Charlie’s Angels – Review

Drew Barrymores seelenlose Neuauflage – von Ralf Döbele

Ralf Döbele
Rezension von Ralf Döbele – 26.09.2011, 11:55 Uhr

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Zwei Engel teuflisch undercover: Eve (Minka Kelly) und Abby (Rachael Taylor)

Eines muss man den neuaufgelegten Engeln lassen: In den ersten fünf Minuten hat der Pilot Einiges zu bieten – wunderschöne Farben in der neuen Location Miami, elegante Action und eine effektvolle Strand-Sequenz. Leider bleiben danach noch 37 Minuten übrig. In denen fällt dann „Charlie’s Angels“ komplett auseinander. Wie diese Folge ohne Neuaufnahmen und Besetzungswechsel an den ABC-Verantwortlichen vorbeikommen konnte, ist beim besten Willen nicht nachvollziehbar. Rachael Taylor starrt die ganze Zeit leicht genervt und etwas desorientiert durch die Gegend und kann nicht einmal ihren Entsetzensschrei bei der Autoexplosion glaubwürdig rüberbringen. Immerhin bleibt Annie Ilonzeh dafür fast komplett ausdruckslos. Und Ramon Rodriguez als neuer, besserer, schönerer, metrosexuelle Bosley hätte statt seines Sixpacks lieber zunächst andere Vorzüge trainieren sollen. Seine Schauspielkunst vielleicht?

Zugegeben, das Original konnte in dieser Hinsicht nun wirklich auch nicht immer punkten, schließlich handelte es sich um eine Aaron Spelling-Serie. Aber immerhin hatten die Engel um Jaclyn Smith eine gewaltige Portion Ausstrahlung. Über die verfügt in der Neuauflage lediglich Minka Kelly als Eve, die ihre Kolleginnen in praktisch jeder Szene mühelos an die Wand spielt. Das überrascht nicht wirklich, überzeugte sie doch bereits als Lila Garrity in dem Football-Drama „Friday Night Lights“. Als Engel unter Ungleichen kann man sie hier allerdings nur bemitleiden. Zwischen den drei Mädels klickt es praktisch nie und ohne Chemie zwischen den Hauptdarstellern kann eine Serie nicht funktionieren..

Der neue Bosley (Ramon Rodriguez) – jetzt Poolparty-tauglich

Das Erschreckendste an „Charlie’s Angels“ ist nicht die Oberflächlichkeit – wer hier ein tiefgehendes Drama erwartet, ist ohnehin nicht mehr zu retten. Was aber das Ganze endgültig zum Untergang verurteilt, ist das fast vollständige Fehlen von Humor. Das Original spielte selbstbewusst mit dem eigenen Camp-Faktor und nutzte den ungelenken und knuddeligen Bosley (damals David Doyle) oftmals als Motor hierfür. Ein „Charlie’s Angels“, das sich selbst zu Ernst nimmt, kann man als Zuschauer nun wirklich nicht ernst nehmen. Selbst McG begriff dies, als der Regisseur die drei Engel als Kino-Update vor zehn Jahren an den Start schickte. Die beiden Filme waren vollkommen abgehoben, unglaubwürdig, überdreht – und machten so verdammt viel Spaß. Dass Drew Barrymore hier nicht aus ihrer eigenen Leinwand-Vergangenheit gelernt hat, ist geradezu schockierend.

Was die Filme außerdem zu bieten hatten, war ein hervorragender Soundtrack – die Neuauflage gibt sich leider mit austauschbarer Chart-Ware zufrieden, die man schon tausendmal gehört hat. Und Alfred Goughs beschworene Vermeidung jedes nostalgischen Anflugs führt dazu, dass Charlies Stimme nun aus einem aufgemotzten Sprechgerät dröhnt, das im früheren Leben vermutlich die Vulkanier in „Star Trek – Der erste Kontakt“ auf der Erde landen ließ. Dieses legendäre Accessoire im Gegensatz zur restlichen High Tech-Einrichtung der Townsend Agency unangetastet zu lassen, wäre eine simple und liebevolle Verbeugung vor dem Original gewesen – und auch eine Möglichkeit für den einen oder anderen In-Joke. Doch über soviel Gespür verfügen die Macher offensichtlich nicht. Nachdem Gloria bei der Autoexplosion stirbt, ist Abby am Boden zerstört. In Tränen wendet sie sich Kate zu: „Ich hätte nie gedacht, dass mein Herz so schmerzen könnte …“ Amen, Engelchen. Amen.
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Meine Wertung: 1/​5

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Über den Autor

Ralf Döbele ist Jahrgang 1981 und geriet schon in frühester Kindheit in den Bann von „Der Denver-Clan“, „Star Trek“ und „Aktenzeichen XY …ungelöst“. Davon hat er sich als klassisches Fernsehkind auch bis heute nicht wieder erholt. Vor allem US-Serien aus allen sieben Jahrzehnten TV-Geschichte haben es ihm angetan. Zu Ralfs Lieblingen gehören Dramaserien wie „Friday Night Lights“ oder „The West Wing“ genauso wie die Prime Time Soaps „Melrose Place“ und „Falcon Crest“, die Comedys „I Love Lucy“ und „M*A*S*H“ oder das „Law & Order“-Franchise. Aber auch deutsche Kultserien wie „Derrick“ oder „Bella Block“ finden sich in seinem DVD-Regal, das ständig aus allen Nähten platzt. Ralf ist als freier Redakteur für fernsehserien.de tätig und kümmert sich dabei hauptsächlich um tagesaktuelle News und um Specials über die Geschichte von deutschen und amerikanischen Kultformaten.

Lieblingsserien: Six Feet Under, Star Trek – Enterprise, Aktenzeichen XY … Ungelöst

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