Echt Folge 253: Der Traum vom Fliegen – Stasi, Thermik, Todesangst
Folge 253
Der Traum vom Fliegen – Stasi, Thermik, Todesangst
Folge 253 (30 Min.)
Im August 1980 reicht es den Genossen: In der DDR wird das Drachenfliegen verboten – als einzigem Land der Welt. Zu groß ist bis dahin die Szene derer geworden, die den Traum vom einfachen, lautlosen Fliegen leben – und die im Lande des Mangels spektakuläre Fluggeräte bauen. So, wie der ehemalige Busfahrer Heinz Gröschner aus Thüringen. Seine Drachenflieger entstehen aus den dünnen Alu-Stangen ausgemusterter Linienbusse. Andere Flugpioniere konstruieren mit Hilfe von Weidenruten und Staubsaugerrohren ihre Modelle. Die Stoffe für die Gleitschirme besorgen sie sich in Textil- und Gummifabriken. Auch DDR-Rennrodel-Legende Hans Rinn wird in den 70ern vom Fliegerfieber angesteckt – und schmuggelt fertige Drachenflieger aus dem Westen in die DDR. Allen gemeinsam ist: Sie versuchen, in waghalsigen Selbstversuchen den Drachenfliegern die Geheimnisse der Aerodynamik zu entlocken, getrieben von Abenteuerlust und Freiheitsgefühl. Dann aber werden die wilden Flieger zum Objekt der
Stasi, denn diese wittert Fluchtgefahr. Heute stürzen sich ihre Nachfolger per Gleitschirm von sonnenbeschienenen Hängen an Saale oder Unstrut – und fliegen von dort bis nach Bayern, Tschechien oder nach Halle. Hunderte Kilometer weit, nur getragen von heißer Luft, steigen sie in Höhen auf bis zu 3.000 Metern. Dann sind sie oft mehr als neun Stunden unterwegs. „In den Alpen kann das jeder, im Mittelgebirge musst du ein Naturtalent sein und die Thermik spüren“, sagen die Hobbypiloten vom Drachenfliegerverein Saalfeld. Dabei kann alles außer Kontrolle geraten, wie 2007. Damals trieb die Thermik die deutsche Gleitschirm-Weltmeisterin Ewa Wisnierska erst in eine Gewitterwolke, dann auf 9.000 Meter Höhe, bei 40 Grad minus. Dort wurde sie bewusstlos. Sven Voss enthüllt bei ECHT die Geheimnisse der Aerodynamik, des Drachen- und Gleitschirmfliegens – und erzählt die schier unglaublichen Geschichten der mitteldeutschen Lilienthals. Weitere Infos unter www.mdr.de/echt. (Text: mdr)