2024, Folge 1–21
Hamas: Die Erschaffung eines Monsters
Folge 1 (52 Min.)Die Hamas ist wohl alles das und noch mehr, denn seit dem 7. Oktober hat sie für die Palästinenser augenscheinlich endgültig die Führung im Widerstand gegen Israel übernommen. Sofia Amara traf die wichtigen Akteure des Konflikts: einflussreiche Mitglieder des politischen Büros und des militärischen Arms der Hamas, palästinensische Gefangene, die gegen israelische Geiseln ausgetauscht wurden, den ehemaligen Chef des SchinBet, der israelischen Politikern gegenüber sehr kritisch eingestellt ist, Frauen wie Yocheved Lifshitz, eine der ersten Geiseln, die von der Terrororganisation befreit wurden und die Frau von Marwan Barghouti, der seit 20 Jahren in einem israelischen Gefängnis sitzt. Er gilt als der palästinensische Mandela und als einziger, der die Legitimität besitzt, Friedensverhandlungen mit Israel zu führen. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 06.01.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 05.01.2024 arte.tv Haiti: Worte gegen Kugeln / Tschad: Karten für den Frieden
Folge 2 (52 Min.)Haiti: Das Land versinkt täglich tiefer in einem Teufelskreis der Gewalt. Der allgemeinen Hoffnungslosigkeit widerstehen viele junge Leute nur mit Hilfe der Literatur, die sie die brutale Gegenwart ertragen lässt.
Tschad: Die Aktivistin Hindou Oumarou Ibrahim fährt durchs ganze Land, um mit ihren Mitbürger*innen Wasserstellen oder Weideflächen zu kartografieren. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 13.01.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 12.01.2024 arte.tv Gaza: Ein Reporter im Krieg / USA: Amazon gegen Gewerkschaften
Folge 3 (52 Min.)Gaza: Ein Reporter im Krieg
Nach dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober verhängte Israel den Kriegszustand und startete eine Großoffensive, um die Hamas im Gazastreifen zu vernichten. Wir haben den palästinensischen Reporter Mohammed Alaloul bei seiner Arbeit im Krieg in Gaza begleitet. Der Reporter und Kameramann Mohammed Alaloul arbeitet für die türkische Nachrichtenagentur Anadolu, täglich schickt er seine Bilder vom Krieg in seiner Heimat Gaza in die Türkei, von wo sie dann weiter ihren Weg in die Medien der ganzen Welt finden können. Am 4. November ist er gerade bei Dreharbeiten, als er erfährt, dass in der Nähe seiner Wohnung Bomben einschlugen, mitten in der Großoffensive Israels gegen die Hamas, nach dem blutigen Terrorangriff am 7. Oktober.
Keiner antwortet auf Mohammeds Anrufe … An diesem Tag sterben vier Kinder Mohammeds in den Trümmern seines Wohnhauses, drei seiner Brüder, eine Schwester und drei Neffen. Mohammed entscheidet sich, mitten in der tiefsten Trauer, weiter als Reporter zu arbeiten, trotz alledem. Aus einem einfachen Grund, er sagt: „Die westlichen Medien erzählen die israelische Geschichte, aber wir hier müssen die palästinensische Geschichte erzählen.“
USA: Amazon gegen Gewerkschaften
Im Land des Kapitalismus und des Profits um jeden Preis kämpft eine neue Generation von Arbeitnehmer*innen mit wenig politischer Erfahrung um ihre Rechte in den Weltkonzernen: Sie gründen neue Gewerkschaften, zum Beispiel auch bei Amazon. Bei Amazon führen sie den Kampf um die Arbeitnehmerrechte besonders erbittert. Denn entschiedener als jedes andere Unternehmen vor ihm hat Amazon die Gewerkschaften zu seinen größten Feinden erklärt: Sie würden, so heißt es, seine Effizienz und den Kern seines Geschäftsmodells in Frage stellen – mit anderen Worten könnte man es auch so sagen: billige Arbeitskräfte für den Versandhandel in der ganzen Welt zu beschäftigen. Amazon investiert Millionen Dollar, um jede aufkeimende Bewegung für mehr Löhne und eine bessere Absicherung im Krankheitsfall schon im Keim zu ersticken.
Chris Smalls wurde bei Amazon entlassen, weil er sich für die Rechte der Arbeitnehmer dort einsetzte. Es war eine Sensation, als es seiner neuen Amazon Labour Union 2022 gelang, in den ersten Betrieben Fuß zu fassen. Wie konnte also eine Handvoll Arbeitnehmer*innen, die nach besseren Arbeitsbedingungen suchten, den amerikanischen Wirtschaftsriesen zumindest für einige Zeit ins Wanken bringen? Unsere Reporter haben Chris Small und seine Mitstreiter*innen begleitet, und sie dokumentieren auch, wie hart der Weltkonzern gegen die ALU zurückschlug. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 20.01.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 19.01.2024 arte.tv Ukraine: An Weihnachten ist Krieg / Kanada: Vom Feuer lernen
Folge 4 (52 Min.)Ukraine: In Moskau und in Kiew feierten sie bis vor dem Krieg in beiden Ländern noch Weihnachten nach dem Kalender der Orthodoxen Kirche. Nun feiert die Ukraine am 24. und 25. Dezember – eine symbolische Entscheidung, ein Akt des Widerstands, religiös und politisch.
Kanada: Wissenschaftler*innen forschen über Wälder, um zu verstehen, wie sie sich nach Bränden regenerieren können. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 27.01.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 26.01.2024 arte.tv Philippinen: Kinder tauchen nach Gold
Folge 5 (52 Min.)Philippinen: Das Land besitzt die fünftgrößten Goldreserven der Welt. Auch Kinder helfen beim Graben, weil sie schmal genug sind, um tief in die selbstgegrabenen Stollen zu tauchen. Nach Angaben von Human Rights Watch sollen landesweit mindestens 1000 Kinder in Minen arbeiten.
