Last Man Standing – Review

Tim Allen mit enttäuschendem Sitcom-Comeback – von Ralf Döbele

Ralf Döbele
Rezension von Ralf Döbele – 14.10.2011, 14:05 Uhr

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Am Arbeitsplatz fühlt sich Mike sichtlich wohl, bei einem Chef wie Ed (Hector Elizondo) ist das kein Wunder
„Last Man Standing“ müsste wirklich besser sein, als es ist. Abgesehen von einem Ensemble, zu dem Tim Allen, Nancy Travis („Becker“) und der wie immer herausragende Hector Elizondo („Chicago Hope“) gehören, hat man auch hinter den Kulissen eine ganze Menge Talent versammelt: Serienerfinder Jack Burditt arbeitete zuvor an „30 Rock“ und „The New Adventures of Old Christine“ und Regisseur John Pasquin setzte Tim Allen bereits bei „Hör mal, wer da hämmert!“ in Szene. Auf Allens Gespür für Timing kann man sich auch in den ersten beiden Episoden von „Last Man Standing“ verlassen. Ansonsten leidet das Format aber unter einem erheblichen Konstruktionsfehler. Sämtliche Szenen an Mikes Arbeitsplatz, in denen Hector Elizondo und „Ghost Whisperer“-Veteran Christoph Sanders auftreten, sind meilenweit interessanter als das schrille Gekreische, das der Hauptfigur in den eigenen vier Wänden begegnet. So schwankt die eigentlich wichtigere Hälfte der Serie zwischen Langeweile und Nervenzusammenbruch.

Mike hat das Abendessen besorgt, doch seine Damen sind weniger begeistert
Fast wünscht man sich, man könnte tatsächlich nur in den Genuss der Outdoor-Abenteuer von Mike, Ed und Kyle in freier Wildbahn oder im Geschäft kommen. Hier liegt viel größeres Spaßpotential, hier hält man sich als Zuschauer sehr viel lieber auf. Alle Damen des Ensembles bleiben trotz recht geradliniger Charakterisierung im Vergleich dazu vollkommen farblos. Nancy Travis erreicht gemeinsam mit Allen leider nie auch nur annähernd die Chemie, die mit Patricia Richardson an seiner Seite selbstverständlich war. Das Gleiche gilt für die drei jüngeren Ladys im Baxter-Haushalt. So lässt sich „Last Man Standing“ auf eine schlichte Kopie mit Schönheitskorrektur reduzieren: Was, wenn Tim und Jill Taylor drei Töchter statt drei Söhne gehabt hätten? Vor allem dank nicht zündender One-Liner und Mikes aufgesetzt wirkendem Unverständnis für die Welt der drei Mädels, kann die neue Sitcom dieses Szenario nie wirklich zum Leben erwecken und in etwas Neues verwandeln.

Figuren wie Mike Baxter hat man schon oft in Comedy-Serien gesehen: Männer, die an den alten Werten und ihrer zementierten Weltanschauung festhalten und sie auf Biegen und Brechen verteidigen. Carroll O’Connor prägte diesen Archetyp einst in dem Klassiker „All In The Family“ als Archie Bunker, Ed O’Neill griff ihn als Al Bundy vollkommen überdreht und erfolgreich in „Eine schrecklich nette Familie“ wieder auf. Selbst William Shatner gelang es in der gescheiterten CBS-Sitcom „$#*! My Dad Says“, aus dem inzwischen recht abgenutzten Konzept eine liebenswürdige Hauptfigur herauszuholen. Gegen all diese Beispiele wirkt Mike Baxter seltsam grau und uninteressant, verschwindet im Hintergrund des Töchter-Chaos. Lediglich mit seinem eigenen Vlog gelingt es ihm schließlich, sich ein wenig zu profilieren, doch dann ist es eigentlich bereits zu spät. „Was ist nur mit Männern geschehen“, wundert er sich da. Gegen die scheinbare Verweichlichung des einst so starken Geschlechts gibt es für Mike nur ein Heilmittel: „Warum stehst du nicht von der verdammten Couch auf, du Trottel, und gehst nach draußen?!“ Ein einziger, guter Ratschlag – das bleibt von „Last Man Standing“. Man sollte ihm folgen – und abschalten.

Meine Wertung: 2/​5
Ralf Döbele
© Alle Bilder: ABC

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Über den Autor

Ralf Döbele ist Jahrgang 1981 und geriet schon in frühester Kindheit in den Bann von „Der Denver-Clan“, „Star Trek“ und „Aktenzeichen XY …ungelöst“. Davon hat er sich als klassisches Fernsehkind auch bis heute nicht wieder erholt. Vor allem US-Serien aus allen sieben Jahrzehnten TV-Geschichte haben es ihm angetan. Zu Ralfs Lieblingen gehören Dramaserien wie „Friday Night Lights“ oder „The West Wing“ genauso wie die Prime Time Soaps „Melrose Place“ und „Falcon Crest“, die Comedys „I Love Lucy“ und „M*A*S*H“ oder das „Law & Order“-Franchise. Aber auch deutsche Kultserien wie „Derrick“ oder „Bella Block“ finden sich in seinem DVD-Regal, das ständig aus allen Nähten platzt. Ralf ist als freier Redakteur für fernsehserien.de tätig und kümmert sich dabei hauptsächlich um tagesaktuelle News und um Specials über die Geschichte von deutschen und amerikanischen Kultformaten.

Lieblingsserien: Six Feet Under, Star Trek – Enterprise, Aktenzeichen XY … Ungelöst

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