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NS – Geheimkommando 1005
Genauso akribisch wie sie ihre Massenmorde geplant und durchgeführt hatten, gingen die nationalsozialistischen Machthaber dabei vor, die Spuren ihrer Verbrechen zu beseitigen. Hatten sie beim Vormarsch in den Osten zunächst die Opfer ihrer Hinrichtungen einfach in Massengräbern verscharrt, so fürchteten sie nach der Wende des Krieges und der Gegenoffensive der Roten Armee, dass ihre Gräueltaten entdeckt würden. Wie systematisch die Bürokraten der Massenmorde daran gingen, ihre Spuren zu verwischen und wie grausam und unmenschlich sie dabei vorgingen, ist bis heute ein weitgehend unbekanntes Kapitel Kriegsgeschichte. Viele Angehörige der seinerzeit getöteten Juden, Sinti, Roma, Partisanen oder einfachen Zivilisten warten bis heute auf eine Nachricht über den Verbleib ihrer Verwandten, hoffen noch immer zumindest auf eine würdige Gedenkstätte.
Der Film begleitet einerseits die französische Organisation Yahad-In Unum bei ihren Recherchen in der Ukraine und folgt andererseits dem Enkel eines der Täter bei den Nachforschungen über seinen Großvater, einen ehemaligen Angehörigen der SS; beide sind im Raum Lemberg unterwegs. Die Rechercheure von Yahad-In Unum versuchen, Schauplätze von Massenerschießungen und noch lebende Augenzeugen zu finden, dabei entstehen auch Porträts der Mitarbeiter um den Gründer und Inspirator, den französischen Pater Patrick Desbois.
Der Hamburger Vertriebsleiter Rüdiger Schallock folgt den Spuren seines Großvaters, dessen Taten bis heute als dunkler Schatten auf der Familie lastet.
Der Film zeichnet auch die Geschichte eines der Hauptverantwortlichen nach, der sich vom biederen Architekten im Bergischen Land zum Massenmörder und perfiden Logistiker der nationalsozialistischen Todesmaschinerie entwickelte.
Bislang im Fernsehen nicht gezeigte historische Aufnahmen sowie aktuelle Szenen von der 80-Jahr-Gedenkfeier des Massakers von Babyn Yar bilden den Rahmen der Dokumentation. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 30.05.2022 Das Erste Deutsche Streaming-Premiere Sa. 28.05.2022 ARD Mediathek Operation Mondlandung – Die NASA und die Ex-Nazis
Die spektakuläre Mondlandung im Jahr 1969 ist auch ein Erfolg von mehr als 100 NASA-Technikern und Ingenieuren aus Deutschland. Was damals kaum jemand wusste: Die Deutschen hatten schon für das Nazi-Regime erfolgreich Raketen gebaut. Darunter die berüchtigte „V2“, bei deren Produktion tausende Zwangsarbeiter starben. Der Film „Operation Mondlandung – die NASA und die Ex-Nazis“ dokumentiert die Verstrickungen deutscher NASA-Mitarbeiter mit dem Dritten Reich. Dass Neil Armstrong am 19. Juli 1969 als erster Mensch seinen Fuß auf den Mond setzen konnte, war auch ein Erfolg von Wernher von Braun und mehr als 100 Technikern und Ingenieuren aus Deutschland in Diensten der NASA.
So ist die Saturn-V-Rakete das Meisterstück von Arthur Rudolph. Der gebürtige Thüringer orchestrierte als Programm-Manager das komplexe Gemeinschaftswerk aus Zehntausenden Technikern und war stolz auf seinen Beitrag zu dem Jahrhundert-Ereignis. Doch über der Erfolgsgeschichte liegt ein dunkler Schatten: Denn einige der aus Deutschland stammenden NASA-Mitarbeiter hatten eine Vergangenheit als Nationalsozialisten und waren Mitglieder der SS. 1945 hatten die Amerikaner die Wissenschaftler in einer Geheimoperation in die USA geholt, um sich das deutsche Know-how in der Raketentechnik zu sichern.
Arthur Rudolph hatte mit seinen Kollegen schon in Nazi-Deutschland eine Rakete gebaut, die zu den zerstörerischsten Waffen des Zweiten Weltkriegs gehört: die sogenannte Vergeltungswaffe „V2“. Schon bei der Produktion starben mindestens 12.000 Zwangsarbeiter aufgrund der unmenschlichen Arbeitsbedingungen in den unterirdischen Tunneln der Waffenfabrik im thüringischen Harz. Auf der skrupellosen Jagd nach Wissen wurden auch Experten nach Amerika gebracht, deren Rolle bei den verbrecherischen Menschenversuchen in Dachau umstritten ist.
Darunter auch der sogenannte Vater der Raumfahrtmedizin, Dr. Hubertus Strughold. Die Militärs brauchten die Deutschen gegen einen neuen Feind: die Sowjetunion. Der Kalte Krieg hatte begonnen. Und mit dem Sputnik-Schock 1957 wurde auch der Weltraum zum strategischen Schlachtfeld. Erst Jahrzehnte nach der spektakulär erfolgreichen Mondmission wurden in den USA geheime Dokumente freigegeben, die die Verstrickung deutscher NASA-Mitarbeiter mit dem Dritten Reich dokumentieren. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 08.07.2019 Das Erste Osteuropa nach dem Holocaust – Vom Verschwinden der Schtetl
Ein Kriegsziel der Nazis waren die reichen Kornkammern der Ukraine. Ausgerechnet dort stießen die Nazis auf Millionen osteuropäische Juden, die in kleinen Städtchen, den Schtetln, oft ein sehr traditionelles, religiöses Leben führten. Noch bevor das systematische Morden in den großen Vernichtungslagern wie Auschwitz begann, ermordeten Sonderkommandos der Nazis in diesem „Holocaust durch Kugeln“ rund zwei Millionen Menschen, schätzt man heute. Die Radio-Bremen-Dokumentation „Osteuropa nach dem Holocaust – vom Verschwinden der Schtetl“ reist zu den letzten noch existierenden Schauplätzen einer ehemals reichen jüdischen Kultur, aber auch eines monströsen Verbrechens.
Rivka Yoselevska gehört zu denen, die erschossen wurden, aber sie konnte sich aus der Grube befreien und als eine der wenigen Überlebenden vom Massenmord berichten, der vieltausendfach in Osteuropa stattgefunden hat. „Dann wurde ich erschossen,“ erzählt sie in einem Interview von 1981. „Ich fiel in die Grube, immer mehr Körper fielen auf mich. Ich hatte das Gefühl, ich ertrinke. Ertrinke im Blut der eigenen Leute.“ 95 % der Juden Galiziens, heute gelegen in Südpolen und der Westukraine, wurden so in Gruben „geschossen“. Zurück blieben blutdurchtränkte Erde, tausende Massengräber und verwaiste Schtetl. Hunderte Synagogen und Friedhöfe fielen der Vernichtungswut der Deutschen zum Opfer, doch vieles blieb auch einfach stehen.
„Die Menschen ( …) leben buchstäblich auf diesem Blut, das dort vergossen ist und leben auch oft mit dem Wissen, dass ihre Eltern oder Großeltern da mitgemacht haben. Dass sie womöglich in einem jüdischen Haus wohnen, dass sie womöglich jüdische Möbel haben, einen jüdischen Tisch oder eine jüdische Decke“, sagt Magdalena Waligórska, Expertin für osteuropäische Geschichte.
Christian Herrmann, Autor aus Köln, bereist schon seit Jahren die jüdischen Schtetl in Osteuropa und fotografiert, was von ihnen übrigblieb. In den Synagogen befinden sich heute Turnhallen, Kinos oder eine Schnapsfabrik. Fanden die Häuser keine Nachnutzung, fielen sie in sich zusammen und wurden oft abgerissen. Heute ist vom ehemals blühenden jüdischen Leben in Osteuropa fast nichts mehr übrig. Gibt es noch Rabbiner, kommen sie oft aus Israel oder den USA, sie haben Mühe, mehr als die zehn Männer, die dafür nötig sind, zu einem Gottesdienst zusammen zu bekommen.
Dennoch gibt es viele Menschen in Osteuropa, die sich um den Erhalt des jüdischen Erbes bemühen. So versucht zum Beispiel Sasha Nazar, die Jakob Glanzer Schul zu retten, eine der letzten Synagogen im ehemaligen Lemberg, heute dem ukrainischen Lwiw.
