Unsere Geschichte Folge 43: Hausbesuch – Die Fleischhauerstraße in Lübeck
Folge 43
Hausbesuch – Die Fleischhauerstraße in Lübeck
Folge 43 (45 Min.)
Das Format „Unsere Geschichte – Hausbesuch“ erzählt die Geschichte bedeutender Gebäude und vom Alltag der heutigen Bewohner in opulenten Bildern und aus völlig neuen Perspektiven. Eine ferngesteuerte Kameradrohne zeigt z. B. spektakuläre Aussichten der porträtierten Anwesen. Lang zurückliegende Ereignisse werden in kurzen Cartoons wieder lebendig. Es geht auch um die Historie der Region, in der sich Haus und Hof seit Jahrhunderten befinden. Diese neue Folge „Unsere Geschichte Hausbesuch“ führt mitten in die Lübecker Altstadt, in die Fleischhauerstraße. Ende der 1990er-Jahre „verliebten“ sich dort die Architekturstudenten Nicola Petereit und Jörg Haufe in das völlig heruntergekommene Haus mit der Nummer 100/102: Birken wuchsen durch die Dachrinne, Wände bröckelten, Balken faulten. Heute wohnen Nicola und Jörg hier mit ihren vier Kindern in dem total verschachtelten Haus auf 13 verschiedenen Ebenen mit Zimmern klein wie Puppenstuben. Überall sind Treppen, Winkel, Ecken, Durchgänge. Mittlerweile kümmern sich Nicola Petereit und Jörg Haufe um weitere historische Altstadtgebäude, bauen auf, restaurieren, entdecken. Zu den Gebäuden, die Nicola Petereit und Jörg Haufe aufgebaut haben, gehört auch eines der ältesten: das Dielenhaus. Zusammen mit ihrem Weggefährten Ulrich Büning haben sie es wieder hergerichtet. Der
pensionierte Berufsschullehrer ist als Forscher und Archivar stets dabei. Er wälzt die „Schroederschen Topographischen Regesten“ (1300 -1690), „Graben-Geld-Bücher“ (1763 – 1800), „Schoss-Bücher“ (die Notizbücher der Lübecker Steuereintreiber), die Bücher der „Brand-Assekuranz-Casse“ und schließlich richtige Adressbücher (ab 1798), um herauszufinden, wer wann in welchem Haus gewohnt und gearbeitet hat. Die Fleischhauerstraße hat schon viel erlebt, von der Pest über mehrere Stadtbrände bis zum „Knochenhaueraufstand“, der wegen eines Verrats misslingt: Die Knochenhauer verstecken sich im Dielenhaus und flüchten schließlich. Das Dielenhaus und auch die Nr. 100/102 haben die Bombennächte im Zweiten Weltkrieg überstanden, waren später jahrelang Notquartier mit Plumpsklo und ohne fließend Wasser und schließlich Ziel von Tausenden DDR-Bürgern nach dem Fall der innerdeutschen Grenze. Die bewegte Geschichte ist auch heute noch in allen Ecken spürbar. Jeder kennt jeden in der Fleischhauerstraße: Jörg Haufe schraubt mit dem Friseur von gegenüber abends an historischen Motorrädern. Nicola Petereit besucht die Bandows in ihrem Antiquitätenladen, der seit über 100 Jahren im Familienbesitz ist. Und Ulrich Büning bestellt einen Gürtel in der kleinen Ledermanufaktur, die wie ein Überbleibsel scheint aus der Zeit, als hier noch die Fleischhauer das Leben bestimmten. (Text: NDR)