2019/2020, Folge 1–15

  • Folge 1
    Polen: Wölfe: zwischen Artenschutz und Jagd
    Autor: Dirk Lipski
    Schafzüchterin Renata Kozdeba blickt mit Bangen auf die kommenden Wochen: Ende August, Anfang September beginnen die Wölfinnen, ihrem Nachwuchs das Jagen beizubringen. Und für Renata Kozdeba bedeutet das, besonders auf ihre Tiere aufpassen zu müssen. Denn ihre Schafe sind für die Wölfe leichte Beute: „Hier auf dieser Weide wurden einige meiner Schafe gerissen. Einmal kam das sogar in Anwesenheit von meiner Schwiegermutter vor, die mir hilft. Sie stand hier, und auf einmal, aus diesem Gebüsch, kam ein Wolf und hat eines der Schafe getötet. Die Wölfe sind überall.“ Zwischen 1950 und 1970 gab es in Polen offiziell nur 56 Wölfe. Doch ihr Bestand hat sich im Laufe der Jahre deutlich gesteigert. Heute schätzt man die Zahl der Wölfe auf fast 3.000. Mit spürbaren Folgen für Mensch und Wolf: Sie kommen sich zunehmend ins Gehege. Seit 2001 steht der Wolf in Polen unter Naturschutz. Er darf deshalb nicht gejagt werden. Nur in Ausnahmefällen.
    Schweiz: Frauen kämpfen für Gleichberechtigung
    Autorin: Marie-Kristin Boese
    Bäuerin Lotti lebt im Aargau, ein Postkartenidyll. Trotzdem hat sie zum Frauenstreik in die Kantonshauptstadt aufgerufen. Lotti Baumann geht es um Dinge, die eigentlich selbstverständlich sein sollten: ein fairer Lohn, finanzielle Unabhängigkeit. Doch auf den Höfen der Ehemänner arbeiten viele Frauen ohne Gehalt und Sozialversicherung. Mit allen Risiken wie sie erklärt: „Es gibt Probleme bei Scheidungsfällen. Man verliert ja dann erstens das Zuhause, der Betrieb ist meistens von den Eltern des Mannes übernommen und die Frau ist eingeheiratet, also sie geht weg und kann nicht ausweisen, dass sie gearbeitet hat.“ Sie selbst hat vorgesorgt, mit Nebenjob und Ehevertrag. Dass Lottis Mann sie in ihrem Kampf unterstützt, ist wichtig für sie. Der Kampf um Frauenrechte verbindet viele Schweizerinnen. Hunderttausende Frauen in der ganzen Schweiz streikten im Sommer landesweit, forderten bessere Löhne, bezahlbare Kitas, mehr Frauen in Führungspositionen.
    Japan: entführt von der eigenen Mutter
    Autor: Uwe Schwering
    Björn Echternach sucht seine Kinder, seit zwei Jahren sind sie verschwunden, entführt von der eigenen Mutter, einer Japanerin. Nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen hätte Japan die Rückführung der Kinder herbeiführen müssen, binnen sechs Wochen. Japan hat das Abkommen unterschrieben, doch behilflich sind die Behörden dem verzweifelten Vater nicht. Uwe Schwering hat den verzweifelten Vater bei der Suche nach seinen Kindern in Japan begleitet.
    Österreich: zu viele Touristen in Hallstatt
    Autor: Christian Limpert
    Der kleine Ort Hallstatt, idyllisch gelegen am Hallstätter See im Salzkammergut, ist längst zum Sinnbild für „Overtourism“ geworden. Gut 700 Einwohner zählt der Ort, über eine eine Million Touristen besuchen ihn jedes Jahr, das sind täglich zwischen 2.000 und 3.000 Menschen. Vor allem Besucherinnen und Besucher aus asiatischen Ländern sind ganz verrückt nach dem Ort. Seit dem Dreh einer koreanischen TV-Serie steht Hallstatt in ganz Asien hoch im Kurs. In China gibt es sogar eine Nachbildung des Ortes. Für die Einheimischen von Hallstatt, das zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt, sind die täglichen Menschenmassen zur Belastungsprobe geworden.
    Ein normales Leben scheint nicht mehr möglich. Aus Euphorie über das lukrative Geschäft mit den Touristen ist Skepsis geworden. Viele möchten ihr ruhiges Leben zurück. Um die Touristenmassen künftig besser in den Griff zu bekommen, denkt die Gemeinde nun über Auflagen und Regeln nach, sogar eine Maximalzahl von Touristen pro Tag ist im Gespräch. Doch nicht alle ziehen mit. Die Frage, wie man künftig mit den vielen Touristen umgehen soll, spaltet den Ort.
    Ägypten: Moderatorin mit Downsyndrom
    Autor: Alexander Stenzel
    Sie hat sich im wahrsten Sinne freigeschwommen: die 23-jährige Rahma mit dem Downsyndrom. Das Wasser ist ihr Metier. Hier fand sie eine neue Familie. „Der glücklichste Moment in meinem Leben ist, wenn ich hier bin und mit meinen Freunden trainiere. Ich plaudere mit ihnen, spiele mit ihnen. Und mit ihnen fühle ich mich als Champion.“ Doch auch außerhalb des Beckens feiert die junge Frau mittlerweile aufsehenerregende Erfolge. Nach ihrem Studium hat sie es ins Rampenlicht geschafft. Seit ein paar Monaten ist sie Moderatorin beim bekannten ägyptischen Sender DMC und moderiert die Morgensendung. Der Sender hat mit Rahma als Moderatorin neue Wege beschritten und etwas gewagt.
    Indien: Warum stehen Flugzeuge auf den Dächern?
    Autor: Peter Gerhardt
    Im Norden Indiens gibt es im Bundesstaat Punjab ein ganz besonderes Dorf: Jahaj Village, das Flugzeugdorf. Auf vielen Dächern stehen große Flugzeugmodelle oder Schiffe, auf einigen sogar Kängurus. Santok Singh hat das größte Flugzeugmodell auf seinem Dach installieren lassen. „Wir Punjabis sind dafür bekannt, dass wir hart arbeiten. Egal, wo wir auf der Welt hinkommen, wir sind immer erfolgreich.“ Und das zeigen die Punjabis auch gerne. Santok Singh lebt eigentlich seit vielen Jahren in Großbritannien, sein Haus im Heimatdorf besucht er nur einmal pro Jahr. Aber das Modell auf dem Dach zeigt allen, dass er es geschafft hat im fernen Europa. Und das Flugzeug zeigt, dass er sich die teuren Reisen leisten kann. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Di. 20.08.2019 NDR
  • Folge 2
    Großbritannien: „Good Gym“ – Gutes tun, statt Fitnessstudio
    Die „Good Gym“-Bewegung trifft sich im Freien um Sport zu machen und dabei Gutes zu tun. Sie joggen zu alten Menschen und helfen ihnen bei allem, was sie nicht mehr alleine erledigen können oder Sie verbinden eine Trainingseinheit im Park mit dem Pflanzen von Bäumen. Vor zehn Jahren in London gestartet, ist die Bewegung mittlerweile in ganz Großbritannien aktiv und gewinnt immer mehr an Fahrt.
    Autor: Alexander Westermann
    Polen: Das Dorf ohne Jungen
    Der katholische Priester Joachim Augustyniok bittet auf der Kanzel um Gottes Beistand und um männliche Babys für sein Dorf. Augustyniok predigt in Miejsce Odrzanskie, einem 300-Seelen-Ort auf dem Land, zwei Stunden entfernt von Warschau. Dieser Ort ist besonders: Seit zehn Jahren sind alle Neugeborenen weiblich! Kein einziger Junge wurde geboren. Den Grund hierfür kennt niemand. Der Gemeindevorsteher Rajmund Frischko stellt inzwischen eine Belohnung in Aussicht für diejenigen, die das Rätsel lösen können, aber alle Experten sind ratlos. Viele Aufgaben, die traditionell eher in Männerhand liegen, werden nun von Frauen und Mädchen erledigt werden. So gründete die freiwillige Feuerwehr jüngst beispielsweise eine reine Mädchen-Brigade.
    Autoren: Dirk Lipski /​ Magda Karpinska
    Berg-Karabach: Frauen im Militär
    Wo heute der Metalldetektor anschlägt, verlief vor 25 Jahren die Frontlinie zwischen Armenien und Aserbaidschan. Noch immer liegen im Boden Berg-Karabachs unzählige Minen. Teamleiterin Lilit Amirkhanyan beaufsichtigt die richtige Markierung genau. Da für diese Arbeit höchste Konzentration nötig ist, pfeift Sie alle 40 Minuten zur Pause. „Es ist eine große Ehre für mich, unser Land von Minen zu befreien, damit die Menschen es wieder nutzen können. Als erste weibliche Teamleiterin fühle ich mich als Vorbild. Auch wir Frauen können Karriere in solchen Berufen machen.“ In Stepanakert, der Hauptstadt des De-facto-Staates, sieht man viele moderne und selbstbewusste Frauen.
