Matthias Schloo („Notruf Hafenkante“): „Es ist ganz schön, so ein bisschen unter dem Radar zu fliegen“

Interview über das Erfolgsgeheimnis der ZDF-Serie, Polizeiarbeit, „Berlin, Berlin“ und vieles mehr

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 22.10.2025, 18:30 Uhr

Das Team des PK 21 ZDF/​Boris Laewen

fernsehserien.de: „Notruf Hafenkante“ wird in hoher Schlagzahl produziert, pro Jahr zeigt das ZDF mindestens 22 neue Folgen. Wie viel Zeit nehmen die Dreharbeiten an der Serie in deinem Terminkalender ein?

Matthias Schloo: Das ist gar nicht so viel, denn wir haben ja in den Folgen auch eine Rotation im Hauptcast. Von diesen 22 Folgen dreht jedes Team etwa 40⁠–⁠60 Prozent Folgen. Die anderen Folgen setzt du dann sozusagen aus. Das erzählen wir auch durch den Schichtdienst. Wir sind ja drei Teams im Hauptcast und immer zwei pro fünf Folgen arbeiten zusammen. Das ist natürlich praktisch, denn so hast du Zeit für andere Dinge. Klar drehe ich vorrangig für die Serie, aber ab und zu passt schon noch ein anderes Projekt rein. Darüber freue ich mich natürlich, denn der Beruf des Schauspielers lebt ja auch von der Abwechslung.

Die neue Staffel ist just im ZDF gestartet. Kannst du schon ein bisschen verraten, worauf sich die Fans in den kommenden Folgen freuen können?

Matthias Schloo: Ich kann natürlich nicht ins Detail gehen, aber ich sage mal so: Die Reibereien mit meinem neuen Partner werden nicht unbedingt weniger [lacht]! Aber im Laufe der Staffel finden sie sich auch etwas. Es hat Spaß gemacht, jetzt mal wieder mit einem männlichen Gegenpart zu spielen. Mein Schauspielkollege Zejhun Demirov und ich, wir haben da eine ganz schöne, komödiantische Note reingelegt durch unsere Unterschiedlichkeit. Ich bin ja der ewige und etwas grummelige Single und er ist der ganz engagierte junge Familienvater, der ganz andere Werte hat als Mattes. Das führt dann regelmäßig zu einem kleinen Clash of Cultures. Die Staffel über kann man ganz schön beobachten, wie sie sich hassen und lieben lernen. Das wird wirklich gut, da freue ich mich sehr drauf.

Mattes (Matthias Schloo, r.) und sein neuer Partner Malik (Zehjun Demirov, l.) ZDF/​Letterbox

Neben „Notruf Hafenkante“ gibt es mit dem „Großstadtrevier“ eine andere beliebte Polizeiserie aus Hamburg. Gibt es da gewissermaßen einen internen Wettkampf oder Konkurrenzgedanken?

Matthias Schloo: Nein, einen Wettkampf gibt es überhaupt nicht, gerade weil das ja auch ein Erfolgsformat ist, das sogar noch viel länger läuft. Wir unterscheiden uns nicht groß in der Art und Weise, wie wir arbeiten. Es ist sogar fast der gleiche Sendeplatz, nur eben auf einem anderen Sender. Ich für meinen Teil kann da ganz entspannt und konkurrenzfrei draufgucken. Die Ateliers liegen mittlerweile ja auch nebeneinander, was nicht immer so war. Und wenn wir da zur Mittagspause in die Kantine gehen, halten wir auch kurz an für einen Schnack. Da ist gar kein Konkurrenzdenken drin.

Ich würde gerne noch ein wenig auf deine Karriere zurückblicken. Viele Zuschauer kennen dich noch als Alex aus der Serie „Berlin, Berlin“, den du zwischen 2002 und 2003 zwei Staffeln lang verkörpert hast. Welche Erinnerungen verbindest du mit dieser Zeit?

Matthias Schloo: Für mich war das eine ganz spannende Zeit, weil ich damals mit meiner heutigen Frau relativ frisch zusammen war. Wir sind dann für die Serie zusammen nach Berlin gegangen. Das verbinde ich in erster Linie mit dem Projekt. „Berlin, Berlin“ war natürlich sehr innovativ, neu und frisch und hat damals großen Anklang gefunden. Die Leute haben es geliebt.

Matthias Schloo (M.) spielte in den Staffeln 2 und 3 von „Berlin, Berlin“ Alex Weingart Universum Film GmbH

Inwiefern hat sich deine Bekanntheit als Schauspieler durch die Serie verändert?

