Im Alter von 103 Jahren ist der renommierte und enorm einflussreiche Journalist Georg Stefan Troller in seiner Wahlheimat Paris verstorben, wie der WDR und das ZDF mitteilen. WDR-Intendantin Dr. Katrin Vernau würdigte den Filmemacher und Autoren, der den modernen Journalismus geprägt [hat] wie kein Zweiter. ZDF-Intendant Dr. Norbert Himmler kommentierte: In seinem vielfältigen Schaffen, ob filmisch oder schriftlich, suchte Georg Stefan Troller nach Antworten auf grundlegende Fragen unseres Lebens. Sein Format ‚Personenbeschreibung‘ im ZDF prägte die Fernseh- und Zeitgeschichte mit.
Nach einer bewegten Jugend war der gebürtige jüdische Österreicher Troller nach dem Zweiten Weltkrieg durch eine Anstellung beim RIAS in den Journalismus gekommen. Nach wenigen Jahren ging der mittlerweile US-amerikanische Staatsbürger Troller nach Paris und wurde für westliche Medien Korrespondent aus der französischen Hauptstadt. Von 1962 bis 1971 produzierte er dabei für den WDR die Fernsehsendung „Pariser Journal“.
Ab 1971 fungierte als Sonderkorrespondent für das ZDF aus Paris. Besonders einflussreich war seine Dokumentarreihe „Personenbeschreibung“ im ZDF, in der er über 22 Jahre in 70 knapp 30-minütigen Sendungen sowohl prominente Künstler vorstellte wie auch unbekannte Personen und deren ungewöhnliche Lebensschicksale zeigte.
Das ZDF würdigt Trollers Leistung in der Sendereihe: Immer suchte er seinen subjektiven Zugang zu den Menschen vor der Kamera, bügelte die Widersprüchlichkeit der Welt nicht glatt und riskierte einen Blick hinter die Oberfläche, auf das Absurde und Grundsätzliche.
Georg Stefan Troller wurde 1921 in Wien geboren. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im Jahr 1938 ergriff er die Flucht vor den Nazis, zunächst in die Tschechoslowakei. Von dort ging er nach Paris, wo er zunächst interniert wurde, später fliehen konnte und schließlich in Marseille ein Visum für die USA erhielt. Dort wurde er später als Soldat eingezogen und kam 1945 zurück nach Europa und Deutschland. Seine Einheit war unter anderem an der Befreiung des KZ Dachau und der Einnahme Münchens beteiligt. Aufgrund seiner Deutschkenntnisse wurde er von der US-Armee für Zeugenvernehmungen eingesetzt und sammelte erste Erfahrungen als Radiosprecher. Durch die Naziherrschaft verlor Troller mehr als 20 Verwandte.
Nach dem Krieg versuchte Troller zunächst, wieder in Österreich heimisch zu werden, nahm dann ein Stipendium für die Universität Sorbonne an, die er schließlich für die Anstellung beim RIAS vorzeitig verließ.
Der WDR vermeldet, dass Troller in seinem Leben mehr als 1700 Interviews vor der Kamera geführt habe. Es schrieb daneben Drehbücher und Bücher, wie seine 1988 veröffentlichte Autobiografie „Selbstbeschreibung“. Zuletzt zu seinem 100. Geburtstag waren Georg Stefan Troller zahlreiche Würdigungen zuteil geworden – neben mehreren Adolf-Grimme-Preisen, Bambis und der Goldenen Kamera.
Georg Stefan Troller war zweifach verheiratet und hat zwei Töchter.