Viele Massengräber sind bis heute unbekannt und das Erbe der Schtetl ist massiv bedroht. In ein paar Jahren werden weitere Synagogen und historische Häuser der jüdischen Bevölkerung verschwunden sein. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 14.02.2022 Das Erste Deutsche Streaming-Premiere Di. 01.02.2022 ARD Mediathek Ostprodukte im Westregal – Geschäfte mit der DDR
Die DDR produzierte unzählige Konsumgüter – nicht für die eigene Bevölkerung, sondern für den Westen – den ‚Klassenfeind‘. In Erfurt wurden Schuhe für Salamander gefertigt, in Sachsen Unterwäsche für Schiesser. Im Westen warben Geschäfte und Bestellkataloge mit preiswerten Kameras, Rührgeräten, Kinderwagen und Strumpfhosen. Was viele Konsumenten aber nicht wussten: All das kam von den „Brüdern und Schwestern“ aus dem Osten – und war dort nur sehr viel teurer oder gar nicht zu bekommen.Über 6.000 Firmen der ehemaligen Bundesrepublik machten Geschäfte mit dem ‚Klassenfeind‘, sie ließen in den volkseigenen Betrieben der DDR produzieren und machten mit Produkten aus der DDR satte Gewinne.
Die großen Versandhauskataloge waren voller Waren ‚Made in GDR‘. Die DDR war die verlängerte Werkbank des Westens, die Arbeitskräfte waren billig, die Qualität sehr gut. Die Leipziger Messe war die Drehscheibe beim innerdeutschen Handel, der in seinem Umfang der Öffentlichkeit bis heute kaum bekannt ist. Politisch folgte die Bundesrepublik ihrer Maxime „Wandel durch Handel“ – und die SED brauchte Devisen, mit den Jahren immer mehr.
Was an Ostwaren im Westregal landete, ging der eigenen Bevölkerung verloren. Sie spürten den Mangel in den Läden, vor allem in der Provinz. Die meisten der begehrten Exportgüter waren für DDR-Bürger nur zu horrenden Preisen in Spezialläden zu erwerben – oder kamen überhaupt nicht in die Geschäfte.Wir folgen den Spuren im Alltagsgeschäft und blicken hinter die Kulissen des innerdeutschen Handels: Wer waren die Beteiligten, wer die Strippenzieher, wer machte den Profit, wer schaute in die Röhre? Wir haben mit Beteiligten aus Ost und West gesprochen, die heute bereit sind, ihre Geschäftspraxis offen zu legen. (Text: Tagesschau24)Deutsche TV-Premiere Mo. 30.01.2012 Das Erste Pioniere der Lüfte – Nonstop über den Atlantik
Seit der Mensch das Fluggerät erfunden hat, ist es der Traum waghalsiger Piloten, den Atlantik nonstop zu überwinden. Tollkühne Männer und Frauen in ihren knatternden Kisten riskieren ihr Leben dafür. Vor 100 Jahren ist der Transatlantikflug erstmals gelungen. Die Dokumentation von Radio Bremen und rbb erinnert an den Wagemut und technischen Erfindergeist, den Atlantik per Flugzeug zu überwinden, blättert zurück in 100 Jahren Fluggeschichte, erzählt von abenteuerlichen Flugversuchen, von grandiosen Leistungen und Rekorden, umjubelten Helden der Lüfte, aber auch von Rückschlägen und Katastrophen.
„Pioniere der Lüfte – Nonstop über den Atlantik“ zeigt seltene Originaldokumente – besonders beindruckend: Originalbilder vom ersten Transatlantikflug des Flugschiffes R34 im Jahr 1919. Alles beginnt 1918 mit einem Aufruf der britischen Tageszeitung Daily Mail: 10.000 Pfund wird denjenigen versprochen, die „ … als erste den Atlantik mit einem Flugzeug von jedem beliebigen Punkt in den USA, Kanada oder Neufundland nach Großbritannien oder Irland in maximal 72 Stunden überfliegen.“ Vier Teams versuchen 1919 von Neufundland aus den Start.
Es sind allesamt arbeitslose Kriegsflieger. Nur zwei kommen durch: John Alcock und Arthur Whitten Brown. Als sie mit ihrem zweimotorigen Doppeldecker am 15. Juni 1919 in Irland landen, haben sie den Atlantik auf dem Luftweg zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit bezwungen. Eine Ungerechtigkeit der Geschichte, dass die beiden Engländer mit ihrem Langstreckenrekord bald in Vergessenheit gerieten. In den 20er Jahren folgten zahlreiche weitere Versuche und Rekorde.
Amelia Earhart, Hermann Köhl oder Charles Lindbergh – sie wurden gefeiert wie Popstars, erhielten Orden, reisten umjubelt durch die Lande. Berühmt wird jedoch das „Bremen“-Trio, das 1928 Geschichte schreibt: Hermann Köhl, Ehrenfried Freiherr Günther von Hünefeld und der Ire James Fitzmaurice. Es sind dramatische Szenen, die Köhl später genauestens beschreibt: ein stotternder Motor, Sturm und Nebel, Hunger, Kälte und schließlich die Furcht, sich gänzlich verflogen zu haben.
Das eigentliche Ziel, New York, wo Tausende auf sie warten, verpassen die Abenteurer. Aber sie erreichen mit ihrer Notlandung auf Greenly Island nordamerikanischen Boden und haben damit als erste den Atlantik in Ost-West-Richtung bezwungen. Wer glaubt, die Transatlantikfliegerei sei ein reines Männerthema, irrt. In kaum einem anderen Bereich sind damals Frauen so präsent wie als Pilotinnen. Die Amerikanerin Amelia Earhart ist 1932 die erste Frau, die den Atlantik in West-Ost-Richtung bezwingt. Allein in einem Flugzeug.
Viele Pioniere der Lüfte sind jedoch verschollen und abgestürzt beim Versuch, den Ozean in einer fliegenden Kiste zu überwinden. „Pioniere der Lüfte – Nonstop über den Atlantik“ geht der Frage nach, was waghalsige Abenteurer(innen) vor 100 Jahren dazu bewegte, den Atlantik auf dem Luftweg zu bezwingen. Erzählt werden persönliche Geschichten von Menschen, die durch ihren Mut und ihre Entschlossenheit zu Helden wurden und zu Wegbereitern einer neuen Art des Reisens von Kontinent zu Kontinent. Eine Produktion Moos Film U.G. im Auftrag von Radio Bremen für Das Erste 2019 (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 09.09.2019 Das Erste Polen und seine Deutschen – Schlesiens lange Nachkriegszeit
Deutsche in Polen? Das klingt für viele in Deutschland nicht nach europäischer Gegenwart, sondern nach Vergangenheit, nach Krieg und Vertreibung, nach politischem und ideologischem Streit. Tatsächlich liegt ja über den deutsch-polnischen Beziehungen vielfach immer noch der Schatten der Vergangenheit, vor allem des Zweiten Weltkriegs, der vor genau 70 Jahren mit dem Überfall der Wehrmacht begann. Dabei hat sich in Westpolen, im ehemals deutschen Schlesien, in den vergangenen Jahren eine überraschende europäische Erfolgsgeschichte ereignet. Bis 1989 gab es laut offizieller Statistik gar keine Deutschen mehr in Polen. Dabei hatten immerhin fast zwei Millionen Deutsche 1946 unter dem Druck der drohenden Vertreibung die polnische Staatsbürgerschaft angenommen.
So konnten sie in der Heimat bleiben, aber als Polen. Deutsche Sprache und Kultur wurden zu Zeiten des Kalten Krieges mit wenigen Ausnahmen rigoros unterdrückt. Auch deshalb verließen viele der Deutschen und Deutschstämmigen Polen als Spätaussiedler. Erst mit dem Fall der Berliner Mauer im November 1989wurde eine Anerkennung der Deutschen und Deutschstämmigen als Minderheit in Polen möglich. Etwa 300.000 Menschen umfasst diese Gruppe.Heute ist Polen bereits seit zehn Jahren Mitglied der EU – und Westpolen, das ehemalige Schlesien, eine Region, in der friedliche Nachbarschaft und kultureller Austausch tatsächlich gelebt werden.