    Dennoch herrscht beim Militär eine recht antiquierte Meinung zu kämpfenden Frauen. Arman Khachatryan, Wehrdienstleistender meint: „Ich denke nicht, dass Frauen in der Armee dienen sollten. Ich glaube, dass die Verteidigung des Heimatlandes ein Job für Männer ist.“ Das Team von Lilit Amirkhanyan beweist jedoch, dass sie sehr wohl ihr Land verteidigen können. Keiner der Männer in ihrem Team habe ein Problem mit ihr als Teamleiterin. Autoren: Manuel Daubenberger /​ Florian Guckelsberger
    Kambodscha: Sand das neue „Gold“ Asiens
    Die Wüsten sind voll mit Sand. Dieser ist jedoch so glatt geschliffen, dass er nicht als Baustoff taugt. Das geht nur mit Sand aus dem Meer oder aus den Flüssen. Sand ist nach Wasser der kostbarste Rohstoff der Welt und der Handel damit ist ein Riesengeschäft. Doch bezahlen müssen vor allem die, denen er weggenommen wird. Die Kambodschanerin Khut Samor verlor ihr Zauhause, weil ihr Haus zusammenbrach. Der Untergrund war nicht mehr stabil genug. Grund hierfür sind Schiffe, die tonnenweise Sand abtragen und das „Gold des Mekong“ anschließend Richtung Stadt transportieren. Bagger saugen von früh bis spät den Flussgrund ab. In ganz Asien werden Flüsse und Meere ihres Sandes beraubt. Denn Sand ist der Stoff, aus dem die Städte sind. Khut Samor lebt nun in einem Stall und ist verzweifelt: „Der Sand gehört niemand anderem als dem Fluss. Der Fluss ist der Eigentümer, niemand sonst. Aber es kommen diese Leute, Investoren, Geschäftsleute. Sie kommen und holen sich den Sand, um ihn zu verkaufen.“
    Autorin: Angelika Henkel. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Di. 27.08.2019 NDR
  • Folge 3
    USA: Wirbelsturm „Dorian“
    Autorin: Claudia Buckenmaier
    Einen solchen Wirbelsturm haben die Bewohnerinnen und Bewohner der Bahamas noch nicht erlebt. „Dorian“ ist mit einer zerstörerischen Wucht über die Inselgruppe gezogen, mit Windgeschwindigkeiten von 295 km/​h. Die Behörden berichten von abgedeckten Häusern, von herumfliegenden Autos und niedergefegten Strommasten. Die Wellen, sieben Meter hoch, überfluteten ganze Dörfer der Urlaubsregion. US-Präsident Donald Trump nennt den Wirbelsturm ein „Monster“, das sich nun Richtung US-Festland bewegt. Die Menschen an der Ostküste der USA bereiten sich nun auf die Katastrophe vor, wenn der Sturm erneut auf Land trifft. Und noch hoffen sie, dass er bis dahin über dem Wasser seine Wucht verliert.
    Hongkong: Streiks und Massendemonstrationen
    Autor: Daniel Satra
    Schülerinnen und Schüler halten sich an den Händen, einige tragen Gasmasken. Es ist ein friedlicher Protest, die jungen Menschen sorgen sich um ihre Zukunft, um ihre bürgerlichen Freiheiten und bilden lange Menschenketten vor den Schulgebäuden. Auch an den Universitäten wird gestreikt, an Unterricht ist nicht zu denken. Zwei Wochen lang wollen die Studierenden den Betrieb lahmlegen. Der Flughafen ist seit dem Wochenende belagert. Wie geht es weiter? Die Protestaktionen reißen nicht ab. In Hongkong gehen die Menschen seit drei Monaten immer wieder auf die Straßen und fordern den Erhalt der Demokratie. Die Sorge vor der wachsenden Einflussnahme Pekings ist groß.
    Indonesien: Riesenechsen und Touristen
    Autorin: Sandra Ratzow
    Die Einheimischen nennen sie Drachen, die Komodowarane sehen aus wie Kreaturen aus längst vergangenen Zeiten. Sie sind gefährlich, ein Biss dieser Riesenechsen kann tödlich sein. Nervenkitzel ist vorprogrammiert, wenn die Touristen hautnah miterleben, wie die Warane miteinander kämpfen. Und es kommen immer mehr Touristen. Für Ranger David Hau stellt sich längst die Frage, wen er schützen soll: die Warane vor den Touristen oder die Touristen vor den Waranen? Die Inseln im Komodo-Nationalpark ziehen nicht nur wegen der Echsen Kreuzfahrturlauber und Weltreisende an, die Strände und auch die Unterwasserwelt sind herausragend schön. Um das alles zu erhalten, plant der Gouverneur im kommenden Jahr, einige Inseln komplett für Besucherinnen und Besucher zu schließen. Mittlerweile aber leben 80 Prozent der Inselbewohnerinnen und -bewohner in irgendeiner Form vom Tourismus. Sie sorgen sich vor dem Wegfall der Einnahmequellen.
    Spanien: alles zum Wohl der Senioren von Pescueza
    Autorin: Natalia Bachmayer
    Es gibt Tausende Geisterdörfer in Spanien, die Bevölkerung überaltert seit Jahren. Der Hauptgrund: In der Provinz fehlt jungen Leuten die wirtschaftliche Perspektive für eine eigene Familie und Senioren können dort nur schlecht durch Pflege betreut werden. In Pescueza in der westspanischen Region Extremadura hat man sich ein neues Konzept überlegt: Damit das überalterte Dorf nicht ausstirbt, ist es komplett auf Senioren ausgelegt. Davon sollen auch die jungen Leute profitieren: Denn über Pflege und medizinische Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner entstehen viele Jobs.
    Kenia: Lake Turkana Windpark
    Autor: Arnim Stauth
    In Kenias Halbwüste am Turkana-See wurde der angeblich effizienteste Windpark der Welt in Betrieb genommen. Er soll 20 Prozent des Strombedarfs des Landes bei vergleichsweise geringen Kosten decken. Strom im Überfluss für die Region, so war die Hoffnung der Fischer vom Turkanasee. Doch diese Erwartungen wurden bis heute nicht erfüllt. Noch immer müssen sie den Stromgenerator anwerfen. Es klingt unglaublich: Die Nomaden, auf deren Land die Windkraftanlagen gebaut wurden, haben weder Geld erhalten noch sind sie ans Stromnetz angeschlossen worden. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Di. 03.09.2019 NDR
  • Folge 4
    Italien: Land ohne Kinder
    Autor: Philipp Zahn
    Die Geburtenrate in Italien ist im Rekordtief. Der Jugend fehlt das Vertrauen in die Zukunft. Gerade bildet sich die 66. Regierung in nur 73 Jahren. Staatsverschuldung und Arbeitslosigkeit sind hoch. Da denken immer weniger junge Leute über Bambini nach. Mit durchschnittlich 33 Jahren sind Italienerinnen, wenn sie ein Kind bekommen, heute älter als alle anderen Europäerinnen. Viele Frauen wie Männer sehen Kinder nicht mehr als Segen für ihr Leben, sondern als Bürde. So wie der Angestellte Enrico Ottaviani: „Das Leben ist schon kompliziert genug zwischen Arbeit, Steuern und Abgaben. Die wenigen freien Stunden am Tag willst du dich erholen, an dich denken, mit Freunden ausgehen. Ein Kind macht dir da einen Strich durch die Rechnung.“
    Großbritannien: Meer schluckt Küstenorte
    Autor: Michael Altenhenne
    Immer mehr Küstenorte in Großbritannien kämpfen gegen die Erosion ihrer Küsten. So auch der walisische Küstenort Fairbourne mit seinen rund 1.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Nach Meinung von Experten liegt das am Klimawandel. Zig Millionen an Geldern sind bereits in Dämme und Deiche geflossen, um die Menschen vor dem Meer zu schützen. Doch jetzt kapitulieren die walisischen Behörden, sie fordern die Dorfbewohner auf, sich ein neues Zuhause zu suchen. Doch gerade viele der älteren Menschen können sich nicht einfach irgendwo anders ein neues Haus kaufen. Sie fühlen sich vom Staat im Stich gelassen. So wie Rentnerin Angela Thomas: „Fakt ist: Sie haben keine Antworten für uns. Sie wissen weder wohin sie uns umsiedeln können noch wann das geschehen soll. Es gibt keinerlei finanzielle Hilfe, keine Entschädigung. Und was uns besonders hart trifft: Falls man darauf besteht, dass wir alle den Ort verlassen, dann müssten Mike und ich die Kosten für den Abriss des Hauses selbst bezahlen!“
    Frankreich: der Stadtschäfer von Paris
    Autorin: Sabine Rau
    Wie viele Metropolen der Welt leidet auch Paris zuweilen unter Lärm, Stress und einem drohenden Verkehrsinfarkt. Mehr Ruhe, Land und Beschaulichkeit für das geplagte Zentrum, das ist das Ziel von Guillaume Leterrier. Er stammt aus der Normandie und ist ein sogenannter Stadtschäfer. Regelmäßig führt er seine Schafherde in die Hauptstadt. Viele Pariser Bürgerinnen und Bürger finden das ungewöhnlich und erfrischend.
