NDR dreht Olympiafilm „Berlin 1936“

Zur Besetzung zählen Karoline Herfurth und Axel Prahl

Michael Brandes – 05.08.2008

NDR dreht Olympiafilm "Berlin 1936" – Zur Besetzung zählen Karoline Herfurth und Axel Prahl

Seit einigen Jahren produzieren die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender eine nicht enden wollende Flut von Filmen und Dokumentationen über den Nationalsozialismus. So wichtig die Auseinandersetzung mit der düsteren Vergangenheit auch sein mag – nicht alles davon muss man gesehen haben. Vielleicht aber jenes ambitionierte NDR-Projekt, dass sich einmal nicht dem längst zu einem Popkultur-Phänomen mutierten Adolf Hitler befasst, sondern mit dem hierzulande leider weitgehend in Vergessenheit geratenen Schicksal einer populären deutschen Spitzensportlerin der 30er Jahre.

Am 6. August beginnen die Dreharbeiten zu „Berlin 1936“ (Arbeitstitel), einem Fernsehfilm über die Leichtathletin Gretel Bergmann, die in den frühen 30er Jahren ein deutsches Sport-Idol ist: klug, hübsch und schlagfertig. Vor allem aber ist sie erfolgreich: 1931 stellt sie den Deutschen Rekord im Hochsprung auf, 1933 wird sie von ihrem Verein, dem Ulmer FV, ausgeschlossen, weil sie Jüdin ist. Sie verlässt Deutschland und gewinnt die Britischen Meisterschaften. Weil Hitler sein Deutschland im Zuge der Olympischen Spiele 1936 in Berlin als tolerant und weltoffen erscheinen lassen will, soll Gretel Bergmann zurück geholt werden. Weil ihrer Familie mit Repressalien gedroht wird, kehrt sie schließlich 1935 zurück und nimmt mit weiteren jüdischen Sportlern an einem Trainingslager teil. Was sie aber nicht ahnt: Ihre Teilnahme an Olympia haben die Nazis nie ernsthaft in Erwägung gezogen – ihre Präsenz im deutschen Lager dient lediglich als Alibi, um den angedrohten Olympia-Boykott der USA zu verhindern.

Nur einen Tag nachdem das US-Team sich per Schiff auf die Reise nach Berlin begeben hat, erhält sie kurz vor Beginn der Spiele einen hämischen Brief mit ihrer Ausladung, fadenscheinig begründet mit angeblich unbeständigen Leistungen: „Sie werden mit einer Aufstellung selbst nicht gerechnet haben“. Kurz zuvor hatte Gretel Bergmann wieder einen neuen deutschen Rekord aufgestellt. Nun bietet man ihr einen Stehplatz für das Olympiastadion an.

Diesen Brief hat Gretel Bergmann bis heute aufbewahrt – sie liest ihn vor in „Hitler’s Pawn“, einem Film des US-Vorzeigesenders HBO, in dem ihre Lebensgeschichte anhand von Interviewpassagen und Spielfilmszenen dokumentiert wird. Erfreulich, dass nun auch ein deutscher Sender sich in größerem Rahmen dem Schicksal Gretel Bergmanns annimmt. „Berlin 1936“ konzentriert sich nach Angaben des NDR dabei vor allem auf jene Zeit kurz vor Olympia und zeigt, wie die Nazis die einstige Sportlegende demontierten und letztlich alles dafür tun, den Traum der jüdischen Top-Favouritin von der Goldmedaille zu verhindern.

Der abendfüllende Spielfilm wird nicht nur einen Sendeplatz im Ersten bekommen, er wird auch vorab im Kino gezeigt werden. Gespielt wird Gretel Bergmann von Karoline Herfurth, einer hervorragenden Schauspielerin, die vornehmlich durch ihre Rollen in unterschiedlichen Kinofilmen wie „Mädchen, Mädchen“ oder „Das Parfum“ bekannt ist. Zur weiteren Besetzung zählen Sebastian Urzendowsky, Axel Prahl, August Zirner, Maria Happel, Marita Breuer, Elena Uhlig und Otto Tausig. Inszeniert wird das Projekt von „Tatort“-Regisseur Kaspar Heidelbach. Drehorte sind Celle und Umgebung, Hamburg, Itzehoe, Köln, Gladbeck, Düsseldorf, Bochum und Berlin.

Gretel Bergmann wanderte nach den Olympischen Spielen in die USA aus und gewann 1937 und 1938 die nationalen Meisterschaften. Bis heute lebt sie, inzwischen 94-jährig, in New York.
Erst 1999 bricht sie ihren Schwur, nie wieder deutschen Boden zu betreten. Bei ihrem ersten Besuch in ihrer ehemaligen Heimat weigert sie sich, in ihrer Muttersprache zu reden. Sie führt alle Gespräche auf englisch. Spät erst hat sie den Deutschen die Duldung des Nationalsozialismus verziehen, sagt sie einem Journalisten der „Welt“, der sie besucht hat: „Es tut Menschen nicht gut zu hassen.“

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Klingt der vielversprechend. Könnte der erste Fernsehfilm seit 1985 werden, der ohne Dreiecksgeschichte auskommt. Ich bin gespannt.
    • am via tvforen.de

      Habe gerade erfahren, daß der Wagen, der meine Frau und mich damals zur kirchlichen Trauung gefahren hat(ein Adler von 1927), als Requisite für diese Produktion ausgeliehen wurde. Der Besitzer war am Set ganz begeistert von den disziplinierten Dreharbeiten...

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