Der „ARDCheck“ in der Online-Kritik

Lascher Eigencheck erntet Spott

Bernd Krannich
Bernd Krannich – 20.10.2015, 13:37 Uhr

Der „ARDCheck“: Matthias Opdenhövel, Jens Hardeland, Tom Buhrow (WDR-Intendant), Andreas Kuhlage, Lutz Marmor (ARD-Vorsitzender, NDR-Intendant), Sandra Maischberger (Moderatorin), Hans Hoff (Medienjournalist), Anne Will, Sabine Postel, Udo Lielischkies – Bild: ARD/Thorsten Jander
Der „ARDCheck“: Matthias Opdenhövel, Jens Hardeland, Tom Buhrow (WDR-Intendant), Andreas Kuhlage, Lutz Marmor (ARD-Vorsitzender, NDR-Intendant), Sandra Maischberger (Moderatorin), Hans Hoff (Medienjournalist), Anne Will, Sabine Postel, Udo Lielischkies

Das Zuschauerinteresse am gestrigen „ARDCheck“ hielt sich in Grenzen. Nach dem Vorbild der bereits dreifach durchgeführten Sendung „WDR-Check“ stellten sich die beiden Intendanten Lutz Marmor (ARD-Vorsitzender und NDR-Intendant) und Tom Buhrow (WDR-Intendant) gestern in Hamburg einem Publikum von 150 Gästen sowie Fragen über die üblichen Internet-Kommunikationswege – Twitter, Facebook, per E-Mail.

Mit 1,62 Millionen Zuschauern insgesamt (Marktanteil: 5,3 Prozent) schaffte es die Sendung gerade einmal in die Tages-Top-Ten der ARD. Bei den jungen Zuschauern zwischen 14 und 49 Jahren reichte es am Montagabend laut DWDL nur zu einem Marktanteil von 3,5 Prozent.

Der Focus rechnet zur Sendung vor, dass eine Durchschnittsfamilie in Deutschland 210 Euro pro Jahr für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgibt. Von den so zusammenkommenden 8,3 Milliarden Euro gehen knapp sechs Milliarden an die neun Anstalten der ARD. Kein Wunder also, das viel über das Geld geredet wurde.

Das Blatt kritisiert in seiner Onlineausgabe am „ARDCheck“, dass die die beiden Intendanten sicherheitshalber viel Personal aus dem eigenen Haus in die Sendung geholt hatten und zählt neben Moderatorin Sandra Maischberger TV-Kommissarin Sabine Postel, Talkmasterin Anne Will, die NDR-Radiomoderatoren Andreas Kuhlage und Jens Hardeland sowie Sportschau-Moderator Matthias Opdenhövel auf.

Daneben wurde kritisch gesehen, dass sich die Antworten der beiden Intendanten hauptsächlich auf „Brauchen wir nicht, haben wir doch, geht leider nicht.“ beschränkten. Generell kann sich das Blatt kaum mit den Antworten der Intendanten anfreunden, auch wenn sie in Punkten stichhaltig erscheinen. Etwa, warum ein Intendant mehr Geld verdiene, als die Kanzlerin. Dass die Kanzlerin unterbezahlt sei, dass solche Ungleichheiten zwischen gewählten Politikern und Mitarbeitern im Öffentlichen Dienst (Bürgermeister und Leiter der Stadtwerke) üblich seien und dass in freien Wirtschaft (bei ProSieben) noch viel mehr für einen vergleichbaren Job gezahlt würde.

Auch die FAZ summiert die Veranstaltung als „(e)in Schattenspiel, über das man sich amüsieren könnte, hätte man nicht einen so hohen Eintritt bezahlt.“ Im Detail hält man die Sendung für vergleichbar mit „Ein Kessel Buntes“, wo viele Dinge angerissen würden, aber nichts im Detail aufgearbeitet wird. Und wo zudem die Verantwortlichen die Deutungshoheit haben, ihre (Spar-)Sorgen und Nöte nicht hinterfragt in „Filmchen“ belegen können. Und wenn sie bei einer Frage doch mal eine knackige Antwort schuldig bleiben mussten, von Moderatorin Sandra Maischberger die nächste Frage auf den Tisch gebracht würde.

Spiegel Online sah den ARDCheck als eine „Rechtfertigungsshow“, wo die Intendanten sich nach der Schaffung des teuersten Rundfunksystems Europas für dessen Tun rechtfertigten. Der Vergleich zu einer „Hauptversammlung vor Kleinaktionären“ fällt. So ist dann auch die Sicht auf die Aussagen der Intendanten: Sie rechtfertigten sich. Meist mit dem Verweis auf das knappe Geld (für aufwändige Serienproduktionen wie in den USA). Manchmal gestand man zwar Probleme ein (den „Fehler“ mit der Gottschalk-Sendung, Nachholbedarf dabei, gute und kostengünstige Serien wie die Briten oder Skandinavier zu produzieren), grundsätzlich war man aber um abwiegelnde Antworten nicht verlegen – „staatsrechtlichen Hürden auf dem Weg zu einem jugendgerechten Angebot im Internet“; die enormen Pensionsrückstellungen für Direktoren und Intendanten seien als Thema „sehr kompliziert“.

Der Tagesspiegel weist auf die Probleme hin, die die Sendung hatte. Dass die beiden Intendanten ihre Antworten nutzten, um sich (und nach Möglichkeit auch die öffentliche Meinung) für die nächste Verhandlung mit der Kommission für die Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) in Stellung zu bringen (die über das Budget der öffentlich-rechtlichen Sender entscheidet); dass die Zuschauer pfleglich mit den Intendanten umgegangen sind – was man auch hinterfragen könnte, ebenso wie die Tatsache, dass für die Sendung nach dem großen Aufruf doch „insgesamt drei Fragen( …) aus dem Internet gefischt wurden“; dass kritische Fragen des eigens für ein One-on-One-Segment geladenen Fernsehkritikers Hans Hoff am ARD-Vorsitzenden abperlen (statt als Aufhänger für eine gehaltvolle Antwort genutzt zu werden).

Zum Umgang der Sendung mit dem zweiten Themenschwerpunkt, der Frage nach der Glaubwürdigkeit der Berichterstattung, fasst die Welt passend zusammen: Endgültig zum Selbstgespräch zwischen Sender-Granden wurde der „ARD-Check“ mit dem Schwenk auf die Frage, wie glaubwürdig die Berichterstattung sei. Zu positiv in der Flüchtlingsfrage? Zu kritisch gegenüber Russland? Diverse ARD-Leistungsträger durften bekräftigen, dass zwar mal Fehler gemacht werden, aber dass es keinerlei Einflussnahme auf die Berichterstattung beispielsweise durch die Politik gebe.

Als größtes Problem an solch einer Selbstentlastung des „im Grunde läuft alles korrekt“ wird dann auch angemerkt, dass sie deplatziert wirkt, da auf der einen Seite viele Bürger gerade hier Vertrauen in die Sendeanstalten der ARD haben und diese Bestätigung nicht brauchen. Auf der anderen Seite stehen die Menschen, die ein Verschwörung seitens Politik und „Staatsfernsehen“ wittern, und die solchen Selbstauskünften daher grundsätzlich misstrauen.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am

    Schon wieder ein lapidarer Fehler, der zeigt, daß einfachste Dinge in Medien nur noch ohne Prüfung kopiert werden: Jeder Haushalt in Deutschland (nicht die Durchschnittsfamilie) zahlt sinnbefreite 210 Euro. Bei Zweitwohnungen verdoppelt sich dieser Betrag.

    weitere Meldungen