ARTE 360° Reportage Folge 338: Tunesien: Die Suche nach dem Tintenfisch
Folge 338
Tunesien: Die Suche nach dem Tintenfisch
Folge 338 (50 Min.)
Um kaum einen anderen Meeresbewohner ranken sich so viele Legenden wie um den Tintenfisch – vom Ungeheuer Skylla in Homers „Odyssee“ bis zum Monster-Kraken bei Jules Verne. Für die Bewohner des Mittelmeerraumes spielen Tintenfische als Nahrungsquelle eine wichtige Rolle. Seit Jahrtausenden werden sie in Tunesien mit einer Technik gefangen, die bereits die Römer benutzt haben: Statt Netzen legen die Fischer Tonamphoren am Meeresboden aus. Mohammed Dahmen ist einer der Letzten, der die schlauen Tiere mit dieser traditionellen Methode überlistet. „360° – Geo Reportage“ ist mit ihm hinaus aufs Mittelmeer gefahren. Für Mohammed Dahmen hat sich niemals die Frage gestellt, ob er einen anderen Beruf ergreifen möchte. Seine Familie lebt seit Generationen traditionell vom Tintenfischfang. Selbst jetzt, während die Tiere durch die Großfischerei immer seltener werden, hält der 78-Jährige an seinem Beruf fest. Mohammed lebt mit seiner Familie auf den Kerkenna-Inseln. Das Leben dort ist mühsam. Immer mehr der 7.000 Einwohner verlassen die karge Heimat, um sich auf dem Festland eine Existenz aufzubauen. Viehzucht oder Ackerbau gibt es kaum, die meisten Lebensmittel müssen importiert werden. Nur
Tintenfische gab es über Jahrhunderte genug. Hier im Golf von Gabès an der tunesischen Ostküste werden 80 Prozent des gesamten landesweiten Tintenfischs gefangen. Seit der Römerzeit sind Tonamphoren eine effektive Fangmethode. Über 500 Amphoren werden an einer langen Schnur aneinandergeknotet und dann ins Wasser gelassen. Die Tintenfische, selber Räuber der Meere, verwechseln die dunklen Gefäße mit natürlichen, kleinen Höhlen, in die sie sich zurückziehen, um ihrer Beute aufzulauern. Der Fischer braucht sie dann nur noch an die Oberfläche zu ziehen. Von Mohammed Dahmens sieben Kindern leben zwar noch sechs auf dem Archipel, aber nur Sohn Najar fährt mit dem Fischerboot hinaus, um den Lebensunterhalt nach alter Tradition zu verdienen. Und das auch nur noch zur Tintenfisch-Saison von Oktober bis April. Ansonsten bezieht er sein Einkommen als Taxifahrer. Das ist leichteres und vor allem schneller verdientes Geld. Hinzu kommt, dass Tunesien in den letzten Jahren starke Veränderungen durchgemacht hat und niemand weiß, wohin das Land in den nächsten Jahren steuert. Eines ist aber klar: Mohammed Dahmen wird einer der letzten traditionellen Tintenfisch-Fischer Tunesiens sein. (Text: arte)