    Syrien/​Irak: der Sklavenhandel des IS
    Autoren: Britta von der Heide, Volkmar Kabisch, Amir Musawy
    Vor fünf Jahren haben Kämpfer des sogenannten Islamischen Staates den Nordirak überrannt. Tausende Angehörige der religiösen Minderheit der Jesiden wurden getötet, vor allem Männer. Viele jesidische Frauen wurden vom IS als Sklavinnen verkauft. Lamiya ist eine von ihnen. Im nordsyrischen Rakka wurde sie von einem deutschen IS-Mitglied „gekauft“, Martin Lemke. Er nennt sich Abu Yasir und ist mit drei Frauen verheiratet, darunter eine Deutsche. Sie schickt irgendwann eine Audionachricht an ihre Angehörigen in Deutschland. Ihr Mann habe gesagt „ich habe jetzt eine Sklavin gekauft. Für 800 Dollar. Sie ist Jesidin. Sie ist 30. Sie hat zwei Kinder.“ Nach mehreren Wochen verkauft Martin Lemke Lamiya weiter. Später bezahlen Angehörige 24.000 Dollar, um sie zu befreien. Menschenhandel, mit dem sich IS-Mitglieder finanzieren. Die Autoren haben die schwer traumatisierte Lamiya getroffen.
    Litauen: Wo die NATO den Bündnisfall übt
    Autor: Christian Stichler
    Gleich neben dem Ort Pabrade in der Nähe der weißrussischen Grenze liegt der größte Truppenübungsplatz Litauens. Hier trainiert die NATO den Bündnisfall. Seit zwei Jahren leitet Deutschland in dem baltischen Land ein multinationales Bataillon. Litauen liegt zwischen der russischen Enklave Kaliningrad und dem autokratisch regierten Weißrussland. Auch Bundeswehrsoldaten und -soldatinnen üben hier am „schweren Gerät“. Durch Pabrade mit seinen 5.500 Einwohnerinnen und Einwohnern fahren fast täglich Panzer. Die meisten hier finden es gut, dass die Truppen da sind, auch wenn keiner direkt Angst vor einer russischen Invasion hat. Aber seit der Annexion der Krim sind alle hier wieder hellhörig geworden. Aber es gibt auch Leute, vor allem die, die russische Wurzeln haben, die von „Besatzern“ sprechen. „Die sollen nach Hause fahren“, sagen sie. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Di. 10.09.2019 NDR
  • Folge 5
    Schweiz: Patienten leiden unter Ärztefehlern
    Autor: Simon Riesche
    Wenn Angela Blaser auf ihre Terrasse tritt, kann sie zwar Blumen gießen, deren Geruch aber bleibt ihr verborgen. Sie kann nicht mehr riechen. Die Schweizerin hat von einer eigentlich harmlosen Nasenoperation vor ein paar Jahren große Schäden davongetragen. „Dass sich der Arzt nicht mal entschuldigt hat. Ich habe nie etwas gehört. Und dieser Arzt ist immer noch tätig. Das nervt mich bis heute, kann ich nicht nachvollziehen.“ Es ist der Albtraum vieler Patienten: Man muss mit kleinen Beschwerden ins Krankenhaus und kommt mit viel größeren Beschwerden zurück, weil Ärzte oder das Pflegepersonal nachlässig waren oder ihr Handwerk nicht richtig beherrschen.
    Mangelnde Hygiene, leichtfertig getroffene Diagnosen, eine Verwechslung mit dem Bettnachbarn. Die Weltgesundheitsorganisation WHO in Genf schlägt Alarm. Neelam Dhingra-Kumar von der WHO erklärt: „Patientensicherheit ist ein globales Problem. Kein Mensch sollte aufgrund einer medizinischen Behandlung zusätzliches Leid erfahren. Und doch: Hunderten Millionen Patienten passiert genau das.“
    Israel: Es geht um viel bei den Parlamentswahlen
    Autorin: Susanne Glass
    Langzeit-Premierminister Netanjahu steht extrem unter Druck. Wie stark, dass zeigte er auf den Schlussmetern des Wahlkampfes, als er die Annexion des palästinensischen Westjordanlandes in Aussicht stellte. Ein Werben um die von ihm dringend benötigten Stimmen der Siedler und Ultranationalisten. In Israel finden zum zweiten Mal in diesem Jahr Parlamentswahlen statt. Bei der ersten Wahl im April gelang es Netanjahu nicht, eine Koalitionsregierung zu bilden.
    Italien: Kampf gegen Mafia in der Landwirtschaft
    Autorin: Ilanit Berger
    Guiseppe war früher Verwaltungschef in der Provinz Messina, er wirkt unscheinbar und will auf keinen Fall viel Aufmerksamkeit. Denn er kämpft gegen die Machenschaften der Mafia in der Landwirtschaft. Vor drei Jahren überlebte er ein Attentat und fürchtet seitdem umso mehr um sein Leben. Betrug, Erpressung, falsche Etikettierung, gepanschte Lebensmittel: Die Mafia macht große Geschäfte in der Landwirtschaft und in der Lebensmittelbranche. Der aktuelle Agromafia-Bericht zeigt, dass die kriminellen Machenschaften im vergangenen Jahr weiter gestiegen sind und schätzt das Geschäftsvolumen der Kriminellen auf 24,5 Milliarden Euro.
    Türkei: Tod durch gepanschten Alkohol
    Autorin: Natalie Amiri
    Alkohol in der Türkei wird immer teurer. In den letzten Jahren stiegen die Bierpreise um bis zu 300 Prozent. Ähnlich sieht es mit dem Nationalgetränk Raki aus: Kostete 2009 eine Flasche Raki 70cl noch 31 Türkische Lira, so kostet sie heute 125 TL. Seit geraumer Zeit brauen und brennen die Menschen daher ihre alkoholischen Getränke selbst, oftmals illegal mit Methylalkohol. Doch der Selbstgebrannte kann lebensgefährlich sein: Im Juli sind in drei Städten der Türkei 16 Menschen an Methylalkoholvergiftung gestorben.
    USA: Ausbildung vom Kohlekumpel zum Imker
    Autorin: Claudia Buckenmaier
    Auch den Kohlekumpels hat US-Präsident Trump viel versprochen. Doch immer mehr Kohlebergwerke gehen pleite. Viele Arbeiter stehen ohne Beschäftigung da, einige konnten umschulen, so wie Alvin Farley. Er hat jahrzehntelang in Kohlegruben gearbeitet. Oft waren die Schächte gerade einmal 80 Zentimeter hoch. Dann wurde bei ihm eine schwarze Lunge diagnostiziert, wie bei vielen anderen auch. Er konnte die schwere körperliche Arbeit nicht mehr leisten. Nach jahrelangem Kampf bekommt er nun zwar eine kleine Entschädigungszahlung, aber die reicht kaum zum Überleben.
    Dank des sogenannten Imkerkollektivs hat er ein Hobby zu einer neuen Verdienstquelle gemacht. „Das hier hat nichts mit Kohlebergbau zu tun. Ich genieße das mehr als alles andere“, freut er sich über die Chance, die ihm die Organisation gibt. Alvin ist einer von inzwischen 90 Partnern. Chefimker Mark Lilly weiß, dass die Bienenzucht keinen Boom auslösen kann, hofft aber, dass sie wie ein Türöffner wirkt, dass neue Ideen möglich werden. Auf die Hilfe von außen durch Politiker haben sie zu lange vergeblich gehofft. Jetzt wollen sie sich selbst helfen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Di. 17.09.2019 NDR
  • Folge 6
    Niederlande: Ein Land säuft ab
    Autoren: Olga Chládková, Tobias Müller
    Wenn der Meeresspiegel weiter steigt, sind die Niederlande ernsthaft in Gefahr: Mehr als ein Viertel von Deutschlands Nachbarland liegt bereits jetzt unter dem Meeresspiegel und wird nur durch permanenten Pumpeneinsatz nicht überspült. Mit dem größten Damm der Welt wollen sich die Niederlande nun gegen Fluten wappnen. Aber ein Problem bleibt: die Versalzung.
    Russland: Ein Dorf rettet sich selbst
    Autorin: Ina Ruck
    Dörfer wie Malyj Turysch gibt es in Russland viele. Ein paar Holzhäuser, kaum Infrastruktur, nur noch alte Menschen. In Malyj Turysch aber hat sich etwas geändert, seitdem die 30-jährige Gusel Sanschapowa mit den Methoden ihrer Generation das Dorf im Ural vor dem Aussterben rettet. Sie lässt die alten Frauen, die Babuschkas, Marmelade, Teemischungen und Honig für die Leute in der Stadt herstellen und hat einen erfolgreichen Onlinehandel aufgebaut. Besonders angesagt sind gerade Honiglöffel mit Wildkräutern, eine Moskauer Bioladenkette hat 8.000 Stück bestellt. Viele alte Menschen in Malyj Turysch haben durch Gusel Arbeit bekommen und können ihre Rente aufbessern. Dazu kommt der Spaß, den die Frauen bei der gemeinsamen Sache haben. Mittlerweile gibt es sogar die ersten jungen Familien, die von der Kreisstadt zurück aufs Land ziehen. Weil es dank des Unternehmergeistes von Gusel hier wieder eine Perspektive gibt.
