25 Jahre Nickelodeon – Paddy Kroetz: „Nickelodeon war ein Miteinander ohne die für die Medienbranche typischen Egos!“

Interview über Karrierestart, große Spielwiese und dramatisches Ende

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 08.07.2020, 09:00 Uhr

Paddy Kroetz – damals und heute – Bild: Nickelodeon/Paddy Kroetz
Paddy Kroetz – damals und heute

Paddy Kroetz absolvierte 1997 bei Nickelodeon ein Volontariat und startete seine Moderationskarriere bei dem Kindersender. Obwohl er nur knapp ein Jahr für den Kanal arbeiten konnte, bevor der Sendebetrieb eingestellt wurde, sagt er, dass es für ihn die prägendste Zeit überhaupt war.

Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums von Nickelodeon in Deutschland sprach fernsehserien.de-Redakteur Glenn Riedmeier ausführlich mit der einen Hälfte von „retro-tv“. Der spätere Super RTL-Moderator erläutert, wie er zu Nickelodeon gekommen ist und weshalb die Arbeitsatmosphäre dort „viel geiler“ war. Er gibt Anekdoten zum Besten, die er während „Paddy auf Achse“ erlebt hat, und führt aus, an welche schönen Momente er heute noch gerne zurückdenkt. Ausführlich spricht er auch darüber, wie er vom plötzlichen Aus des Senders erfahren hat und weshalb dadurch für ihn eine Welt zusammengebrochen ist.

fernsehserien.de: Lieber Paddy, wann und wie bist du zu Nickelodeon gekommen?

Paddy Kroetz: Ich habe damals meine „extrem.shitzophren“-Home-TV-Show gedreht. Alle zwei, drei Monate habe ich eine halbe Stunde produziert, mit Sketchen und auch mit Interviews mit Prominenten. Es war damals gar nicht so leicht, an Interviews ohne Internet und vor allem ohne einen ausstrahlenden Sender zu kommen. Das Material habe ich immer wieder an alle möglichen Sender geschickt – vor allem an jene, die in der Nähe waren. Irgendwann habe ich mitbekommen, dass es in Düsseldorf einen neuen Kindersender namens Nickelodeon gibt. Der konnte anfangs noch gar nicht in ganz Deutschland gesehen werden, aber ich hatte das Glück, ihn schon empfangen zu können. So habe ich mir auch schon mal ein Bild von den Moderatoren machen können. Ich habe dann einfach dort angerufen und gefragt, ob ich Interviews für meine Home-TV-Show machen könnte. Der Mensch an der anderen Leitung dachte, dass ich ein Kind wäre. Er hat mich eingeladen und gesagt, dass ich einfach mal vorbeikommen könne. Also bin ich mit einem alten Heimatfreund am 4. April 1996 nach Düsseldorf gefahren. Entsprechend überrascht war er dann, als ich dort ankam und sah, dass ich kein Kind, sondern schon 17 war. Aber es war dann alles total easy und entspannt. Ich durfte mich dort aufhalten und nacheinander die Moderatoren interviewen. Das waren Matthias Keller, Ute Soldierer und Ralf Kühler. An diesem Tag habe ich auch noch ein paar andere Nickelodeon-Mitarbeiter kennengelernt.

Paddy interviewte Moderatorin Ute Soldierer, als er bei Nickelodeon zu Gast war Paddy Kroetz

Wie ging es dann weiter?

Paddy Kroetz: Jetzt wird es etwas komplex: Gaby Justen, die damalige Redaktionsleiterin für Eigenproduktionen, hat ein VHS-Tape von mir angeschaut, mit den Interviews, die ich am 4. April 1996 vor Ort gedreht hatte. In dem Moment kam gerade Martin Müller-Karera, der Herstellungsleiter von Nickelodeon, zu ihr ins Büro und hat sie gefragt: Hey, was ist das denn für ein Typ? Er hat mich danach angerufen. Das war zwei, drei Monate nach meinem Tag vor Ort. Er wollte mich für eine besondere Geschichte engagieren: Eine Familie hatte bei einem Preisausschreiben eine Reise in die Nickelodeon Studios in den USA gewonnen. Als er und Michael Verweyen, der damalige Produktionsleiter, die Familie in Köln-Mülheim kennenlernten, um die Einzelheiten abzusprechen, dachten die sich: Das sind die Fussbroichs hoch Zehn! Mit denen müssen wir was drehen. Für diesen Job wurde ich dann im Sommer 1996 verpflichtet – das war allerdings nur für interne Zwecke und nicht für eine Ausstrahlung im Fernsehen. Ich habe die Familie zweimal interviewt, bei der Abreise und bei der Ankunft. Ich habe noch mehr als üblich gestottert, das hat aber perfekt in das skurrile und obskure Gesamtpaket gepasst (lacht)!