Indien: In Neu-Delhi erobern Horden von wilden Affen den öffentlichen Raum. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 03.02.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 02.02.2024 arte.tv Syrien: Allein nach dem Erdbeben / DR Kongo: Der vergessene Krieg
Folge 6 (52 Min.)Im Nordwesten Syriens konnten die Freiwilligen der Zivilverteidigung damals mit nur sehr begrenzten Mitteln helfen. Mehrere Tage lang blieb die Grenze zur Türkei geschlossen und das verhinderte, dass Hilfsgüter und Lebensmittel in die Rebellenregion Syriens kamen, die bis heute auch noch vom Regime Baschar al-Assads und seinem russischen Verbündeten bombardiert wird. Wie sieht es dort heute aus, ein Jahr nach dem Erdbeben? Unser Team traf die Überlebenden des Erdbebens, Menschen, die schon zwölf Jahre Bürgerkrieg in Syrien durchlitten haben … (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 10.02.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 09.02.2024 arte.tv Ukraine: Der Traum von der Krim / Marokko: Der Winter danach
Folge 7 (52 Min.)(1): Ukraine: Der Traum von der Krim
Trotz aller Raketen aus Moskau und trotz der stockenden Militärhilfen aus dem Westen halten die Ukrainer nicht nur durch, sie bereiten sich auch schon konkret auf die Zeit nach dem Krieg vor, auf die Besetzung der Krim nach einer Niederlage Moskaus: Im Frühjahr 2023 startete Tamila Tascheva als ernannte Vertreterin von Präsident Selensky für die autonome Republik Krim ein Programm zur Bildung einer Reserve von 50.000 Beamten: Lehrer, Richter, Grenzschutzbeamte, Kommunalbeamte, Führungskräfte in der Wirtschaft – alle Berufe, die von dem Tag an benötigt werden, an dem die russischen Soldaten die Krim freiwillig oder gezwungenermaßen verlassen haben. Tetjana gehört zu den ersten, die sich den Ausbildungsprogrammen für zukünftige Führungskräfte auf der befreiten Krim angeschlossen haben.
„Asker“, ein Geheimdienstoffizier, der eine Drohnenaufklärungseinheit leitet, träumt davon, mit unter den ersten zu sein, die ihren Fuß auf die befreite Krim setzen. Nariman Suleymanov, Staatsanwalt, bereitet die Einstellung von Hunderten von Staatsanwälten vor, um bereit zu sein, zurückzukehren und die ukrainische Justiz durchzusetzen. Kemal, Besitzer von mehreren Restaurants, zweifelt zwar an der Rückeroberung der Krim. Das hindert ihn jedoch nicht daran, Einheiten der ukrainischen Armee zu finanzieren, um dieses Ziel zu erreichen. Sie alle träumen von der Krim …
(2): Marokko: Der Winter danach
Die marokkanische Monarchie versprach den Opfern des Erdbebens vor fünf Monaten, das 3.500 Menschenleben kostete, ein Hilfspaket von 120 Milliarden Dirham, fast 11 Milliarden Euro, über einen Zeitraum von fünf Jahren. Ist dieses Geld vor Ort angekommen? Wie weit ist der Wiederaufbau fortgeschritten? Wie kann man schnell und erdbebensicher wieder aufbauen? In der Region Haouz, die dem Epizentrum am nächsten liegt, leben Aïcha und Sahra noch immer in den von den Helfern aufgestellten Zelten. Issa hat seinen gesamten Honigvorrat verloren, konnte aber in ein Dorf aus Fertighäusern umgesiedelt werden. Malika, die Lehrerin, kümmert sich in einem eigens dafür eingerichteten Container um traumatisierte Kinder. Viele Architekten sind besorgt, dass sich beim Wiederaufbau wieder überall der Beton durchsetzen könnte. Sie verteidigen die traditionelle Architektur, die sich wieder einmal als erdbebensicher erwiesen hat. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 17.02.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 16.02.2024 arte.tv Ukraine: Die unsichtbaren Wunden / Ukraine: Die Helden von der Post
Folge 8 (52 Min.)(1): Ukraine: Die unsichtbaren Wunden
Achtzig Prozent der Bevölkerung haben inzwischen einen nahen Angehörigen, der verwundet oder getötet wurde, zwölf Millionen Ukrainer leiden an einem Kriegstrauma. Die Unbarmherzigkeit des Feindes an der Front und die Entwicklung des Konflikts zwangen die Regierung gerade dazu, ein Gesetz zur Rekrutierung frischer Kräfte zu verabschieden. Neue Soldaten sollen die erschöpften Truppen ablösen, fast 500.000 Mann, um neue Offensiven gegen den Angreifer Russland zu starten. Diese augenscheinlich unpopuläre Maßnahme der Regierung bringt viele Ukrainer in einen Konflikt mit sich selbst, sie sind hin- und hergerissen zwischen ihrer patriotischen Pflicht und der Angst, an der Front zu sterben.
Hannah ist 38 Jahre alt, sie leitete früher einen der größten Clubs für Elektronische Musik in Kiew. Nach einer mehrmonatigen harten Ausbildung trat sie in die Armee ein und diente drei Monate lang als Sanitätssoldatin an der Front im Osten. Sie kehrte körperlich unversehrt zurück, aber mit tiefen Narben in ihrer Seele von dem Furchtbaren, das sie an der Front mit ansehen musste. Dima entschied sich, vor der Mobilisierung zu fliehen. Er riskierte sein Leben auf gefährlichen und illegalen Grenzübergängen in den Karpaten zwischen der Ukraine und Rumänien. Diese Grenzübergänge wurden zu Zufluchtsorten für Deserteure, die den Schrecken des Krieges und der Zwangsrekrutierung entkommen wollen.
(2): Ukraine: Die Helden von der Post
Das digitalisierte und hocheffiziente Unternehmen Nova Poshta befördert Pakete und Briefe im ganzen Land, es verbindet die Heimat mit der Front wie eine Art Nabelschnur. Zwei Jahre nach Kriegsbeginn ist die Nova Poshta deshalb von entscheidender Wichtigkeit für den Zusammenhalt und den Widerstand der gesamten Ukraine. Es ist also wohl kein Zufall, dass am 21. Oktober 2023 eine russische Rakete ein Lagerhaus der Nova Poshta nahe Charkiw zerstörte und acht Mitarbeiter tötete. Die Angestellten von Nova Poshta gelten in der Ukraine als Helden im Kampf gegen den Aggressor Russland. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 24.02.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 23.02.2024 arte.tv Myanmar: Die Armee der Rebellen / Indien: Verrückt nach Schach
Folge 9 (52 Min.)(1): Myanmar: Die Armee der Rebellen
Ohne jegliche Kampferfahrung schworen die jungen Kämpferinnen und Kämpfer zwischen 18 und 25 Jahren der Regierung der Nationalen Einheit die Treue, einer Art Parallelregierung im Schatten, gegründet von Mitstreitern von Aung San Suu Kyi, der gefallenen Ikone der Demokratiebewegung in Myanmar. Zum ersten Mal seit Beginn des Krieges ließen die Volksverteidigungskräfte (PDF) ein Kamerateam aus dem Westen in ihren Reihen zu. Ohne jegliche Unterstützung der internationalen Gemeinschaft müssen sie ihre Waffen und die Munition selbst herstellen. Die Junta genießt den militärischen Rückhalt von Peking und Moskau, doch die PDF erobern das Land zurück: Straßen, Dörfer und auch Armeestützpunkte, wo sie Dutzende Soldaten gefangen nehmen.