    Syrien: Kino der Hoffnung
    Autor: Daniel Hechler
    Eine Stunde abtauchen in eine Welt ohne Krieg und Krise, Terror und Angst. Für die meisten Kinder auf dem Schulhof von Bayan Doun wird es ein unvergesslicher Abend. Der erste Kinofilm ihres Lebens. Die Macher dahinter sind: Filmstudierende, -absolventen, -produzenten in einem Kulturzentrum bei Qamishli. Sie wollen die Kultur des Films in ihre kurdische Heimat zurückbringen. Kindern in der krisengeschüttelten Region Nordsyriens ein wenig Ablenkung, Zerstreuung, Bildung anbieten, erklärt Projektleiter Hoger Qolan: „Wenn ein Kind mir erzählt, wie sehr ihm der Film gefallen hat, macht mich das überglücklich.“ Für ihr Projekt haben sie nicht viel Geld, dafür aber reichlich Fantasie. Ein Laptop, ein Projektor, eine Leinwand reichen, um überall in der Region mit wenig Aufwand ein Kinoerlebnis im Freien zu zaubern. In diesem Jahr haben sie schon mehr als 60 Dörfer angefahren, etwa 15.000 Kinder vor die Leinwand geholt.
    Bangladesch: Umsiedelung wegen Klimawandel
    Autor: Markus Reher
    Bangladesch ist eines der Länder, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind. Große Teile des Landes liegen in Höhe des Meeresspiegels und sind vom steigenden Wasser bedroht. Die regelmäßigen Überschwemmungen mit dem salzigen Meerwasser machen die Böden unfruchtbar. Von den 60 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern werden nun mehrere Millionen umgesiedelt. Sie müssen ihr Zuhause an der Küste verlassen und im Landesinneren völlig neu anfangen.
    Griechenland: Taucher kämpfen gegen Plastikmüll
    Autorin: Ilanit Spinner
    Statt einer bunten Unterwasserwelt aus Muscheln, Schnecken und Korallen präsentiert sich Tauchern vor vielen griechischen Inseln ein anderes Bild: aufgetürmter Plastikmüll. Mehrere Tausend Tonnen davon gelangen jährlich in Griechenland ins Meer. Ehrenamtliche Taucher der Umweltgruppe Aegean Rebreath haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Müll vom Meeresgrund hervorzuholen. Das jüngste Anlaufziel der Plastiktaucher: die Insel Poros im Saronischen Golf nordöstlich von Peloponnes. Was sie unter Wasser finden: Reifen, Flaschen, Plastikstühle und alte Fischernetze. Es sieht aus wie auf einer Müllkippe. Bis zu zwei Tonnen Abfall fischen die Taucher aus dem Meer. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Di. 24.09.2019 NDR
  • Folge 7
    Polen: ein PiS-Dorf vor der Wahl
    Autor: Raphael Jung
    Es ist Herbst. Zeit die Ernte einzufahren. In der Landwirtschaft ebenso wie in der Politik. Denn in Polen stehen Wahlen an. Im grenznahen Polen wollen viele Menschen die rechtskonservative PiS wählen. Ein Filmteam ist bei der Kartoffelernte in Maszewo dabei, einige Kilometer von Frankfurt (Oder) entfernt, und fragt, warum die Menschen wieder die Regierungspartei wählen wollen.
    USA: Verletze und Tote durch E-Zigaretten
    Autorin: Claudia Buckenmaier
    Zwei Jahre lang hat der 18-jährige Adam E-Zigaretten gedampft, dann bekam er plötzlich Fieber, Übelkeit, Atemnot. Seine Eltern brachten ihn ins Krankenhaus. Das war die Rettung. Seine Mutter Polly Hergenreder ist noch fassungslos und erklärt: „Der Arzt sagte uns, er wäre in der Nacht gestorben, seine Lungen wären kollabiert.“ Adam ist nur einer von Hunderten Menschen, die in den letzten Wochen schwer erkrankt sind. Niemand weiß bisher mit Gewissheit, was die Konsumenten von E-Zigaretten krank macht. Seit es die ersten Todesfälle gibt, herrscht große Verunsicherung. Lungenarzt Steven Lerner warnt vor dem Dampfen. Zwar inhalieren die E-Zigaretten-Raucher keinen Tabak, dafür aber jede Menge anderer giftiger Substanzen. „Wenn schädliche Substanzen wie Emulgatoren oder Aromastoffe die Atemwege erreichen, und der Körper dramatisch darauf reagiert, dann können Menschen sterben. Weil die unteren Atemwege versagen.“
    Zentralafrikanische Republik: Kicken gegen Traumata
    Autorin: Caroline Hoffmann Fußballtraining, um das Grauen zu vergessen: Jean ist erst 13, doch er hat schon Schreckliches erlebt. Nachdem er seine Eltern verlor, wurde Jean Kindersoldat. Drei Jahre lang war Jean bei der Miliz. Er musste Botengänge erledigen, aber auch nachts Häuser bewachen. Was er dort alles erlebt hat, weiß keiner genau. Mittlerweile darf er an einem besonderen Fußballprojekt teilnehmen. Sein Trainer Richard Ouagole bringt ihm nicht nur das Kicken bei, sondern hat auch eine Ausbildung als Psychologe: Um einem Kind zu helfen, muss man viel mit ihm sprechen, seine Probleme kennenlernen. Und wenn das Kind etwas nicht versteht, erklärt man es ihm, zeigt ihm das Leben. Was heißt es, zu leben? Der Trainer begleitet die Kinder nicht nur beim Fußball. Er besucht auch die Familien, ihr Zuhause und leistet Hilfestellung im Alltag.
    Island: eisige Riesen in Gefahr
    Autor: Christian Stichler Islands Gletscher haben dem Land im äußersten Norden Europas seinen Namen gegeben. In Island, dem Eisland, gibt es heute noch etwa 300 Gletscher. Doch auch sie sind von der Klimaerwärmung bedroht. Die Gletscher schmelzen. In 200 Jahren könnten sie verschwunden sein. Der Fotograf Ragnar Axelsson hält die Anatomie der eisigen Riesen mit der Kamera fest. Seit vielen Jahren fliegt er mit einer kleinen Maschine kreuz und quer über die Insel, dokumentiert die Schönheit der Gletscher und deren Rückzug. Für ihn haben die Gletscher etwas Menschliches, sie haben Augen, Gesichter. Mit seinen Fotos will er die Menschen auf die Veränderungen in der Arktis aufmerksam machen.
    Argentinien: Ökobauern unter Druck
    Autorin: Marie-Kristin Boese
    Carlos Arenas ist Bauer seit fast 40 Jahren. Sein Acker ist gerade einmal dreieinhalb Hektar groß. Er teilt ihn mit zwei Familien. Doch was er und seine Frau Cristina dem Boden abtrotzen, kann sich sehen lassen: Paprika, Gurke, Blumenkohl, Weißkohl und vieles mehr. Vor ein paar Jahren hat Carlos auf Ökolandwirtschaft umgestellt. Das Leben in La Plata, eine Autostunde vor Buenos Aires, ist karg. Sein Reichtum, sagt er, stecke im Boden: „Hier siehst du, dass es lebende Tiere und Mikroorganismen gibt. Wir benutzen seit drei Jahren keine Chemie mehr. Seitdem haben wir viele Regenwürmer.“ Den Pestiziden hat Carlos abgeschworen. Sie hätten ihn krank gemacht. Wie er haben Hunderte Familien hier auf Öko umgestellt, sie sind zusammengeschlossen in der Organisation UTT. Argentinien ist einer der größten Agrarexporteure weltweit. Den Profit macht aber nur eine Minderheit, die riesigen Agrokonzerne. Sie machen den Kleinbauern das Leben schwer. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Di. 08.10.2019 NDR
  • Folge 8
    Brasilien: das Ende des Zölibats im Amazonas?
    Autor: Matthias Ebert
    Derzeit sind die Mitarbeiter des Indigenen Missionsrates der katholischen Kirche im Amazonas schwer beschäftigt. Sie ziehen durch das Land und befragen Urwaldbewohner zu ihren sexuellen Gewohnheiten und zur Kirche. Es geht vor allem um ein Thema: die strengen Regeln der Kirche in Bezug auf das Zölibat. Die meisten Menschen im Amazonas sehen diese alte Tradition kritisch. Nach der Befragung wird der Abschlussbericht zur ersten Amazonas-Synode von Papst Franziskus im Vatikan entgegengenommen. Und schon jetzt ist klar, was von den südamerikanischen Bischöfen in Rom wohl gefordert wird: nicht weniger als das Ende des Zölibats.
    Es könnte die katholische Kirche in ihren Grundfesten erschüttern. Der Grund für den revolutionären Vorstoß aus Brasiliens Regenwald ist einfach: Im Amazonas ist der Mangel an Priestern extrem. Die Kirche findet einfach keinen Nachwuchs, der in der tropischen Schwüle bereit ist, sich den strengen Enthaltsamkeitsregeln zu unterwerfen. So könnte es passieren, dass der Papst auf der Amazonas-Synode erstmals Verheiratete als „katholische Agenten“ zulässt, die die Eucharistie und Salbung durchführen dürfen.
