Pressestimmen zu ‚Die Gustloff‘ im ZDF

‚Titanic-TV‘, ‚Schiffbruch‘ oder ‚Fernsehwunder‘?

Jutta Zniva – 01.03.2008

Am Sonntag, 2. März und am Montag, 3. März, zeigt das ZDF jeweils um 20:15 Uhr den historischen Fernsehfilm „Die Gustloff“, der vor dem Hintergrund des tragischen Untergangs des Flüchtlingsschiffs am 30. Januar 1945 spielt (fernsehserien.de berichtete). Die Kritiken zu dem mit einem Budget von 10 Mio. produzierten Zweiteiler (mit Kai Wiesinger, Valerie Niehaus, Heiner Lauterbach, Dana Vávrová, Detlev Buck, Ulrike Kriener, Michael Mendl, Karl Markovics, Alexander Held und Francis Fulton-Smith) pendeln zwischen „Titanic im Plantschbecken“ und „ein Fernsehwunder“.

Evelyn Finger in der „Zeit“ lobt Vilsmaiers „Gustloff“ als Fernsehwunder: Denn hier werde „vom Kriegsende in einem ganz anderen, unheroischen Stil erzählt, als ihn deutsche Filmemacher in den letzten Jahren pflegten“. Der Film sei nicht „krachend wie Roland Suso Richters ‚Dresden‘ und nicht melodramatisch wie Kai Wessels ‚Die Flucht‘„, sondern weniger glatt erzählt. Der Krieg erscheine nicht als „Hochglanzapokalypse, sondern als jenes chaotische Ausgeliefertsein, das er wahrscheinlich wirklich war“.

Steffen Grimberg von der „taz“ hat der ZDF-Zweiteler „fatal am ‚Titanic‘“, erinnert, wobei „auf der „Gustloff“ dankenswerterweise nicht auch noch gesungen wird“. Mit einem Riesenbudget sei nicht nur ein Schiff versenkt worden, „sondern auch jeglicher Grauton.“

„Ordentliches Titanic-TV“, zumindest technisch gesehen, befindet wiederum die „Netzeitung“. Die Szenen mit dem digital generierten Schiff im Bildhintergrund seien „fürs Fernsehen okay“. Weniger positiv: Man erkenne die Guten und Bösen jeweils schnell. „Die Guten am zivilen Tonfall, der Heutigkeit ihrer Unterhaltungen und dem geringen Grad ihres Glaubens an den Endsieg.“ Die Nazis hingegen seien „Knallchargen wie aus Hollywoodfilmen und so inkompetent, wie die Nazis schon in den bundesdeutschen Kriegsfilmen der 50er Jahre waren“.

Einen „veritablen Schiffbruch“ bescheinigt Daland Segler von der „Frankfurter Rundschau“ der ZDF-Produktion: „Der kruden Handlung entspricht eine Zeichnung der Charaktere, die durch ihre Schlichtheit doch überrascht.“

Anne-Catherine Simon von der österreichischen „Die Presse“ titelt „Titanic im Plantschbecken“. Regisseur Vilsmaier habe den Stoff „in jener naiv-verklärenden Unmittelbarkeitsästhetik“ ertränkt, der er schon in „Herbstmilch“, „Schlafes Bruder“ und der Stifter-Verfilmung „Bergkristall“ gefrönt habe. Es geht „um gute und böse Deutsche“, um „eine Liebesgeschichte zwischen dem netten Kapitän Kehding und der warmherzigen Geliebten Erika, um einen Familienzwist (Heiner Lauterbach als Kehdings verbitterter Bruder)“. Vor allem aber gehe es „um eine Nächstenliebe-Romantik voller Madonnenposen: Helfen ist hier so lustvolles wie kopfloses Kinderspiel“.

Eine beeindruckende Kritik zur Verfilmung der „Gustloff“-Tragödie stammt vom Chefredakteur der „Westfalenpost“. Bodo Zapp, der als Kind mit seiner Familie 1945 nur durch Zufall das Flüchtlingsschniff verpasste, schreibt: „Die Panik an Bord nach den Torpedo-Einschlägen vom russischen U-Boot, der Todeskampf der Frauen und Kinder, die im Wasser treibenden Leichen – es ist mir nicht möglich, dies ohne tiefe innere Erregung anzusehen. Ich weiß: Es ist Kino, die Handlung ist frei erfunden, nur die Versenkung der ‚Wilhelm Gustloff‘ und das Ausmaß dieser Tragödie sind historische Tatsachen. Doch Gefühle lassen sich nicht steuern, nicht bei dieser persönlichen Betroffenheit.“

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Nachdem ich gestern nun den ersten Teil gesehen habe, kann ich nun eine Kritik zum Film abgeben.

