fehleranfälliger. Das zeigte sich auch in dem aktuellen Special. Natürlich ist das auch für mich als Schauspieler schöner, dass Jan sich hin und wieder in Situationen reinreitet, wo er sich wieder rausziehen muss. Das Risiko und der Mut zum Fehler ist einfach deutlich gewachsen.

Das Interview führte Ralf Döbele für fernsehserien.de

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Über den Autor

Ralf Döbele ist Jahrgang 1981 und geriet schon in frühester Kindheit in den Bann von „Der Denver-Clan“, „Star Trek“ und „Aktenzeichen XY …ungelöst“. Davon hat er sich als klassisches Fernsehkind auch bis heute nicht wieder erholt. Vor allem US-Serien aus allen sieben Jahrzehnten TV-Geschichte haben es ihm angetan. Zu Ralfs Lieblingen gehören Dramaserien wie „Friday Night Lights“ oder „The West Wing“ genauso wie die Prime Time Soaps „Melrose Place“ und „Falcon Crest“, die Comedys „I Love Lucy“ und „M*A*S*H“ oder das „Law & Order“-Franchise. Aber auch deutsche Kultserien wie „Derrick“ oder „Bella Block“ finden sich in seinem DVD-Regal, das ständig aus allen Nähten platzt. Ralf ist als freier Redakteur für fernsehserien.de tätig und kümmert sich dabei hauptsächlich um tagesaktuelle News und um Specials über die Geschichte von deutschen und amerikanischen Kultformaten.

Lieblingsserien: Six Feet Under, Star Trek – Enterprise, Aktenzeichen XY … Ungelöst

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