Der SPD-Chef und Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, sorgt sich um eine ernsthafte Belastung des Verhältnisses zwischen Deutschen und Türken. Vor dem Hintergrund des dramatischen Wohnhausbrandes am Sonntag in einem Vorort von Ludwigshafen sagte Beck, dass er es nicht hinnehmen könne, dass Helfer der Polizei und Feuerwehr während des Rettungseinsatzes öffentlich angegriffen worden seien. Außerdem gäbe es keinerlei Gründe zu behaupten, die Einsatzkräfte seien zu spät am Unglücksort gewesen und hätten falsch reagiert.
„Ich kann nur zur Vernunft mahnen“, sagte Beck und forderte gestern den Südwestrundfunk auf, den für Sonntag geplanten „Tatort“ angesichts der angeheizten Stimmung zu verschieben. In der besagten Episode mit dem Titel „Schatten der Angst“ ermittelt Kommissarin Lena Odenthal alias Ulrike Folkerts ausgerechnet in Ludwigshafen und ausgerechnet im Milieu einer kriminellen türkischen Gruppierung, die in Verbindung mit einer Zwangsheirat steht.
Beck meinte, dass eine Verschiebung der Ausstrahlung aus Rücksicht auf die Sensibilität der türkischen Bevölkerung in Ludwigshafen angebracht sei. Beim SWR und in der Programmdirektion der ARD in München wird jetzt darüber beraten.
In Vorarlberg sind bei einem Brand in einem Altersheim 11 Menschen ums Leben gekommen. Wenn das ein paar Tage eher passiert wäre, hätte man dann den Wiener Opernball abgesagt ? Nur mal so gefragt.
Keine Ahnung, ob man das gemacht hätte, aber die Situation wäre auf jeden Fall eine ganz andere gewesen. Der Opernball und der Brand haben nur eine einzige Gemeinsamkeit: das Land Österreich. Hätte man also hier auf eine Ausrichtung verzichtet, wäre es bestenfalls um die Frage: "Darf man bei so viel Leid im selben Land fröhlich sein?" gegangen. Der Tatort wurde nicht verschoben, weil Krimis gucken irgendwie pietätlos gewesen wäre, sondern weil sich Schauplatz und betroffener Personenkreis (möglicherweise auch Handlung, noch hat den Film ja keiner gesehen) auf fatale Weise ähneln. Es hat für mich schon irgendwie etwas geschmackloses, sich fast zeitgleich über ein Thema zu "amüsieren" (im Sinne von "unterhalten werden"), bei dem Hunderte von direkt Betroffenen unentwegt an das gerade geschehene erinnert werden.
Und noch ein anderer Fakt unterscheidet Opernball und Tatort. Während das erste eine Liveveranstaltung ist, die man schwerlich hätte verschieben, sondern nur ausfallen lassen können, reden wir hier von einem bereits fertig gedrehten Film, der keinem verloren geht, sondern nur vier Wochen später gesendet wird. Es hat also eigentlich niemand einen Verlust (außer dem gefühlten der "Medienunabhängigkeit" und "Ehrlichkeit" von Waders und Werderaner) ...
Verstehe nicht, warum einige sich damit so schwer tuen. Ist doch schon immer soh gewesen, dass man bei solchen Situationen aus Rücksicht das Programm umgestellt hat. Warum jetzt also die Aufregung? Als im letzten Jahr in den USA an einer Uni ein Amoklauf war, hat man auch in der gleichen Woche eine Bones Folge aus dem Programm genommen, bei der auf einem Campus eine Leiche gefunden wurde. Die Folge wurde bis heute nicht gesendet.
Migge schrieb: > > In Vorarlberg sind bei einem Brand in einem Altersheim 11 > Menschen ums Leben gekommen. Wenn das ein paar Tage eher > passiert wäre, hätte man dann den Wiener Opernball abgesagt ? > Nur mal so gefragt.
Bei uns war es ja ein Brand, bei dem am nächsten Tag die einschlägigen Mitbürger angeblich schon "wussten", dass es Brandstiftung durch Neo-Nazis war.