    Mexiko: Deutsche Rechtsmediziner klären Verbrechen auf
    Autorin: Xenia Böttcher
    40.000 Menschen gelten in Mexiko als vermisst. Die meisten wurden wohl Opfer eines Gewaltverbrechens. Immer wieder findet die Polizei Massengräber, manchmal nur mit verkohlten Resten menschlicher Körper. Die Identifizierung geht sehr schleppend voran. Zurück bleiben verzweifelte Angehörige, die keinen Frieden ohne Gewissheit finden. Vor dem Rechtsmedizinischen Institut in Guadalajara fordern Familien Antworten vom Staat. Wer sind die Toten, die hier seit Jahren liegen? Leticia Noriega erklärt: Ich durchlebe die Hölle, heute vor vier Jahren ist mein Sohn verschwunden.
    Ich bekomme keine Antwort auf meine Fragen.“ Neue Hoffnung bringt Besuch aus Deutschland. Die Menschenrechtsbeauftrage der Bundesregierung ist gekommen, zusammen mit zwei Frankfurter Rechtsmedizinern. Sie erwartet ein gruseliger Arbeitsplatz: Regale voller Gewaltopfer. 600 sind es insgesamt. Ein halbes Jahr lang werden sie die Mexikaner bei der Arbeit unterstützen. Christoph Birngruber vom Institut für Rechtsmedizin in Frankfurt sagt: „Das Ausmaß ist unbeschreiblich und sich klarzumachen, dass hinter jedem Sack eine Familie steht, die nicht trauern kann, weil sie nicht weiß, dass ihr Angehöriger verstorben ist, das ist ein bedrückendes Gefühl.
    Gleichzeitig weiß man wofür man seinen Job macht, wenn man Rechtsmediziner ist.“ Jeden Tag kommen weitere Tote hinzu. Es fehlt an Personal und Technik, um die Masse an Identifizierungen zu bewältigen. Die Rechtsmediziner wissen, sie werden ein Ausmaß an Gewalt sehen, das sie so nicht kennen.
    Simbabwe: Großmütter als Psychologinnen
    Autor: Thomas Denzel
    Viele Menschen in Simbabwe leiden unter Depressionen. Die Gründe sind vielfältig. Geschätzte 80 Prozent der Bevölkerung sind arbeitslos. Vor einigen Jahren gab es eine Superinflation und bis heute kaum Besserung. Lange Schlangen an den Tankstellen alltäglich. Benzin ist teuer und knapp, so wie viele Dinge des täglichen Lebens. Politische Demonstrationen enden oft in Gewalt, auch von Seiten der Polizei und Armee. Geschätzt jeder Vierte in Simbabwe hat psychische Probleme, erklärt Hausfrau und Großmutter Grace Choga. Doch pro halbe Million Einwohner gibt es nur einen Psychiater oder Psychotherapeuten. Grace Choga will deshalb helfen, hat sich als Psychologin schulen lassen.
    Freundschaftsbank nennt sich das Projekt. Hier trifft Choga an diesem Tag Blangina Munhenga. Seit vier Wochen ist sie bei Grace Choga in der Beratung. Bei einer Frau also, die selbst nur Hausfrau und Großmutter ist. Munhenga leidet an einer Depression und bekommt jetzt Hilfe. „Was denkst du, was kannst du selbst tun?“, fragt Grace Choga. Sie wendet ein Konzept der Verhaltenstherapie an: Sie hört zu, wenn ihre Patienten von ihren Problemen erzählen und hilft ihnen, dann selbst Lösungen zu finden. Patientin Blangina Munhenga meint: Wenn ich hier mit einer Großmutter spreche, dann fühle ich mich wohler als im Gespräch mit einem Arzt, ich bin viel offener.
    Und einen Arzt kann ich mir ohnehin nicht leisten.“ Auf den Freundschaftsbänken kümmern sich nun Großmütter um die Sorgen der Menschen. 400 sind es inzwischen landesweit. Eine deutsche Psychologin ist eine der Gründerinnen des Projekts. „Wichtig ist auch, dass die Geschichten unserer Patienten uns selbst nicht zu sehr belasten“, erklärt sie den Großmüttern. Die allerdings sagen, dass sich ihr Lebensgefühl sogar verbessert hat, seit sie als Beraterinnen arbeiten. Regelmäßig werden die alten Damen geschult, damit sie lebensbedrohlichen Fällen mit Wissen begegnen und nicht mit Aberglauben.
    Polen: Als Putzfrau nach Deutschland. Lohnt das?
    Autorinnen: Katharina Zabrzynski, Agata Horbacz
    Hunderte von Polinnen aus der Grenzregion pendeln täglich nach Deutschland, um hier zu putzen. Eine von ihnen ist Joanna Hein aus Slubice. Joanna hat zwei Kinder. Wenn alles gut läuft, ist sie in zwölf Stunden wieder zu Hause. Im Zug organisiert sie das Familienleben. „Machen wir uns nichts vor. Die Pendelei zehrt an den Nerven, wenn die Züge ausfallen, fahren wir schon mal drei Stunden zur Arbeit. Die Familie und die Kinder leiden darunter.“ Seit sieben Jahren putzt Joanna in Berlin. Sie ist Teamleiterin im Hotel Capri am Alex. Ihr Job ist es, die Zimmer zu kontrollieren, die die Zimmermädchen sauber machen.
    Aber weil diese unter großem Zeitdruck stehen, wischt sie oft selbst. Zwölf der 14 Putzfrauen hier kommen aus Polen. Sie verdienen 10,56 Euro pro Stunde. Die körperliche Arbeit und der Zeitdruck machen den Job für Deutsche unattraktiv. Joanna, die in Polen als Verkäuferin gearbeitet hat, ist hin und her gerissen, ob der doppelte Lohn, den sie in Deutschland verdient, die Plackerei wert ist. Für polnische Verhältnisse haben sich Joanna und ihr Mann Lukasz einen gewissen Wohlstand erarbeitet. Sie verreisen, haben zwei Autos und können ihren Kindern Nachhilfe bezahlen, die fast so teuer ist wie in Deutschland. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Di. 15.10.2019 NDR
  • Folge 9
    Polen: Deutscher Müll auf Polens Kippen
    Deutschland exportiert Müll in viele Teile der Welt. Immer größere Müllmengen gehen mittlerweile auch nach Polen. 2015 waren es noch rund 150.000 Tonnen, 2018 waren es schon 434.000 Tonnen – Tendenz weiter steigend. In Polen wird der oft unsortierte Müll auf Deponien gebracht und dort häufig auf Kosten der Umwelt verbrannt. Der Mülltransport lohnt sich für deutsche Exporteure, die für eine ordnungsgemäße Entsorgung hierzulande das Dreifache dessen zahlen müssten, was an Kosten in Polen anfällt. Doch vieles, was als unproblematischer Abfall deklariert wird, ist in Wahrheit gefährlicher Problemmüll.
    Autoren: Mathea Schüle/​Maria Jarmoszuk
    Belize: Die Rettung des Riffs
    Vor der Küste von Belize liegt das zweitgrößte Korallenriff der Welt. Noch bis zum vergangenen Jahr stand es bei der UNESCO auf der Roten Liste der gefährdeten Naturerbe. Mittlerweile scheint das Riff ausreichend geschützt; auch weil die Regierung des 400.000 Einwohner-Landes, die Suche nach Ölvorkommen untersagt hat. Aber längst droht eine neue Gefahr: der Klimawandel. Wärmere Meere und heftigere Hurrikane bedrohen die Korallenbank. Naturschützer versuchen der Zerstörung des Ökosystems entgegenzuwirken: ein Kampf wie David gegen Goliath.
    Autorin: Xenia Böttcher, ARD Studio Mexiko
    Iran: Bitcoins auf dem Vormarsch
    Der Iran ist wirtschaftlich in einem desolaten Zustand. Die Menschen haben die US-Sanktionen seit 2018 hart getroffen. Einige findige Iraner haben für sich eine neue Geldquelle entdeckt: Bitcoins. Junge Iraner mit dem nötigen technischen Know-how sorgen in den letzten Monaten für einen Boom an Kryptogeldminen. Dazu gibt es im Iran eine notwendige Voraussetzung: billigen, vom Staat subventionierten Strom. Es geht aber nicht nur ums Geld verdienen. So versucht ein junger Iraner für die Flutopfer der letzten großen Überschwemmung Anfang des Jahres mit Bitcoins Spenden zu sammeln, denn Iraner aus dem Ausland konnten aufgrund der US-Sanktionen den Opfern keine Spenden schicken. Doch die Behörden gehen jetzt gegen die Miner vor: der hohe Stromverbrauch hat sie auf die Spur gebracht. Allein im Juni soll der Energieverbrauch um sieben Prozent gestiegen sein, was ein Sprecher des Energieministeriums vor allem auf Kryptogeldschürfer zurückführte.
    Autorin: Natalie Amiri, ARD Studio Teheran
    Japan: Hikikomori-Einsamkeit
    Schätzungsweise eine Million erwachsene Männer und Frauen haben sich in Japan in ihren Kinderzimmern eingeschlossen, gehen nicht mehr unter Menschen. Ein Leben auf wenigen Quadratmetern. Teils aus Scham, weil sie z. B. keinen Job haben, teils aus Angst vor Menschenmassen. Ein Phänomen, das nirgendwo anders so ausgeprägt ist. In Japan gibt es dafür ein eigenes Wort: Hikikomori. Übersetzt heißt das: Die, die sich einschließen. Eine ehemalige Krankenschwester versucht mit ihrer Organisation, Betroffenen einen Weg zurück in die Gesellschaft zu bahnen.
