Interview mit Tobias Mann und Christoph Sieber: „Im Grunde wollen wir ‚Böhmermann mit Quote‘ machen.“

Neue Late-Night-Show „Mann, Sieber!“ ab Dienstag im ZDF – von Glenn Riedmeier

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 16.09.2015, 08:46 Uhr

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Wollen mit neuer Late-Night-Show durchstarten: Tobias Mann (l.) und Christoph Sieber (r.)© ZDF/​Frank W. Hempel

wunschliste.de: Welche Themen werden in der ersten Sendung behandelt?

Christoph Sieber: Das große Thema wird natürlich die Flüchtlingsproblematik sein. Wir wollen allerdings einen anderen Zugang wählen und uns vor allem mit den Flüchtlingsursachen befassen, also mit Fragen wie „Warum flüchten Menschen überhaupt?“ und „Warum flüchten sie gerade jetzt?“. Das wurde bisher nur wenig beleuchtet. In solchen Momenten werden wir in der Show dann auch mal zwischendurch ernst.

wunschliste.de: Haben Sie in der Show allgemein den Anspruch, stets Humor mit Substanz bzw. Relevanz zu verknüpfen oder darf es zwischendurch auch mal einfach nur albern sein?

Tobias Mann: Albernheiten gönnen wir uns auf jeden Fall auch. Insgesamt geht es uns aber schon darum, eine kabarettistische Haltung zu bestimmten Themen zu vermitteln. Ich glaube auch, dass etwas nur dann richtig lustig wird, wenn es noch einen gewissen Unterbau gibt. Ansonsten kratzt man nur an der Oberfläche und es reicht lediglich für einen kleinen Schmunzler.

Christoph Sieber: Wenn wir beispielsweise Einspielfilme für die Sendung produzieren, steht für uns die Grundfrage „Was wollen wir damit sagen?“ an erster Stelle – und nicht, wie wir bestimmte Gags verpacken können. Davon abgesehen ist eine Late-Night-Show natürlich auch Entertainment. Wir haben allerdings den kabarettistischen Anspruch, uns nicht über „den kleinen Mann“ lustig zu machen, sondern orientieren uns nach oben – an der großen Politik.

wunschliste.de: Vorerst sind von „Mann, Sieber!“ sechs Ausgaben geplant – ein Mal pro Monat 30 Minuten. Das entspricht nicht dem Pensum einer klassischen Late-Night-Show. Würden Sie gerne regelmäßiger auf Sendung gehen?

Tobias Mann: Der monatliche Ausstrahlungsrhythmus rührt unter anderem daher, dass wir neben der Fernsehsendung natürlich auch unserer Bühnentätigkeit weiter nachgehen möchten – anders würde sich das nur schwer vereinbaren lassen. In der Woche unmittelbar vor der Show müssen wir uns intensiv mit der Planung befassen – bei einer wöchentlichen oder gar täglichen Sendung könnten wir gar nichts anderes mehr machen.

Christoph Sieber: Ich möchte auch kein Fernsehfuzzi werden. Es war nie mein Ziel, eine Fernsehnase zu werden, die nur noch auf der Mattscheibe existiert. Dafür gefällt mir das Touren durch Deutschland zu gut. Man kommt währenddessen mit den Leuten ins Gespräch und kann die Stimmung im Land gut einschätzen.

Tobias Mann: Ich möchte an dieser Stelle aber auch noch gerne anmerken, dass uns 45 Minuten Sendezeit sehr viel Spaß machen würden … [grinst] Wir hätten für mindestens zwei Stunden Material und sind auch noch nicht mit der endgültigen Planung fertig. Wir wollen auf jeden Fall immer sehr aktuell am Tagesgeschehen sein.

wunschliste.de: Werden Sie eigentlich auch Gäste begrüßen?

