Beim Spaziergang durch die engen Gassen taucht „Jesus“ auf. Ein Amerikaner, beseelt von der Spiritualität der Stadt und gekleidet in weißes Leinen, versucht er zu leben wie Jesus. Manche Gläubige sind von der Atmosphäre der Heiligen Stadt derart ergriffen sind, dass sie unter Persönlichkeitsverlust leiden. Man nennt das Phänomen Jerusalemsyndrom. Der Rat der Ärzte: die Stadt möglichst schnell verlassen. Wem der religiöse Trubel zu viel wird, der findet Zuflucht in der Villa Dolorosa. Dort steht seit 1856 das österreichische Hospiz. Hier kann man in einem der schönen Zimmer übernachten oder nur auf ein Wiener Schnitzel und eine Linzer Torte mit Meindl Kaffee einkehren. Auch Juden und Moslems sind hier willkommen. Im Elah-Tal bauen einige der besten Israelischen Winzer Wein an. Einer davon ist Shuki Yashuv. Er keltert preisgekrönten koscheren Wein. Shuki selbst ist Atheist, aber viele seiner Freunde sind gläubig, und er wollte seinen Wein nicht alleine trinken. Bei der Verkostung seines eigenen Weines darf er die Fässer nicht berühren, das macht sein orthodox gläubiger Helfer Yeshaya. Tel Aviv am
Sonntagmorgen. Franz Gernstl wird von eigenartigen Klopfgeräuschen geweckt. Es ist Matkotzeit. Den israelischen Nationalsport spielt man mit Holzschlägern am Strand. Der Gummiball verursacht das vielfache „Pong Pong“. Unangefochtener Matkotkönig ist der 69 Jahre alte Amnon Nissim. Er spielt jeden Tag. In seiner Wohnung hat er ein Matkotmuseum eingerichtet. Auch sein Bett ist mit Schlägern und Bällen dekoriert. Er will mit Matkot einschlafen und mit Matkot aufwachen. 1993 hat Tel Aviv einen neuen Busbahnhof bekommen, den größten der Welt. Ein ehrgeiziges Projekt damals, heute ein gigantisches Beispiel verwirrender Fehlplanung. Mendy Cahan hat im fünften Stock eine einzigartige, jiddische Bibliothek untergebracht. Es kommen nicht allzu viele Besucher, aber Mendy kämpft unbeirrt und mit viel Humor für den Erhalt der jüdischen Sprache. Mit Blick über die Skyline von Tel Aviv verabschiedet sich Franz Gernstl von einem alten Freund, der sich wehmütig an seine Zeit in München und an friedvolle Tage im Biergarten erinnert. Und der trotzdem in Tel Aviv bleibt. „Es ist nicht die schönste Stadt der Welt“, meint er, „aber es ist meine Heimat.“ (Text: ARD-alpha)
Deutsche TV-PremiereMo. 05.01.2015Bayerisches Fernsehen