Fall ‚ZDF.reporter‘ soll aufgeklärt werden

Journalistische Grundsätze ignoriert?

Jutta Zniva – 08.04.2006

Ein am 29. März gezeigter Beitrag der Sendung „ZDF.reporter“ sorgt seit Donnerstag für widersprüchliche Meldungen. Die Produktionsfirma LonaMedia soll Schülern einer Gesamtschule in Hamburg eine „Aufwandsentschädigung“ für die Mitwirkung am Film über gewalttätige Jugendgangs gezahlt haben. Heute soll der heikle Fall durch Chefredakteur Nikolaus Brender geklärt werden.

Der Leiter der Schule in Mümmelmannsberg, Klaus Reinsch, hatte im „Hamburger Abendblatt“ dem ZDF vorgeworfen, Neunt- und Zehntklässer durch Geld zu bestimmten Aussagen und inszenierten Krawallen animiert zu haben. In „ZDF.reporter“ war zu sehen gewesen, wie Jugendliche aufeinander losgehen und das ganze Viertel in Angst und Schrecken versetzen – ein Bild, das laut dem Schulleiter nicht dem realen Alltag im Hamburger Stadtteil entspricht.

Das ZDF hatte sich gegen den Vorwurf gewehrt, dass das Fernsehteam von LonaMedia für Krawall- und Prügelszenen gezahlt habe. Es wurde jedoch eingeräumt, dass insgesamt 300 Euro an Schüler als „Informationshonorar“ bzw. „Aufwandsentschädigung“ gezahlt worden seien. Jedoch verstoße auch dies, so ZDF-Chefredaktuer Brender, gegen die Programmgrundsätze des Senders. Ihm sei bislang kein Fall bekannt, in dem Akteuren einer Reportage Geld bezahlt wurde.

Heute trifft sich Brender mit dem Team von LonaMedia, um aufzuklären, wofür nun tatsächlich das Geld an die Mümmelmannsberger Schüler gegangen war. Auch die „ZDF.reporter“ würden sich in der kommenden Sendung zur Sache äußern. Des weiteren sei ein Treffen mit allen Produktionsfirmen geplant, bei dem man ausdrücklich auf journalistische Standards, die im Sender üblich seien, hinweisen werde.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Bei den "ZDF-Reportern" wundert mich gar nichts mehr. Ich habe den berüchtigten "Schwarzen Kanal" nie gesehen, aber so ähnlich stelle ich ihn mir vor.

    Erinnert sich jemand an die elende HartzIV-Hetze, die vor einigen Monaten da lief?
    Da wurde, um zu zeigen, wie faul und blöd und ganz offenbar "harter Hand bedürftig" die Arbeitslosen sind, als schlechtes Beispiel ein Berliner Sponti und Anarcho vorgeführt. Der Mann trug aber während der ganzen Sendung ein T-Shirt der APPD - der "anarchistischen Pogo Partei Deutschlands". Wir können also annehmen, daß es sich bei ihm nicht um den durchschnittlichen Arbeitslosen in Deutschland handelt, der nach einem anständigen Job sucht und nicht scheiße behandelt werden will. Und wer ein wenig recherchiert, findet sogar heraus, daß besagter Herr der Vorsitzende jener Partei gewesen ist.
    Nur wurde der Zuschauer mit keinem Wort darauf hingewiesen. Auf daß der Volkszorn sich in die richtige Richtung richte.
    (aber wahrscheinlich wußten die unterbezahlten TV-Praktikanten gar nicht, was die APPD ist)

    Dies war nur die Spitze einer Reihe von Beiträgen, deren Wahrheitsgehalt die nach unten offene Richterskala sprengen durfte. Reine Propaganda zur besten Sendezeit. Zum Teil waren die Dialoge angeblich "mit versteckter Kamera gefilmter Gespräche" derart gestakst und auch noch schlecht gesprochen, daß es an die Dilletanten-Gerichtssendungen im Privat-Tv erinnerte. Wer schrieb denn da das Drehbuch?
    • am via tvforen.de

      Ich frag mich ja immer wie Fernsehsender die diversen Handgelder, "Aufwandsentschädigungen" und Honorare buchhalterisch abrechnen. In jeder anderen Branche würde sowas automatisch Schwarzgeld genannt.

