Drei Tage vor ihrem 85. Geburtstag ist in der Nacht zum Dienstag Estelle Getty gestorben. Sie erreichte seit Mitte der Achtziger weltweite Beliebtheit in der Rolle der Sophia Petrillo in den „Golden Girls“. Obwohl sie in Wirklichkeit ein Jahr jünger als ihre Schauspielkollegin war, spielte sie die sizilianische Mutter von Beatrice Arthur (Dorothy Zbornak) mit unvergleichlicher Leidenschaft und Pepp.
Estelle Getty wurde als Estelle Scher geboren und war bereits als Kind vom Schauspielern fasziniert. Nach eigenen Angaben hatte sie dies dem Besuch einer Vaudeville-Show in New York zu verdanken, sie sie im Alter von vier Jahren mit ihren Eltern sah. Doch es dauerte noch Jahrzehnte, bis Getty damit begann sich eine Schauspielkarriere aufzubauen. Zunächst widmete sie sich ganz ihrer Ehe mit Arthur Gettleman, den sie 1947 heiratete und mit dem sie zwei Söhne hatte, Barry und Carl.
In den 70er Jahren begann Getty dann in kleineren Rollen in Off-Broadway Stücken zu spielen. Sie wurde andauernd engagiert, doch ein großer Durchbruch blieb lange aus – bis sie 1981 eine Rolle in Harvey Fiersteins inzwischen legendärem Stück „Torch Song Trilogy“ erhielt. Was zunächst als ein weiteres kleines Off-Broadway-Stück begann, entwickelte sich bald darauf zu einem Phänomen. Ab Juni 1982 wechselte „Torch Song Trilogy“ zum Broadway und lief dort für 1222 Aufführungen.
Nach kleineren Rollen in verschiedenen Filmen, unter anderem in „Die Maske“ an der Seite von Cher, und nachdem Getty ihre Rolle aus „Torchsong Trilogy“ auch in Los Angeles spielte, wurden 1985 die Produzenten der neuen Sitcom „Golden Girls“ auf Getty aufmerksam und besetzten sie als die 80-jährige Sophia Petrillo. Die sizilianische Mutter von Dorothy Zbornak zog bei ihrer Tochter und deren Freundinnen Rose und Blanche ein, nachdem ihr Altersheim abgebrannt war. Nach einem Schlaganfall nahm Sophia kein Blatt mehr vor den Mund und hatte oft die größten Lacher auf ihrer Seite. Auch im hohen Alter blieb sie aktiv, egal ob als Dirigentin einer Seniorenkapelle, als Mitarbeiterin einer Fastfood-Kette im Piratenkostüm, beim freiwilligen Dienst im Krankenhaus, oder den endlosen Versuchen den richtigen Mann für ihre Tochter zu finden.
Die „Golden Girls“ waren ein großer Erfolg, nicht nur in den USA, wo die Serie in den ersten fünf Jahren in den Top 10 der Fernseh-Hitparade zu finden war, sondern auch international. Die Rolle der Sophia erwies sich dabei als so beliebt, dass Getty sie nicht nur acht Jahre lang in den „Golden Girls“ und deren Nachfolgeserie „Golden Palace“ spielte, sondern auch für zwei Jahre in der Serie „Harrys Nest“, die ebenfalls aus der Feder von „Golden Girls“-Erfinderin Susan Harris stammte. 1986 wurde Getty für ihre Leistung mit einem Golden Globe, 1988 mit einem Emmy ausgezeichnet. 1992 lockte Getty auch das deutsche Publikum in die Kinosäle, als sie an der Seite von Sylvester Stallone in der Komödie „Stop! Oder meine Mami schießt“ die Mutter des Actionhelden verkörperte.
Im Jahr 2000 zog sich Estelle Getty aus gesundheitlichen Gründen aus der Öffentlichkeit zurück. Die Schauspielerin, die sich seit ihrem Durchbruch immer diversen karitativen Zwecken verschrieben hatte, litt in den letzten Jahren ihres Lebens an Lewy-Body-Demenz, einer Krankheit mit ähnlichen Symptomen wie Alzheimer. 2004 verstarb ihr Mann, mit dem sie 57 Jahre verheiratet gewesen war. Gettys Sohn Carl sagte am heutigen Dienstag: „Sie wurde auf allen sechs Kontinenten der Welt geliebt und würden Sitcoms in der Antarktis laufen, dann wäre sie sie auf sieben Kontinenten geliebt worden. Sie war eine der talentiertesten Comedy-Schauspielerinnen, die jemals gelebt haben“. Nicht nur für Estelle Gettys Familie, sondern auch für „Golden Girls“-Fans auf der ganzen Welt ist dieser Dienstag ein Tag der Trauer.