In den vom Joch der Junta befreiten Gebieten kehrt das Leben allmählich zurück. Die Schule, die Geschäfte und Restaurants haben wieder geöffnet. Soldaten auf Urlaub treffen sich dort, um auf ihre gefallenen Kameraden anzustoßen und auf den baldigen Sieg. Trotz der sich häufenden Niederlagen klammert sich die Junta an ihre Macht und stützt sich auf wahllose Luftangriffe, um Terror zu verbreiten. Das Team von ARTE Reportage wurde nur wenige Stunden nach seiner illegalen Einreise nach Myanmar Opfer eines solchen Angriffs. Ihr Auto und ihre Ausrüstung wurden zerstört, aber Antoine Védeilhé und Germain Baslé von Découpages gelang es trotz alledem, diese Reportage über die Armee der Rebellen gegen die Junta zu drehen.
(2): Indien: Verrückt nach Schach
Indien erlebte einen kometengleichen Aufstieg vieler neuer Schachstars in den letzten fünf Jahren, die nicht weniger als 50 Großmeistertitel gewannen und damit das ganze Land begeistern. Im Jahr 2022 besiegte ein 16-jähriger indischer Teenager bei einem Online-Wettbewerb den 31-jährigen Schachweltmeister Magnus Carlsen in 39 Zügen. Die neue Generation von Wunderkindern stammt aus Städten, in denen Schach einen wesentlichen Platz im kulturellen Leben einnimmt. Diese Wettkämpfe und die Erfolge im Schach sind für Premierminister Narendra Modi auch ein Trumpf auf der internationalen Bühne der Politik: Als Nummer 2 auf der Schach- Weltrangliste überholte Indien China und Russland. Nun schicken sie sich an, die USA zu schlagen. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 02.03.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 01.03.2024 arte.tv Ägypten: Die Musik der Rebellen / Taiwan: Von der Ukraine lernen
Folge 10 (52 Min.)(1): Ägypten: Die Musik der Rebellen
Seit dem Amtsantritt des autoritären Präsidenten Abdel Fattah al Sissi im Jahr 2014 bemühen sich die ägyptischen Behörden sehr, den Mahraganat zu disziplinieren. Für das Regime, das davon träumt, aus Ägypten ein neues Dubai zu machen, ist die Musik aus den Armenvierteln ihrer Nation unwürdig: Musikvideos mit Texten, die vom Leben und den Problemen der benachteiligten Ägypter erzählen, beschmutzen nach Ansicht der Regierung den Ruf des Landes. Das Regime stützt sich dabei auf die Kontrolleure der Musikergewerkschaft, die seit al Sissis Amtsantritt die Künstler brutal zensiert. Im Februar 2020 wurde die Aufführung von Mahraganat in privaten Räumen verboten. Jedes Lied, jedes Wort wird von den Zensoren der Musikergewerkschaft durchleuchtet. Sänger, die für das Regime nicht akzeptable Ausdrücke verwenden oder die sogar die Politik kritisieren, die landen schnell im Gefängnis.
(2): Taiwan: Von der Ukraine lernen
Putins Krieg hat den Menschen in Taiwan wieder einmal die Möglichkeit einer chinesischen Invasion vor Augen geführt. Vor allem aber hat er die Reihen derjenigen gestärkt, die bereit sind, ihre Insel zu verteidigen. Angesichts der Rückschläge der russischen Armee erkennen viele Taiwaner, dass ein ungleicher Kampf nicht von vornherein verloren wäre. Inspiriert vom überraschenden Erfolg des ukrainischen Widerstands studieren manche die Grundlagen der Zivilverteidigung, andere absolvieren Lehrgänge für urbane Kriegsführung, und einige überlegen, wie sie die alten Luftschutzbunker wieder reaktivieren könnten. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 09.03.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 08.03.2024 arte.tv Russland: Putins leise Gegnerin / Russland: Frauen sollen gebären / Lettland: Putins fünfte Kolonne?
Folge 11 (52 Min.)(1): Russland: Putins leise Gegnerin
In Russland sind Präsidentschaftswahlen vom 15. bis 17. März. Auch wenn bereits frühere Wahlen in Russland alles andere als frei und demokratisch abgelaufen sind, so greift die Staatsmacht bei den Wahlen unter Einfluss des Krieges besonders hart durch. Viele Oppositionelle wurden unter fadenscheinigen Gründen bereits vorher aussortiert, andere werden nicht zugelassen. Eine von ihnen: Jekaterina Dunzowa. Die Journalistin und Politikerin aus Rzhew hat zwar unter Jugendlichen viele Unterstützer, doch ihre Kampagne wurde bereits abgeblasen, bevor sie überhaupt losgehen konnte. Der Grund: Ihre Haltung zur sogenannten „Spezialoperation“ disqualifiziere Frau Dunzowa. Schließlich war der Hauptpunkt ihrer Kampagne, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Nun will Jekaterina stattdessen eine Partei gründen – und ausgerechnet in die Gründungsphase fällt der Tod des bekanntesten Kremlkritikers Alexej Nawalny.
(2): Russland: Frauen sollen gebären
Die Rückkehr Russlands unter Putin zu alten Werten und Traditionen begann schon vor zehn Jahren, der Angriffskrieg gegen die Ukraine beschleunigte diesen von oben dirigierten Prozess. Familienleben und Fortpflanzung statt Studium und Ambitionen: Das ist es, was den russischen Frauen nun eingetrichtert wird. Hand in Hand mit der Pro-Life-Lobby und der russisch-orthodoxen Kirche beschneidet die Regierung das Recht auf Abtreibung. Der Druck von Kirche und Politikern auf die Ärzte steigt, keine Kinder mehr abzutreiben, selbst in Notfällen, in denen das Leben von Mutter und Kind hochgefährdet ist. Die feministische Aktivistin und Expertin für reproduktive Gewalt, Irina Faïnman, legte deshalb in Kasan einen Vorrat an „Pillen danach“ an, um dem Verbot entgegenzuwirken, das im September 2024 verabschiedet werden könnte. Wütende Frauen verschaffen ihren Stimmen in Putins Russland mutig Gehör.
