„MacGyver“-Star Lucas Till wirft düsteres Licht auf gefeuerten Peter Lenkov

Frühere Beschwerde spricht von „Beschimpfungen, Bullying und Body-Shaming“

Bernd Krannich
Bernd Krannich – 21.07.2020, 12:09 Uhr

Lucas Till als „MacGyver“ – Bild: 2016 CBS Broadcasting, Inc. All Rights Reserved
Lucas Till als „MacGyver“

Vor zwei Wochen hat ViacomCBS und CBS TV Studios die Zusammenarbeit mit dem erfolgreichen Produzenten Peter Lenkov nach der internen Untersuchung von Vorwürfen über die Schaffung eines toxischen Arbeitsklimas beendet. Zuvor war der Produzent ein Träger des Erfolgs für das Studio und hatte Reboots von „Hawaii Five-0“, „MacGyver“ und „Magnum P.I.“ gestartet und produziert. Ein neuer Bericht von Vanity Fair hat Interviews mit mehreren Beteiligten zusammengefasst.

Der Bericht stellt ins Zentrum, dass „Hollywood“ und die TV-Industrie ein stressiger Arbeitsplatz sind, in dem Gemüter immer wieder hochkochen können, berufliche Gespräche laut und erhitzt werden können. Und dass es verhältnismäßig einfach ist, sexuelle Belästigung – ob körperlich oder verbal – zu definieren. Schwieriger zu bewerten sind aber andere Formen unangemessenen Verhaltens. Wie eben das Schaffen eines Arbeitsumfelds, das toxisch ist und Kollegen und Mitarbeiter psychisch krank machen kann, dazu führen kann, dass sich Angestellte nicht mehr sicher fühlen können.

Eine erste Stimme im Artikel ist Produzentin Sarah Goldfinger. Sie schloss sich nach der Bestellung „Hawaii Five-0“ an. Ihr Vertrag umfasste die anfänglich bewilligten 13 Folgen der Serie, wo sie untergeordnet Lenkovs rechte Hand beim Führen des Autorenstabs („Writers Room“) sein sollte. Sie berichtet davon, dass Lenkov auf eine leicht kritische Nachfrage zu einer Figur bereits am zweiten Arbeitstag deutlich gemacht habe, dass wenn ihr die Arbeit nicht passe, sie gehen könne – ohne echten Anlass habe er ihren Arbeitsplatz bedroht. Und dass Lenkov sie häufig auf ihrer 50-minütigen Heimfahrt telefonisch mit Schimpftiraden überzog, die sich auch fortsetzten, nachdem sie zu Hause angekommen war – da sie das nicht mit in ihre Wohnung nehmen wollte, verblieb sie solange auf dem Parkplatz. Die Schimpftiraden seien häufig allgemein und und nicht auf irgendwelche konkreten Problemlösungen bezogen. Man kann sich vorstellen, dass nachdem der Job wegen einer Nichtigkeit bereits bedroht worden war, man kaum in der Situation ist, seinen Chef auf sein unangemessenes Verhalten hinzuweisen. Nach den ursprünglichen 13 Folgen gab Goldfinger den Job auf.

Noch düsterer beschreibt „MacGyver“-Darsteller Lucas Till die Situation. Zwar habe es auch friedliche Phasen gegeben, aber er habe von Lenkov Beschimpfungen, Bullying und Body-Shaming erdulden müssen, die seine psychische Gesundheit massiv geschädigt haben. Till geht sogar so weit zu sagen, dass er während der ersten Staffel Selbstmordgedanken gehabt habe.

Generell sei Lenkov nicht häufig bei den Dreharbeiten zugegen gewesen, sei durch seinen Umgang mit den Produzenten aber auch für den Ton am Set verantwortlich gewesen. (Zur Einordnung: Lenkov hatte zuletzt „Hawaii Five-0“ und „Magnum P.I.“ produziert, die beide auf Hawaii gedreht wurden, und „MacGyver“, das in Atlanta entsteht – während Drehbuchautoren von Dramaserien meist von Los Angeles aus arbeiten.)

Dem Bericht zufolge hatte sich Till im ersten Jahr der Serie an CBS-Verantwortliche gewandt und später in diesem Jahr erneut – letzteres war zu einer Zeit, wo die Untersuchung von Lenkovs Führungsstil durch die Personalabteilung von CBS TV Studios schon begonnen hatte. Darin ging es auch darum, wie Lenkov mit „MacGyver“-Darstellerin Meredith Eaton umgegangen war.