    Aktuelle deutsche Filme, außer Kinder- und Jugendfilmen, empfinde ich größtenteils als langweilig bis kitschig. Über "Die Gustloff" bin ich dagegen durchaus positiv überrascht.

    Es wird eine gute Balance zwischen Unterhaltung und Anti-Kriegs-Dokumentation geschaffen. Die Leiden der Vertrieben werden emotional ebenso glaubhaft vermittelt, wie die spannende Geschichte um den Kapitän. Dabei kommt das Ganze weit weniger kitschig daher als die letzte Titanic-Verfilmung.

    180 min reichen dabei leider nicht aus, das Schicksal von mehr Personen näher zu beleuchten.

    Noch interessanter finde ich daher z.B. die Serie "Die Magermilchbande" die das Schicksal von Flüchtlingskindern erzählt. Auch wenn in dieser Serie die Spannung und Unterhaltung dafür etwas kurz kam.

    Eine zu kopflastige Verfilmung würde aber in der heutigen Medienflut vom den meisten Zuschauern nicht mehr angenommen werden.
    • am via tvforen.de

      Was denn?! Ein TV-Event-Film ohne Veronica Ferres?! Na, das kann ja nur 'ne Niete sein! ;-)
      • am via tvforen.de

        Vilsmaier-Produktionen sind mir bisher als zu personenüberfrachtet und zu hektisch inszeniert eher negativ aufgefallen.

        Hinzu kommt, dass ich mich nach "Die Sturmflut", "Die Luftbrücke", "Die Flucht", "Der Untergang der Pamir", "Dresden" u.s.w. einigermaßen übersättigt fühle von Ereignissen der deutschen Geschichte, die möglichst reißerisch in Szene gesetzt sind - die obligatorische Liebesgeschichte als Sahnehäubchen inklusive.

        Ich werde dennoch versuchen, mir "Die Gustloff" so unvoreingenommen anzuschauen wie möglich. ;-))
      • am via tvforen.de

        Ich habe es mir aus dem Grund nicht angeguckt, bzw. ich konnte oder wollte es nicht. Auch meine Familie hat die Gustloff "verpasst", viele weitere Angehörige, Freunde und Bekannte kamen ums Leben. Der Gedanke daran treibt mir die Tränen in die Augen und ich hätte bei einer Verfilmung viele Bedenken, dass es mich zu sehr mitnimmt oder dass es zu spektakelig ist oder oder. Und der Hype im Vorfeld hat mich genervt.
      • am via tvforen.de

        Wird der Fernsehfilm: "die Gustloff" irgendwann im Fernsehen
        wiederholt? vielleicht auf einem anderen Sender?
        Danke für Hinweise
    • am via tvforen.de

      Im warmen Büro läßt es sich gut lästern. All die Negativ-Schreiberlinge der diversen Printmedien sollten/müßten sich mal mit Herrn Zapp von der "Westfalenpost" treffen, damit sie überhaupt wissen, worum es hier geht.

      Irgendwie werde ich den Eindruck nicht los, dass manche deutsche Blätter partout jede deutsche Produktion erst mal versuchen, schlecht zumachen. Deutscher Film-Fatalismus halt.
      • am via tvforen.de

        ich habe gehört, dass der film völlig freimütig einen vorsätzlichen spionagegetriebenen Abschuss durch die Sowjets suggeriert, der so in keinster Weise belegt ist.
      • am via tvforen.de

        Das wird sowiso ein deutscher Kitsch Film werden, die Deutschen können eben kein großes Kino produzieren. Möchtegern Hollywood!
      • am via tvforen.de

        >dass manche deutsche Blätter partout jede deutsche Produktion erst mal versuchen, schlecht zumachen.
      • am via tvforen.de

        Mal wieder typischer Blödsinn: Keine Minute gesehen, aber schon eine fest zementierte Meinung.
      • am via tvforen.de

        Du hast sicher in vielen Punkten recht, dennoch: Nach Lesen der Kritik bei Quotenmeter schaue ich vorerst nur am Montag die Zusammenfassung des ersten Teils und dann den zweiten Teil. Ich denke, so mache ich wenig falsch.
      • am via tvforen.de

        Da unterschreib ich mal!
        Besser hätte ich es nicht ausdrücken können!

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