(3): Lettland: Putins fünfte Kolonne?
Einige der russischsprachigen Bürger Lettlands weigern sich bis heute, Lettisch zu lernen, andere leben noch immer mit einem „Alien“-Pass. Mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine ist das Thema mehr als heikel geworden. Als Mitglied der Europäischen Union und der NATO hatte Lettland gelegentlich den Eindruck, mit einer Art „fünften Kolonne unter dem Befehl von Wladimir Putin“ im eigenen Land leben zu müssen. Die Situation änderte sich am Tag der russischen Invasion in die Ukraine am 24. Februar 2022: Viele russischsprachige Letten erkannten, dass das Russland von Wladimir Putin eine Gefahr für das Land darstellte, das seit zwei Jahren das Gefühl hat, im Kriegszustand zu leben und ständig von den russischen und weißrussischen Nachbarn bedroht wird.
In einigen Vierteln der Hauptstadt Riga und vor allem auf dem Land nahe der russischen und weißrussischen Grenze schauten ältere russischsprachige Menschen gerne russisches Fernsehen mit Putins Propaganda. Seit zwei Jahren sind jedoch Fernseh- und Radioprogramme aus dem Hoheitsgebiet der Russischen Föderation verboten. Die lettische öffentlich-rechtliche Abteilung für audiovisuelle Medien bietet Programme in russischer Sprache an, aber nationalistische lettische Abgeordneten möchten diese Programme abschaffen.
Zudem wurde beschlossen, an den Schulen nur noch in lettischer Sprache zu unterrichten. Seit zwei Jahren steigen die Spannungen auch durch die Ankunft vieler Russen in Lettland, die ihr Land verlassen haben, weil sie nicht mehr unter Putins Regime leben wollen oder weil sie in Russland verfolgt werden oder weil sie den Krieg in der Ukraine ablehnen: Journalisten, Künstler, Architekten, Studenten … (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 16.03.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 15.03.2024 arte.tv Senegal: Chronik einer Revolte / Haiti: Worte gegen Kugeln
Folge 12 (52 Min.)(1): Senegal: Chronik einer Revolte
Am 3. Februar 2024 verschiebt der senegalesische Präsident Macky Sall die anstehenden Präsidentschaftswahlen. Damit löst er eine ungeheure Protestwelle aus, denn seit 1963 wurde noch nie eine Wahl im Senegal verschoben. Tausende Senegalesen vermuten einen „verfassungsmäßigen Staatsstreich“ und gehen auf die Straße, um ihre Wut herauszuschreien. Bei gewalttätigen Demonstrationen werden vier Studenten getötet. Dieser Aufstand ist nur die jüngste Episode einer politischen Krise, die seit drei Jahren im Land schwelt.
Unter den Oppositionellen und den Verteidigern der Demokratie wächst die Sorge, dass Macky Sall mit antidemokratischen Methoden an der Macht bleiben könnte. Viele junge Leute aus den Vorstädten Dakars sind fest entschlossen, für ihre Rechte zu kämpfen, ihre Demokratie zu verteidigen und die Präsidentschaftswahlen rasch abzuhalten: Die 36-jährige Falla Fleur ist ein Star in den sozialen Netzwerken. Sie wurde verhaftet und fünf Monate lang inhaftiert, weil sie Unterstützungsbotschaften für die Opposition in sozialen Netzwerken gepostet hatte.
Sie kämpft für die Freilassung aller sogenannten „politischen“ Gefangenen. Khadim Diakhate will als investigativer Journalist die Umstände ungeklärter Todesfälle aufklären. Olivier Mendy ist ein junger Rapper aus Guédiawaye, einem der ärmsten Vororte von Dakar. In dieser Hochburg der Proteste halten sich er und seine Freunde nur mit kleinen illegalen Geschäften über Wasser. Der Hip-Hop ist für sie ein Ventil und eine Waffe gegen die Auswüchse des Regimes.
(2): Haiti: Worte gegen Kugeln
Haiti versinkt täglich tiefer in einem Teufelskreis der Gewalt. An die Stelle staatlicher Ordnung trat die erbarmungslose Herrschaft der Banden. Die Bürger Haitis leben in steter Furcht, entweder als Geisel gekidnappt zu werden oder durch eine verirrte Kugel auf der Straße zu sterben. In ihrer Verzweiflung greifen viele zur Lynchjustiz. Dieser allgemeinen Hoffnungslosigkeit widerstehen viele junge Leute nur mithilfe der Literatur, als ein Mittel, die brutale Gegenwart zu ertragen. Litainé Laguerre, ein junger Schriftsteller, schreibt über die Hoffnung in seinem Land in der Krise: „ Hoffnung bedeutet zu wissen, dass es ein Morgen gibt“. Im Süden von Port-au-Prince töten junge Kriminelle jeden, der sich ihnen in den Weg stellt: Zivilisten, konkurrierende Bandenmitglieder, auch Polizisten.
Auf die Polizei ist kein Verlass, viele Beamte sind korrupt, einige arbeiten nur für den, der sie besticht. Die Menschen haben eigentlich nur die Wahl, zu fliehen oder selbst in den Krieg zu ziehen. Einige sorgen selbst für Gerechtigkeit. Jeden Tag sehen die Kinder auf der Straße verkohlte Leichen, angebliche Bandenmitglieder oder kleine Diebe, die nach den wirren Regeln der Straßenjustiz gesteinigt oder lebendig verbrannt wurden. Die intellektuelle Jugend leistet mit Worten Widerstand. Sie wollen daran glauben, dass die gegenwärtige Zeit nur eine schlechte Phase ist. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 23.03.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 22.03.2024 arte.tv Gaza: Schwanger überleben, irgendwie … / Israel: Nelly, 98, Überlebende / Südafrika: Leben ohne Strom
Folge 13 (52 Min.)(1): Gaza: Schwanger überleben, irgendwie …
50.000 Frauen sollen laut Auskunft der Weltgesundheitsorganisation WHO in Gaza schwanger sein. Seit dem 7. Oktober 2023 wurden hier über 20 000 Babys geboren. Das Leben von werdenden Müttern und Säuglingen ist hoch gefährdet in Gaza. Viele Krankenhäuser wurden von Israels Armee im Kampf gegen die Hamas angegriffen, es fehlt überall dramatisch an allem zur Gesundheitsversorgung von werdenden Müttern. Die Frauen entbinden in überfüllten Gesundheitseinrichtungen, zu Hause, in Zelten oder auf der Straße, inmitten von Trümmern, mit erhöhtem Risiko für Infektionen, medizinische Komplikationen und Frühgeburten.
