Wie geht es weiter mit dem Medienkonzern ProSiebenSat.1? Nach Monaten der Bieterschlacht um eine Übernahme wird es nun konkret. Nachdem der tschechische Großaktionär PPF seine Ziele nicht durchsetzen konnte, kündigte dieser an, seine Anteile an der ProSiebenSat.1 Media SE an den italienischen Konkurrenten Media for Europe (MFE) zu verkaufen. Dies führte nun dazu, dass die von Pier Silvio Berlusconi geführte Familienholding nach Ablauf der weiteren Annahmefrist des Übernahmeangebots am 1. September 75,61 Prozent der Aktien an ProSiebenSat.1 hält – und somit die volle Kontrolle erhält. MFE gerät dadurch in die Lage, sämtliche Entscheidungen im Alleingang treffen zu können. Die Abwicklung des freiwilligen Übernahmeangebots wird nach Angaben von MFE nun am 16. September erwartet.
Die heute veröffentlichte Pressemitteilung informiert darüber, dass ProSiebenSat.1 klar auf die digitale Transformation des Entertainment-Geschäfts und die nachhaltige Steigerung des Unternehmenswerts für alle Stakeholder ausgerichtet bleibt. Betont wird einmal mehr, dass das Unternehmen „aufbauend auf den Fortschritten im ersten Halbjahr 2025“ weiter das Ziel verfolgt, Joyn als führende, werbefinanzierte Streaming-Plattform im deutschsprachigen Raum zu etablieren und das deutliche zweistellige Wachstum bei Reichweite und Engagement fortzusetzen.
Geleitet wird Media for Europe (MFE) von Pier Silvio Berlusconi, Sohn des 2023 gestorbenen italienischen Medienmoguls und Politikers Silvio Berlusconi. Das Medienunternehmen betreibt bereits mehrere Sender in Italien und Spanien und verfolgt das Ziel, einen paneuropäischen Senderverbund aufzubauen – auch um den US-Streamingriesen Paroli bieten zu können. Mit einer Vollintegration von ProSiebenSat.1 in Media for Europe könnten beide Konzerne durch Synergieeffekte innerhalb der kommenden vier bis fünf Jahre rund 150 Millionen Euro einsparen.
Weshalb es überhaupt zu dieser Übernahme kommt: Die Sendergruppe ProSiebenSat.1 ist hoch verschuldet. 2024 wurde zum dritten Mal in Folge ein sinkendes Betriebsergebnis bekannt gegeben. Im Frühjahr kündigte der Konzern zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren einen drastischen Stellenabbau an: Rund 430 Vollzeitstellen sind aufgrund des zuletzt schwächelnden Geschäfts betroffen. Als Gründe für diese unerfreulichen wirtschaftlichen Entwicklungen machte ProSiebenSat.1 vor allem den drastisch eingebrochenen Werbemarkt sowie hohe Investitionen im Wettbewerb mit internationaler Streaming-Konkurrenz aus.
Droht politische Einflussnahme und Verlust der redaktionellen Unabhängigkeit?
Branchenbeobachter äußerten sich schon vor der Übernahme besorgt über den Fortbestand der Unabhängigkeit bei ProSiebenSat.1. MFE bietet keine Gewähr für den Fortbestand von Medienvielfalt und kritischem Journalismus bei ProSiebenSat.1, kritisierte etwa Mika Beuster, der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV). Seiner Ansicht nach bestehe die Gefahr, dass der Senderverbund politisch schleichend auf die Berlusconi-Linie getrimmt werde – so wie es Berlusconi Senior seinerzeit im Programm seiner italienischen Sender tat. Zudem seien nach Einschätzung des DJV-Vorsitzenden journalistische Arbeitsplätze bei ProSiebenSat.1 in Gefahr.
Die Verflechtungen der Berlusconi-Familie in die Politik seien auch nach dem Tod des Patriarchen weiterhin vorhanden. Die Berlusconi-Kinder selbst sind zwar bislang nicht aktiv in die Politik eingestiegen, sollen der rechten Partei Forza Italia aber weiterhin nahestehen. Vorerst Entwarnung gab es diesbezüglich bei einem Treffen, das in der dieser Woche zwischen Pier Silvio Berlusconi und dem deutschen Medienstaatsminister Wolfram Weimer stattfand. Berlusconi kündigte an, dass ProSiebenSat.1 stärker auf deutsche Zuschauer zugeschnitten werden soll. Es soll mehr Nachrichten, mehr Unterhaltung und mehr lokale Eigenproduktionen geben, während zugekaufte Formate reduziert werden sollen.
Wolfram Weimer betonte nach dem Gespräch, dass die redaktionelle Unabhängigkeit oberste Priorität habe und nicht angetastet werden dürfe. Man habe mit Berlusconi Junior gemeinsame Linien entwickelt. Wir sind in diesem Punkt einer Meinung, und das ist eine gute Voraussetzung für ein gelingendes Engagement im deutschen Medienmarkt, so Weimer. Auch die Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben: Wir wollen Arbeitsplätze erhalten und die Verankerung von ProSiebenSat.1 in Bayern, in Deutschland und im gesamten deutschsprachigen Raum stärken, so Berlusconi Junior.
Bert Habets, Vorstandsvorsitzender der ProSiebenSat.1 Media SE, in der heutigen Pressemitteilung:
Die Übernahme der Aktienmehrheit durch MFE ist ein wichtiger Meilenstein für ProSiebenSat.1. Gemeinsam decken wir fünf zentrale europäische Märkte mit insgesamt über 210 Millionen Einwohnern ab: ProSiebenSat.1 ist ein führender Anbieter in Deutschland, Österreich und der Schweiz, während MFE in Italien und Spanien führend ist. In den kommenden Wochen werden wir gemeinsam die vielversprechendsten Möglichkeiten für eine tiefergehende Zusammenarbeit identifizieren und unsere Visionen für die Zukunft aufeinander abstimmen. Ich möchte mich außerdem herzlich bei PPF für ihr Engagement und ihre wertvollen strategischen Beiträge als Großaktionär in den letzten drei Jahren bedanken, die dazu beigetragen haben, die Transformation von ProSiebenSat.1 zu beschleunigen.
Kommentare zu dieser Newsmeldung
Torsten S am
Ich sag es schon so lange, stampft den kaputten Sender Pro7 ein! Das macht alles keinen Sinn mehr und dort wird nix mehr geboten. Zwar dachte ich eher, das Joko & Klaas den Sender gänzlich übernehmen (Ok, da hab ich mich geirrt) aber selbst durch diesen Wechsel ist das sinkende Schiff auch nicht mehr zu retten und es wird sich auch nichts ändern.