Vanity Fair zitiert aus Tills Schreiben an die Personalabteilung über das Body-Shaming. In einer Situation, wo Till eine Szene in einem Krankenhaus-Hemdchen drehte, habe sich Lenkov zur Belustigung anderer Produzenten ausführlich über Tills hässliche (fucking hideous) Beinchen lustig gemacht, die man nie wieder in der Serie zeigen dürfe. Oder den Regisseur einer Folge angeschrien, da Lenkovs Meinung nach Till in einer Szene sehr jungenhaft ausgesehen habe – Till beleuchtet, dass er Probleme damit habe, eine massive Figur (man body) aufzubauen, da die Arbeitsanforderungen mit unregelmäßigen Zeitplänen ein Bodybuilding mit regelmäßigem Training und dazugehöriger Ernährung oft durchkreuzten.

Daneben berichtet Vanity Fair davon, dass Darstellerin Meredith Eaton nach der zweiten Staffel einen schwerwiegenden Eingriff an der Hüfte hatte. Lenkov habe sie in der Rehabilitationsphase beständig mit Mails und Anrufen bedrängt, ihm ein festes Datum zu geben, wann sie wieder einsatzbereit wäre. Als die Dreharbeiten zur dritten Staffel anstanden, informierte Eaton demnach über den Stand ihrer Gesundheit und bat um Berücksichtigung ihrer eingeschränkten Fitness bei den Dreharbeiten – im Gegensatz dazu stand, dass Eaton bereits bei den Dreharbeiten zum Staffelauftakt mehrere Stunden lang stehen musste. Eine anonyme, aber bei diesen Dreharbeiten anwesende Quelle von Vanity Fair kommentiert: Es war entsetzlich. Sie musste [vor Schmerzen] weinen. Es war schon schwer, das mit ansehen zu müssen.

Insgesamt hat Vanity Fair für seinen Artikel mehr als 30 Statements – manche anonym, manche namentlich, manche Zitate aus schriftlichen Dokumenten – zusammengetragen. Einige Betroffene lehnten es ab, für den Artikel Kommentare abzugeben – darunter Eaton. Diverse Quellen bestätigen, dass die Serien von Lenkov einen sehr hohen Personalwechsel hatten.

Lenkov gab über seinen Anwalt zu den meisten Statements und den enthaltenen Vorwürfen Kommentare ab, die die Vorwürfe abstreiten. Insbesondere den Vorwurf des Body-Shamings gegenüber Lucas Till (100 Prozent falsch und unwahr). Zur Eaton-Situation kommentierte der Anwalt, dass Lenkov die Sache nochmal durchleuchten habe lassen und demnach nie einen Wunsch von Eaton zur Rücksichtnahme erhalten habe.

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Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • (geb. 1983) am

    Was mich angeht, sieht das Ganze doch so aus:

    1. Offensichtlich, sind die Menschen in fast allen Bereichen offensichtlich etwas sehr "überempfindlich" geworden.
    2. Wenn, die Arbeitsbedingungen tatsächlich, derart beschissen sind, dann liegt das klar in der Verantwortlchkeit der Produzenten!

    Natürlich ist es richtig, dass bei der Film und Fernsehbranche eine Menge gearbeitet werden muss! Aber das muss ja im Umkehrschluss nicht zwingend heißen, dass alle Leute jeden Tag 12 oder noch mehr Stunden arbeiten! Mir kann niemand erzählen, dass man die Arbeit, oder besser das Pensum nicht organiseren kann, dass man die Belastung auf ein erträgliches Maß reduzieren kann! Der Gesundheitsschutz, sollte jedenfalls Priorität haben.

    Ich frage mich ganze ehrlich, wozu Schauspieler, Drehbuchautoren und andere Berufe beim Film, eigene Gewerkschaften haben wenn, die offensichtlich für den Arsch sind. ;( Denn, würden diese Organisationen ihre Arbeit ordentlich machen, dann dürfte es so was gar nicht geben. Es ist wie überall, der Fisch stinkt vom Kopf her. Heute zählt nur noch Quantität nicht mehr Qualiät.

    Ich frage hier einmal ganz frank, wie man sich hier vorstellt, dass eine einzelne Person, gleichzeitig DREI Fernsehproduktionen gleichzeitig überwacht?! Das ist schlicht menschenunmöglich.

    Außerdem, ist ja so, dass nicht nur Schauspieler ersetzbar sind. Nein! Das gilt auch für Produzenten. :p Was man natürlich auch nicht vergessen darf:

    Es gibt ja in der Branche, auch die Unsitte, sich mittels falscher Behauptungen, ins Rampenlicht zu rücken. Oder noch genauer: Es ist ja kein Zufall, dass man mit Hilfe der KLAGEINDUSTRIE schaffen kann, reich zu werden!! Es reicht ja leider schon, dass man nur die begründete Annahme zu haben braucht, dass es ein wie auch immer geartetes Fehlverhalten gegeben hat bzw. gegeben haben könnte, um sich per Vergleich nicht unerhebliche Geldsummen zu verschaffen.