Matthias Schloo: Gar nicht so sehr. Ich habe ja davor auch schon gedreht. 1994 habe ich meinen ersten Pilotfilm fürs ZDF gemacht. Es waren immer wieder mal Formate mit dabei, die Potential hatten. Ich bin immer so unter dem großen Durchbruch durchgeschwommen, worüber ich aber nicht traurig bin, muss ich sagen. Denn es ist eigentlich ganz schön, so ein bisschen unter dem Radar zu fliegen und gar nicht so festgelegt zu sein auf ein Ding. Ich kann jetzt seit über 30 Jahren stabil meine Miete davon zahlen. Und das ist eigentlich mehr, als 90 Prozent aller Schauspieler in Deutschland von sich behaupten können.

Angefangen hat es bei dir mit einer festen Rolle in „Jede Menge Leben“, der damals ersten täglichen ZDF-Serie aus Deutschland, die zwischen 1995 und 1996 lief. Wie bist du bei der Serie gelandet?

Matthias Schloo: Das war auf Anraten meines Schultheaterregisseurs [lacht], der hat mir ja gesagt: „Du musst Schauspieler werden, alles andere wäre Wahnsinn.“ Ein Schulkollege von meinem Vater hat beim Film gearbeitet und mich ein bisschen beraten, wie so etwas vonstattengeht. Wie Fotos und Setkarten auszusehen haben und wo man die hinschickt. Das habe ich alles schon parallel während meines letzten Schuljahrs auf den Weg gebracht. Dann kamen die ersten Castingtermine rein und ich habe mit Ach und Krach meinen Realschulabschluss hingelegt. Vier, fünf Monate später hatte ich dann nach den ersten Castings plötzlich schon die Hauptrolle bei „Jede Menge Leben“. Ich bin dann auch direkt mit 17 Jahren nach Köln gezogen und habe dort zwei Jahre gearbeitet. Das war so ein bisschen meine Schauspielschule.

Ein mutiger Schritt, das in jungen Jahren so durchzuziehen, finde ich.

Matthias Schloo: Für mich hat sich das nicht mutig angefühlt. Ich war einfach reif. Die Schule war nicht so mein Liebstes. Ich hatte Lust rauszugehen in die weite Welt, und im Grunde habe ich die erste Chance ergriffen, um loszulegen. Das war sehr aufregend und sehr positiv. Und auch mit wahnsinnig viel Glück verbunden. Denn ich war eigentlich die zweite Wahl für „Jede Menge Leben“. Nach dem Casting hatte ich per Anruf erst eine Absage bekommen, weil man sich für jemand anderes entschieden hatte. Die erste Wahl hat jedoch aus irgendwelchen Gründen, die mir unbekannt sind, abgesagt. Drei Wochen später erhielt ich dann noch mal einen Anruf, dass man mich noch einmal nach Köln zu einem persönlichen Gespräch einladen möchte. Die Chance habe ich ergriffen und natürlich sofort gesagt: „Ich bin ready, es kann losgehen.“

Aus deinen Erzählungen höre ich raus, dass dich vor allem andere Leute davon überzeugt haben, Schauspieler zu werden. Oder hast du auch schon selbst als Kind davon geträumt?

Matthias Schloo: Nein, ein Kindheitstraum war das nicht. Aber als ich mit meinen drei Kumpels in die Theater-AG von Raoul Schoregge ging, was damals eine Projektwoche war, hat das irgendwas mit mir gemacht. Raoul managt und betreut bis heute sehr erfolgreich den chinesischen Nationalzirkus und ist allgemein ein großer Förderer von Kunst. Er war der Erste, mit dem ich eine richtig gute Zeit in der Schule hatte. Der klassische Unterricht hat mich gelangweilt. Und er war halt einer vom Zirkus, ein gelernter Clown, der fast wirklich noch nach Sägespänen gerochen hat. Er hat uns in die Augen geschaut und gefragt: „Was wollt ihr denn machen? Wie willst du die Rolle denn spielen? Der könnte ja auch hinken, der könnte einen Sprachfehler haben. Überleg dir was.“ Der hat uns so abgeholt, mich ganz besonders. Er hat mich so fasziniert und in seinen Bann gezogen. Er fragte mich: „Matthias, hast du mal darüber nachgedacht, Schauspieler zu werden? Das kann man ja auch lernen an Schauspielschulen.“ Da habe ich das erste Mal überhaupt gedacht: „Ja stimmt, das macht mir wirklich sehr viel Spaß.“ Unter seiner Förderung bin ich so richtig aufgeblüht. Raoul hat es als erstes ausgesprochen und dem Weg bin ich dann tatsächlich gefolgt. Dadurch habe ich meine Berufung gefunden.

Eine wirklich schöne und außergewöhnliche Geschichte, die zeigt, wie wichtig Förderer und Menschen sind, die das Talent von anderen erkennen.

Auf der nächsten Seite verrät Matthias Schloo, von welchen schauspielerischen Herausforderungen er träumt, wie lange er „Notruf Hafenkante“ noch erhalten bleiben möchte und weshalb die Natur für ihn ein wichtiger Ausgleich zu seinem Job ist.

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