Die Zahl der Fehlgeburten ist um 300 % gestiegen. Ahmed Deeb, ein in die Türkei geflüchteter palästinensischer Journalist, dokumentierte mithilfe eines Teams, das noch immer in Gaza arbeitet und jeden Tag sein Leben aufs Spiel setzt, die Lage der Mütter und ihrer Kinder. Sie trafen Ärzte, die sich um Frühgeborene in der Entbindungsstation des Krankenhauses der Emirate in der Region Rafah kümmern, der einzigen noch funktionierenden Einrichtung für werdende Mütter.
(2): Israel: Nelly, 98, Überlebende
Nelly Prezma, 98, geborene Gutmann, wurde 1926 in Pacov geboren, der heutigen Tschechischen Republik. Ihr Vater war dort Rabbiner. Ihre Eltern und ihre Schwester starben nach der Deportation durch die Nazis. Sie überlebte die KZ Theresienstadt und Auschwitz. Nach ihrer Befreiung ging sie 1948 nach Israel, in das Kibbuz Dorot im Süden Israels, sie heiratete, bekam zwei Kinder und hat vier Enkelkinder und Urenkel. Am 7. Oktober 2023 greift die Hamas aus dem nahe gelegenen Gazastreifen an. Einige Kibbuze, wie Kfar Aza, werden zum Schauplatz von Massakern.
Gut zehn Kilometer entfernt liegt Dorot, der Kibbuz, in dem Nelly und ihre Familie leben, bis hier dringt die Hamas nicht vor. Doch in dieser Region am Rande der Negev-Wüste kennen sich alle Kibbuzbewohner: Sie sind zusammen zur Schule gegangen und bewirtschaften das gleiche Land. Nach den Massakern wurden Nelly und ihre Familie bis Anfang des Jahres in den Norden evakuiert, in Hotels in Tel Aviv und Jerusalem. In Dorot stehen heute noch vier Generationen von Israelis unter Schock.
Nelly hat das Gefühl, den Albtraum ihrer Jugend erneut zu durchleben. Ihr 71-jähriger Sohn Elisha, ein Befürworter des Friedens mit den Palästinensern, weiß nicht, ob er zu seinen Lebzeiten eine Lösung sehen wird. Seine Tochter Shany wünscht sich den Rücktritt von Benjamin Netanjahu, weigert sich aber, Palästinensern zu begegnen. Die drei Kinder können sich nicht vorstellen, irgendwo anders als in Israel zu leben, das für sie der einzige Ort ist, an dem sie nicht unter Antisemitismus leiden müssen.
Sie leben hinter dem Stacheldraht, der den Kibbuz Dorot umgibt, aber sie sprechen nicht über das Schicksal der Menschen im nahe gelegenen Gazastreifen. Matan, Shanys Bruder, Elishas Sohn und Nellys Enkel, ist ein links engagierter Mathematiker, der Israel vor einigen Jahren verlassen hat, um in Berlin zu leben. Er stellt sich Fragen zur Zukunft Israels: Wie kann man so weiterleben, im Belagerungszustand, ohne die Frage der jüdischen Siedler im Westjordanland zu regeln?
(3): Südafrika: Leben ohne Strom
Wieder einmal Stromausfall, vom Energieversorger vorsorglich angekündigt oder ganz überraschend, das ist heute Alltag in Südafrika. Das hat Folgen für das Leben der Familien und für alle Bereiche der Wirtschaft des Landes. Johannesburg sitzt oft im Dunkeln, denn immer häufiger fällt dort der Strom aus, am Tag und in der Nacht. Die Unsicherheit im Alltag der Bürger nimmt zu, ebenso wie die Kriminalität. Seit Monaten studieren die Südafrikaner die Bekanntmachungen des staatlichen Stromversorgers Eskom, wann und wie lange voraussichtlich kein Strom mehr fließen wird: Vier Stunden am Tag, sechs Stunden, zwölf Stunden? Mit über 200 Tagen ohne Elektrizität im Jahr 2022 glaubten die Südafrikaner eigentlich, den Höhepunkt schon erreicht zu haben.
Doch 2023 könnte es noch schlimmer werden. Wie kann man ohne Strom leben? Die Wohlhabenden lassen sich Solaranlagen installieren, kaufen Generatoren und Batterien. Die Ärmsten setzen vor allem auf Kerzen und wiederaufladbare Geräte. Ein ganzes Land lebt im Rhythmus der Stromausfälle. 100 Jahre nach seiner Gründung läuft der Stromversorger Eskom Gefahr, die südafrikanische Wirtschaft mit in den Abgrund zu reißen. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 30.03.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 29.03.2024 arte.tv Ruanda: Vergebung von oben / Ruanda: Frieden und Wirtschaft hüten
Folge 14 (52 Min.)(1): Ruanda: Vergebung von oben
30 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda leben Opfer und Täter von damals in Dörfern der Versöhnung miteinander. Im „Neuen Ruanda“ von Präsident Kagame wurde jeder Hinweis auf die Herkunftsidentitäten von Hutu und Tutsi aus dem öffentlichen Raum verbannt. Das Land bewegt sich, streng von oben angeordnet, in Richtung nationaler Einheit und Versöhnung. 30 Jahre nach dem Völkermord sind mehr als 60.000 Mörder von damals aus dem Gefängnis entlassen worden, sie leben nun an der Seite ihrer Opfer. Die Ruander haben sich einer eigentlich unüberwindlichen Herausforderung gestellt: denjenigen zu vergeben, die ihr Leben zerstört haben, und gemeinsam eine Zukunft aufzubauen.
