„Star Trek: Discovery“: Der notwendige Kulturschock im „Star Trek“-Franchise

Betrachtungen zur ersten Staffel der jüngsten „Trek“-Serie

Ralf Döbele
Ralf Döbele – 09.02.2018, 12:15 Uhr

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Die erste Staffel von „Star Trek: Discovery“ näher sich ihrem Ende – Bild: CBS All Access
Die erste Staffel von „Star Trek: Discovery“ näher sich ihrem Ende

ACHTUNG – Diese Betrachtung der ersten Staffel von STAR TREK: DISCOVERY beschäftigt sich mit dem Inhalt der Auftaktstaffel bis zum aktuellen Stand (Folge 14: „Flucht nach vorn“).

Turbulente Monate liegen hinter Specialist Michael Burnham und der Crew der U.S.S. Discovery. Nach fast zwei Jahren Wartezeit und diversen Berichten über Verzögerungen und Aufruhr hinter den Kulissen, kann man es als Zuschauer kaum glauben – aber die erste Staffel von „Star Trek: Discovery“ ist so gut wie vorbei. Seit ihrem Start im vergangenen September hat uns der jüngste Neuzugang in Gene Roddenberrys Kult-Franchise so manche Überraschungen und Kontroversen beschert, aber vor allem eine charismatische Sternenflotten-Crew, die ihren Platz in den manchmal geradezu überwältigend wirkenden Annalen des Franchise gefunden hat.

Im Serienzeitalter der nicht enden wollenden Neuauflagen war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch „Star Trek“ auf unsere Bildschirme zurückkehren würde. Dennoch war es eine Überraschung, als CBS im November 2015 bekannt gab, dass bereits im Januar 2017 die siebte Serie des Franchise aus der Taufe gehoben werden sollte. In den USA würde sie den Ankerpunkt des neuen Streamingdienstes CBS All Access bilden, international aber bei Netflix zu Hause sein. Produzent Alex Kurtzman gelang ein Coup, als er „Hannibal“-Schöpfer Bryan Fuller mit an Bord holte, der seine Autorenkarriere einst mit einer Episode von „Star Trek – Deep Space Nine“ begonnen hatte. Kurtzman und Fuller entwickelten die Serie gemeinsam, die im Sommer 2016 mit „Star Trek: Discovery“ schließlich ihren offiziellen Titel erhielt.

Was danach folgte, war ein Auf und Ab hinter den Kulissen, das zwar zahlreiche spöttische Social-Media-Kommentare hervorrief, letztendlich aber in der Geschichte von „Star Trek“ keinesfalls einzigartig ist. Der holprige Start und die damit verbundenen Personalprobleme in den Autorenteams von „Star Trek: The Next Generation“ und „Star Trek – Enterprise“ sind fast schon legendär. Auch die U.S.S. Discovery verlor im Herbst 2016 ihren Showrunner Fuller, der sich ganz seiner anderen Serie „American Gods“ widmen wollte. Der Starttermin wurde zwei Mal verschoben, im September 2017 sollte es schließlich soweit sein. Die Arbeit an den aufwendigen Spezialeffekten, Veränderungen im Konzept durch die neuen Showrunner Aaron Harberts und Gretchen J. Berg sowie der Terminplan der designierten Hauptdarstellerin Sonequa Martin-Green hatten dies nötig gemacht.

Sonequa Martin-Green überzeugt als Michael Burnham
Martin-Green, die zuvor in „The Walking Dead“ als ehemalige Feuerwehrfrau Sasha Williams zu sehen war, hat sich inzwischen als absoluter Glücksgriff erwiesen. Als zweite Frau nach Kate Mulgrew führt sie das Ensemble einer „Star Trek“-Serie an, ist zugleich aber auch die erste zentrale Figur des Franchise, bei der es sich nicht um einen Captain handelt. Durch den somit veränderten Blickwinkel gelang es den Machern, einfach und elegant die erprobten „Star Trek“-Bausteine neu zu sortieren. Auch das episodenübergreifende Erzählen, bislang nur in einzelnen Staffeln von „Deep Space Nine“ und „Enterprise“ erprobt, wurde nun zum Standard – ein Schritt, der für „Star Trek“ längst überfällig war.

All dies erwies sich bei langjährigen Fans als weitaus weniger kontrovers als der Look der Serie und die Zeitebene, in der sie spielen würde. Einerseits setzt die Handlung zehn Jahre vor den Ereignissen der Originalserie „Raumschiff Enterprise“ ein. Andererseits ist der Look von „Discovery“ ein moderner, der eher wie eine konsequente Weiterentwicklung der NX-01 aus „Star Trek: Enterprise“ anmutet, als ein unmittelbarer Vorläufer von Captain Kirks Zuhause. Insgesamt präsentierte sich „Star Trek: Discovery“ bei seiner Premiere im September sehr viel düsterer als vielleicht von vielen Trekkies erwartet – oder erhofft. Letztendlich war dies nur konsequent, schließlich erzählt die erste Staffel die Geschichte des Krieges gegen die Klingonen, der in der Originalserie bereits Erwähnung fand, aber bislang nie gezeigt worden war.

Eine rasante Erzählgeschwindigkeit, reichlich Action und allerlei überraschende Wendungen wirkten im Kontext von „Star Trek“ zunächst fast wie ein Kulturschock, nicht aber im Vergleich zu anderen modernen Streaming-Serien, bei denen dies längst gang und gäbe ist. Gleichzeitig lässt sich argumentieren, dass „Discovery“ dem Action-Adventure-Spirit der Originalserie näher ist, als den zumeist langsamer erzählten, moralischen Kammerspielen der „Next Generation“-Ära. Auch mussten sich die Zuschauer damit abfinden, dass ihnen dieses Mal nicht bereits zu Beginn eine stabile Familie von Crew-Mitgliedern vorgestellt wurde. Die Hauptfiguren der Serie würden um das Gefühl von Zugehörigkeit und ihren familiären Zusammenhalt an Bord erst kämpfen müssen.

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