    Autor: Philipp Abresch, ARD Studio Tokio
    Ägypten: Fußballtrainerin gegen Diskriminierung
    Rama ist 33 Jahre alt und trainiert Mädchen im Fußball in einer doppelten Mission. Zum einen geht es natürlich um den Sport an sich, zum anderen will sie mit dem in Ägypten weit verbreiteten Vorurteil aufräumen, dass Frauen höchstens Federball spielen können, aber keinen richtigen Sport. Tatsächlich macht der Fußball aus schüchternen Mädchen selbstbewusste Personen. Über den Sport lernen sie, sich in der männerdominierten Welt zu behaupten. Nicht nur körperlich, sondern auch verbal. Sie sind schlagfertiger. Nach einer jahrzehntelangen Islamisierung der Gesellschaft ist in Ägypten das Grün und das Eckige, in das das Runde soll, ein Platz der Emanzipierung.
    Autor: Alexander Stenzel, ARD Studio Kairo. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Di. 22.10.2019 NDR
  • Folge 10
    Indonesien: Festivals auf zwei Rädern
    Autorin: Sandra Ratzow (ARD-Studio Singapur)
    85 Prozent der 265 Millionen Indonesier haben einen Motorroller. Die Fahrzeuge sind im Land allgegenwärtig, verstopfen jede Stadt und dienen als Viehtransporter, Möbellaster und Familienkutsche. Entsprechend riesig ist auch die Fangemeinde der klassischen Vespa. Nachdem der Roller zunächst in Europa produziert wurde, expandierte man in den 1960er-Jahren nach Indonesien. Von 1972 bis 2001 wurde die Vespa in der Hauptstadt Jakarta hergestellt. Für viele Indonesier ist dieser Motorroller ein Ausdruck ihrer Persönlichkeit. Einige von ihnen bauen ihre sie in groteske Fantasiegefährte um und treffen sich bei einem der vielen Vespa-Festivals im ganzen Land. Eines davon findet Anfang August in Kediri, im Osten Javas, statt: Tausende Freaks präsentieren dort ihre teils bis zur Unkenntlichkeit umgebauten Roller, die in verschiedenen Kategorien Preise gewinnen können.
    Türkei: das Dorf der Pfeifer
    Autor: Oliver Mayer-Rüth (ARD-Studio Istanbul)
    Quasi ihre Zweitsprache ist das Pfeifen: So unterhalten sich die Bewohnerinnen und Bewohner des in den Bergen hinter der türkischen Schwarzmeerküste gelegenen Dorfes Kusköy seit Jahrhunderten über größere Distanzen. Wenn sie ihre Nachbarn um Hilfe bei der Ernte bitten oder zum Essen einladen, dann pfeifen sie, anstatt zu rufen. Und mit ihren Pfiffen können sie vollständige Sätze bilden. Doch die sogenannte „Vogelsprache“ stirbt langsam aus, weil die jüngeren Menschen in Kusköy lieber mit Mobiltelefonen statt mit Pfiffen kommunizieren. Eine Schule für die Vogelsprache soll die alte Tradition erhalten.
    Spanien: Was ist ein Juicer?
    Autor: Stefan Schaaf (ARD-Studio Madrid)
    Auch in Madrid, wie in vielen anderen europäischen Städten, gehören die E-Scooter fest zum Stadtbild. Sogenannte Juicer geben den Rollern ihren „Saft“. Wie machen sie das? Unter welchen Bedingungen arbeiten die Juicer? ARD-Korrespondent Stefan Schaaf fragt das in Madrid.
    Vietnam: Die schwimmenden Märkte verschwinden
    Autorin: Christiane Justus (ARD-Studio Singapur)
    Sein Boot war einst der ganze Stolz von Herrn Trinh, sein eigenes schwimmendes Ananasgeschäft und das Zuhause für die ganze Familie. Doch das ist vorbei, wie Herr Trinh traurig erzählt: „Meine Frau und ich saßen zusammen, haben das Geld gezählt und mussten uns eingestehen, dass es nicht reicht für uns.“ Seine Kinder und seine Frau hat Herr Trinh inzwischen nach Ho-Chi-Minh-Stadt geschickt, damit sie dort Arbeit finden und so das Überleben der Familie sichern. Der Markt hat sich verändert, die Menschen aus dem Mekongdelta ziehen in die boomenden Metropolen, den schwimmenden Händlern fehlen die Kunden. Was früher nur auf Wasserstraßen transportiert werden konnte, erfolgt heute längst per Lastwagen. Die Regierung hat die schwimmenden Märkte zum erhaltenswerten Kulturerbe erklärt, aber die Touristen kommen nur zum Fotografieren und kaufen nicht viel. Keine gute Perspektive für Herrn Trinh und die anderen schwimmenden Händler am Mekong.
    Südafrika: die Eisenbahnklinik
    Autor: Thomas Denzel (ARD-Studio Johannesburg)
    Wo dieser Zug auftaucht, kommt die Hoffnung, sagen die Leute. Kreuz und quer durch Südafrika fährt die rollende Klinik, vor allem auf dem Lande warten die Menschen sehnlichst darauf, dass der „Zug der Hoffnung“ bei ihnen Station macht. An Bord praktiziert unter anderem Kefiloe Mamba. Die Zahnärztin ist neun Monate am Stück mit der Klinik auf Schienen unterwegs. „Ich habe auch schon in einer teuren Privatklinik gearbeitet. Aber hier erleben wir viel mehr Dankbarkeit von den Patienten, die wir behandeln“, sagt sie. Insgesamt 21 Mitarbeiter arbeiten in der mobilen Klinik, die vielen schnelle medizinische Soforthilfe bietet.
    Selbst eine Brille wird innerhalb von Stunden angefertigt, wenn es nötig ist. Die staatliche Eisenbahn trägt den Großteil der Kosten für die Klinik-Eisenbahn, dennoch müssen die Patienten einen eigenen Beitrag für die Behandlung zuzahlen. Allerdings ist es deutlich weniger als bei den Ärzten in den Städten. Eine große Sorge hat Kefiloe Mamba, die Zahnärztin, allerdings: Dass bei der von Korruption durchsetzten staatlichen Eisenbahn das Geld immer knapper werden und dadurch der Zug nicht mehr zu den Patienten aufs Land fahren könnte. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Di. 29.10.2019 NDR
  • Folge 11
    Tschechien: was aus der Freiheit wurde
    Autor: Danko Handrick
    Rund 4.000 DDR-Bürger flüchteten 1989 in die Prager Botschaft. Der Prager Arzt Frantisek Chaloupka erlebte mit, wie der Botschaftsgarten immer voller wurde, wie immer mehr Menschen die Polzeiabsprerrungen durchbrachen. Er brachte Essen an den Zaun, half, wo er konnte. „Sie machen sich keine Vorstellung, wie wir die Flüchtlinge damals beneidet haben. Die haben jetzt die Freiheit und wir?“, erzählt er. Chaloupka hörte den Jubel der Menschen, als der damalige Außenminister Deutschlands Hans-Dietrich Genscher auf den Botschaftsbalkon trat.
    Die Entschlossenheit so vieler DDR-Bürger ermutigte viele Tschecheslowaken und so gingen auch sie auf die Straße und forderten das Ende des Kommunismus. In der sogenannten Samtenen Revolution erkämpften sie sich nur wenige Wochen nach dem Mauerfall dann ihre Freiheit und jubelten selbst. Aber was wurde aus den Träumen von 1989? Frantisek Chaloupka ist besorgt, längst ist aus dem Jubel Frust geworden. Laut einer aktuellen Umfrage findet nur ein Drittel der Tschechen, dass sich ihr Leben seit der Wende verbessert hat.
    Polen/​Deutschland: Kämpferin für die deutsch-polnische Freundschaft
    Autorin: Friederike Witthuhn
    Mit dem Mauerfall vor 30 Jahren hat sich nicht nur das Leben für die Ostdeutschen geändert. Auch die Beziehungen Deutschlands zum Nachbarland Polen wurden immer offener. Vor 15 Jahren trat Polen der Europäischen Union bei. Dank Schengener Abkommen gibt es keine Grenzkontrollen mehr. Viele Polen sind nach Deutschland gezogen. Mehr als 600 leben heute in dem rund 3.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Dorf Löcknitz, nur ein paar Kilometer von der polnischen Metropole Stettin entfernt. Dazu gehört auch Katarzyna Werth. Sie spricht Deutsch und Polnisch, gehörte zu den Ersten, die Ende der 1990er-Jahre ihr Abitur am Deutsch-Polnischen Gymnasium in Löcknitz ablegten. Ihr Ehemann ist Deutscher, die Kinder wachsen zweisprachig auf. Heute sieht sich die 39-Jährige als Vermittlerin zwischen beiden Ländern, die immer noch auf dem Weg sind, zueinander zu finden.