Da haben die TV-Bosse in vorauseilendem Gehorsam schon mal den Schwanz eingekniffen und einen Rückzieher gemacht.
Migge schrieb: > > In Vorarlberg sind bei einem Brand in einem Altersheim 11 > Menschen ums Leben gekommen. Wenn das ein paar Tage eher > passiert wäre, hätte man dann den Wiener Opernball abgesagt ? > Nur mal so gefragt.
Also, nur mal so geantwortet:
Ich nehme an, oder bin mir sogar ziemlich sicher, dass der Opernball trotz des Brandes in dem Altenheim übertragen worden wäre. Abgesagt wurde der Opernball im Jahr 1991 wegen des Golfkrieges - also nicht nur nicht ausgestrahlt, sondern er hat wirklich nicht stattgefunden.
Aber ich finde, der Vergleich mit dem Brand im Vorarlberger Altenheim und der Ausstrahlung des Opernballs hinkt ein bissel.
Ein anderes - hypothetisches - Beispiel, dass dem aktuellen "Tatort-Beispiel" meiner Meinung nach näher kommt: Der Opernball findet statt und wird auch ausgestrahlt. während der Live-Übertragung passiert ein Attentat in der Oper, bei der Massenpanik ausbricht und Menschen ums Leben kommen. Am darauffolgenden Wochenende hätte der Film [url=http://de.wikipedia.org/wiki/Opernball_%281998%29]"Opernball" mit Heiner Lauterbach TV-Premiere. Also da bin ich mir ziemlich sicher, dass man die Ausstrahlung aus Pietätsgründen abgesagt/verschoben hätte ...
Das ist jetzt etwas, was Du nur sehr schwer begreifen wirst: Das Programm wurde nicht geändert, um irgendwelchen "einschlägigen Mitbürgern" (hübscher Begriff) einen Gefallen zu tun (schon gar nicht "vorauseilend" - das Unglück war bereits geschehen, falls Dir das entgangen sein sollte), sondern um die Opfer und ihre Angehörigen nicht mit einer Unterhaltungssendung zu einem ähnlichen Thema zu brüskieren. Da ist es den meisten Menschen ziemlich egal, ob diese neun Personen durch einen Neonazi-Angriff oder eine glimmende Zigarette ums Leben gekommen sind, und ob jemand Gerüchte streut oder nicht. Die meisten halten den Fall ansich einfach für bedrückend genug, um ein paar Tage auf einen Fernsehkrimi zu verzichten.
Nur Du nicht, Du "ehrliche Haut". Du hast als einziger die Verschwörung der deutschen Politik mit dem Weltislam und dem ARD-Intendanten gegen das Tatort-Publikum aufgedeckt. Bloß gut, dass wir Dich haben ...
Der Vollständigkeit halber: Brandstiftung oder gar ein fremdenfeindlicher Hintergrund kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.
Das interessiert natürlich keinen mehr. In den türkischen Medien wird das natürlich nicht mehr thematisiert. Auch eine Form der Manipualtion!
Hallo, Werderaner ! Schön dass Du das noch 'mal ansprichst. Ich wundere mich jeden Tag, wie das große Geschehen jetzt kleingehalten wird. Und dabei sind sich deutsche UND türkische Ermittler einig .
Migge schrieb: > > Hallo, Werderaner ! > Schön dass Du das noch 'mal ansprichst. > Ich wundere mich jeden Tag, wie das große Geschehen jetzt > kleingehalten wird. > Und dabei sind sich deutsche UND türkische Ermittler einig .
Ich wollte auf die Schnelle mal recherchieren, wie der Ermittlungsstand ist und musste mich schon in die Tiefen des Internets begeben, um überhaupt Verlautbarungen zu finden. Gleichzeitig kamen dann gestern aber doch mal wieder Nachrichten im TV.
In dem Zusammenhang hörte ich auch erstmals folgende unglaubliche Äußerung aus dem Pöbel, der die Arbeit der Feuerwehr behinderte: "Wären Deutsche in dem Haus gewesen, wären die mit Sicherheit alle gerettet worden!"
