Kein Vorentscheid? Rätsel um deutschen „ESC“-Beitrag

Direkt-Nominierung ohne Zuschauer-Abstimmung?

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 22.01.2020, 12:27 Uhr

Kein Vorentscheid? Rätsel um deutschen "ESC"-Beitrag – Direkt-Nominierung ohne Zuschauer-Abstimmung? – Bild: Eurovision/YouTube

Wer tritt in diesem Jahr für Deutschland beim „Eurovision Song Contest“ an? Es ist diesbezüglich bisher auffallend ruhig geblieben. Der verantwortliche NDR hat bislang keinerlei Informationen herausgegeben. Die Programmpläne des Ersten stehen bis zum 6. März fest – und bis zu diesem Termin taucht kein deutscher Vorentscheid auf. Die EBU-Deadline ist allerdings der 9. März. Bis dahin müssen alle beim ESC teilnehmenden Länder ihre Beiträge offiziell eingereicht haben. Die Anzeichen verdichten sich, dass der NDR in diesem Jahr wohl auf einen Vorentscheid verzichten wird.

Auf Anfrage von fernsehserien.de teilte eine NDR-Pressesprecherin mit: „Erste Infos werden wir Ende Januar herausgeben. Bis dahin bitte ich um Geduld.“ Es ist äußerst ungewöhnlich, dass die Informationen erst so spät bekannt gegeben werden. Das Teilnehmerfeld des letztjährigen Vorentscheids wurde schon Anfang November 2018 verkündet. Die Show „Unser Lied für Israel“ war am 22. Februar 2019 zu sehen. Die BILD berichtet heute, dass der Direkt-Kandidat, der Deutschland beim „ESC“-Finale in Rotterdam am 16. Mai vertreten wird, bereits feststeht. ESC-Kompakt schreibt außerdem, dass die Mitglieder der Eurovisions-Jury vom NDR keinen Termin erhalten haben – und sie vermutlich also nicht mehr zum Einsatz kommen werden.

Dem BILD-Bericht zufolge, soll vor allem das umstrittene Verfahren und das letztendlich schlechte Abschneiden des Duos S!sters zu der Entscheidung geführt haben. Carlotta Truman und Laura Spinelli wurden für den Vorentscheid nachnominiert und waren nicht beim Songschreiber-Training dabei, das für die übrigen Kandidaten der Show Voraussetzung war. Zudem wurde der Beitrag im Vorfeld von der Schweiz abgelehnt. Es wurden Schiebungsvorwürfe gegen die ARD laut. S!sters haben den deutschen Vorentscheid gewonnen, holten mit ihrem Titel „Sister“ im ESC-Finale jedoch nur einen enttäuschenden vorletzten Platz. Daraufhin kündigte ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber an, das Auswahlverfahren zu überdenken.

S!sters vertraten Deutschland beim „ESC“-Finale 2019 in Tel Aviv NDR/​Rolf Klatt

In den Jahren 2018 und 2019 kam ein dreiteiliges Votingverfahren zum Einsatz. Eine 100-köpfige Eurovisions-Jury, eine internationale Experten-Jury und ein Zuschauer-Telefonvoting haben über den Sieger des Vorentscheids bestimmt. Nachdem Michael Schulte 2018 temporär die „Germany 0 Points“-Misere beendete und einen herausragenden vierten Platz holte, verbuchte Schreiber dies als Erfolg und Beweis für das Funktionieren des neuartigen Vorentscheid-Prinzips. Das enttäuschende Abschneiden der S!sters sprach ein Jahr später wiederum gegen das System.

Laut ESC-Kompakt kommt bei einer Direkt-Nominierung eines ESC-Vertreters allerdings ebenfalls ein mehrstufiges Auswahlverfahren zum Einsatz. Die 100-köpfige Eurovisions-Jury und die internationale Experten-Jury treffen in diesem Fall nicht mehr die Vorauswahl der Acts für den Vorentscheid, sondern bestimmen den Kandidaten direkt. Dies lässt darauf schließen, dass die anrufenden Zuschauer von den Verantwortlichen als Fehler im System ausgemacht wurden und deshalb vom Auswahlverfahren ausgeschlossen wurden.

Dass auch ein internes Auswahlverfahren nicht erfolgsversprechend sein muss, zeigte sich aus deutscher Sicht zuletzt im Jahr 2009. Damals wurde – ohne Einbindung von Zuschauern oder Jury – das Dance-Project Alex Swings Oscar Sings! als DIrekt-Kandidat bestimmt. Der Titel „Miss Kiss Kiss Bang“ musste sich mit dem 20. Platz begnügen.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Stefan Raab hat damals alles richtig gemacht.
    https://www.eurovision.de/Stefan-Raab,stefanraab137.html
    Von mir aus können sie den ESC einstampfen, den früheren Flair hat diese Veranstaltung schon längst nicht mehr.
    Irgendwann wird einen WSC geben.
    • am via tvforen.de

      pars schrieb:
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      > Irgendwann wird einen WSC geben.

      @pars:

      Wofür steht die Abkürzung WSC ?
    • am via tvforen.de

      hakko schrieb:
      -------------------------------------------------------
      > pars schrieb:
      > --------------------------------------------------
      > -----
      >
      > > Irgendwann wird einen WSC geben.
      >
      > @pars:
      >
      > Wofür steht die Abkürzung WSC ?


      Ich vermute mal World Song Contest.