Der Dokumentarfilmer Hans-Dieter Rutsch hat im ehemaligen Schlesien Menschen besucht, die sich nach 1989 als polnische Staatsbürger zu ihrer deutschen Herkunft bekennen, und solche, die als Deutsche nach Polen gegangen sind, um an die Geschichte der eigenen Familie anzuknüpfen. An ihren Lebenswegen werden die Konfliktlinien, aber auch die Annäherungen zwischen Deutschen und Polen spürbar, von der Vertreibung und dem Bleiben unter polnischer Flagge, über den Alltag in der deutschen Minderheit bis zur Wende 1989, die eine Rückkehr bzw. neue Anfänge von Deutschen in Polen möglich gemacht hat. (Text: Tagesschau24)Deutsche TV-Premiere Sa. 03.08.2019 tagesschau24 Die Rastatter Prozesse – Kriegsverbrecher vor Gericht
Die Rastatter Prozesse gehören zu den größten alliierten Kriegsverbrecherprozessen nach dem Zweiten Weltkrieg. Vor dem Tribunal Général im Rastatter Schloss finden zwischen 1946 und 1949 insgesamt 235 Prozesse statt, hauptsächlich gegen das Personal der NS-Lager auf dem Gebiet der französischen Besatzungszone. Die Dokumentation widmet sich diesem wichtigen, aber heute weitgehend vergessenen Kapitel der frühen Nachkriegszeit anhand historischer Figuren und Schicksale. Historiker*innen fördern unbekannte Zeugnisse der Prozesse zutage und ordnen das Geschehen im Gerichtssaal ein.
Rastatt, im Frühjahr 1946: Das Tribunal Général der französischen Besatzungszone wird eröffnet. Während der nächsten drei Jahre finden vor dem Gericht im Ahnensaal des Rastatter Schlosses 235 Prozesse statt. 2130 mal wird Anklage erhoben, hauptsächlich gegen das Personal der NS-Lager auf dem Gebiet der französischen Besatzungszone. Damit gehören die Rastatter Prozesse zu den größten alliierten Kriegsverbrecherprozessen nach dem Zweiten Weltkrieg. Trotzdem sind sie weitgehend in Vergessenheit geraten. Das liegt nicht nur an der 100-jährigen Sperrfrist, der die Gerichtsakten bis vor kurzem unterlagen, sondern auch daran, dass die Verfahren jahrzehntelang im Schatten der großen Nürnberger Prozesse standen.
Nachdem die Sperrfrist vorzeitig aufgehoben worden ist, sind nun große Teile der Prozessakten zum ersten Mal einsehbar. Zusammen mit den wertvollen Nachlässen von Prozessbeteiligten gewähren sie einen besonderen Blick auf das Geschehen im Gerichtssaal und ermöglichen es, den Verlauf der Prozesse zu rekonstruieren. Zeit also, diesem wichtigen, aber vergessenen Kapitel der deutsch-französischen Nachkriegsgeschichte eine Dokumentation zu widmen.
Im Mittelpunkt des Films stehen aufwendige Spielszenen, die auf den Gerichtsprotokollen beruhen und am Originalschauplatz im Ahnensaal des Rastatter Schlosses gedreht wurden. Sie zeigen exemplarisch ausgewählte Prozesse und die daran Beteiligten wie den französischen Staatsanwalt Joseph Granier sowie die junge deutsche Pflichtverteidigerin Helga Kloninger. Neben selten gesehenem Archivmaterial fördern Historiker*innen Zeugnisse und historisches Beweismaterial aus den Gerichtsakten zutage und ordnen das Geschehen im Gerichtssaal ein. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 17.05.2021 Das Erste Die Romika-Story
Segelschuhe, Gummistiefel oder Pantoffel – seit 100 Jahren stehen diese Schuhe für eine Erfolgsgeschichte: Romika, der Name hat bis heute eine große Strahlkraft. Doch es gibt ein dunkles Kapitel, das lange verschwiegen wurde. Denn Romika steht auch beispielhaft für die Ausplünderung zahlloser jüdischer Unternehmen während der Nazi-Herrschaft.
Hinter dem großen Namen steckt die dramatische Geschichte des rheinischen Schuhpioniers Hans Rollmann. Mit zahlreichen Patenten gelang ihm in den 1920er Jahren der große Erfolg auf dem deutschen Schuhmarkt. Selbst nach der großen Wirtschaftskrise 1929/30 arbeiteten in den Fabriken in Köln und Trier noch mehr als tausend Menschen.
Doch nach der Machtergreifung wurde Rollmanns jüdischer Glaube zur Bedrohung für ihn und sein Unternehmen. Rohstoff-Boykott und Exportverbote trieben Romika in den Ruin. Rollmann hatte keine Chance. 1936 übernahm dann ein neuer Geschäftsführer das lukrative Unternehmen: Hellmuth Lemm profitierte dabei von Großaufträgen der Wehrmacht. Und mit Hilfe ukrainischer Zwangsarbeiterinnen konnten die Lohnkosten gedrückt werden.
Hans Rollmann dagegen rettete sich nach Brüssel. Doch als die Wehrmacht dann im Zweiten Weltkrieg auch in Belgien einfiel, flüchtete die Familie nach Calais. Von dort ging es nicht weiter, kein Schiff nahm sie auf. Hans Rollmann und seine Frau Marie sahen keinen Ausweg mehr und nahmen sich das Leben. Ihrer Schwiegertochter gelang mit ihrer zweijährigen Tochter die Flucht über Lissabon nach Amerika.
Nach Kriegsende wollte man die Nazizeit möglichst schnell vergessen. Romika tragen: Wohlbehagen wurde zum Slogan gepflegter Häuslichkeit. Die zweite Generation der Lemms führte nun bei Romika die Geschäfte und zählte später zu den 400 reichsten deutschen Familien. 1986 wurde das 50-jährige Jubiläum groß gefeiert. Kein Wort allerdings von der eigentlichen Geschichte, die ja im Jahr 1921 begann. Heute gehört Romika zu Europas größtem Schuhkonzern Deichmann.
Erst in den letzten Jahren kommt nach und nach die ganze Romika-Geschichte ans Licht. Es ist Hans Rollmanns Urenkel, der mehr wissen will über die Familien- und Firmengeschichte. Autorin Renate Werner hat die Initiative von Carl Liedermann aufgegriffen und ihn mehrmals auf seiner Spurensuche in Deutschland begleitet. Für diesen Film hat sie ein Treffen mit dem ehemaligen Geschäftsführer Björn Lemm vorbereitet und dazu mit Zeitzeugen an den Originalschauplätzen gedreht. Entstanden ist ein einzigartiges Dokument der Geschichte eines großen deutschen Unternehmens. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 13.06.2022 Das Erste Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 23.05.2022Der Schah und der Ayatollah
1979 stürzt im Iran eine Revolution unter der Führung von Ayatollah Khomeini den Herrscher Schah Mohammad Reza Pahlavi und beendet damit eine über 2500 Jahre alte Monarchie. Der bis dahin westlich orientierte Iran wird in der Folge zur Islamischen Republik, eine Herausforderung nicht nur für den Mittleren Osten. Der Film schildert die Lebenswege der beiden Rivalen, Schah Mohammad Reza Pahlavi und Ayatollah Khomeini, die sich mehr als 30 Jahre lang als Gegenspieler gegenüberstanden. Der schiitische Geistliche Ruhollah Musawi Khomeini wurde schon kurz nach dem Amtsantritt des Schahs in den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu seinem entschiedenen Gegner und bekämpfte ihn während seiner gesamten Herrschaft bis zum bitteren Ende.
Höhepunkte dieser Auseinandersetzung waren die „Weiße Revolution“ von 1963, ein großes Modernisierungsprojekt, sowie das dramatische Jahr 1978, in dem sich die Machtverhältnisse umkehrten und der Ayatollah innenpolitisch zur zentralen Größe wurde. Hatte ihn der Schah einst außer Landes verwiesen, so wurde er in der Islamischen Revolution zum Hoffnungsträger all derer, die sich vom Schah und von der Monarchie betrogen fühlen.
