Influencer-Live-Events und mehr Interaktivität: So will ProSiebenSat.1 mit Joyn und Entertainment punkten

„Wir wollen die Nummer Eins im deutschsprachigen Unterhaltungsmarkt sein.“

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 30.06.2023, 12:11 Uhr

Influencer-Live-Events und mehr Interaktivität: So will ProSiebenSat.1 mit Joyn und Entertainment punkten – "Wir wollen die Nummer Eins im deutschsprachigen Unterhaltungsmarkt sein." – Bild: ProSiebenSat.1 Media SE

Am heutigen Freitag fand die Hauptversammlung 2023 der ProSiebenSat.1 Media SE statt, auf der der neue CEO Bert Habets, der im November 2022 die Nachfolge von Rainer Beaujean antrat, einerseits auf das Geschäftsjahr 2022 zurückblickte und andererseits die Strategie für die Zukunft vorstellte. Nicht ohne Grund fand die rein virtuell übertragene Hauptversammlung in den Bavaria Filmstudios statt, die symbolisieren sollen, wofür laut Habets das Medienunternehmen steht: Für starke Shows und einzigartige Unterhaltungsmomente.

2023 ist ein weiteres hartes Jahr. Hier gibt es nichts zu beschönigen, stellt Bert Habets fest. Gleichzeitig hätte ich diesen Job nicht angetreten, wenn ich nicht von dem enormen Potenzial von ProSiebenSat.1 überzeugt wäre. Ich weiß, dass wir die Kraft haben, an bisherige Erfolge anzuknüpfen und unsere Reise fortzusetzen. Als Motto nennt der CEO: Viewers and Users First. Dementsprechend wolle man die Angebote nach deren Bedürfnissen ausrichten. Unser klares Ziel: Wir wollen die Nummer Eins im deutschsprachigen Unterhaltungsmarkt sein, profitabel und wachstumsstark.

Um dies zu erreichen, müsse man mutig und entschlossen nach vorne gehen – und das in jeder Konsequenz. Daher betont Bert Habets noch einmal, dass das Entertainment-Geschäft der Motor des Erfolgs sei und man deshalb dieses Segment noch stärker als zuvor in den Mittelpunkt unseres Handelns stelle.

Lokale und relevante Live-Inhalte

Bert Habets kündigt an, dass die Priorität voll darauf läge, die digitalen Angebote noch attraktiver zu machen. Die erste Voraussetzung für Wachstum sei dabei, ein großes Publikum zu erreichen – und dafür brauche es hervorragende und exklusive Programme. Daher konzentriere man sich auf lokale und relevante Live-Inhalte. Dazu würden Formate für alle Sender und Genres ebenso beitragen wie exklusiv für das Streamingportal Joyn produzierte Serien wie „jerks.“ oder „Intimate.“. Als Leuchtturmformate nennt Habets außerdem das „Sat.1-Frühstücksfernsehen“, „The Taste“ und „Wer stiehlt mir die Show?“, die ein wichtiger Bestandteil der Programmstrategie seien. Als wichtigen Schritt führt Habets an, dass man zwei neue Produktionsfirmen in Deutschland gegründet und im Gegenzug das US-amerikanische Produktionsgeschäft verkauft habe. Das Produktionshaus Seven.One Studios könne sich daher nun voll auf den deutschsprachigen Raum fokussieren.

Auch Nachrichten spielen laut Habets eine zentrale Rolle. Seit Anfang des Jahres produziert ProSiebenSat.1 seine Nachrichten in Deutschland wieder selbst, wofür in den vergangenen zwei Jahren eine rund 60-köpfige Nachrichtenredaktion an drei Standorten aufgebaut wurde: eine Zentralredaktion samt Newsroom in Unterföhring, eine Politikredaktion in Berlin sowie ein eigenes Korrespondentenbüro in Washington. Seit zwei Wochen werden alle Nachrichtenformate unter der Dachmarke „:newstime“ geführt. Ab Jahresende soll aus einem der modernsten Nachrichten-Studios in Europa gesendet werden.

