In Norddeutschland sind in den vergangenen Monaten Revierkämpfe rivalisierender Rockergangs eskaliert. Lange existierende Gruppen wie die Hells Angels, neue Herausforderer wie die Mongols und die Osmanen Germania geraten aneinander. Die Szene ist in Bewegung. Ein bundesweites Phänomen, vor dem der Bund Deutscher Kriminalbeamter jüngst warnte. Denn die neuen Rockerkämpfe lösen schwere Gewalttaten aus: Schießereien auf offener Straße, gezielte Mordanschläge. Bei den Auseinandersetzungen geht es um viel Geld, vor allem im Rotlichtbereich. „45 Min“ zeigt, welche Gefahr von den alten und den neuen Rockergangs ausgeht. Die Neuen funktionieren vordergründig wie die alten Motorradclubs. Die Mitglieder tragen Kutten mit Vereinssymbolen, verzichten aber auf Motorräder. Und die Gruppen sortieren sich oft nach ihrer ethnischen Herkunft. Beispielsweise in Hamburg, wo mit dem Mongols MC erstmals eine Gang die „Platzhirsche“, die Hells Angels, herausgefordert hatte. Sie wurde von Erkan U. angeführt, einem Zuhälter, der den Machtkampf mit Provokationen im Internet begann. Internetrocker, ein neues Phänomen. Der Film zeigt, dass sich die Hells Angels noch zu behaupten wissen. In Niedersachsen zum Beispiel, wo sich im Juni 2016 die
Hells Angels neu gegründet haben. Nun firmieren sie unter dem Namen North Gate Hannover. Ihr Chef, Frank Hanebuth, wartet auf Mallorca darauf, ob ihn die spanischen Behörden anklagen. Aber via Facebook hält er seine Kontakte, europaweit. In Schleswig-Holstein, wo 2009 ein Rockerkrieg zwischen Bandidos und Hells Angels blutig auf der Straße ausgetragen wurde, herrschte bis zum Februar 2016 Ruhe. Dann gründeten sich die Bandidos in Kiel neu, direkt vor den Augen der dort seit 2010 verbotenen Hells Angels. Und prompt folgte im Mai 2016 die erste schwere Gewalttat zwischen Bandidos und Hells Angels. Der Film zeigt die Entwicklung der neuen Gewaltspirale, mit der die Landeskriminalämter nicht gerechnet haben. In Hamburg gründete die Polizei die Soko Rocker, um die Gewalttaten aufzuklären, doch die Ermittlungen stocken, denn die Rocker reden nicht mit der Polizei. Und es rücken neue Gruppierungen in den Fokus der Ermittlungsbehörden: Streetgangs mit Rockerattitüde, wie zum Beispiel die Osmanen Germania. Sie selbst bezeichnen sich als Boxclub, geben sich aber die Strukturen von Rockerclubs. Im Mai 2015 gegründet, zählt diese Gruppierung bundesweit schon 40 Ortsvereine mit stark wachsenden Mitgliederzahlen. (Text: NDR)