(2): Ruanda: Frieden und Wirtschaft hüten
Ruandas Armee ist auf Friedensmission in ganz Afrika – auch zum Nutzen seiner wirtschaftlichen Ambitionen. Ruandas Präsident Paul Kagame hat in den letzten Jahren viele neue Verträge über Militärhilfen in ganz Afrika ausgehandelt. Kigali baut sich über internationale Institutionen ein Image als Friedenshüter auf. Ruanda ist heute der größte afrikanische Beitragszahler für die friedenserhaltenden Maßnahmen der Vereinten Nationen. Und so ganz nebenbei dient die als effizient und diszipliniert geltende ruandische Armee auch wirtschaftlich als Werbeträger. Überall dort, wo Ruanda militärische Abkommen unterzeichnet hat, werden auch Wirtschaftsabkommen besiegelt. Unternehmen wie Crystal Venture, der finanzielle Arm von Paul Kagames Partei, nutzen die Einsätze ihrer Armee, um auf dem Kontinent zu expandieren. Kigalis Militärdiplomatie ist eng verbunden mit seinen wirtschaftlichen Ambitionen. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 06.04.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 05.04.2024 arte.tv Eswatini: Gegen den König / Südafrika: Der ganz andere Bürgermeister
Folge 15 (52 Min.)(1): Eswatini: Gegen den König
Das frühere Swasiland Eswatini ist ein Traumziel für Touristen, dort zu leben ist allerdings für viele ein Alptraum. In Eswatini leben 70 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. 29 Prozent sind mit dem AIDS-Virus infiziert. Seit dem Ausbruch der Epidemie ist die Lebenserwartung auf 55 Jahre gesunken. Dennoch scheinen diese Zahlen den Monarchen nicht zu beunruhigen. Er kontrolliert über 60 Prozent der Wirtschaft des Landes und erhält jedes Jahr 130 Millionen Euro aus dem Staatshaushalt, um seinen extravaganten Lebensstil zu finanzieren. Vor drei Jahren trieb die Verzweiflung die Bevölkerung auf die Straße. Die friedlichen Proteste wurden blutig niedergeschlagen, mehr als 100 Zivilisten wurden getötet und 700 verletzt. Politische Parteien sind verboten. Die Repression treibt Gegner der Regierung ins Exil, vor allem ins benachbarte Südafrika.
(2): Südafrika: Der ganz andere Bürgermeister
Chris Pappas ist seit eineinhalb Jahren der Bürgermeister in einer der Hochburgen des ANC. Der 31-Jährige, weiß und offen homosexuell, ist seit November 2021 Bürgermeister von uMngeni, einer Gemeinde in der drei Viertel der Einwohner schwarz sind und Zulu sprechen. Pappas ist darüber hinaus auch noch der einzige Bürgermeister einer Oppositionspartei in Kwazulu Natal, der vom ANC dominierten Provinz Südafrikas. Als Mitglied der Demokratischen Allianz hat Pappas, der fließend Zulu spricht, zusammen mit seinem Stellvertreter Sandile Mnikathi, 28, im Wahlkampf versprochen, die Finanzen der Gemeinde in Ordnung zu bringen und das Rathaus transparent zu führen. Für seine Anhänger repräsentiert Chris Pappas die Zukunft des Landes und auch die Hoffnung, den ANC und die Korruption in die Schranken zu weisen. Pappas ist für viele Bürger ein Hoffnungsträger für eine andere Zukunft, auch für Südafrikas Wahlen 2024 … (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 13.04.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 12.04.2024 arte.tv Südlicher Libanon: Wieder im Krieg / Westjordanland: Gefangene gegen Geiseln / Kolumbien: Versöhnung unmöglich?
Folge 16 (52 Min.)(1): Südlicher Libanon: Wieder im Krieg Im Südlichen Libanon bekämpfen sich die Hisbollah und Israels Armee: 90.000 Einwohner wurden evakuiert. Täglich verschärfen sich seit dem 7. Oktober die Feuergefechte im Südlichen Libanon: Die schiitische Hisbollah schießt Raketen auf Israel zur Unterstützung der Palästinenser im Gazastreifen und die Israelis antworten darauf mit Bombenangriffen. Viele fürchten eine Ausweitung des Konflikts.
(2): Westjordanland: Gefangene gegen Geiseln
Im Gaza-Krieg warten sie auf den Austausch von den Geiseln der Hamas gegen palästinensische Gefangene Israels. Wie viele palästinensische Gefangene lässt Israel frei im Austausch für die 132 israelischen Geiseln, die noch immer in den Händen der Hamas sind? Mehrere hundert? Darauf setzt augenscheinlich die Hamas: Sie wollen einen Waffenstillstand in Gaza erzwingen und die Freilassung der ältesten Gefangenen – vor allem derjenigen, die zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt wurden.
(3): Kolumbien: Versöhnung unmöglich?
50 Jahre zerriss der Bürgerkrieg Kolumbien. Täter und Opfer sollen sich versöhnen, ein ungeheurer Kraftakt. Im Mittelpunkt des Friedensabkommens steht die Einführung einer Übergangsjustiz, zu der sich beide Seiten bereit erklärt haben. Sie soll die Opfer des Konflikts anhören und die verschiedenen Akteure des Bürgerkriegs vor Gericht stellen: die Milizionäre der FARC und Soldaten der Armee. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 20.04.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 19.04.2024 arte.tv Afghanistan: Radio Begum, nur für Frauen / Ukraine: Die unsichtbaren Wunden
Folge 17 (52 Min.)(1): Afghanistan: Radio Begum, nur für Frauen
Der Sender Radio Begum ist die Stimme der afghanischen Frauen, eine Insel der Freiheit im Land der Taliban. Seit ihrer Machtübernahmen 2021 sperren die Taliban alle Afghaninnen ins Haus: Allein und ohne Schleier dürfen sie nicht raus, Parks sind ihnen verboten, ebenso Sehenswürdigkeiten, nicht einmal betteln dürfen sie in der Öffentlichkeit. Die Schönheitssalons sind geschlossen, die letzten Frauenkliniken bald auch, Reisen sind undenkbar. Mädchen müssen mit zwölf Jahren die Schule verlassen, in manchen Regionen bereits mit zehn. Ein Weg zur Bildung bleibt ihnen immerhin noch: Radio Begum sendet Schulfunkprogramme für Millionen Mädchen, die nicht mehr lernen dürfen. Frauen produzieren dort für Frauen, ihre Programme richten sich vor allem auch an die geheimen Schulen für Mädchen in Afghanistan. 15.000 solcher Untergrundklassenzimmer soll es geben, versteckt in Wohnungen, Kellern und Höhlen.