    Polen: die Werte der Solidarnosc heute
    Autor: Olaf Bock
    Sie haben die Wende in Polen vorangetrieben und waren Vorbilder für viele DDR-Bürger: die polnischen Gewerkschafter der Solidarnosc. Mit der Gründung der Gewerkschaft und ihrem mutigen Kampf für freie Wahlen hat in Europa eine Freiheitsbewegung begonnen. Nicht nur Polen sagen heute, dass es ohne die Solidarnosc womöglich keinen Mauerfall gegeben hätte. Doch die Helden von einst, die Vertreter der Gewerkschaft Solidarnosc, sind im heutigen Polen verfemt. Lech Walesa, der damalige Anführer der Arbeiterbewegung und Friedensnobelpreisträger, ist für die herrschende PiS-Partei Persona non grata. Vieles von den einstigen Idealen ist 30 Jahre nach dem großen Umbruch vergessen und begraben.
    Ungarn: Schlupfloch in den Westen
    Autor: Tilmann Bünz
    Am kleinsten Grenzübergang zwischen Österreich und Ungarn sollte große Geschichte geschrieben werden: Sopron am Neusiedler See. Der ungarische Oberstleutnant Bella hatte an jenem Augusttag 1989 Dienst, als das Paneuropäische Picknick am Fuße seines Wachturmes stattfand. Eigentlich war das Treffen zwischen Ungarn und Österreicher als Friedensgeste zwischen Ungarn und Österreich gedacht. Das Grenztor wurde symbolisch für drei Stunden geöffnet. Tausende Menschen spazierten zwischen den beiden Ländern hin und her.
    Wenn der damalige Grenzkommandant Bella heute davon spricht, glänzen seine Augen: „Das war genau der Moment, die ersten Sekunden, wo der Durchbruch war. Sie gingen nicht, sie rannten.“ Hunderte DDR-Bürger und -Bürgerinnen nutzen nämlich die kurzzeitige Öffnung des Eisernen Vorhanges als Gelegenheit zum „Rübermachen“. Bella und seine kleine Truppe standen bewaffnet am Grenzübergang, aber sie schauten ganz einfach in die andere Richtung. Kein Schuss, keine Festnahme. Eine erste Massenflucht von Ost nach West.
    Estland: die Generation 89
    Autor: Kristopher Sell
    Wer 1989 in Estland geboren wurde, kann auf ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit und Unabhängigkeit zurückblicken. So auch Helena Korge. Sie ist gerade 30 Jahre alt geworden und erwartet bald ihr erstes Kind. „Ich kann es mir heute nicht vorstellen, dass man nicht mal die eigenen Gedanken äußern kann und dass man dafür ins Gefängnis gesteckt wird. Ich habe großes Glück gehabt im Vergleich zu meinen Eltern.“ Helena Korge ist ihren Eltern sehr dankbar. Denn auch sie waren 1989 wie Millionen andere Menschen auf die Straße gegangen, um für die Unabhängigkeit der baltischen Länder zu kämpfen.
    Viele aus ihrer Familie nahmen an der sogenannten Baltischen Kette teil, einer 600 Kilometer langen Demonstration von Tallinn bis Riga für Freiheit. In Estland war sie der Auftakt der sogenannten Singenden Revolution, die das Land zwei Jahre später in die Unabhängigkeit führte. Heute sind die Esten aus der EU nicht mehr wegzudenken. Als Studentin ging Korge wie viele junge Esten in den Westen. Seit einigen Jahren ist sie zurück in Tallinn und blickt voller Optimismus in die Zukunft: „Ich weiß, dass mein Baby in eine freie und demokratische Gesellschaft geboren wird und ich muss wegen nichts Angst haben.“. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Di. 05.11.2019 NDR
  • Folge 12
    Polen: Rentner rettet Wald
    Autor: Olaf Bock
    Der 70-jährige Waldemar Wozniak ist leidenschaftlicher Jäger. Doch die Wälder rund um seine Heimatstadt Swidnica (Schweidnitz) sind zugemüllt. Jahrelang haben einige von Wozniaks Mitbürgerinnen und Mitbürger den Wald zur wilden Müllkippe gemacht. Statt seinem eigentlichen Hobby zu frönen, der Jagd, begibt sicher der Rentner nun regelmäßig in den Wald und sammelt Müll: „Man findet hier alles Mögliche, Teile von Blinkern, Reifen, Gummiteile, es ist schon eine ganze Menge. Wenn ich den Wald hier sauber gemacht habe, werden es etwa fünf bis sechs Tonnen Müll sein.“ Den Müll türmt er dann auf zu großen Haufen, um ihn später abzutransportieren.
    Aber selbst für ihn gibt es Grenzen. Manches ist schlicht zu schwer für den älteren Umweltschützer. So zum Beispiel hat er Autoreifen entsorgt. Dazu hat er sich Hilfe bei der Feuerwehr geholt. Feuerwehrmann Mikolaj Blant hat großen Respekt vor Waldemar Wozniak und seiner Arbeit: „Als Feuerwehr sind wir zum Helfen da. Egal, ob es bei einem Unfall ist, wo wir menschliches Leben retten oder auch hier, wo wir diesen Mann mit seiner besonderen Initiative unterstützen. Wir räumen auf und retten dabei die Umwelt.“
    USA: Happy End nach Abschiebung
    Autorin: Claudia Buckenmaier
    Schon einmal hat „Weltbilder“ über Rose aus Texas berichtet, deren Ehemann José nach El Salvador abgeschoben worden war. Er war einer der Ersten unter der Regierung Trump, festgenommen und abgeführt wie ein Krimineller vor den Augen der Tochter. Obwohl er schon im Alter von 15 Jahren in die USA gekommen war, hatte er sich nicht rechtzeitig um die Aufenthaltsgenehmigung gekümmert. Seine Ehefrau war von jetzt auf gleich auf sich allein gestellt, musste mit einem Gehalt die beiden Kinder und das Haus versorgen. Und sie hat gekämpft, damit ihr Mann zurückkommen kann. Ihre Hartnäckigkeit hatte USA-Korrespondentin Claudia Buckenmaier beeindruckt, sie hat das Schicksal der Familie weiterverfolgt. In „Weltbilder“ erzählt sie das Happy End der Geschichte: José konnte nach Texas zurückkehren, das zehnjährige Einreiseverbot wurde aufgehoben. Und nun kümmert er sich gemeinsam mit seiner Ehefrau Rose um andere Familien, denen es ähnlich ergangen ist, wie ihnen.
    Marokko: Kampf um Gleichberechtigung
    Autorin: Natalia Bachmayer
    Ein Haushalt ohne Mann reicht in Marokko für den sozialen Abstieg. Das hat auch Fatima Zahara erleben müssen, nachdem ihr Vater vor vielen Jahren starb. Ihre Mutter konnte die Kinder kaum durchbringen, Fatima musste die Schule abbrechen, um mitzuverdienen. Jetzt aber kann sie hoffen, wieder zurück in die marokkanische Gesellschaft zu finden. Ein Modellprojekt ist ihre Chance: „Jetzt habe ich mein eigenes Geld. Alles hat sich verändert“, sagt sie. Im Frauenrestaurant von Marrakesch lernen ehemalige Dienstmädchen, geschiedene Frauen und Witwen, wie man professionell für Gäste kocht. In der patriarchalen Gesellschaft Marokkos haben unabhängige Frauen keinen einfachen Stand, trotz gesetzlich festgeschriebener Gleichstellung der Geschlechter. Im Frauenrestaurant lernen Fatima und die anderen, wie sie mit der Ausbildung ihren Platz in der marokkanischen Gesellschaft finden und behaupten können.
    Laos: Bücherboot begeistert Kinder
    Autorin: Sandra Ratzow
    Ein Fünftel aller Laoten sind Analphabeten. Besonders auf dem Land gehen die Kinder oft nur bis zur dritten Klasse in die Schule, in simplen Gebäuden mit nur einem Raum und einem Lehrer, der per Boot durch den Wald anreisen muss. Und Bücher sind auf dem Land auch kaum zu bekommen. Um den Kindern dort trotzdem Freude am Lesen zu vermitteln, hat ein amerikanischer Vietnamkriegsveteran eine mobile Bibliothek gegründet. Mit zwei Booten fahren er und sein Team über den Mekong, um Bücher in die entlegensten Orte des Landes zu bringen. Die Boote sind so beliebt, dass sie von den Kindern mit Jubelschreien und Liedern begrüßt werden.
    Österreich: Wie viel Umweltschutz verträgt das Alpenland?
    Autor: Christian Limpert
    Das Tal Montafon in Vorarlberg liegt gut 600 Kilometer westlich von Wien und ist damit das Tal mit der größten Entfernung zur österreichischen Bundeshauptstadt. „Manche Wiener wissen nicht einmal, dass es dieses Tal gibt“, sagen die Einheimischen. Dennoch: Die Themen, die die Menschen im Tal derzeit bewegen, stehen sinnbildlich für das, was viele Menschen in Österreich umtreibt. Wie lässt sich Umwelt- und Klimaschutz vereinbaren mit den wirtschaftlichen Interessen der Region, insbesondere dem Tourismus. So beklagen die Bauern im Montafon, dass immer mehr Fläche für Hotelneubauten, Skilifte und Parkplätze geopfert werde, während ihnen im engen Tal bereits jetzt der Platz fehle für Tiere und Ställe.