Ein türkischer Ex-Tischtennis-Teamkollege informierte mich, dass die Schmierenblätter und Bolewardsendungen aus seiner Heimat schlagartig das Interesse verloren hätten, als sich fremdenfeindliche Spekulationen nicht verdichteten.
Dort werde in immer stärkeren Maße fast zwanghaft hinter jedem verunglückten Türken, oder türkischstämmigen Deutschen, eine rechtsradikale Aktion vermutet!
Es ist völlig in Ordnung, wenn man einen Tatort, mit einem solchen Inhalt verschiebt. In einer solchen ohnehin schon aufgeladenen Situation solte man erst auf die Klärung der Ereignisse warten.
Nervig ist nur, dass manche Politiker meinen, sie müssen den Medien vorschreiben, was die selber genauso gut wissen, dafür brauchen wir nicht den "stärksten Mann der Welt" (*g*).
Kate schrieb: > > Nervig ist nur, dass manche Politiker meinen, sie müssen den > Medien vorschreiben, was die selber genauso gut wissen, dafür > brauchen wir nicht den "stärksten Mann der Welt" (*g*).
Damit hast Du allerdings recht. Aber Du glaubst doch nicht, dass einer wie Beck eine so schöne Chance, sich ein bisschen zu profilieren, auslässt ... :o/
Leo schrieb: > > Kate schrieb: > > > > Nervig ist nur, dass manche Politiker meinen, sie müssen den > > Medien vorschreiben, was die selber genauso gut wissen, dafür > > brauchen wir nicht den "stärksten Mann der Welt" (*g*). > > Damit hast Du allerdings recht. Aber Du glaubst doch nicht, > dass einer wie Beck eine so schöne Chance, sich ein bisschen > zu profilieren, auslässt ... :o/
Nö, da sind sich Koch und er ähnlich. Aber dafür liefert immer wieder genug Stoff für meine Lieblingssendung im Februar.
Ich finde das alles sehr fragwürdig. Die könnten (fast) jeden Tag was absetzten, wegen eines unpassenden Zeitpunkt. Das ist alles nur noch peinlich und stellt die Unabhängikeit der Medien immer mehr in Frage.
Waders schrieb: > > Ich finde das alles sehr fragwürdig. Die könnten (fast) jeden > Tag was absetzten, wegen eines unpassenden Zeitpunkt. > Das ist alles nur noch peinlich und stellt die Unabhängikeit > der Medien immer mehr in Frage. > > Gruß Waders
Das meine ich aber auch.
Momentan finden auf der ganzen Welt Kriege statt und es besteht die Gefahr, dass viele Deutsche bald in einem tödlichen Konflikt ihr Leben lassen müssen.
Darf in diesem Land z.B. ein "Rambo #?" überhaupt noch anlaufen?
Wäre ein Abenteuerfilm über eine Eisenbahnkatastrophe in der Nähe von Celle am Tag nach dem ICE-Unglück in Eschede auch in Ordnung gewesen? Oder gilt das nur, wenn die Betroffenen nur Türken sind?
Tja, Unterhaltung geht eben über alles, wir lassen uns doch von ein paar Toten nicht den Spaß am Sonntagabend-Krimi verderben, nicht?
Wären eben in Leipzig ein Dutzend Menschen bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen, hätte man einen Sodann-Tatort, in dem es um ein Attentat auf dem Leipziger Flughafen geht, ebenfalls verschoben. Und sowas findest Du peinlich? Ich finde das - so kurz nach dem eigentlichen Geschehen - taktvoll ...
Leo schrieb: > > Wären eben in Leipzig ein Dutzend Menschen bei einem > Flugzeugabsturz ums Leben gekommen, hätte man einen > Sodann-Tatort, in dem es um ein Attentat auf dem Leipziger > Flughafen geht, ebenfalls verschoben. Und sowas findest Du > peinlich? Ich finde das - so kurz nach dem eigentlichen > Geschehen - taktvoll ...
Du hast ja sooo Recht. Verzeih' meine unendliche Gefühllosigkeit ...
Und ich darf weiter ausführen: Jeder, der gelegentlich mal ein bisschen Mitgefühl zeigt, egal, ob mit einem verstorbenen Schauspieler oder einem halben Dutzend verbrannter Kleinkinder, ist ein Heuchler und "Gutmensch".
