Moderne Methoden können die Erbsubstanz von Pflanzen, Tieren und Menschen präzise verändern. Eine Revolution der Medizin und Landwirtschaft bahnt sich an. Auch das Missbrauchspotenzial wächst. Gene gezielt ausschalten, reparieren oder ersetzen: Vor allem mit der häufig als „Genschere“ bezeichneten Methode CRISPR/Cas sind solche Eingriffe in die Erbsubstanz einfacher geworden. Ein Traum für Pflanzenzüchter und Mediziner. Nicht so für CRISPR-Kritiker. CRISPR/Cas ist leicht verfügbar, kostengünstig und relativ einfach zu handhaben. All diese Vorteile bergen aber auch das Risiko, das Werkzeug zu missbrauchen: CRISPR kann genutzt werden, um ungefährliche Mikroorganismen oder Viren genetisch so zu verändern, dass sie Krankheiten auslösen, gar als Massenvernichtungswaffe eingesetzt werden können. Jesse Kirkpatrick und Gregory D. Koblentz von der George Mason University in Arlington haben das Missbrauchspotenzial von CRISPR in einer umfangreichen Studie thematisiert. Und offenbar hat auch die DARPA, die Forschungsagentur des US-Verteidigungsministeriums, die Gefahr erkannt: In mehreren millionenschweren Programmen – darunter das Safe Genes Program und Insect Allies – erarbeitet die DARPA Möglichkeiten, Gene an- und auszuschalten oder zu verändern. Vor allem Insect Allies wird von einigen Beobachtern heftig kritisiert, da das Programm potenziellen Feinden oder Terrorgruppen Möglichkeiten erschließt, ganze Ernten zu vernichten. Das Kürzel CRISPR steht für Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats. Es bezeichnet einen Abschnitt auf der Erbsubstanz von Bakterien, der der Abwehr angreifender Viren dient. Vor gerade einmal sieben Jahren beschrieben die Wissenschaftlerinnen Jennifer Doudna und
Emmanuelle Charpentier die Möglichkeit, diesen Abschnitt der Erbsubstanz zusammen mit einem passenden Enzym als Genschere einzusetzen. Seitdem hat die Methode weltweit Einzug in die Labore beispielsweise der Pflanzenzüchter gehalten. Das Unternehmen Corteva Agriscience experimentiert unter anderem mit gecrispertem Mais. Die neuen Sorten sollen Krankheiten besser widerstehen. Bei gecrisperter Hybrid-Hirse soll eine bessere Vermehrungsfähigkeit erreicht werden. Einige dieser Produkte stehen in den USA kurz vor der kommerziellen Zulassung. Der europäische Markt dürfte ihnen jedoch verschlossen bleiben, denn in der EU fallen CRISPR-Pflanzen unter das Gentechnik-Gesetz. Zu Recht, wie Kritiker finden. Denn bisher wisse man viel zu wenig über die Nebenwirkungen der Technik. Seit Langem diskutieren Wissenschaftler und Mediziner die Möglichkeiten, Erbkrankheiten des Menschen mit Eingriffen in das Genom zu heilen. Andreas Kulozik, Direktor am Kindertumorzentrum der Universität Heidelberg, hat im Rahmen einer Studie eine gentherapeutische Behandlung bei zwei Patienten mit einer Blutkrankheit durchgeführt. Funktioniert die Therapie, ist der Patient ein für alle Mal geheilt, die sonst monatlich notwendigen Bluttransfusionen sind obsolet. Das Unternehmen Intellia (Boston) erforscht die Möglichkeit, mithilfe von CRISPR/Cas ein effektives Instrument gegen Krebs zu entwickeln. Klinische Studien stehen zwar noch aus, die bisherigen Laborexperimente und Tierversuche lassen jedoch hoffen. „planet e.“ fragt nach den Vor- und Nachteilen der neuen Gen-Editierungsmethoden, spricht mit Befürwortern und Gegnern und trifft Personen aus der Wissenschaft und Politik, um über die neue nützliche wie potenziell gefährliche Methode zu sprechen. (Text: ZDF)