    Und im Örtchen Sankt Gallenkirch ist ein erbitterter Streit entbrannt um einen geplanten Speicherteich im Skigebiet, dessen Bau durch das Eingreifen der Vorarlberger Grünen vorerst gestoppt wurde. Auch der Verkehr ist im Montafon längst zum Problem geworden: Während unter der Woche vor allem die Pendler auf dem Weg zur Arbeit in die Städte Feldkirch oder Dornbirn die einzige Zufahrtsstraße ins Tal verstopfen, sind es an den Wochenenden vor allem die Tagespendler, die im Montafon die schnelle Erholung suchen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Di. 12.11.2019 NDR
  • Folge 13
    Türkei: Kurdische Bürgermeister in Haft
    Autor: Oliver Mayer-Rüth
    Die türkische Regierung geht immer schärfer gegen kurdische Politiker der Partei HDP vor. Mehrere gewählte Bürgermeister wurden in den türkischen Kurdengebieten in Haft genommen. Die abgesetzten Politiker ersetzte das Innenministerium durch örtliche Gouverneure, womit die Kommunen jetzt wieder unter der Zwangsverwaltung der Türkei stehen. Präsident Recep Tayyip Erdogan und seine Regierung werfen der HDP vor, Verbindungen zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK zu unterhalten. Die HDP stellt in vielen Orten des überwiegend kurdischen Südostens die Bürgermeister.
    Israel/​ Gaza: Hilfe für krebskranke Kinder
    Autorin: Susanne Glass
    Der 13-jährige Mahmoud ist ein talentierter Fußballspieler aus dem Gaza-Streifen. Er begeistert zudem bei Familienfeiern als Alleinunterhalter und Sänger. Als er immer häufiger über extreme Schmerzen im Bein klagt, bekommt er die Diagnose Knochenkrebs. Dr. Thabit Kahlid, Chef der Onkologie im Rantisi-Krankenhaus von Gaza-City, weiß sofort, dass er Mahmoud in Gaza nicht richtig behandeln kann. Die regelmäßige Versorgung mit Medikamenten ist zu unsicher. Mahmouds Schicksal steht exemplarisch für das tausender schwerkranker Menschen, seit in Gaza die islamische Hamas herrscht. Israel und Ägypten haben den Küstenstreifen von der Außenwelt abgeriegelt. Mahmouds einzige Chance: Eine Ausreisegenehmigung zur Behandlung außerhalb von Gaza.
    Brasilien: Norddeutsche Unternehmen fördern talentierte Jugendliche
    Autor: Matthias Ebert
    Seit Luiz da Silva ein Stipendium aus Deutschland erhalten, übt er täglich das Violine spielen. Luiz lebt in einfachen Verhältnissen. Seine Famile hätte ihm niemals Musikunterricht finanzieren können. Seine Mutter ist Putzfrau. Mit Mühe und Not kommt die sechsköpfige Familie über die Runden – in der Luiz jetzt der erste Akademiker werden könnte. Luiz da Silva ist sehr dankbar für diese Chance: „Dieses Stipendium aus Deutschland hat mein gesamtes Leben umgekrempelt. Ich wäre sonst nicht an einer guten privaten Schule, sondern an einer öffentlichen und müsste wohl halbtags irgendwo arbeiten.“ Der norddeutsche Augenartz Burkhard Awe fördert talentierte Jugendliche In Brasilien, die aus armen Verhältnissen kommen, aber überdurchschnittliche Leistungen erbringen. Awe und andere Privatleute aus Wilhelmshaven zahlen die Schulgebühren sowie Deutschkurse. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Di. 19.11.2019 NDR
  • Folge 14
    Bosnien: „Das ist kein Leben“. Situation im Flüchtlingslager
    Autor: Christian Limpert
    Der Nordwesten von Bosnien und Herzegowina ist ein Anziehungspunkt für Flüchtlinge, die weiterreisen wollen in die EU. Hunderte Menschen harren im berüchtigten Elendslager Vucjak aus. Die Region ist überfordert, die Helferinnen und Helfer kommen an ihre Grenzen. In Regen und Kälte warten die Flüchtlinge auf eine Perspektive.
    Polen: Rentner rettet Wald
    Autor: Olaf Bock
    Halali zur Jagd: Waldemar Wozniak ist seit 40 Jahren leidenschaftlicher Jäger. Aber eines geht ihm immer mehr auf die Nerven: Die Wälder rund um seine Heimatstadt Swidnica sind vollkommen zugemüllt. Jahrelang haben die Bürgerinnen und Bürger die Natur als wilde Müllkippe missbraucht. Doch Waldemar Wozniak jammert nicht. Seit der ehemalige Postbeamte in Rente ist, hat er dem Müll den Kampf angesagt. So lässt der Hobbyjäger sein Gewehr immer öfter zu Haus und zieht mit dem Müllbeutel in die Natur. Die „Weltbilder“ haben ihn begleitet.
    Indien: Bäume für Mädchen
    Autor: Peter Gerhardt
    Die Großmutter greift beherzt zur Spitzhacke. Sosar Rajput pflanzt den ersten Baum für ihre Enkelin. Alle Familien machen das hier in Piplantri so: 111 Bäume für jedes neugeborene Mädchen. Das Bäume-für-Mädchen-Programm war die Idee des Bürgermeisters. Es hat dem Ort ein kleines Wunder beschert. Früher war Piplantri ein staubiges indisches Provinzstädtchen. Heute wachsen rund um den Ort die Wälder in den Himmel. Die Bäume verbessern das Klima, sie geben Arbeit. Vor allem aber fördert das Programm Entwicklungschancen für indische Frauen. Denn nicht nur Bäume werden gepflanzt: Die Eltern verpflichten sich, die Tochter nicht vor dem 18. Geburtstag zu verheiraten. Und sie müssen für eine Ausbildung sorgen. Im Gegenzug legt die Dorfgemeinschaft für jedes Mädchen ein Sparbuch an. Die „Weltbilder“ waren zu Besuch in Piplantri.
    USA: Misswahlen-Indigene kämpfen um Anerkennung
    Autorin: Claudia Buckenmaier
    Einmal im Jahr treffen sich die Navajo zum großen Stammestreffen. Und weil die Navajo mit der Zeit gehen, wird auch dieses Jahr wieder eine Schönheitskönigin gewählt. Die 19-jährige Aysha will unbedingt den Titel holen. Zur Miss Teen Navajo hat sie es schon gebracht, aber Aysha will mehr. Und nur schön sein allein reicht nicht zum Erfolg. „Vor allem muss sie gut mit Menschen reden können. Und sie muss ihre Kultur und ihre Sprache kennen. Sie muss das tun, was ihre Rolle erfordert“, sagt Aysha. Alle indigenen Völker in den USA veranstalten Schönheitswettbewerbe, oft schon für Kinder. Auch Aysha wollte von klein auf eine Königin sein. Wird sie sich ihren Traum erfüllen? (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Di. 26.11.2019 NDR
  • Folge 15
    China: geklonte Haustiere
    Autor: Daniel Satra
    Was ist Original und was Kopie? China-Korrespondent Daniel Satra traute seinen Augen nicht: Er stellt einen Hundetrainer vor, der für die langen Einsätze am Filmset eine exakte Kopie seines Hundes benötigte. Und er hat eine Lösung dafür gefunden: Er hat das Tier für 30.000 Euro einfach klonen lassen! Japan: 1-Yen-Häuser Autorin: Katharina von Tschurtschenthaler Landflucht in Japan: Der Ausblick vom Berg ist atemberaubend. Aber wer will hier schon, mitten in der Pampa, leben? Die Japaner zieht es in die Städte. So stehen in den abgelegenen Orten immer mehr Häuser leer und verfallen. Um die Häuser zu retten und das Leben im Dorf wieder anzukurbeln, werden die Häuser jetzt für nur einen Yen verkauft. Erschwinglich!
    Indonesien: Balis grüne Schule
    Autorin: Sandra Ratzow
    Mitten im Dschungel von Bali liegt die wohl grünste Schule der Welt: die Green School. Kinder aus 35 Nationen lernen neben Mathematik und Geschichte auch nachhaltige Konzepte zu erarbeiten und anzuwenden. Auch die Klassenräume sind einmalig. Die riesigen Gebäude sind komplett aus Bambus gebaut. Sandra Ratzow hat die grüne Schule besucht.
    Niederlande: Grachtenwaschanlage
    Autorin: Gudrun Engel
    Weil die Grachten in Amsterdam immer mehr mit Plastik und anderem Müll verdreckt werden, hat die Stadt sich etwas einfallen lassen: eine Waschanlage für die vielen Gewässer der Stadt. So werden alle Abfälle, Plastikflaschen, Müllsäcke, Autoreifen und was sonst noch alles in die Grachten fällt, zielsicher herausgefiltert. Die Amsterdamer sind schon stolz auf ihr Projekt. Wenn der Versuch erfolgreich ist, soll die Waschanlage auch in anderen Ländern, zum Beispiel in Indonesien, zum Einsatz kommen.
    Kongo: Klima-Zeitbombe Torfmoore
    Autor: Norbert Hahn
    In Madrid findet gerade die UN-Klimakonferenz statt. Afrika-Korrespondent Norbert Hahn hat sich auf eine Reise tief in den Kongo begeben. Die Torfmoore dort speichern riesige Mengen CO2. Doch dem Moor droht die Trockenlegung und damit drohen schwere Brände. Norbert Hahn trifft Ureinwohner und Biologen, die sich große Sorgen machen um ihre Heimat. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Di. 03.12.2019 NDR

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