Vor dem Start der dritten Staffel: Was geschah bisher bei „Dark“?

Ein kleiner Wegweiser durchs Zeitreise- und Verwandtschaftswirrwarr des Netflix-Hits

Marcus Kirzynowski
Marcus Kirzynowski – 24.06.2020, 12:50 Uhr

Unsere kleine Unterrichtsstunde zum Thema „Dark“ – Bild: Netflix
Unsere kleine Unterrichtsstunde zum Thema „Dark“

Die Netflix-Erfolgsserie „Dark“ macht es ihren Zuschauern wirklich nicht leicht: eine Vielzahl von Haupt- und Nebenfiguren, die überwiegend zu vier Familien gehören, fünf Zeitebenen, auf denen uns die Familienmitglieder in verschiedenen Lebensaltern begegnen, und dazu Zeitreisen, durch die manche Figuren auch noch zwischen den Zeitebenen hin und her wechseln. Die meisten der verworrenen Familienverhältnisse sind im Laufe der ersten zwei Staffeln zwar enthüllt worden. Durch diverse Zeitparadoxien hat das aber nicht zwingend für mehr Klarheit gesorgt. Vor dem Start der dritten und finalen Staffel fassen wir noch mal zusammen, wer wer ist und wie mit wem zusammenhängt, was Wichtiges passiert ist – und welche Fragen noch offen sind.

Die Ausgangssituation

Alles beginnt im Herbst 2019 in Winden, einer Kleinstadt irgendwo in Deutschland. Wichtigster Arbeitgeber und markantes Wahrzeichen der Gemeinde ist ein Atomkraftwerk am Waldrand, in dem es immer wieder Störfälle gegeben hat. Seit einigen Wochen ist der Jugendliche Erik Obendorf, der seine Mitschüler mit Drogen versorgte, spurlos verschwunden. Die Ermittlungen leitet Ulrich Nielsen, den der Fall an seinen eigenen Bruder Mads erinnert, der 1986 ebenfalls verschwand und nie gefunden wurde. Beim Versuch einer Gruppe von Jugendlichen und Kindern, Eriks Drogenvorräte in einer Höhle im Wald zu finden, geht Ulrichs jüngster Sohn Mikkel verloren. Bei der Suchaktion der Polizei wird zwar eine Jungenleiche gefunden, es ist aber nicht Mikkel. Später stellt sich heraus, dass es sich um den 33 Jahre zuvor verschwundenen Mads Nielsen handelt.

Die Nielsens und die Kahnwalds

Von den vier zentralen Familen in „Dark“ sind mindestens drei auf paradoxe Weise miteinander verwandt. Der kleine Mikkel Nielsen, Sohn von Ulrich und dessen Ehefrau Katharina und jüngerer Bruder von Magnus und Martha Nielsen, ist in der Höhle versehentlich durch ein Zeitportal gegangen und im Jahr 1986 gelandet. Dort wird er später von der Krankenschwester Ines Kahnwald adoptiert und wird so zu Michael Kahnwald. Der heiratet als Erwachsener Hannah, die beiden bekommen einen Sohn, Jonas (die eigentliche Haupt- und Schlüsselfigur der Serie). Im Juni 2019 nimmt sich Michael das Leben. Den Anreiz dazu bekommt er erst durch Jonas, der ein Jahr nach dem Tod seines Vaters in der Zeit zurückreist, um dessen Suizid zu verhindern. Jonas’ große Liebe Martha Nielsen ist dadurch, dass Jonas’ Vater Michael eigentlich Marthas kleiner Bruder Mikkel war, in Wahrheit seine Tante.

Die Nielsens und die Dopplers

Im Jahr 1921 trifft Jonas sich selbst als alten vernarbten Mann, der sich Adam nennt. Adam will absichtlich die Apokalypse herbeiführen und führt Experimente mit der Zeit durch. Um eine Zeitmaschine zu entwickeln, hat er zu verschiedenen Zeiten immer wieder Kinder entführen und für seine Experimente als Versuchskaninchen missbrauchen lassen – dazu zählten Mads Nielsen und Erik Obendorf. Adams Handlanger ist der geheimnisvolle Noah, der sich meist als Priester ausgibt. Noahs Schwester ist Agnes Nielsen, die 1953 mit ihrem Sohn Tronte nach Winden zieht. Tronte wird später Ulrichs Vater.