Influencer-Live-Events für junge Zielgruppe, mehr Interaktivität auf Joyn

Joyn

Als Schlüssel für die digitale Zukunft und Reichweite betrachtet man die Streaming-Plattform Joyn, die im November 2022 nach dem Ausstieg von Warner Bros. Discovery von der ProSiebenSat.1 Media SE zu 100 Prozent übernommen wurde. Da die Reichweiten im linearen Fernsehen sinken, sei Joyn der zentrale Dreh-und Angelpunkt, den man zum Super-Streamer in Deutschland, Österreich und der Schweiz ausbauen wolle. Eine Streaming-Plattform für alle. So ein Angebot gibt es trotz des vollen Streaming-Markts heute noch nicht, meint Habets.

Um dies zu erreichen, werden die Zuschauer in zwei Gruppen eingeteilt, die man mit unterschiedlichen Inhalten ansprechen müsse. Kinder und insbesondere Jugendliche seien vorrangig auf Social Media aktiv, deshalb spiele für sie sogenannter „Creator-led Content“ eine wichtige Rolle – also Inhalte von und mit bekannten Influencern. Schon bisher arbeitet Joyn mit diversen „Content Creator:innen“ zusammen, um die Lücke zwischen Social Media und klassischem TV zu schließen. Die „Great Fight Night“, in der sich zwei bekannte Streamer zu einem Boxkampf herausforderten, habe bereits gezeigt, wie das gelingen kann: durch Live-Shows mit bekannten Größen aus der Social-Media-Welt.

Erwachsene seien dennoch die größte und breiteste Zielgruppe, für die man bereits ein großes Portfolio anbiete. Neben unserem Live-TV-Angebot, insbesondere rund um Sport- und Nachrichten-Formate, und exklusiven Vorschaumöglichkeiten zu diesen Formaten, erweitern wir für sie unser Angebot an Joyn Originals. Ohne ins Detail zu gehen soll es sich hierbei um exklusive Programme handeln, die ausschließlich bei Joyn verfügbar sind. Ausgewählte US- Premium-Inhalte aus unseren Lizenzverträgen sollen ebenfalls eine Rolle spielen. Dabei wolle man künftig verstärkt auf sogenannte „FAST-Channels“ setzen, die bei Joyn On-Demand-Channels heißen. Thematisch ähnliche Programme werden wie in einer Playlist hintereinander abgespielt – 16 solcher Channels gibt es bereits. Diese On-Demand-Channels sollen künftig auch personalisiert werden.

Außerdem sollen die Nutzer die Möglichkeit erhalten, mit ihren Lieblingsinhalten zu interagieren, also zum Beispiel zu liken, zu kommentieren oder abzustimmen. Dadurch solle ein Gemeinschaftsgefühl entstehen mit dem Ziel, die Nutzer stärker an Joyn als Plattform zu binden. Darüber hinaus soll es künftig möglich sein, über Joyn beispielsweise in einer Talkshow live Fragen zu stellen und mitdiskutieren zu können. Doch es geht noch weiter, denn auch eine Verknüpfung zu Shopping-Angeboten soll es geben: Wenn mir also zum Beispiel die Schuhe gefallen, die ein Influencer in seiner Joyn-Show trägt, soll ich diese mit einem Klick kaufen können, ohne dabei Joyn verlassen zu müssen, so Habets.

