„Almost Family“: FOX zieht bei quotenschwacher, umstrittener Dramedy den Stecker

Welche Rolle spielen bekannt gewordene Vorwürfe gegen Timothy Hutton?

Bernd Krannich
Bernd Krannich – 04.03.2020, 12:03 Uhr

„Almost Family“: Edie (Megalyn Echikunwoke), Julia (Brittany Snow) und Roxy (Emily Osment) finden sich als Halbschwestern wieder – Bild: FOX
„Almost Family“: Edie (Megalyn Echikunwoke), Julia (Brittany Snow) und Roxy (Emily Osment) finden sich als Halbschwestern wieder

FOX hat das Ende seiner Serie „Almost Family“ offiziell gemacht. Das Format von Produzent Greg Berlanti kam in den Einschaltquoten nie auf einen grünen Zweig, die letzten beiden Episoden der Dramedy waren zur Ausstrahlung schon auf den Samstag geschoben worden.

Während US-Sender in der Regel bis zu den Upfronts warten, um offiziell den Stecker bei Serien zu ziehen, waren gerade in einem BuzzFeed-Artikel Vorwürfe gegen Hauptdarsteller Timothy Hutton erhoben worden, er habe sich 1983 in Vancouver an einer 14-Jährigen vergangen. Hutton bestreitet den Vorwurf vehement und gibt an, dass die Anklägerin ihn seit 2019 längere Zeit zu erpressen versucht habe, was er schließlich auch in einer Anzeige beim FBI dokumentiert habe. BuzzFeed gibt an, dass das mutmaßliche Opfer mehrere Personen benennen konnte, denen es bereits 1983 von dem Vorfall erzählt habe – und dass sie erst jetzt als 37-Jährige ihre Anklagen erhoben habe läge daran, dass sie vor der #MeToo-Bewegung nicht damit habe rechnen können, dass man eher ihr als dem Oscar-Preisträger Hutton Glauben schenken würde. Sender FOX kommentierte die Anschuldigungen und die zeitliche Nähe zur Einstellung von „Almost Family“ nicht.

Basierend auf dem australischen Format „Sisters“ musste die Serie sich in den USA neben ihren schwachen Quoten auch inhaltliche Kritik gefallen lassen. Im Zentrum steht Julia Bechley (Brittany Snow), die Tochter und rechte Hand des egozentrischen Fruchtbarkeitsspezialisten Dr. Leon Bechley (Hutton). Julias Leben bricht zusammen, als bekannt wird, dass ihr Vater insgeheim hundertfach sein eigenes Erbgut verwendet hatte, um Paaren mit Kinderwunsch zu helfen – da er selbst Vater war, so seine Begründung, konnte er somit das mögliche Problem unfruchtbarer Männer bei den Paaren (oder auch anonymen Samenspendern) ausschließen.

Julia muss einerseits erkennen, dass sie ihr Leben voll und ganz in den Dienst ihres moralisch fragwürdigen Vaters gestellt hatte. Sie muss nun für die Klinik der Familie die Probleme ausbaden. Gleichzeitig sieht sie sich – als Einzelkind aufgewachsen und seit dem Tod ihrer Mutter voll auf den Vater konzentriert – mit zwei Halbschwestern konfrontiert (dargestellt von Megalyn Echikunwoke und Emily Osment), eine davon eine lebenslange Freundin – während sie sich vom Vater abnabelt, baut sie sich ein neues soziales Umfeld auf.

Gerade der Ansatz, den selbstherrlichen Eingriff des Arztes in die reproduktiven Rechte seiner Klienten für Humor auszuschlachten (etwa als Julia erkennt, dass einer ihrer Sexualpartner in der Tat ebenfalls ein Produkt ihres Vaters ist), wurde in den USA kritisiert.

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