      Oder andersherum wäre es über solche Zahlungen sehr einfach ein paar fingierte Belege zu erstellen um hintenherum dem Beleuchter ein paar Überstunden steuerfrei zu vergüten. Ich bin in der falschen Branche...
      • am via tvforen.de

        Mich überrascht das nicht! Einem Freund von mir ist folgendes passiert:

        Er war beim Fußball-Länderspiel Slowenien-Deutschland, bei dem es von deutscher Seite "massive Ausschreitungen" gab. Er saß (friedlich!) nach dem Spiel mit Freunden noch in einer Kneipe, da kam ein deutsches Fernsehteam herein, suchte gezielt nach Deutschen, sprach die Gruppe dann an und hat ihnen Geld geboten, "wenn sie dafür ein paar Tische und Stühle rumschmeißen würden". Sie haben das Angebot allerdings dankend abgelehnt.

        Ich will nicht behaupten, dass so etwas die Regel ist, aber es ist sicher auch nicht die Ausnahme!
        • am via tvforen.de

          aja, man gibt also irgendwelchen sau-blöden schülern, die nur matsch in der birne haben, ein paar euros und bekommt dafür die richtigen szenen geliefert, die zu dem bericht passen....
          na toll, kein wunder das ard und zdf ständig mehr gebühren verlangen, wenn die sich so die storys verschönern.
          und ganz aus der luft gegriffen kann es ja nicht sein, den man hat ja die gewalt szenen gesehen, die waren nicht aus dem archiv....
      • am via tvforen.de

        Das Thema wurde im allgemeinen auch in der letzten Sendung hart aber fair behandelt, als Gast war u. a.:

        Manuela Sharifi
        Journalistin, Autorin ("Die Reise des Helden"), drehte mit Schülern der Rütli-
        Hauptschule

        Diese Schüler haben ihre wirkliche Lebenseinstellung "nachgespielt!!!!".

        Daraus haben sie einige Ausschnitte gezeigt u. a. auch Gewaltszenen.

        Vermute mal, dass es sich jetzt um diesen 15 Minütigen Film handelt, den Manuela Sharifi dort drehte und das ganze nun hochgepuscht und falsch dargestellt wird.

        Wie gesagt, es ist nur so eine Vermutung.
        • am via tvforen.de

          Über diesen Fall habe ich vorgestern bei Spiegel-Online gelesen:
          [url]http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,410103,00.html[/url]

          [url]http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,410166,00.html[/url]

          [url]http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,410336,00.html[/url]



          Falls jemand "Monitor" am Donnerstag in der ARD nicht gesehen hat: Dort wurde berichtet, daß Bild-"Journalisten" einigen Schülern der berühmtberüchtigten Rütli-Schule ebenfalls Geld für inszenierte Foto-Szenen gezahlt hat.
          • am via tvforen.de

            Was du "vorgestern" gelesen hast, ist in diesem Fall eben heute nicht mehr aktuell.

            Du schreibst: "Falls jemand 'Monitor' am Donnerstag in der ARD nicht gesehen hat: Dort wurde berichtet, daß Bild-'Journalisten' einigen Schülern der berühmtberüchtigten Rütli-Schule ebenfalls Geld für inszenierte Foto-Szenen gezahlt hat."

            Warum schreibst du "ebenfalls"? Das ZDF hat dementiert, für inszenierte Szenen gezahlt zu haben. Davon ist jetzt auszugehen. Alles andere bleibt (vorerst) reine Spekulation von dir.
          • am via tvforen.de

            "Heute allerdings wies der Sender die Vorwürfe entschieden zurück. Nach übereinstimmender Beurteilung von ARD und ZDF sei die Produktionsgesellschaft LonaMedia, die den Beitrag gedreht hatte, eine "hochseriöse Firma", so Brender. Die Firma habe zwar den Fehler begangen, einem Jugendlichen 200 Euro dafür zu zahlen, dass er die Autorin eines Beitrags der Reihe "ZDF.reporter" einige Tage lang im Stadtteil Mümmelmannsberg herumgeführt habe. Dies sei jedoch die Gegenleistung für inszenierte Szenen gewesen. "Alles, was auf dem Bildschirm zu sehen war, ist authentisch." "
            Quelle:[url]http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,410336,00.html[/url]

            Chef-Redakteur Bender spricht also selbst von inszenierten Szenen, gleichzeitig dementiert es wieder. Hat er sich wohl verplappert. *gg*
          • am via tvforen.de

            BrandungsFelsen schrieb:
            > "Dies sei jedoch die Gegenleistung für inszenierte
            > Szenen gewesen."

            Ist mir gestern auch aufgefallen, dass ausgerechnet das nicht unwesentliche Wörtchen "nicht" in diesem Satz vergessen wurde, das sich eindeutig aus dem Kontext ergibt. Entweder vom Spiegel oder von Bender selber.

            Anscheinend stört das außer uns zwei offenbar keinen ... :-)

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