Joyn soll „Super-Streamer in Deutschland, Österreich und der Schweiz“ werden

Als ambitioniertes Ziel nennt der CEO, dass man innerhalb von zwei Jahren die Reichweite von Joyn verdoppeln wolle. In diesem Zusammenhang wirbt Habets erneut dafür, dass sich Joyn als Aggregator-Plattform versteht und ein branchenverbindender Streaming-Dienst werden könne. Wir sind deshalb bereits mit anderen Medienunternehmen, Produzent:innen, Werbetreibenden und Agenturen, aber auch Talenten in Gesprächen, damit sie sich uns anschließen. Dies sei eine einzigartige Chance für die gesamte deutsche Medienindustrie. Er verweist auf Österreich, wo Joyn kürzlich als Kooperation von privaten und öffentlich-rechtlichen Anbietern an den Start ging, was als Blaupause für den deutschen Markt dienen könne.

Bei der Integration der Inhalte des deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf Joyn würden wir selbstverständlich alle medienrechtlichen Vorgaben berücksichtigen, insbesondere mit Blick auf das Thema Werbung. Auch urheberrechtlich oder kartellrechtlich sehen wir keine Hindernisse. Wir führen dazu bereits gute Gespräche mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, so Habets. Man dürfe sich nicht in medienpolitischen Diskussionen verlieren, sondern müsse gemeinsam und mit Geschwindigkeit ein klares Ziel verfolgen und Fakten schaffen.

Eine starke Streaming-Plattform „made in Germany“ sei zeitgemäß und mit Blick auf die finanziellen Ressourcen wirtschaftlich sinnvoll. Joyn kann hier ein echter Gamechanger sein: DIE Streaming-Plattform für Deutschland. Lassen Sie uns diese Chance nicht verpassen. Für mich steht Joyn für mehr Miteinander, für weniger Gegeneinander. In einer Welt, in der die Mediennutzung immer digitaler und die Marktsituation immer komplexer wird, sollte es uns nicht um den Wettbewerb von Privaten gegen die Öffentlich-Rechtlichen gehen. Mit Blick auf unsere Zuschauer:innen sollte es uns um den Wettbewerb von privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk gegen die Flut von Desinformationen gehen. Deshalb müssen wir alle gemeinsam unser duales System stärken und an einem Strang ziehen.

Umsatzrückgang führt zu deutlich reduzierter Dividende

Neben der Vorstellung der Zukunfsstrategie warf Bert Habets auch einen Blick auf das zurückliegende Geschäftsjahr, das für die ProSiebenSat.1 Media SE kein rosiges war, insbesondere mit Blick auf die Werbeerlöse. Dies begründet der CEO so: Wir befinden uns in herausfordernden Zeiten: Bereits bei der Hauptversammlung vor einem Jahr hat der schreckliche Krieg in der Ukraine uns alle emotional, aber auch wirtschaftlich getroffen. Diese Situation hat sich leider bis heute nicht geändert. Mit Kriegsausbruch im Februar 2022 hat sich die Konjunktur immer weiter eingetrübt: Die folgende Energiepreiskrise und die seither hohe Inflation in der DACH-Region haben die deutsche Wirtschaft in eine Rezension rutschen lassen, was auch uns direkt belastet. Denn: Die Unsicherheit bei den Verbraucher:innen spüren wir als erstes. In so einer Situation sind Unternehmen bei der Buchung ihrer Werbung sehr zurückhaltend. Das hat den gesamten Werbemarkt und damit auch unser gesamtes Geschäftsjahr stark geprägt.

Konkret hat die ProSiebenSat.1 Media SE daher das Geschäftsjahr mit einem Rückgang abgeschlossen. Der Umsatz ist um 7 Prozent auf 4,2 Mrd Euro gesunken. Den Ausschlag dafür haben, wie gerade erklärt, unsere Werbeumsätze gegeben: Diese sind in der DACH-Region um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken, so Bert Habets. Da wir mit TV-Werbung anteilsmäßig mehr Gewinn erzielen als mit unseren anderen Geschäftsbereichen, hat dieser Rückgang auch zu einem klaren Rückgang beim Ergebnis geführt: Unser adjusted EBITDA lag 2022 bei 678 Mio. Euro und damit 19 Prozent unter dem Vorjahr.