Am Ende siegte der islamische Fundamentalismus, eine neue Herausforderung für die Weltpolitik. Der Film zeigt umfangreiches und kaum bekanntes Archivmaterial und lässt Zeitzeugen, Historiker, Vertreter des Schah-Regimes sowie Khomeini-Vertraute zu Wort kommen, darunter Farah Diba, die letzte Kaiserin des Iran, Abolhassan Banisadr, der erste gewählte Präsident der Islamischen Republik Iran, Hans Friderichs, deutscher Wirtschaftsminister von 1972 – 77, Hassan Yussefi Eshkevari, ehemals Anhänger von Khomeini und Bahman Nirumand. langjähriger Kritiker des Schah-Regimes und Exil-Iraner in Berlin. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 25.11.2019 Das Erste Schatten auf der Völkerfreundschaft – Rassistische Verbrechen in der DDR
„Schlagt die Algerier tot!“ – mit diesem Ruf hetzen im August 1975 Gruppen junger Männer drei Tage lang Nordafrikaner durch Erfurt. Schon in den Monaten zuvor hatte es in der damaligen DDR-Bezirksstadt immer wieder tätliche Auseinandersetzungen zwischen Deutschen, Ungarn und Algeriern gegeben. Die sogenannten Vertragsarbeiter waren von der DDR-Führung angeworben und ins Land geholt worden, um den Arbeitskräftemangel zu beseitigen. Die ersten kamen Mitte der 1960er Jahre. Ihr Aufenthalt war fast immer zeitlich befristet.
Sie lebten getrennt von den Einheimischen in Wohnheimen, durften keine Familienangehörigen mitbringen und mussten nach Ablauf der Vertragszeit das Land wieder verlassen. Private Beziehungen zwischen Vertragsarbeitern und Einheimischen waren nicht vorgesehen und wurden oft unterdrückt. 1989 lebten 94.000 Vertragsarbeiter in der DDR. Die Hetzjagd von Erfurt war kein Einzelfall. Drei Jahre später jagen Volkspolizisten in Freyburg in der Nähe von Halle ihre abgerichteten Schäferhunde auf Kubaner.
Es kommt zu tiefgehenden diplomatischen Verstimmungen zwischen den Regierungen in Havanna und Ostberlin. Fidel Castro protestiert energisch bei Erich Honecker und droht mit ernsten Konsequenzen für das Verhältnis beider Staaten sollte sich so etwas wiederholen. Übergriffe gegenüber Ausländern und Hetzjagden passten nicht zum offiziellen Selbstverständnis der Partei- und Staatsführung. Denn nach ihrer Lesart bauten DDR-Bürger Seite an Seite mit ausländischen Werktätigen und Studenten den Sozialismus auf – und zwar ganz im Geiste des proletarischen Internationalismus.
Der Historiker Harry Waibel hat jahrelang geforscht und entsprechende Stasi-Akten ausgewertet. Demnach forderten rassistisch motivierte Gewalttaten mehrere tausend Verletzte und sogar Todesopfer: Raúl García Paret und Delfin Guerra aus Kuba, Manuel Antonio und Carlos Conceicao aus Mosambik. Sie wurden getötet, weil sie Ausländer waren, anders aussahen und sich anders benahmen. Christian Bergmann und Tom Fugmann gehen den Spuren der damaligen Verbrechen nach.
Bis heute sind die genauen Umstände vieler Taten unklar. Selbst Todesfälle wurden nur halbherzig oder gar nicht aufgeklärt. Täter gingen straffrei aus. Die Autoren stoßen auf Unglaubliches: Angehörige wurden bis heute über die Verbrechen völlig im Unklaren gelassen und Ermittlungen damals auf Anweisung von ganz oben eingestellt. Der Film sucht Antworten: Was ist damals wirklich passiert? Warum kam es zu diesen Verbrechen? Warum wurde so viel vertuscht und verdrängt? Welche Konsequenzen hat das bis heute? (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 10.04.2017 Das Erste Schuften für den Erzfeind – Frankreich und seine deutschen Kriegsgefangenen
Nahezu eine Million Deutsche befinden sich zwischen 1944 und 1948 in Frankreich in Kriegsgefangenschaft, wo sie der Willkür ihrer Bewacher ausgeliefert sind. Oft sind Hunger und Einsamkeit ihr Preis, viele zahlen mit dem Leben. Während dieser Jahre bekommen die als „boches“ geächteten Deutschen den Hass der Bevölkerung zu spüren, die während der Besatzungsjahre ihrer Macht ausgeliefert war. Man zwingt die Gefangenen, beim Wiederaufbau des Landes zu helfen, das sie zuvor zerstört hatten. Es beginnt eine einzigartige menschliche Belastungsprobe, bei der Hunger, schlechte Behandlung und Tod den Alltag bestimmen, aber auch ein ungewöhnliches Zusammenleben, bei dem jeder nach und nach lernen wird, seinen Erzfeind zu akzeptieren.
Diese Zeit in dem mit den Herausforderungen des Wiederaufbaus konfrontierten Frankreich hat sich bei Heinz, Werner, Ekkehard und den anderen Gefangenen tief in die Erinnerung eingegraben. Nie haben sie darüber gesprochen. Zum ersten Mal erzählen sie – 70 Jahre danach. Im Auftrag von Saarländischem Rundfunk und France Télévions-France2 haben ein französisches Team und die französische Produktionsfirma Cinétévé diese Dokumentation für das deutsche und französische Fernsehen realisiert. Dieses lange auf beiden Seiten des Rheins verschwiegene Kapitel der deutsch-französischen Geschichte wird in dieser Form zum ersten Mal in Frankreich und in Deutschland aufgearbeitet. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 23.01.2017 Das Erste Schwarz und deutsch: Die Geschichte der Afrodeutschen
„Ich bin in Deutschland geboren. Deutsch ist meine Muttersprache. Ich war in meinem Leben nur einmal auf dem afrikanischen Kontinent – als Pauschalurlauber“, sagt der Jenaer Student Konrad Erben (31). Dennoch unterstellen ihm viele, dass er kein Deutscher sei. Nur weil er Schwarz ist. Schwarz und deutsch sein – das geht für viele noch immer nicht zusammen. Afrodeutsche leben bereits seit vielen Generationen in Deutschland, Hunderte kamen bereits im Kaiserreich aus den damaligen Kolonien. Als Darsteller der sogenannten „Völkerschauen“ oder um eine Ausbildung zu machen. „Meine Familie lebt bereits in der 5. Generation in Deutschland“, sagt die Berlinerin Abenaa Adomako (59) stolz.
Ihr Urgroßvater Mandenga Diek war der erste Afrikaner, der 1896 die deutsche Staatsbürgerschaft bekam. Er setzte sich als erfolgreicher Kaufmann mit dem „Afrikanischen Hilfsverein“ für die Rechte Schwarzer Bürger ein: der Beginn der Schwarzen Community in Deutschland. Einige Schwarze, auch Abenaas Großvater, überlebten in der NS-Zeit, weil sie für Propagandafilme missbraucht wurden. Sie spielten an der Seite von Hans Albers oder Heinz Rühmann in „Münchhausen“ oder „Quax in Afrika“. Doch viele wurden zwangssterilisiert und kamen in KZs oder Fremdenlager.
Nach dem Zweiten Weltkrieg trafen in der BRD schwarze US-Soldaten auf deutsche Fräuleins, deren Kinder, die „Brown Babies“, wurden zur Adoption in die USA frei gegeben oder im Alltag rassistisch ausgegrenzt. Erwin Kostedde (74), erster Schwarzer Fußball-Nationalspieler, erzählt in diesem Film davon. In den 1990er Jahren saß er monatelang wegen eines ihm vorgeworfenen Raubüberfalls in U-Haft – er wurde freigesprochen. Der Verdacht des „racial profiling“ besteht bis heute. Auch Abenaas Tochter Antonia (22) berichtet von ihrer Schulzeit: „Es gab viele traumatische Situationen, zum Beispiel den Gebrauch des N-Worts“, gegen den sie sich erfolgreich mit Mitschüler (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 07.06.2021 Das Erste Schwarz rot grün – Die Geschichte der deutschen Umweltpolitik
Dieser Film erzählt die Geschichte verpasster Chancen: Wir hätten alle Zeit der Welt gehabt, die Klimakrise zu verhindern und unseren Nachkommen eine intakte Umwelt zu hinterlassen. Doch der Schutz der Umwelt wurde in der BRD und der DDR ebenso wie im wiedervereinigten Deutschland immer wieder den Interessen der Industrie geopfert. Wir blicken zurück auf sieben Jahrzehnte des Ringens um saubere Luft, klares Wasser und ein Klima, in dem auch folgende Generationen gut leben können. „Schwarz Rot Grün“ erzählt die wahre Geschichte der Umweltpolitik in Deutschland, ihrer Vorkämpfer und ihrer Blockierer.