(2): Ukraine: Die unsichtbaren Wunden
Achtzig Prozent der ukrainischen Bevölkerung haben einen nahen Angehörigen, der verwundet oder getötet wurde, zwölf Millionen leiden an einem Kriegstrauma. Die Unbarmherzigkeit des Feindes an der Front und die Entwicklung des Konflikts zwangen die Regierung dazu, ein Gesetz zur Rekrutierung frischer Kräfte zu verabschieden. Neue Soldaten sollen die erschöpften Truppen ablösen, um neue Offensiven gegen den Angreifer Russland zu starten. Diese augenscheinlich unpopuläre Maßnahme der Regierung bringt viele in einen Konflikt mit sich selbst. Hàna ist 38 Jahre alt, sie leitete früher einen der größten Clubs für Elektronische Musik in Kiew. Nach einer mehrmonatigen harten Ausbildung trat sie in die Armee ein und diente drei Monate lang als Sanitätssoldatin an der Front im Osten. Sie kehrte körperlich unversehrt zurück, aber mit tiefen Narben in ihrer Seele von dem Furchtbaren, das sie an der Front mit ansehen musste. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 27.04.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 26.04.2024 arte.tv Indien: Die große Säuberung / Indien: Ramas umstrittener Tempel / Indien: Diamanten im Krieg
Folge 18 (52 Min.)Bild: Arte(1): Indien: Die große Säuberung
Indiens nationalistische Regierung verfolgt andersdenkende Intellektuelle, um sie zum Schweigen zu bringen. Einschüchterungen, Drohungen, Gerichtsverfahren, Verhaftungen: Indische Akademiker, Schriftsteller, Journalisten, Aktivisten und Künstler haben es mehr als schwer, wenn ihre Publikationen der Regierung nicht genehm sind. Die Methoden der Hindu-Nationalisten folgen türkischen, russischen oder chinesischen Vorbildern. Sowohl die indischen Steuerbehörden als auch die Geheimdienste ordnen regelmäßig Razzien an gegen religiöse Minderheiten, Akademiker, Verfechter des Säkularismus, NGOs und alle, die sich der Ideologie der Hindu-Extremisten widersetzen. Die Regierung stützt sich dabei auf Antiterrorgesetze, die es ihr erlaubt, sogenannte „Feinde im Inneren“ ohne Gerichtsverfahren und auf unbestimmte Zeit einzusperren.
(2): Indien: Ramas umstrittener Tempel
In Indien steht die Einweihung eines gigantischen Hindu-Tempels für Narendra Modis nationalistische Wende. Nie zuvor hatte sich ein indischer Premierminister so für politische und religiöse Zwecke in Szene gesetzt. Der umstrittene Tempel in der Stadt Ayodhya im nördlichen Bundesstaat Uttar Pradesh war fast ein Jahrhundert lang der Traum von Hindu-Extremisten, seine Einweihung ist ein neues Kapitel in einem langen religiösen Konflikt zwischen Muslimen und Hindus.
(3): Indien: Diamanten im Krieg
Die Diamantenindustrie in Indien ist durch die westlichen Sanktionen gegen Moskau schwer in die Krise geraten. Die Stadt Surat, im Bundesstaat Gujarat an der Grenze zu Pakistan, die 90 Prozent der weltweit im Umlauf befindlichen Diamanten schleift, leidet unter den Sanktionen des Westens gegen den Kauf von Diamanten aus Russland, dem größten Diamantenschürfer der Welt. Vor dem Krieg wurden 95 Prozent der russischen Diamanten in Indien geschliffen. Nun kommen sie nur noch tröpfchenweise an. Seit Beginn der Sanktionen wurden deshalb schon mehr als 30.000 Arbeitsplätze abgebaut, Tausende weitere sind in dieser Industrie mit fast einer Million Beschäftigten gefährdet.
Surat setzt nun verstärkt auf die Produktion von synthetischen Diamanten. Da synthetische Edelsteine ethischer sind, umweltfreundlicher und billiger als natürliche Diamanten, sind sie bei Käufern und Juwelieren sehr beliebt, denn mit bloßem Auge kann man einen synthetischen nicht von einem natürlichen Diamanten unterscheiden. Indien ist heute nach China der zweitgrößte Produzent von Labordiamanten. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 04.05.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 03.05.2024 arte.tv Mexiko: Die Lieder der Kartelle / Elfenbeinküste: Die Gier nach Kakao
Folge 19 (52 Min.)(1): Mexiko: Die Lieder der Kartelle
In Mexiko halten sich die Drogenkartelle Sänger, die ihre Verbrechen rühmen und ihren Lebensstil preisen. Begleitet von Gitarren erzählen die Texte der Narcocorridos von den sogenannten Heldentaten der Sicarios, den skrupellosen Auftragsmördern der Kartelle, und vom luxuriösen Leben, das ihre Paten führen. Die Lieder der Kartelle schwärmen vom Reichtum durch den illegalen Drogenhandel, sie verherrlichen die Gewalt im Krieg der Kartelle und sie preisen das Gesetz des Schweigens. Der Staat erscheint darin auch als ihr Gegner. Mexikos Behörden ist es auf regionaler und nationaler Ebene in den letzten Jahrzehnten nicht gelungen, die Lebensbedingungen und die Sicherheit der Menschen zu verbessern. Also treffen die Lieder auf einen fruchtbaren Boden, schon aufgrund der puren Not in der Bevölkerung. Die Jugendlichen finden sie cool und viele Eltern offenbar auch. Sie zeigen, wie groß der Einfluss des organisierten Verbrechens in Mexiko heute ist, in allen Bereichen der Gesellschaft.
(2): Elfenbeinküste: Die Gier nach Kakao
Angesichts explodierender Kakao-Preise auf dem Weltmarkt nimmt der Schmuggel aus der Elfenbeinküste zu. Die Preise für den Kakao auf dem Weltmarkt sind explodiert. Schon in den Nachbarländern der Elfenbeinküste, in Liberia und Guinea wird das Kilo Kakao drei- bis fünfmal so teuer angekauft wie im Erzeugerland. Viele Schmuggler ignorieren deshalb das Risiko, ins Gefängnis zu kommen. Sie wollen sich das illegale Geschäft mit dem Kakao nicht entgehen lassen. Mit Motorrädern, Lastwagen, Pirogen oder zu Fuß schleppen sie die Säcke mit Kakaobohnen über die Grenze, denn diese verläuft über Hunderte von Kilometern ohne jegliche Kontrolle.
