Jürgen Flieges TV-Seelsorge: Abzocke oder aufgebauschter Wirbel? (Update)

‚BILD‘ empört sich über Help-TV

Mario Müller
Mario Müller – 28.07.2007

Immer drauf! Diesmal haut die „BILD“-Zeitung mit ihrem Empörungshammer mal wieder auf TV-Pfarrer Jürgen Fliege. Dieser moderiert seit ein paar Monaten im Spartensender „HelpTV“ (digital und unverschlüsselt über Astra) eine Sendung, bei der Zuschauer per Post, Internet oder Telefon loswerden können, was Ihnen auf dem Herzen liegt.

„BILD“ wirft Fliege vor, mit seinem prominenten Namen Hilfesuchende in eine Telefonkostenfalle zu locken. Unfassbare 50 Cent müsse man pro Anruf zahlen (nicht pro Minute), um dann noch nicht mal zu Fliege direkt durchgestellt oder von ihm zurückgerufen zu werden. Stattdessen könne man lediglich seinen Namen und sein Anliegen auf einem Band hinterlassen und hoffen, dass sich die Redaktion der Sache annimmt. Das ist aber völlig normal, bei „Domian“ im WDR kann auch nicht jeder Anrufer direkt zu Jürgen Domian durchgestellt werden. Das widerspricht den Gesetzen von Raum und Zeit.

„BILD“ bemängelt außerdem, dass Fliege selbst nur sechs Stunden pro Woche auf Sendung sei, nämlich sonntags von 11.30 bis 17:30 Uhr, und nur in dieser Zeit persönlich Fragen beantworte. Ein kurzer Blick auf die Homepage von HelpTV genügt jedoch, um „BILD“ erneut mangelhafte Recherche vorzuwerfen. Fliege ist zusätzlich montags bis freitags zwischen 15.45 und 16:00 Uhr auf Sendung und kümmert sich „um die Sorgen und Nöte seiner Zuschauer: er spricht mit ihnen am Telefon und beantwortet im Studio ihre Briefe.“

Rückendeckung holt sich „BILD“ von Theo Wolsing von der Verbraucherschutzzentrale NRW: „Anbieter wie Fliege nutzen kostenpflichtige Hotlines, bei denen nicht nachvollziehbar ist, ob die Anrufer auch wirklich Kontakt zu den gewünschten Gesprächspartnern erhalten. Wir beobachten diese Sendung, warnen vor der Schuldenfalle. Gerade alte Menschen verstehen das System oft nicht.“

Alte Menschen kaufen auch regelmäßig überteuerte Heizdecken auf Kaffeefahrten oder lassen sich per Telefon bei ASTRO TV die Karten legen (ab € 1,65 pro Minute). Spannende, brandneue Themen, denen „BILD“ unbedingt mal nachgehen sollte.

Dass die Zeitung Fliege in ihrem Artikel auch noch um ein Jahr älter macht (61 statt 60 Jahre), sei nur am Rande erwähnt. Ebenso, dass „BILD“ in jeder Ausgabe ein Kreuzworträtselgewinnspiel abdruckt, bei dem man nur unter einer kostenpflichtigen Telefonnummer (50 Cent pro Anruf) oder per Postkarte (45 Cent) teilnehmen kann, anstatt z.B. auch gratis per E-Mail.

Update (28.7.2007, Mario Müller)

Inzwischen gibt es auch eine Stellungnahme von HelpTV und Jürgen Fliege, in welcher der Moderator den ‚BILD‘-Artikel als „grob irreführend“ bezeichnet: „Meine Redaktion ruft wirklich jeden Anrufer zurück, bei dem dies möglich ist. Mit großem Engagement und selbstverständlich auf unsere Kosten beraten wir so unsere Zuschauer auch außerhalb der Sendungen!“

HelpTV erklärte, dass lediglich beim Erstanruf Kosten von maximal 50 Cent entstehen würden und die Rückrufe der Redaktion und die Gespräche mit Jürgen Fliege in der Sendung für die Zuschauer dann kostenlos seien. Man weise in den Sendungen ausdrücklich auf die Kosten hin und es habe bisher auch keine Beschwerden von Zuschauern, Anrufern oder Verbraucherschutzorganisationen gegeben.

Trotzdem hat sich der Sender jetzt entschlossen, ab sofort eine neue Nummer für die Sendungen mit Jürgen Fliege zu schalten, bei der nur noch 14 Cent aus dem deutschen Festnetz zu zahlen sind. Um die Kosten auszugleichen, werde man im Umfeld der Sendungen mit Jürgen Fliege verstärkt auf Werbung setzen.

In ‚BILD‘ erwähnte Testanrufe, mit denen man nachweisen wollte, dass Fliege für die Zuschauer nicht erreichbar sei, konnte HelpTV anhand eines technischen Protokolls auswerten. Wunschliste.de liegt eine Kopie davon vor. Es zeigt 3 ungewöhnlich kurze Anrufe mit einer Dauer von 1,8 bis 3,3 Sekunden, bei denen weder Name noch Nummer hinterlassen wurden, sodass nur aufgrund der automatischen Rufnummernübermittlung festgestellt werden konnte, dass die Anrufe aus der Hamburger ‚BILD‘-Zentrale stammten.

Bei einem 4. Anruf schließlich hinterließ ein Redakteur eine Handynummer und eine Rückrufbitte, der man bei HelpTV auch nachkommen möchte. „Wie bei jedem anderen Anrufer, werden wir in den nächsten Tagen versuchen, unter dieser Nummer jemanden zu erreichen“, stellt Jürgen Fliege klar, „auch dann, wenn es sich um einen ‚BILD‘-Testanruf gehandelt hat.“

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