Als kleiner Junge stöbert Karl-Heinz in einer Kiste mit Familienfotos und findet das merkwürdige Bild eines Mannes in Uniform. Angeblich heißt der Mann auf dem Foto Onkel Erich und kommt aus Berlin. Das zumindest erzählen Karl-Heinz’ Pflegeeltern dem kleinen Jungen. Komisch nur, dass Onkel Erich aus Berlin eine französische Uniform trägt. Erst viele Jahre später erfährt Karl-Heinz, wer wirklich auf dem Foto zu sehen ist: ein Franzose namens Rene Legrand. Und der ist, wie sich herausstellt, Karl-Heinz’ leiblicher Vater. Rene Legrand schuftet Anfang der 40er-Jahre als
französischer Kriegsgefangener der Nazis in den Leuna-Werken in Sachsen-Anhalt. Und Karl-Heinz’ Mutter Babette arbeitet zur selben Zeit im Sulfatversand von Leuna. Irgendwo in den Leuna-Werken müssen sich Rene und Babette damals begegnet sein. Und sie verlieben sich ineinander. Im Dritten Reich aber ist diese Liebe lebensgefährlich – denn Babette ist Deutsche und Rene Ausländer, ein Kriegsgefangener der Nazis. Und auf den Kontakt zu Kriegsgefangenen stehen drakonische Strafen: Zuchthaus für die Deutsche und das Todesurteil für den Ausländer. (Text: mdr)