Unser Reporterteam durfte mit der Armee der Elfenbeinküste drehen, die trotz Mangel an Männern und Mitteln, das kostbare rot-violette Gold ihres Landes, den Kakao, nicht über die Grenze entwischen lassen will. Sie kämpfen auch für die kleinen Kakaobauern, die in einer der reichsten Regionen der Elfenbeinküste seit Jahrzehnten im Elend leben. Sie fürchten, dass ihr Lebensstandard noch weiter sinken wird und fühlen sich als die eigentlichen Verlierer im Geschäft mit der Gier nach dem Kakao. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 11.05.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 10.05.2024 arte.tv Brasilien: Der Clown von Cracolandia / Senegal: Exodus der Fischer
Folge 20 (52 Min.)(1): Brasilien: Der Clown von Cracolandia
In Sao Paulo hilft ein als Clown verkleideter Psychiater den Crack-Süchtigen im Drogenviertel Cracolandia. Flavio Falcone heißt dieser Psychiater und Clown, der mit seiner Verkleidung das Vertrauen der Menschen in Cracolandia gewinnen will, mit Witz und einer unerschütterlichen Entschlossenheit. Er sagt: „Der Clown steht für die Hoffnung im Angesicht des Scheiterns: Man lacht über ihn, weil er stolpert, nicht weil er Erfolg hat. Die Menschen, die auf der Straße leben, identifizieren sich mit ihm“. Flavio gelang es, freien Zugang zu erhalten in das wohl finsterste Viertel der 12 Millionen Metropole.
Hier regieren die einflussreichsten Gangs Brasiliens, auch ihr Vertrauen hat er augenscheinlich gewonnen, zumindest lassen sie ihn gewähren. Sao Paulos Behörden antworten im Kampf gegen die Drogen vor allem mit Repression und Zwangseinweisungen, offensichtlich wenig erfolgreich. Flavio Falcone aber läuft jeden Tag durch die Straßen von Cracolandia, um mit den Süchtigen zu sprechen und ihnen von seinem Wiedereingliederungsprogramm zu erzählen. Er bietet ihnen ein Dach über dem Kopf, eine Arbeit, eine Behandlung …
(2): Senegal: Exodus der Fischer
Von Dakar nach Teneriffa: Die gefährliche und lange Fahrt übers Meer schreckt viele Senegalesen nicht mehr. Die Männer, Frauen und Kinder riskieren, oft nur mit einem Kompass ausgestattet, ihr Leben auf einer der gefährlichsten Migrationsrouten der Welt: Sie fahren zu den Kanarischen Inseln, also nach Spanien, in die EU. 2023 landeten bis zum 1. November mehr als 30.000 Migranten illegal an den Küsten des Archipels, so viele wie noch nie. Unter den Passagieren sind viele senegalesische Fischer. Früher lebte jeder fünfte Einwohner Senegals von der handwerklichen Fischerei, doch seit einigen Jahren wird der Fisch vor Senegals Küste wegen der Konkurrenz durch die industriellen Trawler immer knapper. Senegal hat nicht nur Fischereiabkommen mit der Europäischen Union unterzeichnet, sondern auch Lizenzen an chinesische Schiffe vergeben. Viele einheimische Fischer können ihre Familien nicht mehr ernähren, ihnen bleibt nur der Ausweg, ihr Glück in der EU zu suchen. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 18.05.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 17.05.2024 arte.tv Israel: Borderlines / Syrien: Im Camp der Blinden
Folge 21 (52 Min.)(1): Israel: Borderlines
David Ben Shabbat lebt in dem Dorf Aramsha in der Region Hebron in der Nähe des Sicherheitszauns, der Israel vom Westjordanland trennt. Er gründete mit einem palästinensischen Partner eine Tahini-Fabrik in der Altstadt von Hebron. Sie halten noch immer zusammen, da sie davon überzeugt sind, dass Juden und Araber eine gemeinsame Zukunft haben, auch damit ihr Unternehmen und ihre Freundschaft die Folgen der Blockade über alle Städte im Westjordanland überstehen. „Hier haben wir eine alte Tradition des Zusammenlebens, die sich bewährt hat.
Wenn wir uns nur daran orientieren könnten, hätten wir einen Anfang gemacht.“ Ehud Krinis ist seit den 1980er Jahren für die Bewegung „Frieden jetzt“ aktiv. Mit seiner Gruppe reist er durch die arabischen Dörfer im Westjordanland und hilft ihnen, sich gegen die Angriffe ihrer jüdischen Siedler-Nachbarn zu wehren. „Beim Frieden geht es nicht nur um Abkommen. Es geht vor allem darum, respektvolle und menschliche Beziehungen zwischen den Menschen aufzubauen.“ Azzam Nuaje lernte Hebräisch von einer Familie, die den Holocaust überlebt hatte und die er als seine zweiten Eltern betrachtete.
Nach dem 7. Oktober wurde er von maskierten Siedlern angegriffen. „Ich werde nicht gehen. Niemals! Sie werden eher über meine Leiche gehen müssen, als mich auch nur einen Zentimeter von hier wegzubewegen.“ In dem Beduinendorf Arab-al Aramsha an der nördlichen Grenze zum Libanon wurden die meisten Bewohner wegen des ständigen Beschusses durch die Hisbollah evakuiert. Ahmad Mazen ist geblieben. Er fühlt sich als Israeli.
„Unsere jungen Leute gehen zur Armee, manche betrachten sie als Verräter. Für die Israelis schützen sie den Staat. Aber wenn es ihnen passt, werden wir wieder zu Arabern. Wir sind also weder von hier noch von dort“. Wie in Ukraine: Ein Fotograf im Krieg schreibt Edward Kaprov ein Reisetagebuch entlang der drei Grenzen Israels. Mit einer Kamera aus den Anfängen der Fotografie porträtiert verewigt er die Menschen in seinem Film auf Glasplatten und er erzählt ihre Geschichten, ihre Wut, ihre Zweifel, ihre Ängste und ihre Hoffnungen auf die Zukunft.
(2): Syrien: Im Camp der Blinden
An Syriens Grenze zur Türkei liegt das Al-Nouri-Lager, in dem vor allem blinde Zivilisten untergebracht sind. Hier wird alles getan, um ihnen das Leben zu erleichtern. Im Alltag arbeiten sie, kümmern sich um ihre Angehörigen, treiben Sport oder spielen Dame. Gemeinsam versuchen sie, trotz ihrer Behinderung, in einer Region zu überleben, die immer noch vom Krieg verwüstet wird. Die Armee von Baschar al-Assad und seinem russischen Verbündeten werfen in der Region noch immer Bomben. Aber ist diese freiwillige Absonderung vom Rest der Gesellschaft für alle hier in Ordnung? Wie nehmen sie den Krieg mit ihren anderen Sinnen wahr? Unsere Reporter trafen Sahar, Ayman, Abu Mahmoud und Yazan, die alle aus ihrer Heimatstadt in die Rebellenenklave Idleb umgesiedelt wurden. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Sa. 25.05.2024 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 24.05.2024 arte.tv
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