NDR Kultur – Das Journal Folge 24: Folge 24 (2016/2017)
Folge 24
Folge 24 (2016/2017)
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Liebe über Kriegsgrenzen: der berührende Dokumentarfilm „Erzähl es niemandem!“ Die Norwegerin Lillian ist 19, als sie Ostern 1942 auf der Insel Hinnøy den deutschen Soldaten Helmut kennenlernt und sich ihn verliebt. Doch angesichts der Gräueltaten der deutschen Besatzer kommen ihr Zweifel, ob sie diese Liebe überhaupt zulassen soll. Dann gesteht ihr Helmut ein Geheimnis. Sie wird es jahrzehntelang für sich behalten: Helmut ist Jude und trägt die Wehrmachtsuniform in der Hoffnung, dass er dadurch sein Leben retten kann. Der Dokumentarfilm „Erzähl es niemandem!“ erzählt die berührende Geschichte eines Liebespaares, das eigentlich keines sein durfte. Nach dem Krieg sehen sich Lilian und Helmut in Deutschland wieder, heiraten. In Norwegen gilt Lilian als Verräterin, in Deutschland bleibt sie eine Fremde. Doch die Liebe des Paares hält ein Leben lang. Mit der Asche ihres verstorbenen Mannes fliegt die 87-jährige Lillian nach Larvik in Norwegen, um ihren Mann dort zu begraben, wo sich die beiden zum ersten Mal trafen. „Erzähl es niemanden!“ (seit 2. Februar 2017 im Kino) ist mehr als nur eine große Liebesgeschichte. Der Film von Klaus Martens erzählt davon, wie Menschen durch einen brutalen Krieg kommen, wie die Verwerfungen dieser Zeit in ein persönliches Leben greifen und wie zwei Menschen ihre Würde und ihre Liebe gegen jede Zerstörung behaupten. Selbstversuch auf Hooge: Reporter Philipp Jeß testet das Leben auf der Hallig Den Urlaub auf einer Hallig zu verbringen ist die eine Sache, die andere ist, dort zu wohnen. Und zwar dauerhaft und auch im Winter, wenn die Fähren nicht mehr täglich fahren, es einsam wird und die Stürme toben. Doch genau das muss auf Hallig Hooge gelingen, es müssen neue, junge Bewohner gefunden und gehalten werden. Denn auf der zweitgrößten Hallig im norddeutschen Wattenmeer herrscht Bevölkerungsschwund, in den letzten Jahren drohte die Einwohnerzahl auf unter 100 zu sinken. Nun wirbt die Hallig aktiv um Neubewohner. Für das „Kulturjournal“ hat Philipp Jeß den Selbstversuch gemacht: wohnen und arbeiten auf der Hallig, im Winter, bei Wind und Wetter. Verloren in Mecklenburg-Vorpommern: das NDR-Buch des Monats „Niemand ist bei den Kälbern“ Grüne Wiesen, Kühe, Sonnenschein, das klingt doch eigentlich ganz schön. Doch für Christin, Mitte 20, ist das Landleben in Mecklenburg-Vorpommern die Hölle. An der Seite ihres Partners Jan versucht sie sich als Bauersfrau, aber sie fühlt sich seltsam verloren und träumt von der Glamourwelt der Großstadt, die sie aus ihren Frauenzeitschriften kennt. Während Jan versucht, den angeschlagenen Bauernhof zu retten, sucht Christin anderswo die Liebe. Die Schriftstellerin Alina Herbing hat einen unidyllischen, ja trostlosen Heimatroman geschrieben:
„Niemand ist bei den Kälbern“ (Arche Verlag). Dass man ihn trotzdem mit Begeisterung liest, liegt an der präzisen Sprache und an der genauen Beschreibung der Hauptfigur Christin und des Lebens auf dem Bauernhof. Alina Herbing kennt, wovon sie schreibt, sie lebte selbst einige Jahre auf dem Dorf in Mecklenburg-Vorpommern. Ihr Debütroman „Niemand ist bei den Kälbern“ ist das „NDR Buch des Monats“. Spezialistin für schwierige Rollen: Barbara Hannigan singt „Lulu“ in Hamburg Sie kann singen, sie kann dirigieren und sie kann beides gleichzeitig: Barbara Hannigan ist eine der musikalischsten und experimentierfreudigsten Sopranistinnen dieser Zeit. Aufgewachsen in einem kleinen Dorf in Kanada machte sie über Toronto schnell international Karriere: Sie ist eine gefeierte Spezialistin für zeitgenössische Musik, Komponisten wie Henri Dutilleux oder George Benjamin schreiben Werke für sie. Wenn sie nicht mit großen Dirigenten wie Sir Simon Rattle zusammenarbeitet, stellt sie sich selbst ans Pult und dirigiert die Musiker singend. Für eine Inszenierung der Oper „Lulu“ (von Alban Berg) lernte sie, auf Spitze zu tanzen, sang und spielte die ohnehin schon anspruchsvolle Titelrolle auf Spitzenschuhen. Barbara Hannigan scheut keine Herausforderung. Jetzt kommt sie für eine neue Produktion der „Lulu“ in die Hamburger Staatsoper (Regie: Christoph Marthaler, Dirigent: Kent Nagano, Premiere 12. Februar 2017). Das „Kulturjournal“ trifft die Sängerin vorab bei einer Probe. Sex, Macht und Ohnmacht: Isabelle Huppert im preisgekrönten Film „Elle“ Als beste Hauptdarstellerin für einen Oscar nominiert, bei den Golden Globes prämiert: Isabelle Huppert (63) wird für ihre Rolle in „Elle“ gefeiert (Filmstart 16. Februar 2017). Sie spielt eine Frau, die von einem maskierten Täter in ihrem Zuhause vergewaltigt wird. Danach geht sie zur Tagesordnung über, meldet es nicht einmal der Polizei, lässt sogar weitere Vergewaltigungen geschehen, ist von ihrem Peiniger angezogen. Die Story klingt nach einer frauenverachtenden Männerfantasie. Doch der Film „Elle“ ist das Gegenteil: ein unerträglich spannender, kunstvoll gemachter Rape-and-Revenge-Thriller, der nicht nur in jeder Hinsicht unmoralisch und unerwartet ist, sondern vor allem eine ungewöhnlich starke Heldin feiert. Das „Kulturjournal“ hat Isabelle Huppert zum Gespräch über Männer, Frauen, Sex und Macht getroffen. „Wahr. Schön. Gut“: Julia Westlake kommentiert die Kulturwoche Julia Westlake kämpft sich durch die High- und Lowlights der Kulturwoche. Welches Theater muss sich nun schon wieder kaputtsparen? Welchen Kinofilm darf man auf keinen Fall sehen? Und welche Ausstellung sollte man auf jeden Fall verpassen? Mini-Verrisse über skurrile Abgründe der menschlichen Schaffenskraft: Julia Westlake sucht das Wahre, Schöne, Gute und findet oft das Gegenteil. (Text: NDR)