Straßen voller Autos und rauchende Schornsteine – das sind in Nachkriegs-Deutschland Symbole des Fortschritts. Die Deutschen nehmen Smog und verschmutzte Flüsse billigend in Kauf. Hauptsache, die Wirtschaft wächst. Doch als Luft und Wasser immer schmutziger werden, lassen sich die Probleme nicht mehr ignorieren. „Der Himmel über der Ruhr muss wieder blau werden!“, fordert Willy Brandt 1961 in seinem Wahlkampf. Seine sozial-liberale Regierung setzt zu Beginn der 70er Jahre ein Sofortprogramm für den Schutz von Luft und Wasser auf. Mit der Ölkrise wird dieser Politik ein schwerer Dämpfer verpasst: Während der Rezession treten die Interessen der Industrie erneut in den Vordergrund. 1983 überrascht Schwarz-Gelb unter Helmut Kohl mit einer ambitionierten Luftreinhaltepolitik – eine Reaktion auf den Wahlerfolg der Grünen, die zum ersten Mal in den Bundestag eingezogen sind. Mit neuen Regelungen ergreift die Politik Maßnahmen, die Deutschland in Europa zum Vorreiter für saubere Luft machen.
In der DDR steht der Naturschutz schon in den 60ern in der Verfassung – doch das ist nur Fassade. Erich Honecker will über die Umweltpolitik die internationale Anerkennung der DDR vorantreiben. Zugleich leugnet die SED, dass gravierende Umweltprobleme überhaupt existieren. Dabei sind Smog, Waldsterben und Wasserverschmutzung an vielen Orten unübersehbar. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger wollen die erschreckenden Zustände nicht länger hinnehmen. Ihre Demonstrationen und Baumpflanzaktionen werden zu einer der Keimzellen des friedlichen Widerstands.
Nach der Wiedervereinigung zeigt sich das dramatische Ausmaß der Umweltschäden in den neuen Bundesländern. Doch wirtschaftliche Belange stehen wieder einmal an erster Stelle. Andere Industriestaaten überholen die Bundesrepublik mit ihren Nachhaltigkeitsstrategien. Immer häufiger drohen der Bundesregierung Sanktionsmaßnahmen der EU, weil sie Umweltschutzregelungen nicht umsetzt. Alois Glück, damals Staatssekretär im bayerischen Umweltministerium, bedauert die Versäumnisse: „Mit dem Rückblick muss ich sagen, dass wir, unsere Generation, dabei mächtig versagt hat auf Kosten jetzt der jungen Generation und der Nachkommen.“
Als 2005 mit Angela Merkel eine ehemalige Umweltministerin Kanzlerin wird, gilt sie rasch als „Klima-Kanzlerin“. Doch ausgerechnet sie macht den Atom-Ausstieg zunächst wieder rückgängig – bis der GAU von Fukushima auch die promovierte Physikerin zur Abkehr von der Kernenergie bewegt. Deutschland bleibt ein ambivalentes Land, was Umweltschutz betrifft: mal wegweisend, mal Musterschüler, und dann doch wieder den Schlüsselindustrien treu.
„Schwarz Rot Grün“ beleuchtet die Entwicklung der deutschen Umweltpolitik vom Wirtschaftswunder bis heute – mit wichtigen Playern von damals, wie den ehemaligen Umweltministern Klaus Töpfer und Jürgen Trittin.
Wir zeigen, wie BürgerInnen für „ihre“ Umwelt kämpften, gegen erhebliche Widerstände von Politik und Wirtschaft. Und wie schließlich die neue Generation der Millennials die Politik erheblich unter Druck setzt, weil sie ihre zukünftige Existenzgrundlage in Gefahr sieht. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 27.06.2022 Das Erste Deutsche Streaming-Premiere Mo. 20.06.2022 ARD Mediathek Der „Schwulen-Paragraf“ – Geschichte einer Verfolgung
Man nannte sie „die 175er“. Verhaftet wurden diese Männer schon mal direkt beim Liebesspiel, nicht selten am Arbeitsplatz, oder die Polizei holte sie von zu Hause ab. Ein paar Stunden später saßen sie oft schon in Haft, die Kündigung vom Arbeitgeber ließ meist nicht lange auf sich warten. Ihr begangenes Verbrechen: einvernehmlicher Sex unter erwachsenen Männern. Damit verstießen sie gegen den Paragrafen 175. „Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Geschlechts“ begangen werde, sei mit Gefängnis zu bestrafen.
So stand es zur Einführung des Paragrafen 1871 im Strafgesetzbuch des Deutschen Reiches. Die Nazis verschärften ihn, erhöhten die Strafen. Viele landeten im Konzentrationslager. Frei aber waren sie auch nach dem Krieg nicht. Die junge Bundesrepublik übernahm den Paragrafen 175 in seiner verschärften Form eins zu eins von den Nazis. Wer das KZ überlebt hatte, musste damit rechnen, erneut ins Gefängnis gesteckt zu werden, um die Reststrafe abzusitzen. Selbst das Bundesverfassungsgericht bestätigte 1957, dass der Paragraf 175 mit dem Grundgesetz im Einklang stehe: Männer, die mit Männern Sex hatten, wurden in der Bundesrepublik weiter verfolgt.
Nach Schätzungen des Justizministeriums wurde gegen 100.000 Männer ermittelt, 64.000 hat man verurteilt. Der Paragraf hat Leben zerstört, Existenzen vernichtet. In diesem Film berichten Zeitzeugen davon. So wie der 80-jährige Hermann Landschreiber aus Gelnhausen, den die Polizei 1966 vom Postamt abgeführt hat, weil die Mutter seines Exfreundes ihn angeschwärzt hatte.
Oder Günther Werner, der im katholischen Franken mit einem amerikanischen Soldaten in flagranti erwischt wurde und deshalb im Jugendarrest landete. Sie alle sprechen über ihre Verhaftung, den Knast, ihre Angst, erwischt zu werden oder erpressbar zu sein, aber auch über ihren Wunsch, trotzdem ein selbstbewusstes schwules Leben zu führen. Sie lassen uns verstehen, wie lang und beschwerlich der Weg war von der damals verbotenen Sexualität und Heimlichkeit bis hin zur Schwulenehe heute. Wie sieht jemand wie Klaus Beer diese Entwicklung? Sechs Männer hat er als Richter wegen Verstoßes gegen Paragraf 175 verurteilt.
Er setzt sich offen mit seiner beruflichen Vergangenheit auseinander. Wie dachte er damals, wie denkt er heute über diese Urteile? Der Film führt auch in die ehemalige DDR, wo der Paragraf viel früher außer Kraft gesetzt und schon 1988 endgültig abgeschafft wurde. Lebten männerliebende Männer oder lesbische Frauen in der DDR also angstfrei, weil ihr Sex nicht mehr strafbar war? Wann kamen sie trotzdem ins Visier der Staatsmacht? Wolfgang Schmidt war Leiter der Auswertungs- und Kontrollgruppe in der Hauptabteilung XX des Ministeriums für Staatssicherheit.
Er gibt offen Auskunft, warum man sich dort mit den Schwulen- und Lesbengruppen beschäftigte. Die lesbische Aktivistin Karin Dauenheimer wurde Anfang der 80er Jahre observiert. Für den Film öffnet sie ihre Stasi-Akte. Frauen, die Frauen liebten, fielen nicht unter den Paragrafen 175, ihnen drohte also auch im Westen keine Strafverfolgung. Hatten sie deshalb wirklich ein sorgenfreieres Leben? Auch darauf findet der Film Antworten.
