Humorvolle TV-Werbespots sind kontraproduktiv
Eine Untersuchung offenbart simple Erfolgsrezepte
Michael Brandes – 26.05.2010

Wer sich schon immer mal gefragt hat, warum deutsche Werbespots oft so humorlos erscheinen, findet möglicherweise die Antwort in einer Studie des ProSieben-Sat.1-Vermarkters SevenOne Media. Untersucht wurde, wie sich die Spotgestaltung auf die Kaufbereitschaft auswirkt. Das Ergebnis: Humorvolle Spots sind eher kontraproduktiv. Die Erfolgsrezepte sind dagegen viel simpler: Der Konsument möchte gern direkt angesprochen werden, das Produkt muss möglichst oft im Bild sein und der Produktname mehrfach erwähnt werden.
Für die gemeinsam mit dem Nürnberger Institut ‚psyma‘ durchgeführte Untersuchung wurden 332 TV-Spots getestet. Jeweils 100 Probanden im Alter von 14 bis 49 Jahren wurde eine Programmstrecke des ProSieben-Magazins „Galileo“ vorgeführt, die von einem vierminütigem Werbeblock mit zehn Spots unterbrochen wurde. Anschließend wurden die Teilnehmer zu der Sendung und der Werbung befragt.
Kreative Spots wurden von den Testpersonen zwar durchaus gewürdigt, allerdings sollte der Fernsehzuschauer möglichst nicht zum Lachen gebracht werden: Während alle geprüften Spots ein durchschnittliches Kaufinteresse von 56 Prozent wecken, signalisieren bei den Spots, die als sehr humorvoll eingestuft wurden, lediglich 41 Prozent der Testgucker Kaufbereitschaft. Bei Spots, in denen das Produkt mehrfach zu sehen ist, können sich 57 Prozent vorstellen, das beworbene Produkt anschließend zu kaufen. Wird das Produkt nur am Anfang oder am Ende gezeigt, liegt die Kaufbereitschaft dagegen lediglich bei 47 bzw. 46 Prozent. Neben dieser „kontinuierlichen Produktpräsenz“ wirken laut Untersuchung auch die häufige Nennung der Marke und die direkte Ansprache der Konsumenten verstärkend.
Ein Musterbeispiel für effektive Werbung ist demnach der Spot eines bekannten Herstellers von Milchprodukten. Darin verzehren Vater und Sohn sichtlich genussvoll einen Sahnepudding, während die Kamera auf das cremige Objekt der Begierde zoomt. Ein Spot, der sicher keinen Originalitätspreis gewinnt. Allerdings wollten 84 Prozent der Testpersonen danach gleich bei Vater und Sohn mitlöffeln.
Kommentare zu dieser Newsmeldung
beiderbecke am via tvforen.de
Hat man eigentlich auch mal den Nerv- oder Störfaktor getestet?
Wenn zum Beispiel beim F1-Rennen ein einziger alleinstehender Spot kommt, auch wenn er nur 15 sek lang ist, dann behalte ich den gut in Erinnerung - allerdings negativ, und ich bin erstmal sauer (in diesem Fall auf die Postbank).LouZipher am via tvforen.de
Ja, auch ich meide die (zumindest) nervigst-aggressiv beworbenen Produkte. Kotzpisser äh Köstritzer wäre so eins, wäre ich Biertrinker; und wenns das letzte Bier auf Erden wäre - dann würde ich zum Weintrinker mutieren.
Es ist aber noch etwas, was nervt. Die allgemein hyperaktiv/hektische rt und Weise der Sprecher und teilweise der Bildfolgen. Bei 3 Bildern pro Sekunde und einem 1-Minuten-Text in 10 Sekunden gequetscht könnte ich __________________Roy Kabel am via tvforen.de
Die nervigen Werbespots sind noch kontraproduktiver.
Bei einer lustigen Sache behalte ich mir das Produkt mitunter, bei den nervigen Spots
grundsätzlich nie.Wetterauer Weltbilder am via tvforen.de
Natürlich geht es bei dieser "Studie" ums Geschäft. Und das Geschäft wird sich immer noch lohnen für die Werbefuzzis -- besonders für deren eigenes.