Das ist ja wirklich ein ganz verrückter Einstieg für dich gewesen.

Paddys Autogrammkarte bei Nickeodeon Nickelodeon

Paddy Kroetz: Ja, und danach haben sich Martin und Michael weiterhin extrem für mich eingesetzt, was wirklich selten und unüblich in der kalten Medienbranche ist. Martin gab mir seine Zusage, dass ich für Nick als Reporter arbeiten und sogar noch ein Volontariat hinter der Kamera absolvieren könnte. Es war ein Reporter-Magazin geplant, was von der Firma MME in Hürth produziert werden sollte. Während ich meine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann bei der Firma Krug im hessischen Breidenbach hinschmiss und auf Wohnungssuche in Hürth war, wurde das Magazin gecancelt, weil doch nicht so viel Geld da war. Mein Job war in Gefahr und nur durch den Einsatz von Martin konnte ich dann doch noch bei Nick anfangen. Das hab ich aber erst nach dem Ende im Mai 1998 erfahren. Martin wollte nicht, dass ich denke, ich sei ihm was schuldig. Das ist echte Größe! Ich bekam einfach einen Anruf von Martin, der mir mitteilte dass das Magazin abgesagt ist und ich jetzt direkt beim Sender anstatt bei der Produktionsfirma anfangen soll. Eine Wohnung hatte er auch schon besorgt. Klaro, dass ich ihm weinend in die Arme gefallen bin, als ich die ganze Story am Tag der Schließung von Nick erfahren habe. Ich bin immer noch ganz gerührt, wenn ich daran denke. Von solch emotionalen und schönen Geschichten konnte ich in den letzten Jahren bei TOGGO /​ Super RTL nur träumen. In diesem Gurkenverein weht ein ganz anderer Wind, das kann ich euch sagen.

Abgefahren, wie sich Dinge manchmal ergeben! Wie war es dann für dich, bei Nickelodeon zu arbeiten? Wie war die allgemeine Stimmung?

Nickelodeon-Programmschema vom Wochenende im Mai 1998 Hörzu/​Mai 1998

Paddy Kroetz: Der Sender war ja im Prinzip arm und Offener Kanal plus. Aber das Geile daran war, dass es eine unglaublich große Spielwiese war. Es war total familiär und man hat uns wirklich freie Hand gelassen. Es gab noch nicht diese komplizierten Entscheidungsprozesse, wo zig Leute mitquatschen. Man hat einfach gemacht und es anschließend seinem Vorgesetzten gezeigt. Der fand das auch meistens cool. Ich habe für meine Beiträge Punkrock-Musik im Hintergrund verwendet (meist von Bands wie NOFX, No Fun at all oder Millencolin). Der Programmdirektor meinte zwar: Ich mag deine echt Beiträge gerne, aber diese Musik … Aber er hat eben nicht verlangt, dass ich die Musik austausche oder etwas an den Beiträgen verändere. Er hat mich machen lassen. Das hat sich für mich auch nicht nach Arbeit angefühlt, sondern eher nach einer riesigen Party. Ich habe gesagt: Leute, ihr bezahlt mich für etwas, was mir gigantischen Spaß macht! Wenn der Mensch nicht schlafen müsste, würde ich 24 Stunden arbeiten! Nickelodeon war ein Miteinander ohne die für die Medienbranche typischen Egos, ein absoluter Traum!

Auf der nächsten Seite erläutert Paddy Kroetz, weshalb für ihn die Arbeitsatmosphäre bei Nickelodeon „viel geiler“ als später bei Super RTL war. Außerdem gibt er Anekdoten zum Besten, die er während „Paddy auf Achse“ erlebt hat, und führt aus, an welche schönen Momente er heute noch gerne zurückdenkt.

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