Marco Giacopuzzi geht mit großer Sensibilität auf seine Zeitzeugen zu. Sein Film zeigt eindrucksvoll, wie ein menschenverachtender Paragraf und brutale Diskriminierung das Leben unschuldiger Männer und auch Frauen zerstörte, und warum es so lange dauerte, bis der Paragraf 175 aus der bundesdeutschen Rechtsprechung endlich verschwand. Erst 2017 beschloss die Bundesrepublik ein Gesetz zur Rehabilitierung aller Opfer des Paragrafen. Doch nur wenige trauten sich, einen Antrag zu stellen, und die meisten waren ohnehin verstorben. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 27.05.2019 Das Erste Die Slawen – Unsere geheimnisvollen Vorfahren
Vor 1.300 Jahren gibt es zwischen Elbe und Oder vor allem eines: menschenleere Weite. Doch dann lassen sich Fremde aus dem Osten in diesem fruchtbaren Land nieder – die Slawen. Sie zählen später zu den letzten Heiden in der Mitte Europas und haben eine bis heute geheimnisvolle Geschichte, in der viele Fragen offen sind und viel Raum für Sagen und Mythen bleibt. Sie verteidigen sich gegen mächtige Gegner und prägen das Mittelalter zwischen Elbe und Oder mit ihrer ländlichen Kultur und ihrem Glauben an Naturgötter. Hier sind es keine Könige und Kaiser, sondern Bauern und Handwerker; sie gründen nie einen eigenen Staat und haben dennoch die heutigen Nationen entscheidend geprägt. Die slawischen Vorfahren haben über die Jahrhunderte zur Entwicklung der Zivilgesellschaften des heutigen Europas beigetragen.
Seit dem 7. Jahrhundert nach Christus lassen sich slawische Stämme nachweisen, gibt es Zeugnisse kriegerischer Auseinandersetzungen und heidnischer Gottesanbetungen. Wie haben sich die Slawen ohne feste Landesgrenzen über Jahrhunderte entwickeln, ihre Bräuche, Religionen und Kulturen pflegen und vieles davon letztlich bis heute bewahren können? Die Dokumentation begleitet exemplarisch eine Gruppe von Slawen zwischen Elbe und Oder durch die Jahrhunderte, folgt ihnen in diverse Scharmützel, beobachtet ihre Bräuche und Riten und zeigt ihr Überlebensgeschick und ihren Kampf um eine eigene Identität vor dem Hintergrund großer historischer Umbrüche. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 09.04.2018 Das Erste Spielball der Weltpolitik – Als Elten niederländisch wurde
Es ist ein unbekanntes Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte: Am 23. April 1949 besetzte das Königreich der Niederlande deutsches Staatsgebiet als Pfand für geforderte Kriegsentschädigungen. Zu den annektierten Gebieten gehörte auch die kleine Gemeinde Elten. Hatten die Eltener Anfangs Angst vor der Besatzung, so entwickelte sich die Zeit „bei Holland“ zu einem Wohlstands- und Wirtschaftswunder, von dem heute noch viele Eltener schwärmen. Die Besatzungszeit endete mit der größten Schmuggel-Aktion in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
Die Dokumentation zeigt diese in bisher unveröffentlichten Normal-8-Aufnahmen! Es ist ein völlig unbekanntes Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte: Am 23. April 1949 besetzte das Königreich der Niederlande deutsches Staatsgebiet als Pfand für geforderte Kriegsentschädigungen für die Verbrechen der Nazis in den Niederlanden. Zu den annektierten Gebieten gehörte auch die Gemeinde Elten am Niederrhein. 14 Jahre lang stand das legendäre Schmugglerdorf unter niederländischer Verwaltung. Die Dokumentation geht der Frage nach, wie es dazu kommen konnte, dass ein kleines Städtchen zwischen die Mühlsteine der Weltpolitik geriet.
Überraschend ist, dass trotz der Gräueltaten der Nationalsozialisten an der niederländischen Bevölkerung während der Annexion Eltens die niederländische Verwaltung keine Rache ausübte, sondern das Städtchen vorbildlich aufbaute. Hatten die Bürger Anfangs Angst vor der Besatzung, so entwickelte sich die Zeit „bei Holland“ zu einem Wohlstands- und Wirtschaftswunder, von dem heute noch viele Eltener Zeitzeugen schwärmen. Als am 1. August 1963 das Dorf wieder zur Bundesrepublik zurück musste, landeten dubiose Geschäftsleute mit Hilfe der Eltener einen besonderen Coup: In der sogenannten Butternacht gelangten durch die Grenzverschiebung tausende Tonnen von Kaffee, Getreide, Geflügel und vor allem Butter unverzollt und unversteuert in die BRD.
Ganz Eltern war vollgestellt mit über 400 Lkw. Jede Scheune, jeder Keller, jede Garage war voll mit unverzollter Ware. Bisher unveröffentlichte Normal-8-Filme geben in einzigartigen Aufnahmen von der größten Schmuggel-Aktion in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland geben der Dokumentation ihren ganz besonderen Reiz. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 05.07.2021 Das Erste Der Sputnik-Schock – Raketenpoker im Kalten Krieg
„Sowjetmond rast um die Erde!“, „Russen schockieren Amerika“, „Blamage für den Westen“. Wie eine Bombe schlägt die Nachricht ein, dass es der Sowjetunion am 4. Oktober 1957 gelungen ist, zum ersten Mal in der Geschichte einen künstlichen Erd-Mond zu starten. Sputnik1 ist in aller Munde. Eine 83 kg leichte Metallkugel mit einem Durchmesser von 58 cm, die mit kosmischer Geschwindigkeit um die Erdkugel saust.? „Wissenschaftlich und politisch betrachtet war es vermutlich der größte Schock im 20. Jahrhundert! Aus dem einfachen Grund, weil die Menschen nicht wussten was es war – sie hatten Angst.
Sie fragten sich: Wozu ist dieses Ding in der Lage? Kann es eine Bombe auf uns abwerfen? Kann es uns ausspionieren? Es war erschreckend.“ (Christopher Kraft / NASA Raumfahrtingenieur ) Die Tür zu einem neuen Zeitalter ist aufgestoßen. US-Präsident Eisenhower versucht Gelassenheit zu zeigen, geht demonstrativ Golf spielen und lässt mitteilen, dass ihm diese kleine Metallkugel im Kosmos keine Angst mache. Aber der Sputnik-Hype ist längst außer Kontrolle geraten. Die ganze Welt ist aus dem Häuschen.
Panik, Schock, Ratlosigkeit, Faszination. Wie umgehen mit diesem welthistorischen Ereignis? Jahrelang hatte die Sowjetunion im Geheimen an der Sensation gebastelt und die Amerikaner im Glauben gelassen, beim Wettlauf in den Kosmos die Nase vorn zu haben. Das Sowjet-Reich vor Sputnik gilt vielen im Westen als ein industrielles und wissenschaftliches Entwicklungsland. Ein Vorstoß ins Weltall? Einfach unvorstellbar. Nun scheinen die Sowjets plötzlich sogar technologisch in Führung zu gehen. Meinungsforscher im Westen schlagen Alarm.
Im Osten wird der Sputnik-Flug als Beleg für die Überlegenheit des Kommunismus gefeiert. Im DDR-Fernsehen jubeln nicht nur Leute wie Karl Eduard von Schnitzler. Die Brecht-Interpretin Gisela May singt im DEFA-Augenzeugen sogar einen brandaktuellen „Sputnik-Song“. Im Westen schwankt die Stimmung. Schock, Faszination und Ernüchterung: „Vielen Dank Genosse Sputnik. Du warst für uns ein Schock, wie damals Pearl Harbour. Du hast uns im Innersten getroffen. Du hast uns plötzlich klar gemacht, dass wir nicht immer die Besten sind …“ (Gabriel Heatter / US Radiokommentator) „Der Sputnik-Schock“ ist ein Film über den Wettlauf ins All, über Mythos und Wirklichkeit des ersten künstlichen Erdtrabanten.
Ein Film auch über das Schicksal desjenigen, der den Sputnik erst möglich machte: Chefkonstrukteur Sergej Koroljow. Seinen Namen durfte die Welt erst erfahren, als er 1965 an der Kreml-Mauer als Held der Sowjetunion beigesetzt wurde. Alle Versuche, ihn für den Nobelpreis zu nominieren, waren an der Geheimniskrämerei der Kreml-Führung gescheitert. Ein Film über Sieger und Verlierer, über Hintergründe und Geheimnisse der ersten Kosmos-Expeditionen. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 23.10.2017 Das Erste Der Stahlbaron – Hermann Röchling und die Völklinger Hütte
Der Film erzählt die Geschichte des Stahlunternehmers Hermann Röchling. Der 1872 geborene Spross einer saarländischen Industriellenfamilie war ein technischer Visionär, charismatisch, ehrgeizig und machtbewusst. Sein Leben lang gelang es ihm, in politische Prozesse so einzugreifen, dass sie seinem Unternehmen nützten. Schon im Ersten Weltkrieg setzte er voll auf Rüstungsproduktion und scheute weder die Plünderung französischer Industrieanlagen noch den Einsatz von Zwangsarbeitern. Die Erzfelder des seit 1871 vom Deutschen Reich annektierten Lothringen nutzte er wie einen Selbstbedienungsladen.