Die Belastungen griffen auch in das aktuelle Geschäftsjahr über, wo Umsatz und Ergebnis auch im ersten Quartal 2023 weiter gesunken sind. Das haben wir erwartet. Genauso, dass sich diese Belastung auch im zweiten Quartal noch fortsetzt, wenngleich bereits etwas weniger ausgeprägt. Im Juni haben wir schon wesentliche Verbesserungen in den Werbebuchungen im Vergleich zu den Vormonaten gesehen. Auch die Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten erst für die zweite Jahreshälfte eine Erholung in der DACH-Region. Parallel dazu rechnen wir mit einer spürbaren Erholung unseres sehr profitablen Werbegeschäfts, erklärt Bert Habets, der mit deutlichen Aufholeffekten im zweiten Halbjahr rechnet. Angestrebt wird ein Konzernumsatz von rund 4,10 Mrd. Euro mit einer Varianz von plus/​minus 150 Mio. Euro. Für das adjusted EBITDA rechne man mit einem Wert von rund 600 Mio. Euro mit einer Varianz von plus/​minus 50 Mio. Euro.

Im Zuge dessen hatte Bert Habets eine wenig berauschende Nachricht für die Aktionäre im Gepäck: Vor dem Hintergrund dieses Geschäftsausblicks haben wir mit der Zustimmung des Aufsichtsrats beschlossen, Ihnen heute eine deutlich reduzierte Dividende in Höhe von 5 Cent je Aktie für das Geschäftsjahr 2022 vorzuschlagen sowie ab diesem Geschäftsjahr unsere Dividendenpolitik grundsätzlich anzupassen. Wir wollen künftig 25 bis 50 Prozent des bereinigten Konzernjahresüberschusses als Dividende ausschütten und dabei mit besonderem Fokus ein angemessenes Niveau des Verschuldungsgrads berücksichtigen. Es sei essenziell, die Verschuldung im Rahmen zu halten, worauf in den aktuell schwierigen Zeiten die Priorität läge. Uns ist durchaus bewusst, dass die deutlich reduzierte Dividende für Sie keine erfreuliche Nachricht ist. Allerdings müssen wir jetzt den Grundstein für ein langfristig gesundes und profitables Unternehmen legen, an dem auch Sie langfristig Freude haben können. Damit ProSiebenSat.1 wieder ein attraktives Investment mit Mehrwert und Zukunft für Sie wird, ist diese Entscheidung unumgänglich.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • (geb. 1990) am

    in dem gesamten text fehlt mir ein bestimter satz:
    "pro 7 wirft roseman endlich raus"


    aber nicht mal das bekommen sie hin lieber beide sender weiter in die bedeutungslosigkeit verschwinden lassen......
    • am

      Influencer und Gender-Doppelpunkt... Und wieder fallen ein paar Sender aus meiner Liste
      • am

        Wenn ich schon "Influencer-Live-Events" lese. Brechreiz.
        • (geb. 1958) am

          Immer die selbe Leier, ändern tut sich eher was zum schlechten. Es wird immer gross mundig was versprochen und dann bleibt alles beim alten oder wird noch schlimmer. Was fehlt sind internationale Serien und Filme, da können sie weiterquatschen und Diskutieren bis der Arzt kommt.
          • am

            Der Ukrainekrieg ist schuld - ja nee, is' klar, glaub ich sofort...
            • am

              Schon im ersten Absatz kam ich mir irgendwie verarscht vor: "...an bisherige Erfolge anzuknüpfen..." war wohl nur ein verspäteter Aprilscherz, oder?
              • am

                hat man nicht auch bei RTL behauptet, dass RTL die Nummer 1 in Deutschland werden möchte. Und nun auch Pro7/Sat1.

                Ich brauche beide Sendergruppen nicht. Egal ob TV-Programm oder Streaming-Dienst. Beide konzentrieren sich fast nur um neue Reality-Formate.

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