Erste ZDF-Nachrichtensprecherin Wibke Bruhns ist tot

Journalistin starb im Alter von 80 Jahren

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 21.06.2019, 15:24 Uhr

Wibke Bruhns war die erste „heute“-Nachrichtensprecherin – Bild: ZDF/Renate Schäfer
Wibke Bruhns war die erste „heute“-Nachrichtensprecherin

Die Journalistin und Autorin Wibke Bruhns ist gestern am 20. Juni 2019 im Alter von 80 Jahren gestorben. Dies hat die Familie gegenüber dem ZDF bestätigt. Bruhns schrieb Geschichte als erste Frau, die in der Bundesrepublik Deutschland eine Nachrichtensendung präsentierte.

Wibke Gertrud Bruhns wurde am 8. September 1938 in Halberstadt geboren. Als Tochter des Kaufmanns Hans Georg Klamroth wuchs sie in Internaten auf und lebte in Stockholm, Berlin und London. Sie engagierte sich früh für den späteren Bundeskanzler Willy Brandt, eckte mit ihren Ansichten jedoch auch immer wieder an. So brach Bruhns ihr Volontariat bei der Bild nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 aus politischen Gründen ab. Sie wechselte zum Fernsehen und fing beim NDR an, bevor sie zum ZDF ging und dort am 12. Mai 1971 ihre erste „heute“-Spätausgabe präsentierte. Nur zwei Wochen später moderierte sie auch die Hauptnachrichtensendung am Abend. Durch das von ihr eingeläutete Ende des „schwachsinnigen“ Männermonopols im westdeutschen Fernsehen, wie sie es nannte, wurde sie bundesweit bekannt. (In der DDR gab es bereits 1963 eine Nachrichtenmoderatorin.)

Nach zwei Jahren und insgesamt 380 Nachrichtensendungen beendete Bruhns ihre Arbeit für die „heute“-Nachrichten und begann stattdessen, für andere Fernsehsender, darunter WDR, NDR und SWF, zu arbeiten. Neben ihrer Arbeit als Redakteurin und Moderatorin ging Bruhns für den Stern als Nahostkorrespondentin nach Jerusalem und berichtete für das Blatt später auch als US-Korrespondentin aus Washington. Anfang der 1990er Jahre war sie Teil des ursprünglichen VOX-Teams, als der Sender mit seinem kurzlebigen Nachrichten-Konzept an den Start ging. Von 1995 bis 1998 war sie Leiterin der Kulturredaktion beim Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB). Im Jahr 2000 wurde sie Sprecherin der Expo in Hannover. Im Anschluss daran arbeitete Bruhns wieder als freie Autorin. Eine Rückkehr zum Fernsehen lehnte sie konsequent ab. „Da sitzen zu viele Tattergreise“, lautete ihre Begründung.

2012 hielt Bruhns ihre Erinnerungen an ihre Erlebnisse in ihrem Buch „Nachrichtenzeit“ fest. Bereits 2004 veröffentlichte sie das vielbeachtete Buch „Meines Vaters Land“ über ihren Vater Hans-Georg Klamroth, ein Mitwisser des gescheiterten Hitler-Attentates. Er wurde 1944 hingerichtet, als Wibke Bruhns sechs Jahre alt war.

1965 heiratete Wibke Bruhns den Schauspieler Werner Bruhns, mit dem sie bis zu dessen Tod im Jahr 1977 zusammenblieb. Aus dieser Ehe gingen zwei Töchter hervor.

„Wibke Bruhns war eine Frau mit Haltung und dem Mut einer Pionierin. Mit ihrer Hartnäckigkeit und Leidenschaft hat sie als erste Frau den ZDF-’heute’-Nachrichten ihr Gesicht gegeben und damit Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer sowie viele in der Medienwelt beeindruckt. Mir persönlich hat sie mit ihrem Buch ‚Meines Vaters Land‘ eindringlich den Weg einer deutschen Familie zwischen Widerstand und Anpassung in der Zeit des Nationalsozialismus vermittelt. Ihre Hinweise zur Entwicklung des Fernsehens waren bis zuletzt sehr wertvoll für mich“, so ZDF-Chefredakteur Dr. Peter Frey.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Ich wäre auch nicht sicher, ob zur damaligen Zeit überhaupt schon alles lückenlos archiviert wurde. Vielleicht haben nie Aufnahmen davon im Archiv geschlummert. Von der Tagesschau z.B. sind die 20-Uhr-Ausgaben auch erst ab ca. 1973 vollständig verfügbar.
    • am via tvforen.de

      Las kurz vor der Auswanderung ihre Memoiren.

      Gruss,

      Chrissie
  • am via tvforen.de

    Mir ist aufgefallen, dass bei den Rückblicken anlässlich ihres Todes keine Bewegtbilder von ihren heute-Ansagen gezeigt wurden. Sind die Sendungen alle schon eingestampft, oder blieb dafür keine Zeit, weil es wichtiger war, ihr Wirken nach der Zeit als heute-Ansagerin zu würdigen ?
    • am via tvforen.de

      burchi schrieb:
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      > Mir ist aufgefallen, dass bei den Rückblicken
      > anlässlich ihres Todes keine Bewegtbilder von
      > ihren heute-Ansagen gezeigt wurden. Sind die
      > Sendungen alle schon eingestampft, oder blieb
      > dafür keine Zeit, weil es wichtiger war, ihr
      > Wirken nach der Zeit als heute-Ansagerin zu
      > würdigen ?


      Ich hatte mal vor einigen Jahren einen Bericht gesehen/gehört, dass es im Archiv des ZDF ein Unglück gegeben hat - ich weiß nicht mehr ob es Feuer oder Hochwasser war - wo viele alte Sendungen zerstört wurden. Vielleicht waren ihre Heute Sendungen davon betroffen. So sehr lange war sie ja auch keine Heute-Sprecherin.

      Außer diesem Beitrag hier habe ich keine Würdigung für sie gesehen.
      So bekannt wie Wilhelm Wieben war sie nicht, und das owohl sie Pionierarbeit geleistet hat.

      Möge sie in Frieden ruhen.
    • am via tvforen.de

      burchi schrieb:
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      > Mir ist aufgefallen, dass bei den Rückblicken
      > anlässlich ihres Todes keine Bewegtbilder von
      > ihren heute-Ansagen gezeigt wurden. Sind die
      > Sendungen alle schon eingestampft,

      Ja, die ersten Auftritte existieren definitiv nicht mehr, möglicherweise sogar alle, sie war ja nicht allzu lange Sprecherin.

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