      Die (ehemaligen) Intervisons-Länder sind ja schon lange dabei. Nun auch noch Australien.
    • am via tvforen.de

      wolle64 schrieb:
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      > Ich vermute mal World Song Contest.
      >
      > Die (ehemaligen) Intervisons-Länder sind ja schon
      > lange dabei. Nun auch noch Australien.

      Danke wolle64 für deine Antwort! Du hast mir sehr geholfen.
    • am via tvforen.de

      pars schrieb:
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      > Irgendwann wird einen WSC geben.

      Ich freue mich schon auf den ersten Versprecher im Fernsehen.
    • am via tvforen.de

      andreas_n schrieb:
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      > Ich freue mich schon auf den ersten Versprecher im
      > Fernsehen.

      Hatten wir zwar schon früher in ähnlicher Form, macht aber IMO nix:

      https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video1223238.html

      ;-))
    • am via tvforen.de

      andreas_n schrieb:
      -------------------------------------------------------
      > pars schrieb:
      > --------------------------------------------------
      > -----
      > > Irgendwann wird einen WSC geben.
      >
      > Ich freue mich schon auf den ersten Versprecher im
      > Fernsehen.

      Nu ja, eher wird das Realität.
      Die ersten Schritte zu einem WSC wurden ja bereits eingeleitet.
      Irgendwann wird es ihn geben, evtl. mit VE auf allen Kontinenten, die ersten 5 Kandidaten kommen weiter. Alles eine Frage des Geldes :)
    • am via tvforen.de

      Falls es schon gepostet wurde, sorry, aber:

      "Unser Lied für Rotterdam" wird am 27.02.2020 um 21:30 Uhr auf ONE gesendet.
      Der Beitrag an sich steht bereits fest.
  • am via tvforen.de

    na gut, S!STERS vertaten deutschland 2019.

    ich meine, man muss sich mal das lied anhören. oder eher: diesen geistlosen murks anhören!
    die platzierung wundert da gar nicht.
    ursache und wirkung.
    • am

      Ich fand unseren Song im letzten Jahr gar nicht mal so schlecht. Aber wer hatte sich diese grottenschlechte Choreografie ausgedacht?

      Ich glaube die beiden Mädels hätten mit ihrer sympathischen und frischen Art noch einige Punkte sammeln können aber stattdessen werden auf den großen Monitoren völlig emotionslose Gesichter der Mädels eingeblendet. Was sollte das?
      • am

        Es wäre doch ganz einfach, mal wieder zumindest in die Top Ten zu kommen. Statt Dancefloor-Radio-Einheitsbrei von unbekannten neuen Sängern vielleicht mal:

        - Eine Band mit schon einem gewissen Namen oder
        - Was rockiges oder
        - Was 80er-Retro-Synthi-mäßiges oder
        - Was mit Humor oder
        - Was mit einem Text / Inhalt der Aufmerksamkeit erzeugt oder
        - Was kritisches (Klimawandel?)

        Wenn sowas mal hingeschickt würde, käme bestimmt kein vorletzter Platz raus.
        • am via tvforen.de

          Irgendwann... irgendwann wird sich die Erkenntnis durchsetzen, dass es fast egal ist, wen man mit welchem Song zum ESC schickt.
          Welches Land gewinnt, hat kaum etwas mit der Qualität des Songs oder des Interpreten zu tun, sondern einzig und allein damit, WAS Europa gerade hören möchte und was die Massen emotional ins Herz trifft.

          Das kann man allerdings nicht kalkulieren, das ist pures Glück.
          • (geb. 1996) am

            @Hitparadenfan

            Wäre ich auch mal dafür. Vor allem, da Deutschland als eines der Big Five immer zahlen muss.
            • am via tvforen.de

              Am besten gar nicht mehr teilnehmen am ESC. Wäre vielleicht gar nicht so verkehrt.
              • am via tvforen.de

                Hitparadenfan schrieb:
                -------------------------------------------------------
                > Am besten gar nicht mehr teilnehmen am ESC. Wäre
                > vielleicht gar nicht so verkehrt.

                Das wird nicht passieren, die Show kostet die ARD - den Vorentscheid
                mal außen vor gelassen - ca. eine halbe Million Euro, wo sonst bekommt
                man für 500.000 Euro auf diesem Sendeplatz eine Quote von ca. 35 %
                = 8 Mio Zuschauer.
            • am via tvforen.de

              Vielleicht einfach mal auf die Teilnahme verzichten. Das spart Geld und Mitleid denn wir landen nicht wieder auf den letzten Plätzen.
              • am

                Die letzten 20 Jahre habe ich mich immer wieder über die Songauswahl aufgeregt. Inzwischen jedoch habe ich verstanden, dass der NDR gar nicht will, dass Deutschland gewinnt, weil die sonst den ganzen Zirkus im Folgejahr ausrichten müssten. Insofern sehe ich das Ganze jetzt entspannt und freu mich einfach auf die Beiträge der anderen Länder.
                • (geb. 1976) am

                  Bei dem Musikgeschmack den die meisten Deutschen haben, kann es nur noch schlimmer werden, die schicken dann wahrscheinlich einen Titel wie ''Thüringer Klöße'' oder ''Schnappi' ins Rennen' ;-)
                  • (geb. 1996) am

                    Bin skeptisch ob das besser wird...

                    Warum denn mal komplett nur das Publikum abstimmen lassen? Schlechter kanns ja nicht werden...

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