Wie einige meiner Vorschreiber halte ich mich für werberesistent -- oder noch mehr: Ich bestätige die These, dass Werbung häufig einen kontraproduktiven Charakter haben kann. Ein Saitenbacher-Müsli (Rechtschreibung?) würde ich schon deshalb nicht kaufen, weil mich der schwäbische Sack bereits morgens im Radio mit seinen peinlich aufgesetzten Wiederholungen des Namens zumüllt. Da sträubt sich in mir alles, so einen Blödmann noch zu unterstützen.
Dass es trotzdem eine grössere Gruppe Menschen gibt, die auf Werbung mit Konsum reagieren, will ich nicht bestreiten. Und das wundert mich nicht bei dem Angebot, das viele Fernsehanstalten liefern: Niveaulosestes Geseiere unterbrochen mit schwachsinniger Werbung zu jeder Tageszeit -- dafür gibt es ein Publikum.
Die Vermutung, dass in der Werbebranche trotzdem viele Dünnbrettbohrer beschäftigt sind, findet Nahrung in der Erwähnung der Gruppe der 14 bis 49jährigen: Es ist seit langem bekannt, dass diese "werberelevante Gruppe" eine dummerhafte Erfindung ist, die mit Kaufkraft nichts zu tun hat.
-Frank
PS. Wie bescheuert Werbung sein kann, zeigen auch die Banner hier im Forum: Oben und rechts flackert und zackert es momentan so heftig, so dass ich mich nicht auf die Beiträge konzentrieren kann und genervt bin. Mein Werbeblocker filtert das leider nicht im Firefox -- aber mit zoome ich den Bildschirm soweit, dass ich den Mist nicht mehr sehen muss.
LouZipher am via tvforen.de
Ja, und fragt man die Sender: neeeeeeiiiiiin, der ist nicht lauter, das wirke nur so wegen des komprimierten Tonformats.
Klar, wir sind nicht nur doof, wir sind wohl saudoof, wenn wir DAS glauben sollen ... es mag ja sogar sein, daß das, was sonst auf 5-7 Kanäle verteilt wird, dort auf 2 gequetscht wird, und es ist trotzdem unangenehm laut. Zu allen Überfluß ist die Werbung allgemein aufdringlich laut, hektisch und ... einfach nur nervtötend.Anonymer Teilnehmer am via tvforen.de
Stimmt genau, was aber wiederrum zum sofortigem "Zappreflex" führt, so krieg ich nur einen Bruchteil der Werbung mit, ob das im Sinne der "Macher" ist wag ich zu bezweifeln....
Gruss/HukLobotoyour am via tvforen.de
Das mit der Kompression ist schon richtig. Technisch gesehen passiert beim "Loudness War", vereinfacht beschrieben, folgendes: Eine Klangquelle wird aufgenommen und die "lauteste" Stelle auf 0 dB, den maximal möglichen unverzerrten Pegel, eingepegelt. Diese Impulsspitze bei 0 dB muss dem menschlichen Ohr nicht unbedingt am lautesten vorkommen, aber das nur nebenher.
Dabei könnte man es nun bewenden lassen, und um die Dynamik, also den Unterschied zwischen lauten und leisen Passagen, möglichst unbeschnitten zu erhalten, tut man das oft auch.
Bei der Musik- und Werbeproduktion allerdings geht man vielfach einen anderen Weg. Das auf 0 dB gepegelte Material wird, nur mal als Beispiel, insgesamt auf +10 dB angehoben. Um die daraus resultierenden Verzerrungen zu eliminieren, wird dann alles oberhalb von 0 dB "gekappt". Wir haben also einen geringeren Unterschied zwischen den "lautesten" und den "leisesten" Stellen (= weniger Dynamik), und gleichzeitig eine im Durchschnitt weitaus höhere Lautstärke als vorher, obwohl sich an der Maximallautstärke nichts geändert hat. Der Höreindruck ist im Gegensatz zu unkomprimierten Material allerdings gänzlich anders - man wird quasi "angebrüllt", weil der 0 dB-pegel wesentlich öfter erreicht wird.
Wenn der Produzent es mit der Kompression übertreibt, klingt das Material auch ganz schnell zwar mörderisch laut, aber völlig leblos, weil einfach es einfach keine Dynamik mehr hat, keine wahrnehmbaren Lautstärkeunterschiede: Alles ist gleich unerträglich laut, von vorne bis hinten.