Noah (Mark Waschke) und der kleine Mikkel (Daan Lennard Liebrenz) Netflix

Noah ist oder war der Ehemann von Elisabeth Doppler. Die beiden haben eine gemeinsame Tochter – Charlotte -, die ihnen weggenommen wurde. Seitdem reist Noah durch die Zeit, um sie wiederzufinden. Im Jahr 2019 ist Charlotte Doppler Ulrichs Vorgesetzte bei der Polizei. Mit ihrem Ehemann Peter hat sie zwei Töchter: Franziska – und Elisabeth. Die gehörlose Elisabeth ist somit gleichzeitig Charlottes Mutter und Tochter! In welcher Zeit sie Charlotte mit Noah zeugte, ist noch unklar. Nachdem Noah herausgefunden hat, wo oder besser wann seine Tochter lebt, wird er von seiner Schwester Agnes getötet. Elisabeth Doppler überlebt die Apokalypse und trifft im Jahr 2052 im zerstörten Winden auf den zeitreisenden Jonas.

Im Jahr 1921 fungieren Elisabeths Schwester (und gleichzeitig Enkelin!) Franziska und Mikkels Bruder Magnus Nielsen im Erwachsenenalter als Gehilfen von Adam. Magnus’ Schwester Martha wird vor den Augen ihres geliebten Jonas von dessen älterem Ich Adam erschossen – nach dessen Worten, damit der Ältere überhaupt existieren kann. Als die Apokalypse ausgelöst wird, taucht jedoch plötzlich eine andere Version Marthas aus einer Paralleldimension auf, um Jonas zu retten.

Oliver Masucci als Ulrich Nielsen in „Dark“ Netflix

Ulrich Nielsen ist durch das Zeitportal von 2019 ins Jahr 1953 gelangt. Dort versucht er, Peter Dopplers späteren Vater Helge als Kind zu töten, da er ihn verdächtigt, als Erwachsener die Jungen zu entführen. Helge überlebt jedoch und Ulrich wird wegen des Mordes an zwei Jungen verurteilt, deren Leichen in Wirklichkeit aus 2019 in der Zeit zurücktransportiert wurden (einer davon ist Erik Oberndorf). 1987 bricht Ulrich aus der Psychiatrie aus, in der er seit 1953 festgesessen hat. Er findet seinen Sohn Mikkel und versucht, mit ihm zur Höhle und zurück nach 2020 (da Zeitreisen immer nur im Abstand von 33 Jahren möglich sind) zu gelangen. Er wird aber vorher von der Polizei gefasst. Später bekommt er noch Besuch von seiner früheren Geliebten Hannah Kahnwald, die aus 2020 zurückgereist ist.

Die Tiedemanns

Die einzige der vier zentralen Familien, die nach bisherigem Stand keine verwandtschaftlichen Beziehungen zu den anderen hat, sind die Tiedemanns. Egon Tiedemann arbeitet 1953 bei der örtlichen Polizei. 1987 ist er pensioniert und außerdem an Krebs erkrankt, versucht aber immer noch, dahinter zu kommen, wer hinter den Fällen der entführten und ermordeten Jungen steckt. 1987 bekommt auch Egons Tochter Claudia, Leiterin des Atomkraftwerks, Besuch von ihrem älteren Ich. Die ältere Claudia klärt die jüngere über die Möglichkeit des Zeitreisens auf. Die jüngere Claudia reist mit einer Zeitmaschine ins Jahr 2020, wo sie herausfindet, dass ihr Vater 1987 gestorben und sie selbst im gleichen Jahr verschwunden ist. Zurück in ihrer Gegenwart versucht sie, ihren Vater zu retten, tötet ihn aber letztlich unabsichtlich selbst, als sie verhindern will, dass er der Polizei von den Zeitreisen erzählt. Danach taucht Jonas bei ihr auf und nimmt sie mit, um die Zukunft zu ändern – die jüngere Claudia verschwindet aus ihrer Zeitlinie. Ihr älteres Ich wird 1954 von Noah im Kampf um Seiten aus ihrem Tagebuch getötet.