Eine "ehrliche Haut" ist nur, wem das Schicksal anderer generell zehn Meter am Allerwertesten vorbeigeht und wer das auch bei jeder sich passenden Gelegenheit lautstark zum besten gibt.
Damit ist das TV nun endgültig steuerbar geworden und ich richte mich darauf ein, dass heiße Eisen schon bald nicht mehr aufgegriffen werden ... dürfen!
Über Herrn Beck und die neuerliche Entgleisung dieser Politikerkarikatur möchte ich mich lieber nicht weiter auslassen!
Werderaner schrieb: > > > Über Herrn Beck und die neuerliche Entgleisung dieser > Politikerkarikatur möchte ich mich lieber nicht weiter > auslassen!
"Politikerkarikatur" - schönes Wort und sehr treffend. Wenn ich Kurt Beck immer so reden sehe denke ich immer der hat einen Schlüssel im Rücken den vorher einer ein paar mal umgedreht hat.
Werderaner schrieb: > > Damit ist das TV nun endgültig steuerbar geworden und ich > richte mich darauf ein, dass heiße Eisen schon bald nicht > mehr aufgegriffen werden ... dürfen!
Ich finde nicht, dass die Entscheidung, diese Tatort-Folge zu diesem Termin nicht zu senden etwas mit "keine heiße Eisen aufgreifen dürfen" zu tun hat. Das hat eher was mit Anstand zu tun. Ich sehe es ähnlich, wie damals 2004 nach der Tsunami-Katastrophe, wo die Radiostationen aus Rücksicht auf Opfer und trauernde Angehörige "Perfekte Welle" von Juli nicht mehr gespielt haben. Ok, damals gab es mehr Opfer zu beklagen, aber das kann ja nicht das ausschlaggebende Kriterium sein, um pietätvoll zu sein.
Die "heißen Eisen" dürfen doch aufgegriffen werden, nur eben zu einem anderen Zeitpunkt - in diesem Fall am 6. April.
In dieser aufgeheizten Situation und mit Rücksicht auf die Opfer und ihre Verwandten ist eine spätere Ausstrahlung wahrscheinlich wirklich das Mittel der Wahl. Auch wenn's ein blöder Zufall ist: Ausgerechnet Ludwigshafen als Schauplatz ist wirklich problematisch.
Trotzdem finde ich bedenklich, dass es offenbar keinen Tatort mehr gibt ohne Diskussionen vorher und Entschuldigungen hinterher. Vielleicht sollten wir am Sonntag abend auf die Teletubbies umsteigen.
Nur am Rande: Das weiß ich! Trotzdem ist es ein blöder Zufall, dass ausgerechnet an diesem Wochenende ein Tatort mit diesem Schauplatz und dieser Thematik geplant war.
Und selbst ohne diesen Zufall - also ohne diesen derzeit brisanten Schauplatz Ludwigshafen - wäre die Thematik nicht ganz unproblematisch gewesen. Man rechnete damit, dass es wie schon zuletzt bei dem Tatort mit Maria Furthwängler (http://www.tvforen.de/read.php?f=1&i=299697&t=299697), ähnliche Proteste geben könnte.
Laut suedkurier.de (http://www.suedkurier.de/nachrichten/panorama/boulevard/art402,3045561) begründet der SWR-Intentand Boudgoust diese Entscheidung mit Rücksichtnahme auf eine große Trauergemeinde, deren Gefühle man nicht verletzen wollte. Man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, wollte aber nicht, dass eine hervorragende Tatort-Produktion in der derzeitigen Situation mißverstanden wird.
Zuletzt betonte der Intendant noch: "Wir sind uns unserer eigenen Verantwortung bewusst und brauchen in Sachen Pietät keine Nachhilfe von der Politik."
Die Tatort-Folge "Schatten der Angst" wird am 6. April nachgeholt.
Und die Bild Zeitung meldet gerade, dass der Tatort verschoben wird. Schade und völlig unnötig, wie ich finde! Die ARD wollte wohl Diskussionen vermeiden aber die wird es nun erst recht geben, glaube ich.