Kompression hat also nichts damit zu tun, dass 7.1- oder 5.1-Signale in Stereo gewandelt werden, oder dass die Bitrate reduziert wird.
mike301243 am via tvforen.de
Hat man auch mal die Lautstärke von Werbespots untersucht?
Ein Werbespot, der in einen gerade laufenden Film hineinbrüllt, reizt mich zum sofortigen ZappenFrau_Kruse am via tvforen.de
Millionen Fliegen können nicht irren!Percy deSiwa am via tvforen.de
Vor etwa 15 Jahren machte die damalige Talkshowkönigin Ilona Christen Werbung für ein Waschmittel. Ariel Future.
Die Werbung war so, wie oben als erfolgreich bezeichnet. Humorfrei, Produktname fiel dauernd etc.
Da ich die Dame schon in ihrer Talksow absolut nervend fand, hatte die Werbung bei mir folgenden Erfolg:
Ich habe nicht nur niemals Ariel Future gekauft, sondern auch das Waschmittel Ariel, das wir seit Jahren verwendeten gegen ein anderes getauscht und es seit dem niemals wieder gekauft undich werde es auch nie wieder kaufen.
So viel zu den Studien der Werbeindustrie.Fienchen am via tvforen.de
Percy deSiwa schrieb:
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> Vor etwa 15 Jahren machte die damalige
> Talkshowkönigin Ilona Christen Werbung für ein
> Waschmittel. Ariel Future.
> Die Werbung war so, wie oben als erfolgreich
> bezeichnet. Humorfrei, Produktname fiel dauernd
> etc.
>
> Da ich die Dame schon in ihrer Talksow absolut
> nervend fand, hatte die Werbung bei mir folgenden
> Erfolg:
> Ich habe nicht nur niemals Ariel Future gekauft,
> sondern auch das Waschmittel Ariel, das wir seit
> Jahren verwendeten gegen ein anderes getauscht und
> es seit dem niemals wieder gekauft undich werde es
> auch nie wieder kaufen.
>
> So viel zu den Studien der Werbeindustrie.
War bei mir genauso. Boah war das schlimm.
Ich weiß noch genau was das für Werbung mit den sprechenden Tieren war.
Nicht ist unmöglich, Toyooootaaaaaa ;)
Lobotoyour am via tvforen.de
Der Hauptzweck dieser Studie dürfte wohl weniger in der Analyse von Werbespots liegen, als vielmehr darin, den brachliegenden Markt zu beleben, indem den werbetreibenden Unternehmen eine Mohrrübe vor die Nase gehalten wird, nämlich die sagenhaften Kaufbereitschaftszahlen. Ein "durchschnittliches Kaufinteresse von 56 Prozent" halte ich jedenfalls für wenig glaubwürdig.
Durchaus bezeichnend, dass der Werbevermarkter der Pro7-Gruppe offenbar entscheidend an der Studie beteiligt war.LouZipher am via tvforen.de
Ich möchte nicht angesprochen werden, keine Produkte lange oder oft sehen, und selbst gut zu nennende Werbung geht an mir vorbei - da ich keine Werbung sehen möchte.
Ich empfinde Werbung als penetrant, störend und sinnlos; WENN ich Werbung als gut ansehe, dann eben, weil sie GUT ist; witzig, optisch gut gemacht, so etwas.
Aber das, was die Werbe"profis" als gut befinden, ist der hinterletzte Mist ....
Simba am via tvforen.de
Kann ich auch bestätigen. Die witzigen Spots hab ich zwar meist lange in Erinnerung, allerdings weiß ich dann nicht mehr, was da eigentlich beworben werden sollte.andreas_n am via tvforen.de
Allerdings besteht ja auch die Möglichkeit, dass die humorvollen Spots gerne öfter gesehen werden, während man die langweiligeren irgendwann kaum beachtet. Ich schaue und höre jedenfalls bei den pänetranten Spots gar nicht mehr hin, während ich den Spots, die mir mehr gefallen, deutlich mehr Aufmerksamkeit widme, sobald ich merke, dass sie laufen.
Allerdings, auch wenn ich kaum hinsehe oder hinhöre, so kriege ich das Produkt und die Marke trotzdem mit, wenn 20 Mal der Name hintereinander genannt wird. Aber, das nervt auch ungemein.