Folge 64

  • 64. Der NSU-Prozess und die Opfer – Das lange Leiden der Angehörigen

    Folge 64
    Seit über fünf Jahren verfolgen Gamze Kubaşık und Abdulkerim Şimşek den NSU-Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht mit gemischten Gefühlen. Sie sind die Tochter und der Sohn zweier Mordopfer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU): Auf das Konto der rechtsextremistischen, rassistischen Terrorzelle gehen insgesamt zehn kaltblütig begangene Morde, neun an türkisch- und griechischstämmigen Männern und einer an einer deutschen Polizistin, außerdem 15 brutale Raubüberfälle und mindestens zwei Sprengstoffanschläge.
    Enver Şimşek war Blumenhändler in Nürnberg, er war das erste Mordopfer des NSU und wurde im Jahr 2000 erschossen. Mehmet Kubaşık hatte einen kleinen Kiosk in der Dortmunder Nordstadt, er starb 2006 durch die Kugeln der NSU-Terroristen. Für Gamze Kubaşık und Enver Şimşek ist das zähe Gerichtsverfahren ein Martyrium. An 437 Verhandlungstagen erleben sie das unerträgliche Schweigen der Angeklagten, das schamlose Feixen rechtsextremer Zeugen und das peinliche Versagen von Ermittlern und Geheimdiensten.
    Ständig werden Kubaşık und Şimşek an die traumatische Zeit nach den Morden erinnert, als die Opferfamilien selbst in den Fokus polizeilicher Ermittlungen rückten. Die Filmautoren Eva Frisch, Eckhart Querner und Alf Meier haben den gesamten Prozess verfolgt – vom ersten Verhandlungstag im Mai 2013 bis zum Urteil mehr als fünf Jahre später. Sie erlebten, dass sich das Interesse der Öffentlichkeit fast ausschließlich auf die meist schweigende Hauptangeklagte Beate Zschäpe und ihre mitangeklagten Unterstützer
    richtet, auf ihre Motive, ihre Gesinnung, ihr Verhalten vor Gericht.
    Deshalb war es dem Autorenteam besonders wichtig, die Opferfamilien in den Mittelpunkt ihrer Dokumentation zu stellen. Allerdings waren die meisten der Angehörigen nicht in der Lage, sich vor der Kamera zu äußern. Zu groß ist immer noch ihr Schmerz. Nur Gamze Kubaşık und Abdulkerim Şimşek waren bereit, für diesen Film ihre Geschichte zu erzählen. Die Dokumentation begleitet die beiden auf dem langen Weg bis zum Urteil, zeigt die Hoffnungen und Enttäuschungen, die Kubaşık und Şimşek erleben, wenn sich der Prozess ein ums andere Mal verzögert und ihre Plädoyers verschoben werden müssen, weil Verteidiger den Fortgang des Prozesses mit sinnlosen Beweisanträgen torpedieren.
    Kubaşık und Şimşek gestatten immer wieder auch kleine Einblicke in ihre Gedankenwelt, die sie normalerweise komplett von der Öffentlichkeit abschirmen. Am Ende des Mammutprozesses hofften sie auf ein gerechtes Urteil und vor allem auf Antworten auf ihre wichtigsten Fragen: Warum wurden gerade ihre Väter als Mordopfer ausgewählt, und welche Helfershelfer hatte der NSU vor Ort – Unterstützer, die möglicherweise noch heute unbehelligt in der Nachbarschaft der Opferfamilien wohnen.
    Doch die Enttäuschung ist groß, denn bei der Urteilsverkündung erwähnt das Gericht das Leid der Opfer mit keinem Wort. Zudem fällt aus Sicht Kubaşıks und Şimşeks das Strafmaß für zwei Angeklagte, die bekennende Nationalsozialisten sind, viel zu niedrig aus. Und dann kommt es noch zu einem traumatischen Zwischenfall auf der Zuhörertribüne. (Text: BR Fernsehen)
    Deutsche TV-PremiereMi 25.07.2018BR Fernsehen

Sendetermine

Mi 15.08.2018
23:30–00:15
23:30–
Mo 13.08.2018
19:15–20:00
19:15–
Mi 25.07.2018
22:00–22:45
22:00–
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