Österreicher, Verbrecher, Nazis: David Schalko über kleine Ganoven und große Gangster im Wien der Nachkriegszeit: Lustig über Konzentrationslager schreiben, darf man das? Vergnüglich sich ausbreiten über die Technik des schnellen Halsstichs, den Gebrauch der Maschinenpistole oder die tödliche Notwehr? Klar, wenn man Österreicher ist! Und vor allem: Wenn man es kann. Also: Gibt es einen Unterschied zwischen Mensch und Tier? Und wie wird aus ein paar wendigen Kleinganoven aus der Vorstadt eine Bande berüchtigter Schwerverbrecher? Das alles klärt der Wiener David Schalko exemplarisch anhand der Geschichte von Ferdinand Krutzler. „Ferdinand Krutzler war damals der wichtigste Notwehrspezialist Wiens. Elfmal wurde er wegen tödlicher Notwehr freigesprochen. Nur am Schluss hatte er es übertrieben. Da saß er inmitten des gefürchteten Bregovic-Clans. Bloß waren die sonst so lauten Jugoslawen ganz still. Das Einzige, was man hörte, war ihr Blut, das auf den Boden tropfte. Es war Notwehr, hatte der Krutzler geflüstert. Dann hatte er seine Pistole vor sich auf den Tisch gelegt und seelenruhig auf seine Verhaftung gewartet.“ So fangen gute Geschichten an. Schwarz, böse, tödlich. Ein Kriminalroman, natürlich, und ein alpenländischer dazu. Man konnte also hoffen, dass sich hier der schnoddrig-schräge Humor eines Wolf Haas mit der kalten Bosheit eines Thomas Bernhard mischt: Und so ist es auch. Nur dass Schalko darüber hinaus seine Figuren auch noch erbarmungslos psychologisch auslotet und uns in einem faszinierenden Bogen vom kläglichen Muff der Wiener Vorstadt bis zum brutalen Paradeprunk der Nazis das Leben zerstörter Seelen erzählt: Ein Sittenbild der österreichischen Nachkriegsgesellschaft, ein beunruhigendes Lehrstück und ein großer Roman! David Schalko, geboren 1973 in Wien, schrieb Gedichte, ehe er als vielgelobtes Wunderkind des österreichischen Fernsehens preisgekrönte Formate wie die „Sendung ohne Namen“ oder die Serie „Altes Geld“ drehte. (David Schalko: „Schwere Knochen“. Kiepenheuer & Witsch Verlag) Ein ganzes Jahrhundert von 1968 bis heute: Hans Magnus Enzensberger und sein Leben für die Literatur Den von den 68ern gern vorgeschlagenen Marsch durch die
Institutionen hat er gar nicht erst versucht: Hans Magnus Enzensberger ist immer sein eigener Herr geblieben, als Dichter, viel gerühmter Essayist, fleißiger Übersetzer, Romanautor, bestaunter Zeitschriftenherausgeber, neugieriger Verleger. Die Summe eines abenteuerlichen Lebens mit vielfältigen Bekanntschaften, wechselnden Wohnorten und weit schweifenden Lektüren hat er nun in einem schönen Band mit 99 Kurzportraits von – größtenteils verstorbenen – Kollegen versammelt, von Knut Hamsun über Wolfgang Koeppen bis Ismail Kadare. „Was mich betrifft, so habe ich seinen Weg immer nur aus den Augenwinkeln verfolgt; denn sympathisch war er mir nicht. Ich war zu sehr Zivilist, als dass ich sein Zutrauen hätte gewinnen können, und auch nicht hinreichend prominent, um mit den Kanzlern und Staatspräsidenten zu wetteifern, die ihn in seinem Wilflinger Forsthaus aufsuchten. Es war mir lieber, Jünger aus der Ferne zu bewundern. Mich beeindruckte seine Leidenschaft für Käfer und Schmetterlinge, die er aufspießte und sammelte, sein Vorpreschen im Krieg und die Rückzüge, die er zu den Zeiten einer Diktatur antrat, die er zuvor begrüßt hatte.“ Viel mehr muss man über – zum Beispiel – Ernst Jünger eigentlich nicht sagen: Enzensberger scheut sich nicht, in einer Nachbemerkung den Autoren von Wikipedia zu danken, nur halb gelesene Bücher zu erwähnen und jene Kritiker zu nennen, bei denen er geklaut hat: Das ist ziemlich souverän und elegant. Oft lakonisch, immer kenntnisreich, meist liebevoll, gelegentlich fein ironisch entfaltet er hier ein wirklich vergnüglich lesbares Kompendium der Literatur des 20. Jahrhunderts, eine äußerst brauchbare Basis für gepflegten Smalltalk ebenso wie eine intellektuelle Autobiographie im Spiegel der anderen. Und das kann so wirklich nur Hans Magnus Enzensberger. Hans Magnus Enzensberger, geboren 1929 in Kaufbeuren, ist spätestens seit 1968 einer der einflussreichsten und international bekanntesten deutschen Autoren. (Hans Magnus Enzensberger: „Überlebenskünstler“. Suhrkamp Verlag) Top Ten: Außerdem, wie immer, Denis Schecks Kommentar zu den Büchern auf der aktuellen Spiegel-Bestsellerliste (diesmal Belletristik) und eine ganz persönliche Empfehlung: Hideo Yokoyama: „64“, erschienen im Atrium Verlag! (Text: ARD)
Deutsche TV-PremiereSo. 29.04.2018Das Erste
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So. 06.05.2018
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So. 06.05.2018
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