    Was natürlich den wirklichen Opfern von Verbrechen oder Fehlverhalten nicht gerade leichter macht. Nun man wird sehen, was die Gerichte daraus machen.
    • (geb. 1966) am

      "Mir kann niemand erzählen, dass man die Arbeit, oder besser das Pensum nicht organiseren kann, ..."
      Da muss ich die korrigieren. Selbst in Deutschland (und da ist es noch humaner als in den USA) sind 12 bis 14 Stunden pro Drehtag und 6 Tage pro Drehwoche völlig üblich. Dabei muss jeder Beteiligte vom Komparsen bis zum Hauptdarsteller die ganze Zeit über vor Ort sein. Zumindest bis der entsprechende Part komplett abgedreht ist. Alle Beteiligten werden nach Drehtagen bezahlt. Die Auftraggeber (i.d.R. die Sender) haben aufgrund ihres eigenen Kostendrucks in den letzten 10 Jahren die Anzahl der Drehtage pro Sendung reduziert. Da die Arbeit im wesentlichen gleich geblieben ist, stieg die Stundenbelastung pro Tag. Hinzu kommt, dass es immer schwieriger wird alle Beteiligten für eine Zeit X zusammenzubringen. Um leben zu können müssen Schauspieler heute in mehreren Projekten tätig sein, was die Terminfindung oft schwierig macht. Das Durchschnittseinkommen deutscher Schauspieler liegt unter 30.000 Euro pro Jahr. Und das als Selbständige, die ihre Krankenversicherung und Altersvorsorge selbst bezahlen sowie Rücklagen für Zeiten ohne Arbeit selbst bilden müssen.
      Das wiederum macht einen vorsichtig mit Kritik an Arbeitsbedingungen. Zu schnell gilt man als schwierig und wird nicht mehr engagiert. Oder man verliert seinen Butter- und Brot-Job in einer Serie.
      Gerade Meredith Eaton hat als kleinwüchsige Frau sicher auch nicht so große Auswahl an Angeboten.
      Im Übrigen ist die Filmbranche bekannt für ihre RIALOS in der Chefetage. Der Erfolg, das Geld und die Macht machen oft genug aus Menschen Unmenschen.
  • (geb. 1976) am

    Ganz ehrlich, heute sind alle nur noch Mimosen.
    Diese "Stars" glauben doch alles müsste sich nach Ihnen richten.

    auch Produzenten und andere Verantwortliche haben Termine die eingehalten werden MÜSSEN.
    Wenn jemand aus gesundheitlichen Gründen nicht kann, muss er aussetzen oder die Serie verlassen - Punkt!

    Genau wie die Ausführungen dieser Goldfinger, wenn ich für jeden Scheiß den ich mir von meinem Chef bisher anhören musste, so ein Fass aufmachen würde, käme ich nicht mehr zum Arbeiten. Meine Güte, er ist ihr Vorgesetzter und hat auch an so einem Set gibt es ganz klare Strukturen wer wem was zu sagen hat bzw. darf.
    Wenn Sie mit Arbeitsanweisungen und Befehlen nicht zurecht kommt, muss sie sich einen Millionär suchen und aushalten lassen.
    • (geb. 1973) am

      Man macht als Chef seine Mitarbeiter aber nicht Dumm an, und belästigt sie nach Feierabend mit Schmipftiraden
  • (geb. 1991) am

    "Es war entsetzlich. Sie musste [vor Schmerzen] weinen. Es war schon schwer, das mit ansehen zu müssen."

    Genau das ist das Problem. Warum hat sich jeder das angesehen und niemand etwas getan? Gerade der Hauptdarsteller hat eine gewisse Macht. Hätten alle gesagt sie drehen nicht mehr bis er verschwunden ist, was hätte der Sender gemacht? Wohl kaum die ganze Serie umbesetzt oder sogar eingestellt. Genau wie bei der Kirche, wo man gewisse Mitarbeiter immer wieder verstetzt hat, hätte der Sender einen Stellvertreter anheuern können während Lenkov von zuhause aus arbeitet bis alle Anschuldigungen untersucht wurden.
    Denn das es Zeit braucht diese Anschuldigungen zu untersuchen kann ich verstehen, wenn aber mehrere Leute von verschiedenen Drehorten und Serien das selbe behaupten, steht der Sender ja auf sicheren Beinen wenn sie gegen Lenkov Schritte unternehmen.
    • (geb. 1981) am

      Dieser Beitrag wurde redaktionell entfernt.
      • (geb. 1966) am

        @pirol81: Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Klappe halten!

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