Die in Lothringen lebenden Franzosen sollten seiner Vorstellung nach durch Deutsche ersetzt werden. Als das Saargebiet nach dem Ersten Weltkrieg mit einem Mandat des Völkerbundes unter französische Verwaltung kam, wurde Röchling wegen Kriegsverbrechen und der Demontage in Frankreich zwar angeklagt, konnte sich dem Prozess und der gegen ihn verhängten Strafe jedoch entziehen. In der Zwischenkriegszeit baute er seinen politischen Einfluss aus, diente sich ab 1933 Hitler an und wurde wichtigster Kopf der „Deutschen Front“, jenes Parteienbündnisses, das 1935 den Anschluss des Saargebiets an Nazi-Deutschland als seinen Sieg verbuchen konnte.
Wieder konnte Röchling mit Rüstungsgütern sein Unternehmen nach vorne bringen, und wieder erlaubte ihm der Krieg den massiven Einsatz von Zwangsarbeitern. Göring machte den Saarländer 1942 zum „Reichsbeauftragten für Eisen und Stahl in den besetzten Gebieten“.
Als „Röchling-Transporte“ gingen die Verschleppungen von Zwangsarbeitern in die Geschichte ein. Der Völklinger Industrielle war inzwischen 70 und auf dem Höhepunkt seiner Macht; bis Kriegsende gehörte er der Spitze der NS-Elite an. 1948 wurde Hermann Röchling von der französischen Besatzungsmacht in Rastatt vor Gericht gestellt. Ähnlich wie in Nürnberg wurden in der badischen Kleinstadt Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verhandelt. Über 2000 Personen waren angeklagt, meist Angehörige des südwestdeutschen Lagerpersonals – vom Wachmann bis zur Sekretärin.
Unter den höheren Funktionsträgern war Hermann Röchling der Prominenteste und sein Wirken als NS-Unternehmerfigur für das französische Tribunal Général zweifelsfrei das mit der größten Tragweite. Die Dokumentation nimmt den Prozess im Ahnensaal des Rastatter Schlosses als Ausgangspunkt, um die Verflechtung von Wirtschaft und Politik vor dem Spiegel der beiden Weltkriege anhand der Figur des saarländischen Stahlmagnaten zu erhellen. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 01.04.2019 Das Erste Stammheim – Die RAF vor Gericht
Der Stammheimer Prozess gegen die Führung der RAF sollte den Terrorismus juristisch beenden, doch er spaltete die Gesellschaft und trug dazu bei, dass die Gewalt im „Deutschen Herbst“ eskalierte. 1974 scheint der Terrorismus in der Bundesrepublik schon fast besiegt: Der harte Kern der Rote Armee Fraktion ist verhaftet, die Studentenproteste flauen ab. Die Verurteilung der RAF-Mitglieder Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in einem ordentlichen Prozess werde dem Spuk ein Ende bereiten – glauben viele damals.
Doch dann werden die Jahre 1974 bis 77 zu den blutigsten in der Geschichte des linken Terrors in der Bundesrepublik. Attentate und Geiselnahmen halten die Öffentlichkeit in Atem, der Staat wehrt sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln. Unschuldige geraten zwischen die Fronten. Am Ende steht mit der Entführung Hans Martin Schleyers und der Lufthansamaschine „Landshut“ der „Deutsche Herbst“, die größte innenpolitische Krise der Bundesrepublik. Der Stammheimer Prozess gegen die Führung der RAF ist ein Schlüsselereignis für die Geschichte und für das Verständnis des „Deutschen Herbstes“, der sich 2017 zum 40. Male jährt.
Der neue, hochgesicherte Gerichtssaal auf dem Gelände des Stammheimer Untersuchungsgefängnisses wird zum Schauplatz erbitterter Kämpfe zwischen Angeklagten und Staatsanwälten, Richtern und Verteidigern. Hungerstreiks, Abhörskandale, Vorwürfe wegen Isolationsfolter und Selbstmorde in der Haft erschüttern die Republik. Statt den Terrorismus juristisch aufzuarbeiten, spaltet der Prozess die Gesellschaft und trägt zur Eskalation der Ereignisse bei.
Als am 28. April 1977 das Urteil verkündet wird, ist Ulrike Meinhof bereits tot, die drei anderen werden zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Doch warum konnten die Ereignisse und der Prozess derartig eskalieren? Wer trägt Schuld daran? Hätte die Eskalation vermieden werden können? Das sind die Fragen, denen der Film nachgeht. Erstmals hat für diesen Film der Vorsitzende Richter Theodor Prinzing (91) ein ausführliches Interview gegeben.
In ihm enthüllt er nicht nur, dass eigens für den Prozess erlassene Sondergesetze auf Hinweise des Gerichts zurückgingen. Er spricht auch zum ersten Mal über ein familiäres Drama, das sich hinter den Kulissen abspielte: Seine Tochter Gabriele (die in diesem Film zum ersten Mal ein Interview gibt) war auf der Seite der RAF-Sympathisanten und nahm an RAF-nahen Veranstaltungen teil, auf denen ihr Vater als Mörder beschimpft wurde. Zu Wort kommen außerdem Beteiligte von damals: Richter im Stammheimer Prozess wie Kurt Breucker und Eberhard Foth, Verteidiger wie Christian Ströbele und Rupert von Plottnitz sowie Journalisten und Historiker.
Die Eskalation jener Zeit beschreiben aus unterschiedlicher Perspektive der Theatermacher Claus Peymann und der Filmemacher Andres Veiel, damals Mitglied der Jungen Union in Stuttgart. Mit ihrer Hilfe rollen wir den Prozess von damals noch einmal auf, konfrontieren die Zeitzeugen mit ihren Entscheidungen und versuchen zu verstehen, wie es zu dieser Eskalation kommen konnte. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 24.04.2017 Das Erste Stramm rechts im Parlament
Nie wieder Nationalsozialismus – mit dieser Begründung wurde am 10. Oktober 1945 die NSDAP verboten. Doch die stramm rechten Parteien verschwanden deshalb nicht aus Deutschland – weder aus West noch aus Ost. Abgeordnete der äußersten Rechten schafften es seit 1949 immer wieder in die Parlamente. Schon im ersten Bundestag saßen Politiker, die sich in einer nationalsozialistischen Tradition sahen. Die Radio-Bremen-Dokumentation von Nadja Kölling zeichnet die Erfolgswellen der rechten Parteien in Deutschland seit 1945 bis heute nach. Sie zeigt, welchen Einfluss rechte Parteien in Westdeutschland hatten und spürt dem verborgenen rechten Denken und Handeln in der politischen Landschaft der DDR nach.
Die Sozialistische Reichspartei (SRP) fuhr zu Beginn der 1950er Jahre mit unverhohlen antisemitischen und nationalistischen Forderungen große Wahlerfolge ein – vor allem in Norddeutschland. Die Partei wurde 1952 vom Bundesverfassungsgericht verboten. Aber rechtsgerichtete Politik wirkte in der jungen Bundesrepublik weiter. So war die damalige FDP im Kabinett Konrad Adenauers zwar in demokratischer Regierungsverantwortung, präsentierte sich aber als Kämpferin für die Rückgewinnung der Ostgebiete des Großdeutschen Reichs.
Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) erinnert sich: „Die FDP bestand damals aus Blutordensträgern, SS-Leuten, Ortsgruppenleitern. Sie hatten das Ziel, alte Nazis als Wähler zu gewinnen.“ Aus der FDP heraus plante Werner Naumann, ehemaliger Staatssekretär in Goebbels’ Propagandaministerium, sogar einen Putsch gegen die Bundesregierung. Sein Ziel: Die Wiedererrichtung eines nationalsozialistischen Staats. Nur durch das Eingreifen der britischen Besatzungsmacht konnte der Umsturz 1953 verhindert werden.
Auch in der vermeintlich antifaschistischen DDR gab es einen rechten Rand, wenn auch nicht in Form einer Partei. Daniela Münkel untersuchte die damaligen Stasi-Unterlagen und entdeckte Erschreckendes: „Die Staatssicherheit berichtet schon in den 50er Jahren, dass es antisemitische Schmierereien gab. Die Stasi bezeichnete das als Rowdytum“, so Münkel. Doch diese Rowdys nannten sich Kampfbund nationalsozialistischer Erneuerer des Großdeutschen Reiches oder Faschistische Lehrlingspartei.