Louis Hofmann als Jonas Kahnwald in „Dark“ Julia Terjung/​Netflix

In der Gegenwart ist Claudias Schwiegersohn Aleksander Tiedemann Chef des AKWs. Er war 1986 als junger Mann im Windener Wald auf Claudias Tochter Regina getroffen, als er gerade auf der Flucht vor der Polizei war. Er nannte sich damals Aleksander Köhler, was jedoch eine gestohlene Identität war. Der echte Aleksander Köhler wurde 1986 ermordet, wie wir von dessen Bruder Clausen erfahren, der 2020 als Sonderermittler nach Winden kommt und den AKW-Chef verdächtigt. Der falsche Aleksander wurde bereits 1986 von Claudia beauftragt, Atommüll illegal zu entsorgen.

Die Apokalypse

Dieser Atommüll wird letztlich auch zum (Mit-)Auslöser der Apokalypse: 2020 lässt Sonderermittler Clausen den Beton aufbohren, hinter dem die Fässer versteckt wurden. Charlotte Doppler versucht vergeblich, ihn davon abzubringen. Zum entsprechenden Zeitpunkt im Jahr 2053 aktiviert Elisabeth Doppler das Gottesteilchen, das in der AKW-Ruine schwebt. Aus dem Atommüll entsteht das Gottesteilchen und ein Zeitportal öffnet sich zwischen 2020 und 2053. Elisabeth und Charlotte wollen sich die Hände reichen und lösen dadurch die Apokalypse aus.

Offene Fragen

Trotz der komplexen Stammbäume der zentralen Familien sind einige Verwandtschaftsverhältnisse immer noch unklar. So zum Beispiel, wer der Vater von Tronte Nielsen (und damit Jonas’ Ururgroßvater) ist. Seine Mutter Agnes erwähnt 1953 lediglich, dass es besser sei, dass dieser tot sei. Weitere unklare Elternteile sind Peter Dopplers Mutter und Regina Tiedemanns Vater. Die interessanteste Frage zu Verwandtschaften bleibt aber natürlich, wie und wann Elisabeth Doppler zur Mutter ihrer eigenen Mutter werden konnte.

Was hat es mit den Paralleldimensionen auf sich und woher kommt die zweite Martha, die Jonas am Ende der zweiten Staffel rettet?

Kann der Zyklus durchbrochen und die Zeitlinie verändert werden? Bisher folgte die Serie stark dem Konzept, dass alles determiniert ist. Diverse Versuche von Figuren, ihre Liebsten durch Eingreifen in die Vergangenheit zu retten, scheiterten deshalb (Jonas und sein Vater, Claudia und ihr Vater). Hat die Apokalypse dies nun geändert?

Was genau meinte Adam mit seiner Erklärung, Jonas hätte Marthas Tod mitansehen müssen, um zu Adam zu werden? Durch die Verbitterung über ihren Tod?

Was wird aus den verschiedenen Figuren, die auf diversen Zeitebenen gestrandet sind?

Antworten gibt es – hoffentlich – am 27. Juni 2020, in der Serie der Tag der Apokalypse. Dann erscheint in unserer Dimension die dritte und letzte Staffel von „Dark“ bei Netflix.

Über den Autor

Marcus Kirzynowski ist Düsseldorfer Journalist und Serienfreund; wuchs mit „Ein Colt für alle Fälle“, „Dallas“ und „L.A. Law“ auf; Traumarbeitgeber: Fisher & Sons, County General Notaufnahme; die Jobs auf dem Battlestar Galactica und im West Wing wären ihm hingegen zu stressig; Wunschwohnort: Cicely, Alaska. Schreibt über amerikanische und europäische TV-Serien sowie andere Kultur- und Medienthemen, u.a. für fernsehserien.de und sein eigenes Online-Magazin Fortsetzung.tv.

Lieblingsserien: Six Feet Under, Emergency Room, The West Wing

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am

    Danke für diese Zusammenstellung, die sicher viel Arbeit gemacht hat. Ich muss gestehen, dass ich in der zweiten Staffel ausgestiegen bin, es war einfach zu wirr.

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