Unterwegs im Westen Folge 70: Wie kalt ist das Leben auf der Straße?
Folge 70
Wie kalt ist das Leben auf der Straße?
Folge 70 (30 Min.)
„Ich rauche Zigarettenstummel von der Straße auf, da hilft mir die Maske gegen Corona wenig“, sagt Michael. Er lebt in Dortmund, seit fünf Monaten ist er auf der Stra-ße. Corona ist auch für ihn ein Thema, aber die Angst sich anzustecken, ist nicht seine größte Sorge. Reporterin Stefanie Vollmann spürt nach, was die Corona-Maßnahmen für den ohnehin schon harten Alltag von Menschen ohne Obdach bedeutet. Früher konnten sie mit Flaschensammeln ein Zubrot verdienen, jetzt bleibt ihnen nur noch das Betteln. Viele kleinere Suppenküchen, Aufenthaltsräume, Cafés oder Büchereien sind aus Hygienegründen geschlossen. Es fehlt an Räumen, in denen sich die Menschen an den kalten Wintertagen aufwärmen oder eine warme Mahlzeit essen
können. Ein weiteres Problem: Auch viele öffentliche Toiletten und Waschräume sind nicht mehr zugänglich. Als Notlösung gibt es seit November 2020 in der Dortmunder Innenstadt ein großes Hilfezelt mit Platz für 70 Personen. Zweimal täglich gibt es hier kostenlos eine warme Mahlzeit aber ein Wohnzimmerersatz ist auch das nicht. Viele leben ohne Strom, Handy und Internet auf der Straße, so auch Stefan. Er beklagt: „Seit ich nicht mehr zu den PCs in der Bibliothek kann, bekomme ich gar nichts mehr mit von der Welt. Ich will doch nur auf dem Laufenden bleiben“. Durch die Corona-Maßnahmen ist die Distanz zwischen ihnen und den anderen Menschen noch größer geworden. Es ist auch ein Kampf gegen menschliche Kälte in der frostig-kalten Winterzeit. (Text: WDR)