Und danach? Mit der ersten größeren Wirtschaftskrise 1966/67 machte sich eine zweite Welle von Rechtsaußen in der Bundesrepublik bemerkbar. Die Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) schaffte es zwar nie in den Bundestag, aber das lag eher an ihrer organisatorischen Schwäche als an fehlendem Wählerpotenzial. 1983 gründeten enttäuschte CSU-Politiker die Partei Die Republikaner. Der damalige CSU-Generalsekretär Erwin Huber war vom Erfolg der neuen Rechten überrascht. Ihm wurde klar: „Unsere Demokratie ist sehr stark, aber die Zahl der Feinde und der Gegner nimmt leider zu.“ Mit offen ausländerfeindlichen Wahlslogans schaffte die Partei 1989 auf Anhieb den Sprung in das Europaparlament und zog auch ins Berliner Abgeordnetenhaus ein.
Innerparteiliche Kämpfe brachten aber auch diese rechte Partei zu Fall. Mit dem Fall der Mauer wurde der Osten Deutschlands zum neuen Dreh- und Angelpunkt rechter Politik. Der Historiker Frank Bösch beschreibt: „Mit der Wiedervereinigung wurde ein Gefühl von neuer Größe geweckt. Und gleichzeitig wurden immer mehr Flüchtlinge aufgenommen.
Das ist die Gefühlslage, mit der die Rechten in die Landtage des Ostens kommen.“ Nach den Wahlergebnissen der Deutschen Volksunion (DVU) Ende der 90er Jahre in Sachsen-Anhalt, wenig später die der NPD in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern und die der AfD seit 2013 hatte und hat die politische Landschaft in Deutschland Parteien rechts der Mitte. Welche politische Wirkung haben die rechten Parteien seit 1949? Schaden sie der Demokratie oder sind sie Ausdruck einer lebendigen Debattenkultur? Antwort auf diese Fragen sucht die Radio-Bremen-Dokumentation „Stramm rechts im Parlament“. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 14.12.2020 Das Erste Strandleben – Die Geschichte der deutschen Seebäder: An der Nordseeküste
1797 wurde auf Norderney das erste deutsche Nordseebad eröffnet. Von keiner anderen Entwicklung hat die Küstenregion so nachhaltig profitiert wie von der Gründung der Seebäder. Sie gehören heute zu den beliebtesten Urlaubszielen und sind einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren. Insgesamt werden pro Jahr über 40 Millionen Übernachtungen und mehr als 60 Millionen Tagesausflügler registriert. (Text: Tagesschau24)Deutsche TV-Premiere So. 16.09.2018 tagesschau24 Strandleben – Die Geschichte der deutschen Seebäder: An der Ostseeküste
Lange mieden Urlauber das Meer. Es galt als unheimlich und bedrohlich. Erst Mitte des 18. Jahrhunderts beginnt der Badetourismus. Ärzte wie der englische Richard Russell oder der Leibarzt des mecklenburgischen Herzogs Friedrich Franz I., Samuel Gottlieb Vogel, entdeckten die gesundheitlichen Vorzüge des Meerbadens. Adlige bauten an den Küsten der Ostsee Logierhäuser und große Paläste. (Text: Tagesschau24)Deutsche TV-Premiere Sa. 15.09.2018 tagesschau24 Tatort Berlin: Die Bankräuber-Brüder Sass
Es ist eine bemerkenswerte Geschichte, wie die Brüder Franz und Erich Sass Ende der 1920er Jahre Berlin in Atem halten. Sie werden von der Kriminalpolizei gejagt, von Presse und Bevölkerung geliebt und bejubelt wie Filmstars. Ihr Ziel: die Schätze der Reichen. Mit Chuzpe versuchen sie, eine Bank nach der anderen zu knacken. Berliner Jungs, die mit spektakulären Brüchen, die Reichen bestehlen und den Armen (angeblich) geben. Kaum eine Bank scheint in Berlin vor den Sass sicher. Einer der sensationellsten Bankeinbrüche, der je in Deutschland verübt wurde, ist der Einbruch der Sass-Brüder in die als „sicherste Bank der Welt“ geltende Diskontobank am Wittenbergplatz.
Doch 1933 kommt eine neue Zeit – auch für die Meisterdiebe aus Moabit. Aus den Gentlemen-Ganoven werden jetzt „Volksschädlinge“ gemacht, die „ausgemerzt“ werden müssen. Die Sass’ setzen sich nach Dänemark ab, das Berliner Pflaster ist ihnen zu heiß geworden. Doch in Kopenhagen werden sie geschnappt und schließlich nach Deutschland ausgeliefert. Die Nazis ermorden sie im Konzentrationslager Sachsenhausen. Der Film erzählt die spannende Geschichte der Brüder Sass. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 08.01.2018 Das Erste Thyssen Krupp – Ende Legende
Wie konnte es soweit kommen? Der Niedergang des einstigen Vorzeigekonzerns liegt nicht nur im Auf und Ab der Konjunktur. Die Geschichte von Thyssenkrupp ist auch eine Geschichte von Größenwahn, internen Machtkämpfen, Korruption und Missmanagement. Es war eine spektakuläre Übernahmeschlacht. 1997 versucht Krupp seinen Erzrivalen Thyssen zu übernehmen. Das Pikante: Krupp selbst ist da eigentlich schon ein Sanierungsfall und viel kleiner als Thyssen. Mit einem auf Pump finanzierten Kauf von Thyssen will Krupp sich retten. Thyssen ist überrumpelt. Empört spricht man von „Wildwest-Manieren“.
Zehntausende Stahlarbeiter gehen gegen die feindliche Übernahme auf die Straße. Schließlich einigen sich die beiden Konzerne auf eine friedliche Fusion. Es ist das Ende einer fast hundertjährigen Rivalität. Schon vor dem Ersten Weltkrieg wird Krupp durch seine Stahl- und Kanonenproduktion zum Mythos. Aber auch die betriebliche Sozialpolitik und der Glanz der Familiendynastie prägen das Ruhrgebiet bis heute. Dennoch steht Krupp auch nach dem Zweiten Weltkrieg immer wieder vor der Pleite. Ganz anders Thyssen: Weniger glamourös, aber dafür dezentraler und moderner geführt, kommt der Konzern besser durch die Stahlkrisen der 70er und 80er Jahre.
Mit der Fusion 1999 will man gemeinsam auf dem Weltmarkt bestehen. Doch intern gehen die Machtkämpfe weiter. Viele Konzern-Teile arbeiten nur nebeneinander, manche sogar gegeneinander. Eine echte Integration findet nicht statt. Dennoch geht es nach der Jahrtausendwende aufwärts. Ein globaler Stahlboom lässt die Manager träumen. Ein neues Stahlwerk in Brasilien und ein Walzwerk in den USA sollen Thyssenkrupp zurück in die Weltspitze führen.
Doch die Projekte in Übersee entwickeln sich zum Desaster. Unter anderem wählt man in Brasilien einen Standort in einem Sumpfgebiet und muss mit Pfählen den Untergrund aufwendig stützen. Die Mehrkosten gehen in die Milliarden. Doch eine starre, hierarchische Unternehmenskultur, Seilschaften und Rivalitäten um die Konzernspitze verhindern offensichtlich ein Umdenken – bis es irgendwann zu spät ist. Am Ende kosten die Projekte mehr als zehn Milliarden Euro. Geld das Thyssenkrupp bis heute für Investitionen in andere Konzernsparten fehlt.
Es ist eine der größten Fehlinvestitionen der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Und der Anfang vom Ende. Nach dem Tod des alten Konzernpatriarchen Berthold Beitz 2013 spitzen sich die Konflikte weiter zu. Führungschaos, ständige Strategiewechsel und eine anhaltende Konjunkturkrise bringen den Konzern immer tiefer in die roten Zahlen. Inzwischen wird sogar ein Komplettverkauf der Stahlsparte nicht mehr ausgeschlossen. Damit verlöre der Traditionskonzern endgültig seine Wurzeln. Es wäre das Ende einer über 200-jährigen Firmengeschichte, die Industrie und Wirtschaft hierzulande geprägt hat. (Text: ARD)Deutsche TV-Premiere Mo. 19.10.2020 Das Erste
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