Vorwurf einer toxischen Arbeitsatmosphäre: NBC entlässt Senderchef Paul Telegdy

NBC reorganisiert Führungskräfte

Bernd Krannich
Bernd Krannich – 10.08.2020, 15:23 Uhr

Bisheriger Chairman NBC Entertainment: Paul Telegdy – Bild: NBC Universal
Bisheriger Chairman NBC Entertainment: Paul Telegdy

Knapp eine Woche, nachdem NBC eine offizielle Untersuchung des Verhaltens von Paul Telegdy begonnen hatte, wurde die Zusammenarbeit mit dem Senderchef von NBC (offiziell: Chairman NBC Entertainment) beendet. Ihm werden rassistische und sexistische Äußerungen vorgeworfen, die zu einer toxischen Arbeitsumgebung geführt haben. Die jetzige Entlassung kommt aber wohl nicht primär wegen der Vorwürfe, sondern unter dem Mantel einer größeren, internen Umstrukturierung.

Aktuell stellt sich NBCUniversal in der Streaming-Zeit mit seinem neuen Dienst Peacock neu auf. Dabei werden die Chefposten neuerdings eher nach Programmfarben (also Fiction, Reality, News, Sport) im gesamten NBCUniversal-Konzern sortiert als wie bisher nach den zugehörigen TV-Sendern (NBC, Syfy, USA Network, etc). Wie bei jeder Umstrukturierung will NBCUniversal dabei Geld und Personal sparen. Generell wäre Telegdy nach aktuellem Kenntnisstand aber wohl nicht zu halten gewesen.

Der Untersuchung im Fall Telegdy vorausgegangen war eine Anfang Juni eingereichte offizielle Klage von Gabrielle Union (aktuell Darstellerin bei „L.A.’s Finest“) wegen ungerechtfertigter Kündigung sowie öffentliche Kritik. Union war für eine Staffel Jurorin beim Talentwettbewerb „America’s Got Talent“ („AGT“) und danach nicht weiter beschäftigt worden. Union hatte sich nach ihrer Entlassung öffentlich über die Zustände ausgelassen. Augenscheinlich hatte sie auch schon während der Produktion Missstände angeprangert – sie geht davon aus, dass sie deswegen entlassen wurde. Insbesondere wegen ihrer Kritik an Reality-Guru Simon Cowell, so dass sie ihre Entlassung als „Racheakt“ auffasst. Telegdy war vor seinem Aufstieg in die NBC-Spitze vor zwei Jahren vor allem im Reality-Bereich des Senders zu Hause gewesen, neben „AGT“ brachte er auch „The Voice USA“ zum Sender.

The Hollywood Reporter hatte zuletzt ein Essay über das Arbeiten mit Telegdy veröffentlicht, in dem 30 NBC-Angestellte – aus Angst vor beruflichen Konsequenzen anonym – Details über unprofessionelles Verhalten preisgaben. Telegdy habe sich unter anderem über homosexuelle Manager lustig gemacht – bisweilen direkt ins Gesicht – und auch homophobe und misogyne Bemerkungen fallengelassen. Daneben seien abfällige Bemerkungen und sexuell geladene Kommentare über das Aussehen vom „Talent“ (Schauspieler, Moderatoren, auftretende Künstler, die vor der Kamera zu sehen sind) gefallen. Gabrielle Union berichtet aus ihrem eigenen Fall, dass ihr zwischen der Entlassung und vor ihrer Klage gedroht worden war, Telegdy werde sie mundtot machen. Auffällig ist, das bei NBCUniversal nicht schon durch Unions öffentliche Vorwürfe eine Untersuchung begann, sondern die Personalabteilung erst nach ihrer Klage tätig wurde.

Telegdy bestreitet die Vorwürfe. Laut THR verstand sich der Manager zudem mit NBCs Erfolgsproduzenten Dick Wolf („Law & Order“) und Lorne Michaels („Saturday Night Live“; zahlreiche Comedys) nicht, was weitere Gründe dafür sein dürften, dass er keinen anderen Posten erhalten hat.

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