Annie Hoffmann: Das ist leider tatsächlich so. Ich habe gelesen, dass nur rund 20 Prozent aller Unterhaltungsformate von Frauen moderiert werden. Das ist echt eine erschreckend niedrige Zahl!
Jeannine Michaelsen: Richtig, und wie schrieb Johanna Maria Knothe kürzlich so treffend: „Zwei Männer kommen im TV auf eine Frau – ein bisschen wie im Porno.“ Ich persönlich kann mich zwar beruflich nicht beschweren und durfte schon viele interessante Sendungen machen, aber allgemein ist gerade das Unterhaltungsfernsehen immer noch eine Männerdomäne. Ich glaube, das stammt noch zu Teilen aus der Zeit, in der wir Frauen für lange Zeit die Buchstabenumdreherinnen im hübschen Kleidchen waren, an der Seite von Männern, die dann erklärt haben, wie der Hase läuft. Da hat sich zwar seitdem schon was getan, aber die Mühlen mahlen sehr langsam.
Annie Hoffmann: Was ich diesbezüglich auch erschreckend finde: Bei Männern sagt kein Mensch: Der ist jetzt zu alt fürs Fernsehen. Bei Frauen hingegen heißt es oft: Die ist ab einem bestimmten Alter nicht mehr „zeigbar“, obwohl sie zweifelsohne ihre Qualitäten im Schauspiel oder im Unterhaltungsfernsehen bewiesen hat. Stattdessen darf eine etwas ältere Frau dann nur noch Hörbücher einsprechen oder Lesungen geben. Das finde ich unmöglich!
Jeannine Michaelsen: Ja, für uns gelten andere Kriterien. Man muss einfach nur schauen, was bei Twitter oder Facebook zu lesen ist, während eine von einer Frau moderierte Sendung läuft. Vereinzelt findet man zwar konstruktive Kommentare, die sich mit dem Inhalt beschäftigen, aber meistens beschränken sie sich darauf, wie unmöglich man aussieht und welche hässlichen Klamotten man trägt. „Schön, dass ProSieben einer dahergelaufenen Straßendirne einen Job gibt.“ – Das ist mein neuester Lieblingstweet über mich und auch wenn ich nicht mit Sicherheit weiß, ob auf dem Niveau auch Gleichberechtigung herrscht, kann ich nur sagen: Ich habe sowas über einen Mann noch nicht gelesen. Zu einem großen Teil kommt sowas dann leider auch von Frauen – aber ich bin Optimist und der festen Überzeugung, dass sich auf lange Sicht Qualität immer durchsetzt und bin vermessen genug, mir und uns welche zu unterstellen. Ein wertschätzendes Publikum muss man sich halt mühsam erspielen. Ich bin zum Beispiel sehr dankbar dafür, dass man sich bei den Joko-und–Klaas-Shows für mich entschieden hat, obwohl oder gerade weil ich nicht dem Standard-Püppchen-Klischee entspreche.
fernsehserien.de:Gerade in den großen ProSieben-Shows wie „Teamwork“ oder „Joko gegen Klaas – Das Duell um die Welt“ kannst du dein Moderationstalent mit den unvergleichlichen Schachtelsätzen sehr gut zur Geltung bringen. Welche Sendungen sind demnächst neben „Ponyhof“ mit dir zu sehen?
Jeannine Michaelsen: Ob „Teamwork“ weitergeht, ist noch offen. Ich würde mich natürlich darüber freuen, aber momentan ist es eher unwahrscheinlich. Die vor einigen Wochen gezeigte Folge wurde schon vor mehr als einem Jahr aufgezeichnet und war aus Quotensicht leider nicht sehr erfolgreich. Ich finde das Format an sich und die Grundidee aber immer noch super, auch wenn es vielleicht etwas zu lang ist. Ich finde außerdem, dass solche Shows live sein müssen, deshalb blicke ich voller Vorfreude auf Samstag (9. September), wenn „Das Duell um die Welt“ zum ersten Mal live auf Sendung geht. Ansonsten würde ich sagen: Sag niemals nie. Vielleicht gibt’s irgendwann auch noch mal die „Millionärswahl“, große Erfolge setzen sich schließlich durch! [lacht]
fernsehserien.de:Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg weiterhin für „Ponyhof“ und eure anderen Projekte!
Die dritte Staffel „Ponyhof“ läuft ab dem 4. September montags um 22:35 Uhr bei TNT Comedy.
Glenn Riedmeier ist seit Anfang 2013 als Journalist bei fernsehserien.de tätig und dort vorrangig für den nationalen Bereich zuständig. Er schreibt News rund um das aktuelle Fernsehgeschehen und verfasst Kritiken, vor allem zu relevanten Starts aus der TV-Unterhaltung. Darüber hinaus führt er Interviews mit bekannten TV-Persönlichkeiten. Unter anderem sprach er bereits mit Bastian Pastewka, Jürgen Domian, Stephanie Stumph, Fritz Egner, Jochen Bendel, Beatrice Egli, Collien Ulmen-Fernandes, Carolin Kebekus und Torsten Sträter. Des Weiteren verfasst er zu besonderen Anlässen wie Jubiläen von TV-Sendern oder -Formaten ausführliche Rückblicke und Specials – aus einem nostalgischen und zugleich kritisch-informierten Blickwinkel. Schon seit frühester Kindheit war der 1985 geborene Münchner vom Fernsehen fasziniert. Am Wochenende stand er freiwillig früh auf, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. „Bim Bam Bino“, „Vampy“ und der „Li-La-Launebär“ waren ständige Begleiter zwischen den „Schlümpfen“, „Familie Feuerstein“ und „Bugs Bunny“. Seine Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben. Darüber hinaus begeistert er sich für Gameshows wie „Ruck Zuck“ oder „Kaum zu glauben!“ und ist mit hoher Expertise gleichzeitig Fan und kritischer Beobachter der deutschen Schlagerwelt. Auch für Realityformate wie „Big Brother“ und „Die Verräter“ hat er eine Ader – auf rein krawalliges Trash-TV kann er dagegen verzichten. Im Comedy-Bereich begeistert er sich vor allem für Sitcoms, Stand-up-Comedy und Late-Night und hält diesbezüglich auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den USA offen.