Christoph Sieber: In der ersten Ausgabe nicht, es gab da leider einen unschönen Unfall … Aber wir werden schon zu Beginn der Sendung filmisch über die Gründe aufklären. [lacht] In den nächsten Sendungen werden wir dann Gäste haben, mit denen wir uns aber nicht nur unterhalten, sondern auch musizieren oder ein Aktionsspiel machen wollen.

wunschliste.de: Sie stellen eine junge Generation an Kabarettisten dar. Das ZDF erhofft sich bestimmt, dass eventuell der eine oder andere junge Zuschauer dank „Mann, Sieber!“ das ZDF auf seiner Fernbedienung wiederentdeckt. Viele junge Menschen haben sich allerdings mittlerweile vom klassischen Fernsehen abgewendet und sind stattdessen viel mehr im Internet unterwegs. Können Sie das nachvollziehen?

Tobias Mann: Bei mir ist das ähnlich, ich schaue fast kein lineares Fernsehen mehr. Ich greife inzwischen viel häufiger auf Mediatheken, YouTube etc. zurück. Man muss sich einfach damit abfinden, dass sich die Form des Fernsehkonsums verändert hat. Ich glaube allerdings, dass das mittlerweile auch die Sender verstanden haben.

Christoph Sieber: Andererseits haben sich einige Sender inzwischen leider fast aufgegeben und bedienen inzwischen nur die Zuschauer, die noch übrig geblieben sind. Dementsprechend schmalspurig sieht das Programm aus. Beim ZDF habe ich zumindest das Gefühl, dass man noch mutig genug ist, um neue Projekte zu starten, die hoffentlich sowohl im Fernsehen als auch online erfolgreich sind. Wir haben ganz klar den Anspruch, nicht nur online erfolgreich zu sein. Im Grunde wollen wir „Böhmermann mit Quote“ machen.

wunschliste.de: Was schauen Sie selbst gerne im Fernsehen an? Gibt es Sendungen, die Sie empfehlen können?

Tobias Mann: „Die schlechtesten Filme aller Zeiten“ mit Oliver Kalkofe und Peter Rütten finde ich großartig, ebenso „PussyTerror TV“ mit Carolin Kebekus. Außerdem ist „Das Lachen der anderen“ mit den Kollegen Micky Beisenherz und Oliver Polak ein phänomenales Konzept mit zwei wunderbaren Protagonisten. Da habe ich tatsächlich noch ganz klassisch abends vorm Fernseher gesessen und pünktlich eingeschaltet, weil ich die Sendung unbedingt sehen wollte.

wunschliste.de: Viel Glück für die gemeinsame Sendung und vielen Dank für das sympathische Gespräch.

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Über den Autor

Glenn Riedmeier ist Jahrgang ’85 und gehört zu der Generation, die in ihrer Kindheit am Wochenende früh aufgestanden ist, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. „Bim Bam Bino“, „Vampy“ und der „Li-La-Launebär“ waren ständige Begleiter zwischen den „Schlümpfen“, „Familie Feuerstein“ und „Bugs Bunny“. Die Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben, zusätzlich begeistert er sich für Gameshows wie z.B. „Ruck Zuck“ oder „Kaum zu glauben!“. Auch für Realityshows wie den Klassiker „Big Brother“ hat er eine Ader, doch am meisten schlägt sein Herz für Comedyformate wie „Die Harald Schmidt Show“ und „PussyTerror TV“, hält diesbezüglich aber auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten offen. Im Serienbereich begeistern ihn Sitcomklassiker wie „Eine schrecklich nette Familie“ und „Roseanne“, aber auch schräge Mysteryserien wie „Twin Peaks“ und „Orphan Black“. Seit Anfang 2013 ist er bei fernsehserien.de vorrangig für den nationalen Bereich zuständig und schreibt News und TV-Kritiken, führt Interviews und veröffentlicht Specials.

Lieblingsserien: Twin Peaks, Roseanne, Gargoyles – Auf den Schwingen der Gerechtigkeit

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